Protocol of the Session on October 26, 2006

Unser Leitgedanke ist, auch im Privaten die Angebote zu schaffen, die vonseiten der Schüler- und Elternschaft gewollt werden. Mein Vorredner von der CDU hat eben darauf hingewiesen, dass der Staat im Übrigen in hohem Maße finanziell profitiert, wenn es zu einem höheren Anteil von Schulen in freier Trägerschaft kommt: durch die Einsparungen, die damit für alle verbunden sind. Das sind öffentliche Ressourcen, die wir für die Qualitätsentwicklung des gesamten Schulwesens viel sinnvoller nutzen können.

Deshalb bitte ich um Unterstützung für diesen Antrag. Mit der Koalition der Erneuerung haben Schulen in privater Trägerschaft Perspektive und Zukunft in unserem Land.

(Beifall von FDP und CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Witzel. – Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Beratung.

Wir kommen zur Abstimmung über die Überweisungsempfehlung des Ältestenrates. Er empfiehlt uns, den Antrag Drucksache 14/2721 – Neudruck – an den Ausschuss für Schule und Weiterbildung zu überweisen. Die abschließende Beratung und Abstimmung soll dort in öffentlicher Sitzung erfolgen. Sind Sie hiermit einverstanden? – Das ist erkennbar der Fall. Dann ist diese Überwei

sungsempfehlung mit Zustimmung aller Fraktionen angenommen.

Wir kommen zu Tagesordnungspunkt

9 Unternehmenssteuerreform: Handlungsfähigkeit der Kommunen nicht weiter einschränken, nachhaltige Stabilisierung der kommunalen Finanzen sicherstellen

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 14/2723

Ich gebe für die antragstellende Fraktion Bündnis 90/Die Grünen dem Kollegen Becker das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Debatte um die Reform der Unternehmenssteuer läuft nach verschiedenen Presseberichten auf eine Einigung am 2. November hinaus. Alle Vorschläge haben Auswirkungen auf die Gewerbesteuer und den Gemeindeanteil der Einkommensteuer. Diese machen rund 80 % des Steuereinkommens der Gemeinden aus.

Wir müssen befürchten, dass im Rahmen dieser Reform die Gewerbesteuer als wichtigste kommunale Steuer beschädigt wird und es zu keiner angemessenen Alternative kommt. Dreh- und Angelpunkt der Debatte sind bislang gesenkte und einheitliche Steuersätze für die Körperschafts- und Gewerbesteuer. Niedrigere Steuersätze verlangen aber Instrumente, um wegfallende Einnahmen zu kompensieren. Genau hier, meine Damen und Herren, liegt der Hase im Pfeffer.

In den letzten Wochen kamen fast täglich neue Meldungen über unterschiedliche Modelle. Einem Bericht des „Handelsblattes“ vom 11. Oktober war zu entnehmen, dass eine Mehrheit der Arbeitsgruppe der Regierung nun die bisher immer verfolgte Verbreiterung der Bemessungsgrundlage ablehnt. Stattdessen will die Arbeitsgruppe die Gewerbesteuer durch weitere nicht genannte gewinnunabhängige Elemente verstetigen und eine zusätzliche Grundsteuer C für von Gewerbebetrieben und selbstständigen Unternehmern genutzte Grundstücke erheben. Diese wird von den kommunalen Spitzenverbänden einhellig als eine nicht angemessene und schwierig umzusetzende Alternative angesehen.

In der „Süddeutschen Zeitung“ von heute habe ich gelesen, dass auch die Finanzminister mehrerer unionsgeführter Bundesländer, unter anderem auch Sie, Herr Linssen, die Überlegungen der Ar

beitsgruppe um Bundesfinanzminister Steinbrück und Ministerpräsident Koch ablehnen und stattdessen eine geringere Absenkung der Steuerlast für die Kapitalgesellschaften diskutieren. Dies zeigt deutlich, dass auch aufseiten der Länder große Einnahmeausfälle befürchtet werden. Die diskutierten Modelle der Gegenfinanzierung werden sich schwierig gestalten und wurden von Experten immer wieder hinterfragt.

Meine Damen und Herren von CDU und SPD, auf Ihrer Seite sollten Sie aus meiner Sicht das Herumgeeiere Ihrer Fraktionen auf Bundesebene nicht mitmachen, sondern mit uns gemeinsam das Signal setzen, dass wir eine deutlich fairere, eine deutlich kommunalfreundlichere Form brauchen.

Meine Damen und Herren, erstens muss es im Sinne der Handlungsfähigkeit der Kommunen darum gehen, die Finanzgrundlage der Kommunen auf Dauer zu sichern. Die Kommunen brauchen eine Erweiterung des Steueraufkommens, nicht eine Schwächung, damit sie in der Lage sind, ihre jetzt schon notleidenden Haushalte mittelfristig zu stabilisieren.

Zweitens. Die Gewerbesteuer oder eine neu zu schaffende kommunale Unternehmensteuer muss so ausgestaltet werden, dass die Bemessungsgrundlage verbreitert und der Kreis der Steuerpflichtigen auf alle Unternehmen im Sinne des Umsatzsteuergesetzes ausgedehnt wird.

In diesem Sinne würde ich mich freuen, wenn Sie unserem Antrag heute zustimmen. – Schönen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Becker. – Als nächster Redner hat Kollege Krückel für die Fraktion der CDU das Wort.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Welchen interessanten Titel hat sich die antragstellende Fraktion einfallen lassen! Man will die Handlungsfähigkeit der Kommunen nicht weiter einschränken und die nachhaltige Stabilisierung der kommunalen Finanzen sicherstellen.

Dass wir alle die Stabilisierung der kommunalen Finanzen sicherstellen wollen, steht wohl völlig außer Zweifel. Dazu hätte es dieses Antrags nicht bedurft. Dass die Grünen aber unterstellen, dass die politisch Handelnden, sei es in NRW oder im Bund, die Handlungsfähigkeit der Kommunen einschränken wollen, ist einfach dreist.

Hinzu kommt, dass dieser Antrag so ziemlich das Niveauloseste ist, was ich im Zusammenhang mit Überlegungen zur Unternehmensteuerreform je gelesen habe. Mit einer Aneinanderreihung von Floskeln, Unterstellungen und Mutmaßungen bleiben Sie sämtliche Maßnahmen schuldig, mit denen Sie das Ziel der Stabilisierung der kommunalen Finanzen erreichen wollen.

Sie haben doch während Ihrer Regierungszeit in NRW erfahren müssen, dass die Gewerbesteuer und die Art deren Abrechnung und Verteilung in keiner Weise geeignet ist, den Kommunen verlässliche Steuereinnahmen zur Verfügung zu stellen.

(Ralf Jäger [SPD]: Das haben Sie doch ver- ursacht!)

Tatsache ist, dass die Gewerbesteuer antiquiert und aufgrund der Systematik nicht geeignet ist, eine verlässliche kommunale Einnahmebasis zu schaffen. Das hat doch die Vergangenheit gezeigt. Wer einen Antrag mit einem so vollmundigen Titel stellt, der muss schon etwas mehr liefern als diese schmale Kost.

Dass die Grünen immer wieder auf den ertragsunabhängigen Komponenten herumreiten, ist insbesondere für unsere kleinen und mittelständischen Unternehmen ein gefährliches Spiel. Was heißt denn ertragsunabhängig, und was verbirgt sich dahinter? Die von ihrer Höhe her wichtigsten Hinzurechnungen sind die Schuldzinsen und bestimmte Miet- und Pachtaufwendungen. Diese Betriebsausgaben werden doch von den Betrieben tatsächlich geleistet. Es ist doch keineswegs so, dass dieses Geld nicht abfließt und für Steuerzahlungen zur Verfügung stehen würde. Ertragsunabhängig heißt doch im Klartext, Gewinne, die nicht entstanden sind, zu besteuern.

Wer wie die Grünen noch mehr ertragsunabhängige Komponenten oder deren Ausdehnung fordert, provoziert den Weggang von Unternehmen am Standort Deutschland und verhindert, dass kleine und mittelständische Unternehmen sich hier niederlassen.

Ich bin zuversichtlich, dass die Überlegungen in der großen Koalition in Berlin zu Instrumenten führen, die eine verlässliche Stabilisierung der kommunalen Finanzen sicherstellen. Unser Finanzminister Dr. Helmut Linssen hat mit seinen Überlegungen einen wesentlichen und begrüßenswerten Beitrag dazu geleistet. Dafür möchte ich ihm an dieser Stelle danken.

(Beifall von der CDU)

Sie haben dies heute in der überregionalen Presse lesen können, und Herr Becker hat darauf hingewiesen.

(Vorsitz: Präsidentin Regina von Dinther)

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, ich bin bei Weitem nicht am Ende meiner Redezeit, aber ich meine, dass ein so schwacher Antrag es nicht rechtfertigt, Ihnen mehr von Ihrer kostbaren Zeit zu stehlen.

(Manfred Kuhmichel [CDU]: Hört, hört!)

Deshalb schließe ich hier meine Ausführungen und bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der CDU)

Danke schön, Herr Krückel. – Für die SPD spricht nun Herr Jäger.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Krückel, es war bemerkenswert, dass Sie es geschafft haben, fünf Minuten lang zu reden ohne eine einzige Initiative der Union vorzustellen, wie sie die Gewerbesteuer in Nordrhein-Westfalen ersetzen möchte.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Ich möchte gerne, weil man nur fünf Minuten hat, noch einmal an die Historie der Unternehmenssteuerreform erinnern und an welche Bedingungen sie im Koalitionsvertrag der Großen Koalition in Berlin geknüpft ist. Hintergrund ist: Die OECD sagt, dass die Steuer- und Abgabenlast in Deutschland so hoch nicht sei – wir liegen im Mittelfeld –, im Gegenteil: Von 1998 bis 2004 ist diese Abgabenlast um 2,5 % gesunken, während sie in den übrigen Industrieländern Europas gestiegen ist.

Es geht darum, mehr Transparenz und mehr Gerechtigkeit in den unterschiedlichen Besteuerungsmethoden von Personengesellschaften und Kapitalgesellschaften herbeizuführen, Herr Krückel, mit dem Ziel der Aufkommensneutralität. Wenn die Aufkommensneutralität innerhalb der Unternehmenssteuerreform der wesentliche Baustein ist, muss das selbstverständlich so zu interpretieren sein, dass sich diese Neutralität auch auf die Gewerbesteuer und die kommunale Finanzausstattung beziehen muss.

Die Große Koalition in Berlin ist gut beraten zu sagen: Es kann nur ein Junktim bei dieser Unternehmenssteuerreform geben, in dem die Gewerbesteuer tatsächlich weiterentwickelt wird. Warum

dies notwendig ist, und warum Sie, Herr Krückel, nicht in der Lage sind, auch nur ansatzweise eine Initiative zu nennen, wird durch Folgendes klar:

Wir brauchen nicht nur in Nordrhein-Westfalen, sondern in ganz Deutschland für die Kommunen eine wirtschaftsbezogene eigene Steuer mit eigenem Heberecht, damit die Kommunen einen Anreiz haben, ein Umfeld für die Unternehmen zu schaffen, in dem diese sich niederlassen und investieren.

Um es auf den Punkt zu bringen, warum Ertragsunabhängigkeit wichtig ist: Es kann nicht sein, das Ausrücken der kommunalen Feuerwehr, um eine Lagerhalle zu löschen, an die Frage zu knüpfen, ob das Unternehmen Gewinne macht oder nicht. Die Feuerwehr muss ausrücken und löschen. Deshalb ist es vernünftig, dass Unternehmen, auch wenn sie bisher Ertragsbestandteile nicht versteuert haben, sich daran beteiligen, die kommunale Infrastruktur, die ihnen zur Verfügung gestellt wird, mit zu finanzieren.

Deshalb wäre diese Koalition der Erleuchtung aus CDU und FDP gut beraten, den Fehler aus dem Jahre 2002, als Sie eine Modernisierung der Gewerbesteuer alternativlos abgelehnt haben, nicht zu wiederholen. Ansonsten hätten wir in Nordrhein-Westfalen in den Kommunen eine auskömmliche Finanzausstattung. Mit der Unterstützung der nordrhein-westfälischen CDU haben die CDU-geführten Bundesländer dies 2002 im Vermittlungsausschuss verhindert.

Diesen Fehler sollte die Koalition der Erleuchtung nicht wiederholen. Sie sollte im Gegenteil dringend für eine Modernisierung der Gewerbesteuer mit dem Ziel einer auskömmlichen Finanzausstattung der Kommunen in Nordrhein-Westfalen eintreten, damit die kommunale Infrastruktur, die den Wirtschaftsunternehmen zur Verfügung gestellt wird, auch finanziell abgesichert werden kann.

Deshalb werden wir dem Antrag der Grünen zustimmen, weil er in die richtige Richtung geht. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Danke schön, Herr Jäger. – Für die FDP spricht der Abgeordnete Engel.