Wir brauchen uns da auch nicht alleine aufzustellen. Ich habe mir sagen lassen, dass diese seltsame Entstehungsgeschichte von der Ankündigung über die Vorankündigung, über die Rück
nahme einer Ankündigung bis hin zur Ankündigung eines Entwurfes irgendwann einmal auch etwas damit zu tun haben soll, dass es innerhalb der CDU gegen all das, was ich hier angeprangert habe, erhebliche Widerstände gibt.
Ich glaube, nicht nur Herr Rüttgers, sondern auch Sie haben da gewisse Wahrnehmungsprobleme, wenn Sie nicht wahrnehmen, was da aus der kommunalen Familie über alle Parteigrenzen hinweg im Augenblick an Bedenken artikuliert wird.
Wir freuen uns, dass mittlerweile Öffentlichkeit und Medien das Thema auch entdeckt haben, und zwar in einer Art und Weise, dass demokratische Grundsatzfragen gestellt werden.
Alle Versuche, meine Damen und Herren, diesen Widerstand jetzt auszusitzen, sind zum Scheitern verurteilt. Aus meiner Sicht haben Sie jetzt zwei Möglichkeiten. Die erste Option ist: Sie legen die Karten jetzt und hier auf den Tisch und sagen deutlich, was Sie wollen. Dann kann man wenigstens vernünftig mit Ihnen diskutieren, obwohl wir von der Tendenz her fast alles ablehnen.
Oder aber – aus Sicht der Gemeinden noch sinnvoller – Sie sagen: Wir haben uns da vertan. Unsere eigenen Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker sehen das auch nicht ein. – Verabschieden Sie sich heute von den Plänen. Auch dann haben Sie uns ganz nahe bei sich.
Zu „Privat vor Staat“ ist hier auch schon viel gesagt worden. Mit uns wird es keine Aushöhlung kommunaler Unternehmen geben.
Zu der Nummer mit der Enteignung vorhin – der Kollege Wüst hat da ein paar Dinge gesagt, die es durchaus verdienen, noch einmal aufgegriffen zu werden.
Kommunale Unternehmen enteignen – so sozialistisch ist die SPD nicht mehr. Das können Sie mit uns nicht machen. Die Wettbewerbsfähigkeit von kommunalen Unternehmen dauerhaft zu schädigen, ist auch ein Anschlag auf die kommunale Selbstverwaltung in unserem Land. Das werden wir nicht zulassen.
Auch da sind Sie – um wie in der klassischen Tragödie zu argumentieren – in einem klassisch tragischen Konflikt. Sie können zum einen hingehen und sagen: „Wir machen eine ganz großartige Änderung“ – dann ist emotional das Herz derjenigen, die neoliberal denken, erreicht –, tun aber eigentlich gar nichts. – Das ist eine Alternative.
Oder aber – und den Verdacht habe ich ein bisschen – Sie sagen auch denjenigen, die sich in Ihren Reihen ernsthafte Sorgen um die Zukunft kommunaler Unternehmen machen: „Ach, wir ändern doch nichts“ – Klammer auf, vielleicht nur ein Wort, Klammer zu –, machen Appeasement in Richtung kommunale Mandatsträgerinnen und Mandatsträger und höhlen gleichzeitig die wirtschaftliche Betätigung der Gemeinden aus.
Meine Damen und Herren, das sind für Sie klassisch tragische Alternativen. Ich sage Ihnen vorher, dass Sie mit diesen Alternativen nicht nur hier im Haus, sondern auch in der breiten Öffentlichkeit in Nordrhein-Westfalen scheitern werden.
Ich bin froh darüber, dass wir heute über den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen diskutieren durften. Wir werden selbstverständlich zustimmen.
Aber glauben Sie mir: Solange Sie nicht genau sagen, was Sie wann wie wollen, ist das in dieser Sache nicht unser letztes Wort. Man kann sich sicherlich auch als Wolf hinter einer Palme verstecken. Aber zu lange den Wolf hinter Palmen zu spielen klappt hier im Haus nicht, meine Damen und Herren.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zum wiederholten Male wird hier im Plenum der Versuch unternommen, die Landesregierung dazu zu zwingen oder – etwas höflicher formuliert – dazu zu bewegen, einen in Erarbeitung befindlichen Gesetzentwurf vorzustellen, als sollten wir hier einen Steinbruch beraten.
(Hans-Willi Körfges [SPD]: Das waren gute Jahre! – Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: www.nrw- braucht-tempo.de! – Weitere Zurufe)
Sie wissen, wie das läuft. Also: Geduld! Wir kommen, und zwar wenn der Entwurf fertig ist, nicht eine Sekunde früher.
Herr Jäger, dass ist das gleiche Strickmuster wie beim 107. Das haben wir diskutiert; das sind ungelegte Eier. Abwarten! Wir kommen, aber erst, wenn die Vorlage fertig ist.
Zum Antragsinhalt: Herr Becker, es ist wirklich erstaunlich, wie Sie hier mit Rabulistik versuchen, uns etwas in die Tasche zu lügen, was an keiner Stelle beabsichtigt ist.
Ich erinnere daran: In der letzten Legislaturperiode hat der damalige Innenminister Dr. Fritz Behrens, den ich sehr schätze – das wissen Sie – zu Beginn der Diskussion über die GO-Novelle eine Expertenkommission eingerichtet. Das wissen Sie noch.
Das ist vier Jahre her. Die Expertenkommission hat einen Bericht vorgelegt und für Änderungen plädiert. Herr Becker, auch in dieser Expertenkommission war ein grüner Vertreter, nämlich Herr Günter Karen-Jungen. Also: alle Fraktionen!
Die Expertenkommission hat nachdrücklich für Änderungen, für Reparaturen, für Modernisierungen oder – man könnte auch sagen – für Fortschreibung plädiert. Wir haben damals in der Opposition gespannt gefragt: Wann kommt denn nun der Gesetzentwurf? Da ist doch Handlungsbedarf.
Innenminister Fritz Behrens hat damals auf eine Kleine Anfrage unseres Kollegen Brendel erklärt: In dieser – also in der letzten – Legislaturperiode keine Änderung der GO! – Das war das Ergebnis.
Abgesehen vom Drehen an kleinsten Stellschrauben – diese Sachverhalte sind mittlerweile unabweisbar geworden – haben Sie die Kommunalverfassung nicht fortentwickelt. Es waren Jahre der Untätigkeit. Sie haben heute vom Kollegen Wittke den Begriff der Duldungsstarre gehört. Das wiederhole ich. Wir haben Jahre vertan.
Damals wie heute haben wir als FDP-Fraktion es in der Verantwortung gegenüber der kommunalen Familie als zwingend erachtet, alle Stolpersteine, die in der seit 1994 geltenden Fassung enthalten sind, aus dem Weg zu räumen. Sie können sich noch daran erinnern: Die FDP-Fraktion hat einen fast einhundert Seiten starken kompletten Änderungsantrag zur Fortentwicklung der GO NRW vorgelegt. Sie haben den damals abgelehnt. Jetzt, wo wir vielleicht 230 Tage regieren, verlangen Sie, dass wir das Ding schon fix und fertig auf den Tisch legen.
(Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Er hat es doch gesagt! – Ralf Jäger [SPD]: Sie haben es doch angekündigt!)
Meine sehr verehrten Damen und Herren, bevor ich auf den Antrag von Bündnis 90/Die Grünen eingehe, möchte ich Sie noch einmal auf den Koalitionsvertrag hinweisen. Wir haben heute Morgen schon einmal gesagt: Das, was da steht, machen wir. – Dort heißt auf den Seiten 50 bis 52 – das können Sie nachlesen –: Durch die angestrebten Änderungen sollen die Gemeinden ein größtmögliches Maß an Freiheit erhalten. – Da ist wieder der Freiheitsgedanke.
Was kann man da allen Ernstes kritisieren, Herr Jäger? Ich lade Sie zu dieser Freiheitsbewegung ein.
Die Reform der Gemeindeordnung beziehungsweise der Kommunalverfassung soll zur Stärkung der lokalen Demokratiepotenziale und der Förderung politischer Akzeptanz durch die Bürger beitragen. Das meint: Wir wollen die Kommunen stärken; die kommunale Selbstverwaltung hat Verfassungsrang. Das meint: Wir wollen die Standortqualität für die Wirtschaft vor Ort stärken.
Das meint, dass wir den Gestaltungs- und den Verantwortungsrahmen der Kommunen stärken wollen. Und das meint auch, dass wir die Mög