Protocol of the Session on September 13, 2006

Wer völlig ignoriert, dass die Unternehmen einen Anspruch darauf haben müssen, dass Behörden, bevor sie mit Informationen an die Öffentlichkeit gehen, auch verpflichtet sein müssen und sind, diese Anschuldigungen zu überprüfen, lebt außerhalb unseres Rechtsstaats.

Wer dann noch fordert, jegliche Schadensersatzansprüche von Unternehmen gegenüber Behörden, also auch bei vorschneller und falscher Beschuldigung, auszuschließen, bewegt sich nicht nur auf dünnem Eis, sondern außerhalb zumindest meiner rechtsstaatlichen Vorstellungen.

Ihre Forderungen sind in großen Teilen schon erfüllt und bleiben in großen Teilen hinter dem zurück, was wir in Nordrhein-Westfalen schon haben. Bei dem Gesetzentwurf, der auf der Berliner Bühne verabschiedet werden soll, müssen wir erst einmal schauen, wie er sich auswirkt, um ihn gegebenenfalls zu verbessern. Das ist mir lieber als ein weiteres zögerliches Handeln.

Ihre rechtsstaatlichen Vorstellungen teile ich nicht. Deshalb werden wir Ihren Antrag ablehnen. – Danke schön.

(Beifall von FDP und CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Ellerbrock. – Für Bündnis 90/Die Grünen hat noch einmal Herr Remmel ums Wort gebeten.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Vorredner haben mich provoziert, noch einmal das Wort zu ergreifen, weil man einfach einiges klarstellen muss.

Herr Romberg, wenn Sie dem wissenschaftlich widersprechen, bitte ich Sie um entsprechende Belege. Natürlich kann man heute von ungenießbarem Fleisch krank werden. Jede zehnte Probe – ich habe das eben dazwischengerufen, und wenn das nicht stimmt, Herr Uhlenberg, widersprechen Sie mir bitte und legen Sie andere Zahlen dar –, die bei Hackfleisch in Supermärkten genommen wird, ist

mit Salmonellen verseucht, und selbstverständlich wird man von Salmonellen krank.

(Beifall von Wolfram Kuschke [SPD] – Wi- derspruch von der CDU)

Hinsichtlich dieser Vorfälle gibt es in diesem Land keine Transparenz; sie werden nicht öffentlich gemacht. Bei solchen Ergebnissen der Probenahme besteht für mich überhaupt kein Grund, Ross und Reiter nicht zu nennen: die Namen der Supermärkte, des Handels, der so etwas verkauft. Heute wird es vertuscht. Möglicherweise werden geringfügige Strafen verlangt.

(Zuruf von Holger Ellerbrock [FDP])

Herr Ellerbrock, ich komme noch zum Verbraucherinformationsgesetz, weil uns vorgeworfen worden ist, wir hätten es längst einführen können. Seit vielen Jahren gibt es eine Vorlage für ein ordentliches Verbraucherinformationsgesetz. Das Gesetz ist doch nicht an den Grünen gescheitert. Deshalb nenne ich das bigott. Sie haben es im Bundesrat verhindert,

(Beifall von der SPD)

beziehungsweise hatte der Koalitionspartner an der einen oder anderen Stelle Bedenken. Das muss man deutlich sagen. Es ist aber nicht an uns gescheitert. Nur durch die aktuelle Debatte, die wir seit über einem Jahr führen, ist öffentlicher Druck entstanden, in diesem Bereich überhaupt etwas zu tun. Wenn es nach Ihnen ginge, würde nichts geschehen.

Herr Minister, ich bitte Sie, Stellung zu nehmen. Ich habe den Eindruck, Sie kneifen.

(Zuruf von Minister Eckhard Uhlenberg)

Dann bitte ich klarzustellen, was Sie mit dem Amt für Verbraucherschutz wollen, und dass die Landesregierung den von ihr dem Landtag vorgelegten Gesetzentwurf, nach dem die Kontrollbestandteile an die Bezirksregierung abgegeben werden sollen, zurückziehen. Anders kann ich mir das nicht erklären. Wenn man nur Daten sammelt, kann man keine intensive und koordinierte Lebensmittelkontrolle in diesem Lande veranstalten.

Vielleicht nennen Sie auch noch das Ergebnis der Zahlen. Wir jedenfalls interpretieren die von Ihnen vorgelegten Daten über die Kontrolldichte in Nordrhein-Westfalen so, dass in etlichen Kreisen bei Erzeugern überhaupt nicht kontrolliert wird. Und die Kontrolldichten sind unterschiedlich. Es gibt Kreise mit einem Kontrolleur für 400 Betriebe und andere Kreise mit einem Kontrolleur für 800 Betriebe. So weit klafft das in Nordrhein-Westfalen auseinander.

Sie müssen doch dem Publikum erklären, wie Sie zu einheitlichen Standards kommen wollen. Da bin ich aber gespannt. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Remmel. – Herr Minister Uhlenberg hat sich bereits seit Längerem zu Wort gemeldet. Ich habe aber erst den Fraktionen Gelegenheit geben wollen, sich zu äußern. Nun sind Sie dran, Herr Minister. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich nehme aus dieser Debatte mit, dass es aus den Koalitionsfraktionen eine breite Unterstützung für das 15-Punkte-Programm der Landesregierung zur Sicherung des Verbraucherschutzes in Nordrhein-Westfalen gibt.

(Beifall von CDU und FDP)

Wir arbeiten das 15-Punkte-Programm systematisch ab. Wir haben direkt nach dem Regierungswechsel in Nordrhein-Westfalen damit begonnen, den Verbraucherschutz, die Lebensmittelsicherheit auf eine neue Basis zu stellen. Deswegen arbeiten wir die Punkte systematisch ab, die hier im Lande abgearbeitet werden müssen. Wir nehmen Einfluss auf die Bundesebene wie in der letzten Woche im Rahmen der Verbraucherministerkonferenz, um die Dinge mit auf den Weg zu bringen, die auf Bundesebene geregelt werden müssen.

Von daher gibt es auch eine Perspektive für den Verbraucherschutz in Nordrhein-Westfalen. Das wird schon daran deutlich – ich will nur eine Zahl nennen, damit es bei dieser Detaildiskussion nicht untergeht –, dass wir im vergangenen Jahr 1.000 Kontrollen mehr durchgeführt haben, als das bei der Vorgängerregierung der Fall war.

(Beifall von CDU und FDP)

Wir wollen zum 1. Januar 2007 ein Landesamt für Verbraucherschutz in Nordrhein-Westfalen im Zusammenhang mit der Verwaltungsstrukturreform und im Einklang mit Umwelt-, Natur- und Verbraucherschutz einrichten. Wenn hier erzählt wird, ein Landesamt für Verbraucherschutz in NordrheinWestfalen hätte nur die Aufgabe, irgendwelche Zahlen zu sammeln, ist das grober Unfug. Das wissen wir alle. Eine der wesentlichen Aufgaben dieses Landesamts wird darin bestehen – deswegen werden auch meine Gespräche mit den Kreisen und kreisfreien Städten in den nächsten Tagen weitergeführt werden –, dass die Auditierung

der Lebensmittelüberwachung in den Kreisen und kreisfreien Städten in Nordrhein-Westfalen umgesetzt wird, um nur einen Punkt zu nennen.

(Johannes Remmel [GRÜNE]: Es geht um hoheitliche Aufgaben!)

Das ist eine hoheitliche Aufgabe. Ein Landesamt, Herr Abgeordneter Remmel, hat immer hoheitliche Aufgaben umzusetzen.

Dieses Landesamt ist für den Verbraucherschutz in Nordrhein-Westfalen zuständig. Obwohl wir die Aufgabenteilung zwischen dem kommunalen und dem staatlichen Bereich haben, klinken wir den Verbraucherschutz auf kommunaler Ebene in Nordrhein-Westfalen nicht aus. Meine Damen und Herren, das war ja das Problem in all den Jahren vor dem Regierungswechsel: dass man mit dem kommunalen Bereich nicht mehr geredet hat. Die alte Landesregierung hatte vor, diesen Teil zu hundert Prozent zu verstaatlichen. Das war falsch. Wir brauchen hier, wie wir das bei dem Versuch in Ostwestfalen auf den Weg gebracht haben, ein vernünftiges Miteinander der kommunalen und der staatlichen Ebene.

(Beifall von CDU und FDP)

Der Modellversuch von Ostwestfalen-Lippe wird in den nächsten Monaten auf ganz NordrheinWestfalen umgesetzt.

(Wolfram Kuschke [SPD]: Herr Uhlenberg, wir haben das umgesetzt!)

Der Krieg, den Sie mit der kommunalen Ebene geführt haben, hat dazu geführt, dass es hier überhaupt kein Miteinander mehr gegeben hat. Deswegen sind Sie in all den Fragen nicht weitergekommen.

(Wolfram Kuschke [SPD]: Wir haben das gemacht!)

Herr Kuschke, das hat die alte Landesregierung auf den Weg gebracht – das ist richtig –, und zwar im Rahmen der Verwaltungsstrukturreform. Ich möchte mich übrigens sehr herzlich für Ihre Rede eben bedanken. Das war ein wichtiger Beitrag dafür, dass wir differenziert mit dem Thema Verbraucherschutz in Nordrhein-Westfalen umgehen.

(Beifall von CDU und FDP)

Mit solchen Reden kann ich viel mehr anfangen – das darf ich bei dieser Gelegenheit einmal sagen – als mit den pauschalen Geschichten, die hier immer wieder aufgetischt werden, um dem Verbraucherschutzminister zu schaden.

Wir haben die Fragen der Justiz, meine Damen und Herren, ein großes Stück vorangebracht. Ich darf das noch einmal sagen, weil es eben offensichtlich untergegangen ist: Wir haben vier Schwerpunktstaatsanwaltshaften für die Wirtschaftskriminalität in Bielefeld, Bochum, Düsseldorf und Köln. Die kümmern sich jetzt in Absprache mit der Justizministerin dezidiert um die staatsanwaltschaftliche Bearbeitung bei umfangreichen Ermittlungsverfahren in Sachen Lebensmittelstraftaten.

Dazu gehört die Weiterentwicklung klarer Qualitätsstandards und – auch das ist neu – ebenso, dass jede Lebensmittelbehörde ihren Staatsanwalt kennen muss. Meine Damen und Herren, deshalb hat das doch unter Ihrer Regierung früher nicht geklappt. In Zukunft kennt jede Lebensmittelbehörde ihren Staatsanwalt, der sich vor Ort, in einer der 19 Staatsanwaltschaften, die wir in Nordrhein-Westfalen haben, in diesem Bereich eingearbeitet hat. Das Thema Lebensmittelsicherheit ist kompliziert, und deswegen brauchen wir Fachleute bei den Staatsanwaltschaften. Das ist auch nach dem Regierungswechsel auf den Weg gebracht worden.

Herr Abgeordneter Remmel, Sie haben von den Zahlen gesprochen. Die Zahlen, die Sie im Zusammenhang mit der Lebensmittelkontrolldichte genannt haben, sind zwar die aktuellen Zahlen, aber sie sind aus dem Jahre 2004. Da haben Sie noch die politische Verantwortung getragen.

(Beifall von CDU und FDP)

Wir werden bald die Zahlen aus dem Jahre 2005 und dann die Zahlen aus dem Jahre 2006 vorlegen. Ich sage Ihnen: Dieser Verbraucherschutzminister lässt sich bei seiner Arbeit im Sinne der Verbraucherinnen und Verbraucher daran messen, dass wir die schlechten Zahlen aus dem Jahre 2004 im Zusammenhang mit der Lebensmittelkontrolldichte in Nordrhein-Westfalen verbessern.

Noch einmal: Wir haben diesen Weg im Jahre 2005 mit 1.000 zusätzlichen Kontrollen beschritten, und wir werden im Jahre 2006 weitere Kontrollen in Nordrhein-Westfalen durchführen. Deswegen sind wir auf einem guten Weg. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall von CDU und FDP sowie Achim Tüt- tenberg [SPD])

Vielen Dank, Herr Minister. – Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Damit schließe ich die Aktuelle Stunde.

Wir haben aber auch über einen Eilantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen diskutiert. Darüber haben wir jetzt direkt abzustimmen. Wer dem Eilantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 14/2513 seine Stimme zu geben wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. –

(Lebhafte Zurufe von CDU und FDP: Oh, zwei Abgeordnete!)

Das ist die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Wer ist dagegen? – Das sind CDU-, SPD- und FDPFraktion. Damit ist der Antrag mit der Mehrheit des Hauses abgelehnt.