Damit haben Sie Recht. Damit können Sie sehr glaubwürdig auch als SPD-Landtagsfraktion Ihren eigenen Beitrag leisten. Nach dem Stand von vor ein paar Wochen bildet nämlich die SPDLandtagsfraktion als einzige bislang nicht aus, während es alle anderen machen. Bei uns sind von den 24 Beschäftigten drei Auszubildende.
(Rainer Schmeltzer [SPD]: Sie leben immer ein bisschen in der Vergangenheit, Herr Wit- zel! – Zuruf von Hannelore Kraft [SPD])
Wenn wir diese Ausbildungsneigung überall bei den Ausbildungsberechtigten der Wirtschaft hätten, hätten wir keinerlei Lehrstellenmangel in Nordrhein-Westfalen. Aber über Ihren eigenen Beitrag zur Glaubwürdigkeit, wie Sie ihn von anderen fordern, würden wir uns freuen.
Denn das wäre in der Tat ein wichtiges öffentliches Signal und ein Problemlösungsbeitrag für junge Menschen und für bessere Perspektiven in NRW. – Ich danke Ihnen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist eine gute Tradition, dass die Agentur für Arbeit in Deutschland einmal im Jahr den Tag der Ausbildung durchführt. Viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Agenturen werben an diesem Tag ganz besonders um zusätzliche Ausbildungsplätze.
Dank solcher Aktivitäten rückt das Thema Ausbildung und Zukunft unserer Jugend mehr als sonst in die Medien.
Dabei ist klar: Ein Tag der Ausbildung reicht nicht aus, um die in der Tat schwierige Situation auf dem Lehrstellenmarkt in den Griff zu bekommen. Wer weiß dies besser als die vielen engagierten Berufsberaterinnen und Berufsberater der Agentur für Arbeit? Wir brauchen solche besonderen, auch symbolträchtigen Aktivitäten. Doch viele andere sind in diesem Zusammenhang auch zu nennen: zum Beispiel die Lehrstellenbörse der Kammern, die Infotage zur Ausbildung und Beruf an Schulen, die WDR-2-Lehrstellenaktion, der persönliche Einsatz vieler Kolleginnen und Kollegen aus allen Fraktionen dieses Hauses. Jede Aktion für sich ist gut und wichtig.
Aber das Engagement der Landesregierung in Sachen Ausbildung daran festzumachen, ob oder in welchem Umfang sie sich an den einen oder anderen Aktivitäten beteiligt, halte ich für schlichtweg dummes Zeug.
Das wäre so, als beurteilte man einen guten Katholiken daran, ob er zu Weihnachten zur Kirche geht, statt darauf zu achten, ob er regelmäßig sonntags zur Messe geht.
Dabei setzen wir auf die richtige Mischung, auf einen Mix von gezielter Öffentlichkeitsarbeit und einer breit angelegten Sensibilisierung für dieses Thema, auf das Ringen um jeden einzelnen Ausbildungsplatz, aber auch auf strukturelle Weichenstellungen, den Abbau von Ausbildungshemmnissen, auf kurz- und mittelfristig wirksame Instrumente für mehr Ausbildung und vor allem auf die konstruktive und kontinuierliche Zusammenarbeit mit unseren Partnern im Ausbildungskonsens. Und diese Mischung zeigt Wirkung.
Die Landesregierung hat innerhalb eines Jahres mehr nachhaltig wirksame Aktivitäten auf den Weg gebracht als alle ihre Vorgänger.
(Beifall von der CDU – Dr. Axel Horstmann [SPD]: Ach du liebe Zeit! Die Lehrstellenlü- cke war noch nie größer!)
Ich möchte einige spiegelstrichartig aufzählen, um Schluss zu machen mit der Mär, wir würden in Sachen Ausbildung nichts unternehmen.
Erstens. Nordrhein-Westfalen liegt bei der Umsetzung der Möglichkeiten des reformierten Berufsausbildungsgesetzes an vorderster Stelle der Länder. Herr Schmeltzer, wenn Sie wüssten, was uns das in den letzten Wochen und Monaten an Arbeitszeit gekostet hat, es zu schaffen, die Kammern, die Gewerkschaften und die Arbeitgeberverbände dazu zu bewegen, dass wir für die Warteschleife in den Berufsschulen jetzt eine Möglichkeit eröffnen, lange Praktika bis hin zur Kammerprüfung durchzuführen. Das war nicht einfach, und zwar für keine Seite.
Ich sage deutlich: Es wird nach wie vor in einigen Kammern dagegen „gemöppelt“, obwohl wir so viele Altbewerber haben, die sich sonst gar nicht mehr auflösen ließen. Hier haben wir einiges erreicht. Reden Sie einmal mit Herrn Schneider von der Gewerkschaft, wie schwer es war, auch den DGB in dieser Frage auf unsere Seite zu bekommen.
Wir haben weiter mit den Innungen und den Berufsverbänden darüber gesprochen, dass wir es in vielen Ausbildungsbereichen geschafft haben, für das zweite und dritte Lehrjahr den zweiten Berufsschultag zu streichen, indem wir in diesen Innungen vor der Ausbildung, im Monat August, einen Schulblock von vier Wochen legen, im ersten Lehrjahr zwei Berufsschultage haben, im zweiten und dritten Lehrjahr einen.
Ich bin der Kollegin Frau Sommer sehr dankbar, dass wir das auch jetzt mit den Berufsschulen in vielen Bereichen auf die Beine gestellt haben. Damit haben wir einer alte Forderung des Handwerks entsprochen, die betriebliche Ausbildungszeit, die über Jahrzehnte zurückgeführt worden ist, wieder zu erhöhen.
Natürlich gehe ich davon aus, dass wir auch in diesen Bereichen zumindest zu einer Stabilisierung der Ausbildungstätigkeit kommen. Auch solche Sprünge fallen nicht vom Himmel, sondern müssen durch viele Einzelgespräche, im Übrigen auch mit Berufskollegs, errungen werden. Da ist die Bereitschaft gar nicht so groß, das zu machen. Dass wir dieses im Konsens zwischen Gewerkschaften, Arbeitgeberverbänden, Kammern und Berufskollegs in den letzten Monaten geschafft haben, ist schon eine erhebliche Leistung.
Mit dem Werkstattjahr haben wir eine Möglichkeit eröffnet, uns um diejenigen zu kümmern, um die sich noch nie einer in diesem Jahr gekümmert hat – nicht mit einer Sackgasse, sondern mit einem ersten Modul der Ausbildung. Dass wir den Beruf des Autoservicemechanikers und weitere einfache Berufsbilder auch schon für dieses Ausbildungsjahr einführen werden, dass wir als Landesregierung jetzt Modellversuche mit 700 Lehrstellen im Bereich der Altenpflegehilfe fahren, was immerhin 700 Lehrstellen, die es im vorigen Jahr nicht gegeben hat, für Schülerinnen und Schüler bedeutet, die nach der jetzigen gesetzlichen Lage gar nicht in diesen Berufsbereich einsteigen könnten, dass wir dies alles im Konsens hinbekommen haben, ist eine Leistung der Landesregierung, die uns in der Frage der Ausbildung erheblich weiterbringt.
Die Landesregierung hat ein Weiteres getan – das unterscheidet uns auch von der Vorgängerregierung –: Wir haben von Anfang an in die Debatte um die Lehrstellensituation in Nordrhein-Westfalen viel mehr Ehrlichkeit gebracht.
Die Verlautbarungen der vorherigen Landesregierung – ich kann Ihnen das hier vorlegen – waren immer: Es gibt kein Lehrstellenproblem in Nordrhein-Westfalen. Alle sind am Ende eines Ausbildungskonsenses versorgt. – Wir waren die erste Landesregierung, die die Zahlen erst einmal aufgedeckt hat, welche Warteschleifen in diesem Land in den letzten Jahren aufgebaut wurden.
Die Warteschleifen, mit denen ich hier zu kämpfen habe, sind doch, Herr Dr. Horstmann, unter Ihrer Zeit entstanden.
Da haben Sie doch die Jugendlichen versteckt und haben anschließend gesagt, sie seien alle versorgt.
Herr Horstmann, wer solche Warteschleifen in den Berufsschulen hinterlassen hat wie die Landesregierung, der Sie angehört haben, der hat
(Beifall von der CDU – Dr. Axel Horstmann [SPD]: Dem Knieps rennen Sie hinterher! Die Lücken werden immer größer!)
Herr Horstmann, Sie haben doch diejenigen, die in den Berufsschulen waren, als versorgt gemeldet. Ich kann Ihnen die Pressemitteilungen aus meinem Ministerium vorlegen, die damals veranlasst worden sind.
(Beifall von CDU und FDP – Dr. Axel Horst- mann [SPD]: Mehr arbeitslose Jugendliche als je – nach einem Jahr Schwarz-Gelb!)
Dass wir jetzt offen und ehrlich über diese Warteschleifen reden und damit natürlich auch ein Problem haben, ist die neue Ehrlichkeit einer neuen Landesregierung, die leider altes Versagen ohne Ende aufdeckt.
(Beifall von CDU und FDP – Widerspruch von der SPD – Hannelore Kraft [SPD]: Das ist doch kabarettreif!)
Frau Präsidentin! Liebe Kollegen! Liebe Kolleginnen! Wenn man der Landesregierung und Ihnen, meinen Damen und Herren von CDU und FDP, im letzten Jahr zugehört hat – das habe ich immer aufmerksam getan –, konnte man den Eindruck gewinnen, dass Sie selbst daran geglaubt haben, dass sich durch die bloße Regierungsübernahme die Stimmung und damit die wirtschaftliche Situation verbessern würde.
Nun ist in der Wirtschaft zwar vieles von Stimmungen abhängig, wie man oft genug an diversen Börsenschwankungen ablesen kann. Ihre Regierungsübernahme ist von den Verbandsvertretern von Unternehmen auch mit Wohlwollen aufgenommen worden. Sie schenkten und schenken Ihnen an diversen Stellen Beifall. Doch Ausbildungsplätze, die Sie dann positiv verkaufen könnten, schenken Sie Ihnen nicht.
Hier, wo es ans Eingemachte geht und um Fakten, verhalten sich die Unternehmen Ihnen gegenüber nicht anders als gegenüber jeder anderen Regierung.
So konnten wir in der vergangenen Woche, am 24. Mai, mit Erstauen in der „WAZ“ lesen, dass Herr Ministerpräsident – ist er da? –
über Arbeitgeber verärgert ist und er sie sogar – man höre und staune – angreift. Ich zitiere mit Erlaubnis der Präsidentin: