Protocol of the Session on February 2, 2006

(Ralf Jäger [SPD]: Das Wüstchen! – Minister Karl-Josef Laumann: Das ist ein schwarzer Bruder!)

Sie können sich entscheiden, ob Sie mehr Rechte nach unten haben wollen, oder immer noch darauf hoffen, dass der Regierungswechsel am 22. Mai ein Traum war und Sie bald wieder in Düsseldorf aufwachen und die Menschen am Gängelband führen können, wohin Sie wollen.

(Carina Gödecke [SPD]: Raus hier! Hören Sie damit auf, es reicht!)

Ich kann Ihnen verraten: Der Traum ist Wahrheit. Es gibt eine andere und bessere Politik für die Kommunen, und die Kommunen sind dankbar dafür. – Vielen Dank.

(Beifall von CDU und FDP – Zurufe von SPD und GRÜNEN)

Als nächster Redner hat für die Fraktion der SPD der Abgeordnete Körfges das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

(Der Abgeordnete fährt das Rednerpult hoch.)

Sie sehen: Ich erhöhe gerade das Niveau.

(Heiterkeit und Beifall von SPD und GRÜ- NEN)

Ich habe meinen Kindern aus dem Buch Momo von Michael Ende vorgelesen.

(Zuruf: Zeitdiebe! – Weitere Zurufe)

Da ist von Herren in Grau die Rede, die den Menschen die Zeit gestohlen haben. Herr Kollege Wüst, ich würde Ihnen empfehlen: Bewerben Sie sich da einmal!

Sich breit und groß hinzustellen und dann Ihre Reformideen – Ansätze will ich das nicht nennen – damit zu begründen, dass es den Kommunen finanziell zugegebenermaßen so schlecht geht, ist in Anbetracht der Rolle, die die CDU bei dem Versuch einer grundlegenden Gemeindefinanzreform in der letzten Wahlperiode des Bundestages gespielt hat, dreist.

(Beifall von SPD und GRÜNEN – Zuruf von der SPD: Das ist zynisch!)

Nordrhein-Westfalen ist nach wie vor trotz Ihrer Bemühungen ein Land mit starken und selbstbewussten Kommunen. Die Geschichte der kommunalen Selbstverwaltung in NRW ist eine Erfolgsgeschichte, meine Damen und Herren.

Das beruht nicht zuletzt darauf, dass Rat und Verwaltung – ich betone das bewusst – gemeinsam die Bürgerschaft vertreten. Das können Sie in § 40 ff. der Gemeindeordnung nachlesen.

(Bodo Wißen [SPD]: Die müsste man ja ken- nen!)

Ich darf den Kolleginnen und Kollegen der Regierungskoalition und dem Landeskabinett gratulieren: Herzlichen Glückwunsch, Sie haben es geschafft, ohne jeden erkennbaren Hinweis darauf, was Sie tatsächlich vorhaben, erheblichen Widerstand gegen Ihre Regierungspolitik in der kommunalen Familie heraufzubeschwören.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Sie haben mit heißer Luft bis jetzt eine mittelschwere Eruption hervorgerufen. Das ist physikalisch gesehen eine große Leistung. Für jemanden, der für die Kommunen in Nordrhein-Westfalen Verantwortung zeigt, ist das eine Katastrophe.

(Zuruf von der SPD: Jawohl!)

Der Kollege ist vielleicht noch nicht so lange im Geschäft. Da will ich auch einmal ein paar Hinweise auf die historische Entwicklung geben. Selbstverständlich hat es immer wieder Anlass gegeben, die Gemeindeordnung unseres Landes anzupassen. Das ist so ähnlich wie mit den Schweizern und mit den Hustenbonbons. Wir können uns jetzt lange darüber streiten, wer die Direktwahl der Oberbürgermeisterinnen und Oberbürgermeister erfunden hat. Zumindest weiß ich eines ganz sicher, liebe Kolleginnen und Kollegen: Damals gab es gottlob noch keine schwarzgelbe Landesregierung.

Darüber hinaus ist eine der wesentlichen Aufgaben unserer Gemeinden die Daseinsfürsorge für Bürgerinnen und Bürger. Damit untrennbar verbunden ist die Möglichkeit von Gemeinden, sich im Rahmen ihrer Aufgabenerfüllung wirtschaftlich zu betätigen. Offensichtlich wollen Sie da auch die Axt anlegen, in wesentlichen grundsätzlichen Bereichen das Verhältnis zwischen Rat und Verwaltung neu bestimmen und die Möglichkeit der wirtschaftlichen Betätigung der Gemeinden einschränken.

Eine starke kommunale Selbstverwaltung – da kann ich an das anschließen, was der Kollege Becker gesagt hat – lebt von engagierten Mandatsträgerinnen und Mandatsträgern, die sich über Einzelinteressen hinaus für das Gemeinwohl einsetzen. Deshalb muss ein kommunales Mandat reale Entscheidungskompetenzen für Ratsfrauen und Ratsherren beinhalten.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Genau deshalb stößt die Verlängerung – das können Sie hier nicht abstreiten, denn das steht in der Regierungserklärung und im Koalitionsvertrag – der Wahlzeit von Hauptverwaltungsbeamten auf acht Jahre und die Entkoppelung von Ratswahl und Bürgermeisterwahl auch auf den engagierten und energischen Widerstand der SPD im Lande Nordrhein-Westfalen,

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

und zwar nicht nur aus formalen Gründen, nicht nur wegen der Probleme, in einem eigenen Wahlgang mit erheblichen zusätzlichen Kosten dann noch einmal die Aufmerksamkeit der Bürgerinnen und Bürger zu erringen, sondern auch, weil es in Deutschland – da gibt es sicherlich noch ein paar wichtigere Ämter, unbeschadet der Position des Herrn Erwin in Düsseldorf, als das einer Oberbürgermeisterin und eines Oberbürgermeisters – nahezu kein Wahlamt gibt, für das ein längerer Zeitraum als vier bis fünf Jahre als Wahlzeit gilt.

Wenn Sie dann in einem Atemzug auch noch zumindest nicht dementieren – das wird ja in CDUKreisen berichtet –, dass Sie den nächsten Wahltermin irgendwie – wie das rechtlich zu machen ist, erklären Sie uns vielleicht irgendwann bei passender Gelegenheit auch einmal – nach vorne oder hinten verschieben wollen, ist das im Interesse der Menschen, die in den Kommunen Verantwortung tragen, keine seriöse Politik.

Herr Abgeordneter, erlauben Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Schemmer?

Ja, natürlich.

Herr Schemmer, bitte schön.

Sie sprachen gerade an, dass es kaum ein Amt gibt, bei dem die Wahlzeit mehr als vier bis fünf Jahre beträgt.

(Hans-Willi Körfges [SPD]: Ja!)

Warum werden dann Schulleiter auf Lebenszeit bestellt?

(Zurufe von SPD und GRÜNEN)

Oh! Ich will jetzt hier kein Proseminar zum demokratischen Staatsaufbau abhalten. Ich hoffe, die Kolleginnen und Kollegen haben genug Fantasie, diese Frage für Sie zu beantworten. Sie können ja den einen oder anderen nachher draußen auf dem Gang einmal fragen.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Richtig ist, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass Versorgungsprobleme gelöst werden müssen. Das hält gegebenenfalls auch engagierte Menschen in der Kommune von einer Kandidatur ab. Denn politische Mandate werden im Gegensatz zu Schulleiterfunktionen eben nur auf gewisse Zeit vergeben. Aber das kann doch nicht so gelöst werden, dass nach einer achtjährigen Amtszeit nach Vollendung des 45. Lebensjahres die Gemeinden einen Anspruch auf Versorgung in Höhe von mindestens 35 % der zuletzt gezahlten Bezüge auf Dauer tragen müssen. Sie haben doch eben etwas zur Haushaltssituation der Gemeinden gesagt.

Wir haben durchaus Interesse daran, uns mit Ihnen über alternative Vorschläge zu unterhalten. Hier im Landtag ist ein hervorragendes Beispiel geboren worden; ich nenne nur das Stichwort

Versorgungswerk. In der kommunalen Familie ist auch seit langem ein eigenständiges Dienstrecht für Hauptverwaltungsbeamte in der Diskussion. Man kann sicherlich mit anderen kreativen Möglichkeiten Versorgungsprobleme lösen, ohne kommunale Haushalte auf Dauer mit einer solchen Versorgungslast belasten zu müssen.

Wenn man dann noch betrachtet – das steht auch im Koalitionsvertrag, sodass da Leugnen auch zwecklos ist –, dass Sie die Stichwahl abschaffen wollen, muss man doch zu Recht nach der demokratischen Legitimation von Hauptverwaltungsbeamten fragen, die gegebenenfalls mit einem Stimmenanteil von weniger als 25 % womöglich dann für acht Jahre gewählt sind.

(Beifall von der SPD)

Das verträgt sich zumindest mit unserem Demokratieverständnis nicht.

Wir finden es in dem Zusammenhang auch nicht hinnehmbar, zusätzlich die Stellung der Hauptverwaltungsbeamten zulasten des Rates zu stärken. Wir sind gerne dazu bereit, mit Ihnen über eine genauere Abgrenzung von Aufgaben zu diskutieren. Es darf allerdings nicht zu einer Aushöhlung – auch da bin ich sehr nahe bei dem, was der Kollege Becker eben ausgeführt hat – der Zuständigkeit der Räte kommen, die durch ihren Gestaltungsauftrag durch die Bürgerinnen und Bürger bis jetzt – ich denke, auch gut – bei der Bestimmung von Beigeordneten und deren Geschäftskreisen entscheiden. Das darf nicht ausgehöhlt werden.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Ich frage mich – gerade weil ich viele von Ihnen noch aus kommunalen Zusammenhängen kenne –: Was für ein Bild haben Sie von den Rechten und Möglichkeiten von Ratsmitgliedern? Wir dürfen die Räte doch nicht zu puren Reklamationsabteilungen verkommen lassen.

(Beifall von SPD und GRÜNEN – Zuruf von der SPD: Jawohl!)

Organisatorische Optimierung ist eine Sache, die Schaffung eines politischen Ungleichgewichts zwischen Hauptverwaltungsbeamten und dem Rat ist eine ganz andere Sache. Meine Damen und Herren, da haben Sie die SPD mit engagiertem Widerstand auch von Hunderten von Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitikern gegen sich.

Wir brauchen uns da auch nicht alleine aufzustellen. Ich habe mir sagen lassen, dass diese seltsame Entstehungsgeschichte von der Ankündigung über die Vorankündigung, über die Rück