Ich habe noch vor drei Wochen in einem Bahnhof in Nordrhein-Westfalen ein Steak-Brötchen mit ekligem gammligem Fleisch gegessen.
Ich habe es nach dem ersten Bissen an den Imbissverkäufer zurückgegeben. Das ist der starke Verbraucher. Der hat natürlich auch Macht, und den reden Sie immer klein. Wenn an diesem Tag zehn Menschen dieses gammlige Steak-Brötchen zurückgeben, überlegt sich der Imbissbesitzer, ob er nicht für den nächsten Tag besseres Fleisch einkauft.
Diese Macht haben die Verbraucher, denn es geht auch um Zutrauen in den Markt. Sicherlich ist staatliche Lebensmittelkontrolle wichtig; es ist wichtig, dass sie stark ist, dass sie effizient ist, dass vernünftige Kontrollen da sind.
Aber auch starke Verbraucher sind wichtig. Und die gibt es nicht nur durch Verbraucherschutzzentralen, obschon diese für die Bildung wichtig sind.
Wichtig ist, dass Menschen allein aus evolutionären Gründen immer noch wissen, welche Lebensmittel gut für sie sind – dieses Wissen geht scheinbar manchen verloren –, dass Menschen von Natur aus wissen, was an Lebensmitteln gut ist. Es ist wichtig, dass wir das mit im Kopf haben.
Die Verantwortung für die Lebensmittelsicherheit liegt bei den Unternehmern, na klar. Sie tragen die Verantwortung dafür, dass die Produkte vernünftig sind. Verantwortung liegt aber auch beim Verbraucher und beim Staat.
Das Wahrnehmen dieser Verantwortung des Staates gestaltet Herr Minister Uhlenberg für die schwarz-gelbe Koalition hier in Düsseldorf Stück für Stück fortschrittlicher. Um vom letzten Platz herunterzukommen, braucht es aber seine Zeit. Die Ursachen für das schlechte Abschneiden bei Pisa konnten wir auch nicht in einem Jahr abstellen. Sie können jedoch darauf vertrauen, dass der Verbraucherschutz ernster als in der Vergangenheit genommen wird. Im Koalitionsvertrag ist das übrigens auch vereinbart. Berichtspflichten zur Lebensmittelsicherheit usw. hat es unter Rot-Grün nicht gegeben. – Ich bedanke mich bei Ihnen.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Kollege Remmel sagte eben, die Menschen wollten wissen, was heute passiert. Genau das ist das Thema, das heute ansteht. Denn aus diesem Grund haben CDU und FDP die Aktuelle Stunde beantragt. Wir wollen den Menschen in Nordrhein-Westfalen sagen, was passiert.
Herr Kollege, da fällt Ihnen 48 Stunden vor der Sitzung ein, einen Eilantrag einzureichen, damit Sie mit im Thema sind und das, was in Presseveröffentlichungen dargestellt worden ist, hier breiter diskutieren können.
Sie machen genau das Gleiche, was früher die Kollegin Höhn hier gemacht hat: Erst einen großen Ballon hochgehen lassen – es wird immer versucht, eine mediale Wirkung zu erzielen –, aber dann, wenn es zu Veränderungen kommen soll, nicht mitzuspielen! Sonst hätte es die gesetzlichen Veränderungen in der Zeit von Rot-Grün hier und in Berlin doch gegeben!
Warum haben wir denn das Verbraucherschutzgesetz nicht in der letzten Wahlperiode verabschiedet? Weil es bei Ihnen gescheitert ist.
Nun gibt es schon wieder einen Gammelfleischskandal. – Ja, meine Damen und Herren, man kann auch, übertragen auf den Straßenverkehr, sagen: Nun ist schon wieder einer bei rot über die Ampel gefahren. – Hier muss man doch die Realitäten sehen.
(Svenja Schulze [SPD]: Es ist ein Unter- schied, ob Sie über eine rote Ampel fahren oder Gammelfleisch verkaufen! – Weitere Zurufe von der SPD)
Sie, Herr Kollege Kuschke, fordern, das Thema mit Leidenschaft zu diskutieren. In Ihrer Rede war aber nichts von Leidenschaft zu merken. Das war doch eine dröge Geschichte. – Hieran sehen wir wieder, wie die SPD die letzten zehn Jahre gehandelt hat und auch heute handelt. Sie haben sich des Themas erst angenommen, als wir es wieder auf der Tagesordnung hatten.
Das, was Sie hier vorgetragen haben, war doch nichts Neues. Sie wollen nur davon ablenken, dass Sie sich in den letzten zehn Jahren überhaupt nicht mit dem Thema beschäftigt haben und dass Sie die Verantwortung für das, was in den letzten zehn Jahren hier geschehen ist, nicht mit übernehmen. Das ist doch das Problem, das Sie heute haben.
Jetzt haben wir einen Umweltminister, der endlich im Verbraucherschutz etwas macht und versucht, Defizite auszugleichen.
Und wenn wir vor Monaten schon das 15-PunkteProgramm diskutiert haben, dann ist das doch, Frau Kollegin Kraft, genau das, was sich überall in den überregionalen Medien wiederfindet, in denen es unter anderem heißt: Von Nordrhein-Westfalen lernen. Andere Bundesländer nehmen sich das Land Nordrhein-Westfalen zum Vorbild, weil wir in Nordrhein-Westfalen mehr leisten als andere Bundesländer und weil wir einen Umweltminister und einen Verbraucherschutzminister haben, der sich genau dieses Themas annimmt.
Meine Damen und Herren, die vorgesehene Schaffung eines Landesamtes für Verbraucherschutz ist im Übrigen keine neue Meldung. Es steht so in der Koalitionsvereinbarung
und wird jetzt umgesetzt. Insofern muss man sich hier nicht echauffieren und behaupten, die Umsetzung erfolgte gerade jetzt im Zusammenhang mit dem neuen Verbraucherschutzgesetz. – Nein, die Idee ist eineinhalb Jahre alt. Jetzt geht es an die Umsetzung. Daran sehen Sie, meine Damen und Herren, und daran sehen auch die Verbraucherinnen und Verbraucher: Die CDU und die FDP sind bemüht –
Kollege Ellerbrock hat es eben auch in der Gänze gesagt –, endlich in den Bereichen aufzuklären, wo es notwendig ist, und dafür Sorge zu tragen, dass Qualität vor Quantität geht, dass wir einen vernünftigen transparenten Verbraucherschutz bekommen, dass der Verbraucher auch den Weg der Produkte zurückverfolgen kann. Da nutzen uns emotionale Debatten, wie sie eben geführt worden sind, in keiner Weise.
Ich bin sicher, dass wir in Nordrhein-Westfalen und in den anderen Bundesländern auf einem guten Weg sind, und hoffe, dass der in den vergangenen Jahren immer wieder festzustellende Missbrauch – er ist sicherlich nie gänzlich auszuschließen, weil kriminelles Handeln dahintersteckt – in den nächsten Jahren weniger wird, weil in NordrheinWestfalen mehr und besser kontrolliert wird, als es in den letzten Jahrzehnten der Fall gewesen ist. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Kollege Pick. – Für die FDP-Fraktion hat Kollege Ellerbrock noch einmal um das Wort gebeten.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kuschke, Sie mahnten im Zusammenhang mit der Verbraucherschutzpolitik Leidenschaft, Vernunft und Offenheit an. Wenn ich Kollegen Uhlenberg sehe – er ist Westfale –, dann ist da für einen Westfalen schon Leidenschaft drin. Das müssten Sie eigentlich wissen.
Zweitens, Vernunft. Wir sind angetreten, eine rationale Umweltpolitik statt Symbolpolitik zu machen. Das wird von diesem Minister erfüllt.
Es wundert mich, dass Sie da eine angebliche Differenz zwischen uns sehen. Denn wir sagen: Jawohl, wir möchten einen starken Verbraucher, der seine Rechte wahrnimmt. Das Symbol dafür ist nicht die Mittelzuweisung für die Verbraucherzentralen.
Der nächste Punkt heißt Offenheit: Offenheit ist selbstverständlich. Ich bin ja darauf eingegangen, welche Transparenz wir haben müssten. Auf der anderen Seite müssen wir nüchtern erkennen: Wenn wir die Namen nennen, dann muss derjenige, dessen Namen genannt wird, natürlich das Recht zur Gegendarstellung haben. Und wir müssen auch fragen, welche Konsequenzen aus ungerechtfertigten Beschuldigungen folgen, welche Schadensersatzansprüche sie auslösen könnten.
Solange wir uns in diesem Rechtssystem, in diesem Rechtsstaat bewegen – in diesem Rechtsstaat will ich mich bewegen und wollen auch Sie sich bewegen –, haben wir Grenzen. In dem Augenblick, in dem die Staatsanwaltschaft den Namen freigibt, selbstverständlich.
Der nächste Punkt – Sie sprachen es auch an –, die Zurückhaltung. Lassen Sie mich darauf noch eingehen. Herr Remmel meinte, dahinter stecke vielleicht ein System. – Wenn es sich herausstellt – viele Fakten deuten darauf hin –, dass in diesem grenzüberschreitenden Verschieben von Fleisch auch organisierte Kriminalitätsstrukturen mitspielen, müssen diese Strukturen genauso wie ansonsten die organisierte Kriminalität bekämpft werden. Da sind wir doch wohl auf dem richtigen Wege. Und das hat dann auch Folgen. In der Konsequenz heißt das für mich auch Gewinnabschöpfung – damit haben wir kein Problem –, denn wegen des Gewinns werden die Kriminellen aktiv.
Im Antrag der Grünen veranlassen mich einige Punkte zu fragen, in welcher Welt die Kolleginnen und Kollegen leben, die diesen Antrag, wie ich glaube, zwar nicht selbst formuliert, aber unterschrieben haben:
Wer allen Ernstes im Namen des Informationsfreiheitsgesetzes die Bereitstellung von Auskünften über die Nachhaltigkeitskriterien in der Herstellung fordert, hat noch nie in einem Handwerksbetrieb gearbeitet.
Wer völlig ignoriert, dass die Unternehmen einen Anspruch darauf haben müssen, dass Behörden, bevor sie mit Informationen an die Öffentlichkeit gehen, auch verpflichtet sein müssen und sind, diese Anschuldigungen zu überprüfen, lebt außerhalb unseres Rechtsstaats.