Frau Kollegin Fischer, natürlich ist mir die gesamte Argumentation aus der damaligen Debatte bekannt. Sie werden verstehen, dass ich mich für Ihre Argumentation, obwohl ich sie damals gehört habe, ganz besonders interessiere. Sie haben praktisch versprochen, alle Kürzungen nach zwei Jahren zurückzunehmen, weil Sie seinerzeit glaubten, dass sich die finanziellen Verhältnisse verbessern würden. Genau das Gegenteil war der Fall.
Sie haben sich mit den Haushalten permanent Illusionen gemacht. Die Verschuldung ist noch schlimmer geworden, als Sie sie damals schon angesetzt haben. Vor diesem Hintergrund werden Sie es uns sicherlich nicht übel nehmen, dass wir die von Ihnen initiierten Kürzungen fortgesetzt haben.
Ich glaube, Herr Linssen, der Illusionär sitzt genau auf dem Platz des Ministers, auf dem Sie gerade sitzen. Denn interessanterweise haben Sie für den Haushalt 2005 noch eine Erhöhung um 75 Millionen € von 891,7 Millionen € auf 966 Millionen € vorgeschlagen, obwohl Ihnen damals die Haushaltssituation sehr wohl bewusst war, und gerade haben Sie eine Liste von angeblichen Verfehlungen unserer Politik angesprochen.
Aber wir haben im Gegensatz zu Ihnen nicht nach dem Motto „versprochen – gebrochen“ gehandelt und haben nicht das getan, was Sie jetzt tun, nämlich zu kürzen.
Ich sehe hier einen eklatanten Widerspruch zwischen dem, was Herr Laschet uns gerade gesagt hat, und dem, was Sie gesagt haben; denn die Haushaltssituation, so haben Sie es gerade dargestellt, hat sich weiter dramatisch verschlechtert.
Das gehört zu meiner Frage. Ich frage Sie: Wie erklärt sich der eklatante Widerspruch zwischen dem, was der Minister sagt, nämlich dass erhöht werden soll, und der Tatsache, dass Sie gerade davon gesprochen haben, die Haushaltslage sei noch schlechter als im Haushaltsjahr 2005? Wie wollen Sie erklären, dass Sie weiter kürzen, während Sie weiter erhö
hen? Das passt überhaupt nicht zusammen. Es besteht ein eklatanter Widerspruch zwischen den Aussagen, die Sie gerade getätigt haben.
Herr Kollege Sagel, ich möchte gern zu dem ersten Teil Ihrer Frage Stellung nehmen. Wir haben damals für zusätzliche Ausgaben Deckungsvorschläge gemacht, die, glaube ich, etwas seriöser waren als Ihr Deckungsvorschlag, den Sie in diesem Jahr zusammen mit 300 Finanzbeamten, die angeblich mehr Geld hineinbringen würden, vorgelegt haben. – Das zu dem ersten Teil.
Zu dem zweiten Teil Ihrer Frage. Es gibt überhaupt keinen Widerspruch zwischen den Äußerungen des Kollegen Laschet und meinen. Der Kollege Laschet hat nämlich seiner Hoffnung Ausdruck gegeben, dass für das Jahr 2007 in diesem Bereich mehr Geld für die ganz bestimmte Aufgaben, die er hier festgelegt hat, zur Verfügung gestellt wird.
Sie werden unserer Politik angemerkt haben, dass wir Schwerpunkte bilden und gerade für Schule und Kinder mehr Geld ausgegeben haben. Wir haben in diesem Bereich 216 Millionen € mehr ausgegeben. So sehen Sie, dass wir trotz der notwendigen weiteren intensiven Konsolidierung des Haushalts – wie Sie richtig sagen, sind die Verhältnisse noch schlimmer als im Jahr 2003, als Sie den Doppelhaushalt vorgelegt haben – im Haushalt 2006 und sicherlich auch im Haushalt 2007 in der Lage sein werden, Schwerpunkte zu setzen.
Herr Kollege Linssen hat es gesagt: Der Konsolidierungsauftrag geht weiter. Auch ich habe das gesagt. Der Schwerpunkt Kinder und Jugend wird, nachdem er dieses Jahr in den Schulen deutlich verstärkt worden ist, im Jahr 2007 bei den neuen Aufgaben verstärkt werden. Das ist unsere Politik. Kinder und Jugendliche haben absolute Priorität. Dieses Jahr
wird viel im Zusammenhang mit Schule und Bildung gemacht, während im nächsten Jahr die Familienzentren, die Sprachförderung und die Betreuung der unter Dreijährigen ein wichtiger Schwerpunkt der Politik der Landesregierung sein werden.
Durch die Debatte habe ich verstanden, dass die Sachlage folgendermaßen aussieht: Das Land steigt aus dem Elternbeitragsdefizitausgleich aus. Es hat mehrere Begründungen gegeben; darauf will ich gar nicht eingehen.
Das neue GTK mit dem Systemwechsel und dem Prinzip Hoffnung, dass es für alle besser wird – mehr wissen wir nicht –, kommt irgendwann, aber nicht jetzt.
Dadurch entsteht eine Lücke. Es ist auch klar, welche Folgen es mit sich bringt, wenn das Land aus dem Elternbeitragsdefizitausgleich aussteigt – dem ist auch nicht widersprochen worden –: Entweder die Kommunen steigen ein und lassen sich etwas einfallen, oder die Elternbeiträge steigen.
Deshalb frage ich jetzt den Kommunalminister: Was macht man, wenn man für eine Kommune mit vorläufiger Haushaltsführung oder im Haushaltssicherungskonzept verantwortlich ist, ein bestehendes GTK hat – mit den angeblich zu bürokratischen Mechanismen – und sich trotzdem entscheiden möchte, nicht die Elternbeiträge zu erhöhen, sondern den Anteil selbst zu erbringen? Da ich durch Herrn Laschet die Freiheit bekommen habe, die Beiträge selbst festzusetzen, sage ich vielleicht sogar: Ich will null Beitrag. – Wird die Kommunalaufsicht einschreiten oder nicht? Wenn sie einschreitet, wird sie die Kommune anweisen, die Elternbeiträge zu erhöhen?
Ich weiß nicht, ob man sich die Minister aussuchen kann. Von mir aus. Wollen Sie etwas dazu sagen, Herr Wolf?
Wie Herr Kollege Laschet zu Recht ausgeführt hat, ist das eine Frage, die unter die kommunale Hoheit fällt. Dort muss eine Entscheidung getroffen werden.
Da hier die Kommunalisierung des Elternbeitragssystems fortgesetzt problematisiert wird, will ich eine weitere Konsequenz erfragen. Nach dem bisherigen System ist es so, dass Geschwisterkinder, die gleichzeitig eine Kindertageseinrichtung besuchen, unabhängig vom Einkommen der Eltern nur einen Beitrag auslösen.
Herr Minister, wie bewerten Sie vor dem Hintergrund des sicherlich auch von der Opposition geteilten Appells, dass starke Schultern mehr tragen müssen, die Möglichkeit, dass Kommunen in Zukunft zum Beispiel von Einkommensmillionären, die gleichzeitig zwei Kinder in einer Kindertageseinrichtung betreuen lassen, zwei Beiträge einfordern können?
Ich bewerte das alte System in dieser Hinsicht grundsätzlich als einen Fehler. Es hat mir noch nie eingeleuchtet, warum ein wirklicher Spitzenverdiener sein zweites Kind in einer Kindertageseinrichtung quasi umsonst betreuen lassen kann. Bei mir lagen die Kinder altersmäßig so weit auseinander, dass sie zufällig nicht gleichzeitig in eine Kindertageseinrichtung gingen. Aber wenn das eine Kind sechs Monate früher geboren worden wäre, hätte ich mir wahrscheinlich drei Jahre lang die Zahlung von Elternbeiträgen erspart. Das ist in seiner Logik nicht nachzuvollziehen. Das können die Kommunen in ihrer eigenen Entscheidungskompetenz jetzt aber ändern.
Vielen Dank. – Zu dieser Frage liegen keine weiteren Zusatzfragen vor. Die Dringliche Anfrage 58 ist damit erledigt.
In einer Meldung des „Kölner Stadt-Anzeiger“ vom 29. März 2006 mit der Überschrift „Privates Kapital für Forschung“ heißt es:
„Nordrhein-Westfalen will zur Entlastung der öffentlichen Kassen privates Kapital für Forschungs- und Entwicklungsprojekte einsetzen, die mit EU-Mitteln gefördert werden. Einen entsprechenden Vorstoß hat Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) am Dienstag bei einem Treffen mit EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso in Brüssel unternommen. Bisher kann die Landesregierung die EU-Förderung nur im selben Umfang aus öffentlichen Mitteln aufstocken. Das Land rechnet für den Zeitraum 2007 bis 2013 mit etwa zwei Milliarden Euro aus den Brüsseler Fördertöpfen.“
Wie kommt es zu dieser offensichtlich falschen und im Hinblick auf die langjährige und erfolgreiche NRW-Förderpraxis irreführenden Behauptung?
Frau Abgeordnete, richtig ist, dass sich Herr Ministerpräsident Dr. Jürgen Rüttgers bei seinem Gespräch mit dem Präsidenten der Europäischen Kommission, Herrn Barroso, in der vergangenen Woche für die Anerkennung privater Mittel bei den EU-Strukturfonds eingesetzt hat. Konkret ging es dabei um den Einsatz privater Mittel im Rahmen der Europäischen Strukturfonds in der nächsten Förderperiode 2007 bis 2013.
Der Europäische Rat hat nämlich im Dezember 2005 beschlossen – wahrscheinlich wissen Sie das auch –, dass bei den Strukturfonds ab 2007 eine private Kofinanzierung nur noch in den besonders einkommensschwachen Regionen und in den ostdeutschen Ländern als nationale Kofinanzierung anerkannt werden soll. Was der Europäische Rat beschlossen hat, hätte zur Folge, dass private Anteile nicht als Kofinanzierung anerkannt würden. Dies haben zum Beispiel bei der Anhörung im Hauptausschuss am 9. Februar alle Fraktionen – auch Ihre Fraktion, Frau Abgeordnete Brunn – zu Recht kritisiert. Deshalb verstehe ich Ihre Kritik nicht.
Ich freue mich, berichten zu können, dass Kommissionspräsident Barroso unserer Forderung offen begegnet ist. Wir wollen zukünftig verstärkt die kleinen und mittleren Unternehmen in die Strukturfondsförderung einbeziehen, und zwar insbe
sondere im Bereich Forschung und Innovation. Deshalb ist die Anerkennung privater Kofinanzierung für das Land so wichtig.
Nachdem der Ministerpräsident anscheinend die EU-Strukturfonds mit dem EU-Forschungsrahmenprogramm verwechselt hat, danke ich für Ihre Richtigstellung und frage Sie, ob Ihnen nicht bekannt ist, dass Sie mit dieser Intervention längst offene Türen eingerannt haben, weil insofern bereits die Bundesregierung sowie etliche Landesregierungen interveniert haben und, wie ja auch schon schriftlich mitgeteilt wurde, eine Änderung dieses Vorhabens der EU-Kommission längst in Aussicht stand.
Erstens. Eine Verwechselung hat nicht stattgefunden. Jürgen Rüttgers hat deutlich die Strukturfonds angesprochen. Das Forschungsrahmenprogramm war in der Pressekonferenz an dieser Stelle kein Thema.