Protocol of the Session on December 15, 2005

Nun erkennt Frau Thoben in der Windkraft einen Exportschlager, und auch Herr Uhlenberg stellt fest: Angesichts der Entwicklung von Öl- und Gaspreisen muss auch künftig auf erneuerbare Energien gesetzt werden. – Ich frage mich, ob der Minister das mit seinen Kollegen abgesprochen

hat. Der wahre umweltpolitische Ansatz der Regierung scheint vielmehr in einer bestimmten Prioritätensetzung zu liegen. Schutz des ästhetischen Empfindens kommt vor einer nachhaltigen Energiepolitik.

Diesen Ansatz und den eingebrachten Gesetzentwurf werden wir als sozialdemokratische Fraktion nicht mittragen. Unsere Politik ist zukunftsgewandt, und wir haben in der Vergangenheit immer den Ausgleich aller betroffenen Interessen gesucht. Vor diesem Hintergrund lehnen wir den Gesetzentwurf mit Nachdruck ab. – Danke sehr.

(Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Stinka. – Als nächster Redner hat für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Kollege Remmel das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich werde mich in der gebotenen Kürze, weil wir das Thema an verschiedenen Stellen schon rauf und runter diskutiert haben,

(Beifall von der FDP)

auf die wesentlichen Argumente beschränken. Fachlich ist alles gesagt. Aber man muss erstens schon deutlich feststellen, dass Ihr Versuch, angelegt in der Koalitionsvereinbarung, einen Feldzug gegen die erneuerbaren Energien zu starten und insbesondere die Windenergie zu treffen, auf Bundesebene kläglich gescheitert ist.

(Beifall von den GRÜNEN)

Da waren die Linien, die unter der letzten Bundesregierung gelegt worden sind, offensichtlich so stark und so herausragend, dass auch Sie mit Ihrem Vorstoß erfolglos geblieben sind.

Zweitens. In welcher Zeit findet diese Diskussion statt? – Der Kollege Stinka hat dankenswerterweise auf die Konferenz in Montreal hingewiesen. Es mutet doch sehr provinziell an, was hier in Nordrhein-Westfalen von Ihnen mit diesem Gesetzgebungsverfahren, aber auch mit dem Windkrafterlass auf den Weg gebracht worden ist.

Ich möchte Ihnen zwei Pressemitteilungen – denn das ist das Traurige an der Geschichte – zur Kenntnis geben. Die erste ist vom 7. Dezember, überschrieben mit der Schlagzeile:

Brüssel stellt Förderung erneuerbarer Energien in Deutschland sehr gutes Zeugnis aus.

Wir bekommen von der EU-Kommission offiziell ein dickes Lob für unsere Energiepolitik, für unsere Politik, regenerative Energien zu fördern. Insbesondere die Windenergieförderung kommt dabei gut weg, weil die Förderung in der Bundesrepublik die preiswerteste im europäischen Vergleich ist.

(Beifall von den GRÜNEN – Zuruf von Sylvia Löhrmann [GRÜNE])

Das sollten Sie sich einmal dick in Ihre Stammbücher schreiben, damit solche Vorstöße, wie Sie hier stattfinden, in Zukunft gestoppt werden.

Die zweite, allerdings betrübliche Meldung stammt ebenfalls vom 7. Dezember und sollte nachdenklich machen. dpa schreibt:

Die Stimmung in der regenerativen Energiewirtschaft, insbesondere auch in NordrheinWestfalen, ist im November eingetrübt.

Dies wird mit entsprechenden politischen Initiativen gerade von Ihrer Seite begründet. Das macht deutlich: Sie wollen offensichtlich einen sehr erfolgreichen Wirtschaftszweig kaputtmachen, und das hat konkrete Auswirkungen.

Also: Letztlich werden Sie bundespolitisch nicht erfolgreich sein; das haben die letzten Monate bewiesen. Andererseits zerstören Sie Grundlagen für Arbeitsplätze und für eine erfolgreiche Wirtschaft sowohl in Nordrhein-Westfalen als auch in der Bundesrepublik Deutschland. Deshalb mein letzter Versuch: Ziehen Sie Ihren Gesetzentwurf zurück! Sie machen etwas kaputt, was sehr erfolgreich ist und eine große Perspektive auch mit Blick auf die Notwendigkeiten des Klimaschutzes hat.

(Beifall von den GRÜNEN)

Herr Kollege Remmel, ich wollte Sie gerade noch fragen, ob Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Witzel gestatten?

Herr Kollege Remmel, Sie sagten gerade, die Windenergie sei wirtschaftlich erfolgreich. Ich wollte Sie fragen, welche Definitionen Sie bei Ihren Überlegungen anstellen. Wie kann eine Branche erfolgreich sein, die unter Marktgesichtspunkten ohne politischen Flankenschutz selber gar nicht existenzfähig ist?

(Zuruf von Edgar Moron [SPD])

Es hat im Bereich der Energieerzeugung immer Rahmensetzungen gegeben, die dazu führen, bestimmte Energieerzeugungsarten wirtschaftlich zu machen. Dazu gehört auch die Windenergie.

Gerade bei der Windenergie ist es so angelegt, dass die Hilfen über das EEG sukzessiv zurückgefahren werden, um in den Bereich der eigenständigen Wirtschaftlichkeit zu kommen. Ich gehe davon aus, dass die energetischen Rahmenbedingungen auch dazu führen werden, dass die Windenergie in allzu naher Zeit aus sich heraus ohne die Unterstützung des EEG wirtschaftlich sein wird, weil die anderen Energiepreise entsprechend steigen werden.

Ich darf Ihnen die Aussagen der EU-Kommission vorlesen. Zu Deutschland wird gesagt: In Deutschland erhalten Betreiber von Wind- und Bioenergieanlagen, von Solar- und Erdwärme sowie von bestimmten Wasserkraftwerken einen entsprechenden Betrag. So wird die Kilowattstunde Windstrom hierzulande mit 8,5 Cent vergütet. In den meisten anderen Ländern ist der Windstrom hingegen deutlich teurer. In Großbritannien etwa, wo er laut Bericht durchschnittlich 13,3 Cent pro Kilowattstunde kostet. – Das ist eine von der EU mit einem entsprechenden Prädikat versehene Erfolgsgeschichte, und Sie sollten sich das vielleicht einmal durchlesen. Das würde mich zumindest freuen.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Remmel. – Als nächster Redner hat für die FDP-Fraktion der Kollege Ellerbrock das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lassen Sie uns zu Anfang mit der Mär aufräumen, die sowohl der Kollege Remmel als auch der Kollege Stinka deutlich machten. Beide Koalitionsfraktionen sagen eindeutig Ja zu additiven Energien, zu regenerativen Energien, zu Forschung und Entwicklung und zu einer degressiven Anschubfinanzierung – allerdings anders, als es das EEG vorsieht. Wir sagen auch Ja zur Windkraft da, wo es sich lohnt und wo die Windhäufigkeit gegeben ist – im OffshoreBereich usw. –, aber nicht dort, wo es sachlich nicht geboten ist.

Der zweite Punkt: Der Kollege Stinka sagt in völliger Verkennung der Wortwahl, dass die Windkraft ein Pfeiler der Energiewirtschaft sei. Pfeiler hat nach meiner Definition – so, wie ich es gelernt

habe –, etwas mit Stabilität und Solidität zu tun. Alles das ist bei Windkraft nicht gegeben.

(Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Die Windräder sind nicht umgeknickt!)

Er spricht von einer zukunftsorientierten Politik. Die zukunftsorientierte Kohlepolitik der SPD brauchen wir auch nicht weiter zu diskutieren. Es hat Landtagswahlen gegeben, die das klargestellt haben.

Meine Damen und Herren, der vorliegende Gesetzentwurf ist eine konsequente Fortführung dessen, was wir vor der Wahl gesagt haben: Wir wollen eine ungerechtfertigte Privilegierung der Windkraft im Landschaftsgesetz aufheben. Das tun wir nun auch.

Das ist auch ein Punkt, bei dem wir nicht alleine stehen. Es macht mir immer Freude, nicht nur den Städte- und Gemeindebund zu zitieren, der feststellt: Jede Windkraftanlage ist raumbedeutsam und nicht nur das, was unter ideologisch gefestigten Gesichtspunkten seitens der rot-grünen Koalition vorgebracht worden ist. – Nein, bei den heutigen Anlagen kann man behaupten: Es ist jede Anlage raumbedeutsam.

Selbst der NABU, der sicherlich nicht der CDU und der FDP nahe steht, bekräftigt, dass es nicht ausreichend ist, sich die Beschränkung auf raumbedeutsame Windkraftanlagen – diese leitet sich in der Definition im Wesentlichen bei der Höhenbeschränkung von nur 100 Metern nicht aus Kriterien des Naturschutzes, sondern aus denen des Luftverkehrsrechts ab – nur aus Sicht des Naturschutzes vor Augen zu halten; denn aus Sicht des Naturschutzes ist jede einzelne Windkraftanlage ein Eingriff und muss somit der Eingriffsregelung unterliegen – ähnlich die Schutzgemeinschaft deutscher Wald. Dem ist nichts mehr hinzuzufügen. Das stimmt doch einfach so.

Meine Damen und Herren, wenn die Grünen und jetzt auch die SPD aus dogmatischen Gründen dem noch weiter nachhängen, dann mögen sie das so machen. Die Mehrheit steht, die Koalition will das Gesetz ändern. Wir sehen das als unsinnig an und wollten das ändern. Deswegen haben wir es in die Koalitionsvereinbarung eingebracht und haben den Gesetzentwurf vorgelegt. Wir machen das. – Ich danke.

(Beifall von FDP und CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Ellerbrock. – Nun hat als nächster Redner für die Landesregierung Herr Minister Uhlenberg das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Landesregierung begrüßt den Gesetzentwurf der beiden Koalitionsfraktionen. Es lohnt nicht, bei diesem Gesetzentwurf eine grundlegende Debatte zu der Frage „regenerative Energie“ zu führen; das geht nämlich völlig am Thema vorbei. Was hier beseitigt wird, ist eine Privilegierung. Die gibt es in Nordrhein-Westfalen seit 1994. Ich füge hinzu: Diese Privilegierung gibt es in dieser Form nur in Nordrhein-Westfalen, nicht in anderen Bundesländern.

Wenn Sie überlegen, dass die Privilegierung für Windkraftanlagen – dass zwei nebeneinander stehende Windkraftanlagen keinen Eingriff in die Landschaft bedeuten – zu einer Zeit vorgenommen worden ist, als die Windenergieanlagen noch eine Nabenhöhe von 63 m im Schnitt hatten, während sie heute eine Nabenhöhe von durchschnittlich 110, 120 m haben, dann stellen Sie fest, dass sich in den vergangenen zehn, elf Jahren auch bei der Größe der Windkraftanlagen eine Menge geändert hat. Deswegen ist die Frage einer solchen Privilegierung heute anders zu bewerten, als das damals der Fall war und von Rot-Grün entsprechend umgesetzt worden ist.

Meine Damen und Herren, diese Landesregierung steht zur regenerativen Energie – auch zur Windenergie – dort, wo sie Sinn macht. Aber ich glaube, dass wir keine Akzeptanz in der Bevölkerung bekommen – auch bei größeren Windkraftanlagen nicht –, wenn wir das in der Form fortsetzen, wie es in den vergangenen Jahren durch die rot-grüne Regierung gemacht worden ist.

Deswegen möchten wir das Landschaftsgesetz an diesem Punkt ändern. Wir unterstützen also den Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen und sind zum Beispiel auch der Auffassung, dass Windkraftanlagen nicht in den Wald gehören. Das eine hängt unmittelbar mit dem anderen zusammen. Hier geht es um eine sinnvolle Novellierung des Landschaftsgesetzes, die von der Landesregierung begrüßt wird. – Vielen Dank.

(Beifall von CDU und FDP)

Herzlichen Dank, Herr Minister Uhlenberg. – Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor, sodass wir am Schluss der Beratung sind und zur Abstimmung kommen können.

Der Ausschuss für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz empfiehlt

in seiner Beschlussempfehlung in der Drucksache 14/860, den Gesetzentwurf in der Drucksache 14/214 unverändert anzunehmen. Wer dieser Beschlussempfehlung zustimmen möchte, möge bitte die Hand heben. – Gegenstimmen? –

(Zuruf von der SPD: Das ist die Mehrheit! – Minister Eckhard Uhlenberg: Das war mal!)

Enthaltungen? – Damit ist die Beschlussempfehlung mit den Stimmen von CDU und FDP gegen die Stimmen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen angenommen und der Gesetzentwurf in der Drucksache 14/214 unverändert in zweiter Lesung verabschiedet.