Protocol of the Session on March 25, 2010

Das war die klare Ansage. Weiter hat er gesagt:

In solchen Fällen gibt es auch manchmal ein zweites Gutachten, das zu einem anderen Ergebnis kommen kann.

Das war mit anderen Worten die klare Drohung: Wir werden schon dafür sorgen, dass es auch noch ein anderes Gutachten gibt.

Als wir die Landesregierung daraufhin mit einem Eilantrag aufgefordert haben, den versprochenen Gesetzentwurf vorzulegen, haben Sie das mit Verfahrenstricks verhindert. Wir haben Ihnen damals gesagt: Die Folge wird sein, wir kommen mit einem Gesetzesvorschlag. – Der Gesetzesvorschlag – da möchte ich dem Vorsitzenden des Kommunalausschusses noch einmal ausdrücklich danken – ist dann noch in eine Anhörung gelangt.

Auch davon wieder Zitate. Vorneweg einmal die Einschätzung: Alle, die dort waren, haben sich ausdrücklich für genau diesen Gesetzentwurf ausgesprochen.

(Zuruf von Dietmar Brockes [FDP])

Das ist schon wieder gelogen, Herr Kollege. Ich sage Ihnen gleich, warum. Das ist nicht wahr. Stellen Sie eine Zwischenfrage. Dann nenne ich Ihnen alle.

Also, das ist nicht wahr, und ich sage Ihnen ausdrücklich dazu: Alle haben sich dafür ausgesprochen, das noch in dieser Wahlperiode umzusetzen, weil die Stadtwerke in Gefahr sind. Alle!

Jetzt sage ich Ihnen etwas zu denjenigen, von denen Sie sagen, dass es alles Stadtwerke waren. Herr Brockes, Sie sagen die Unwahrheit. Andreas Gentsch, von CDU und FDP benannt, BDEW,

(Dietmar Brockes [FDP]: Ja!)

hat gesagt: Der Energiemarkt ist ein bundesweiter und zunehmend europäischer Markt. Deshalb passt es nicht, wenn man länderspezifische Restriktionen für die einzelnen Marktteilnehmer aufrechterhält. – Er hat sich für dieses Gesetz noch in dieser Wahlperiode ausgesprochen.

(Beifall von GRÜNEN und SPD – Rainer Schmeltzer [SPD]: So ist es, genau!)

Der Nächste, den ich nennen will, ist auch von Ihnen benannt worden; das war Professor Bettzüge von der Uni Köln. Auch der hat sich dafür ausgesprochen und hat gesagt: Die Stadtwerke müssen dieses Gesetz haben, um einer europäische Konkurrenz auch wirklich europäisch und innerdeutsch begegnen zu können. – Den haben Sie benannt; den hat kein anderer benannt. Ich meine, Sie sollten sich dann auch dazu bekennen.

Alle anderen, einschließlich der kommunalen Spitzenverbände, einschließlich der Stadtwerke haben sich dafür ausgesprochen, dieses Gesetz jetzt zu verabschieden. Ich habe dann ausdrücklich nachgefragt – weil Ihre Linie ja die ist, zu sagen, das sei so ein komplexer Sachverhalt –, ob denn tatsächlich der Sachverhalt so komplex sei und noch weiter geprüft werden müsse oder ob man ihn jetzt verabschieden könne und müsse. Auch da haben sich alle Gutachter, alle Sachverständigen dafür ausgesprochen, dieses Gesetz – es ist wörtlich gesagt worden, es sei ja nun überschaubar, und man müsse es intellektuell nun nicht ewig lange prüfen – jetzt zu verabschieden.

(Zuruf von Johannes Remmel [GRÜNE])

Meine Damen und Herren, ich stelle fest: Wer das Gesetz jetzt nicht verabschiedet, schadet nicht nur den Stadtwerken im Energiesektor, schadet nicht nur einer Konkurrenzsituation im Energiesektor, von der übrigens auch die Wirtschaftsministerin gesprochen hat und die sie ja verbessern wollte, sondern der ist in der Tat nicht bereit, aus ideologischen Gründen hier eine unhaltbare Situation für die Stadtwerke zu verändern.

Deshalb fordere ich Sie auf, insbesondere die Damen und Herren von der CDU, die vor Ort ganz anders reden als Herr Löttgen heute, hier Farbe zu bekennen und es mit uns zusammen auf den Weg zu bringen. Ansonsten werden wir – übrigens zusammen mit der ruhmreichen Rede des Abgeordneten Löttgen – diesen Sachverhalt auch wieder an

die Stadtwerke und an die gesamten Unternehmen verschicken, damit sie den Sachverhalt kennenlernen und auch wissen, mit welchen Floskeln Sie sich hier in der Sache herausreden. – Schönen Dank.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Danke schön, Herr Becker. – Für die SPD-Fraktion hat nun Herr Stinka das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Brockes, welches Bild haben Sie eigentlich von Handwerk und von Wettbewerb, wenn Sie hier von „unlauter“ sprechen und davon, dass Handwerker behindert würden? In so einem Umfeld findet ganz sicher kein Wettbewerb statt. In so einem Umfeld können auch Stadtwerke nicht prosperieren. Das brauchen wir jedoch dringend für unser Land.

Kolleginnen und Kollegen, die SPD steht dafür ein – das hat mein Kollege Börschel vorhin schon ausgeführt –, alles dafür zu tun, damit es kommunalen Betrieben wieder besser gehen soll, damit sie Aufgaben erfüllen können, die in Richtung Zukunft gehen. Wir brauchen Stadtwerke für die Daseinsvorsorge vor Ort.

Wer in der Enquetekommission Energie gesessen hat, der weiß, dass diese Daseinsvorsorge auch eine soziale Frage ist, wenn es um Wärmedienstleistungen geht, wenn es um Dienstleistungen geht, die sich ganz neu auf dem Markt entwickeln und auch eine soziale Frage für uns in der SPD-Fraktion darstellen.

Die Stadtwerke sind die einzigen potenten Wettbewerber, die den Wettbewerb, den wir alle immer wollen, auch einfordern können, wenn sie im Bereich des Erzeugungsmarktes faire Bedingungen vorfinden werden. Stadtwerke haben derzeit klare Wettbewerbsnachteile. Hier muss die Politik dazu beitragen, dass zukünftig diese Wettbewerbssituation fair ist und für die Stadtwerke verbessert und nicht verschlechtert wird.

Um Stadtwerke zu stärken, kommt es auf Folgendes an:

Erstens. Die Wettbewerbssituation der Stadtwerke darf nicht weiter verschlechtert werden. Vor dem Hintergrund freue ich mich gleich schon auf Tagesordnungspunkt 8, bei dem wir über Restlaufzeitverlängerungen von Kernkraftwerken diskutieren.

Zweitens. Es kommt darauf an, die rechtliche Situation der Stadtwerke zu verbessern. Deshalb brauchen wir dringend eine Änderung des § 107, damit diese sehr scharfe Regelung abgemildert wird und diese kommunalfeindliche Argumentation, die hier, gerade seitens der FDP, geführt wird, aufgelöst wird.

Welches Bild haben Sie von den Menschen und davon, wie hier gearbeitet wird? Sie argumentieren immer von der Seite des Missbrauchs und von der Seite des städtischen Kasinos aus. Ich komme aus einer Region mit kleinen Stadtwerken; ich habe dort kein Kasino erlebt, wie Sie es hier immer an die Wand malen.

(Beifall von der SPD)

Unsere Stadtwerke müssen als Erzeuger wettbewerbsfähig werden. Derzeit haben sie große Nachteile, weil die vier großen Energieerzeuger auf einen abgeschriebenen Kraftwerkspark zurückgreifen können. Deshalb – da will ich noch mal auf die Debatte von heute Morgen eingehen – haben wir beim Immissionshandel Investitionszuschüsse für neue, hoch effiziente Kraftwerke, möglichst mit Kraft-Wärme-Kopplung, in die Diskussion eingebracht. Das ist konkretes Handeln für den Standort Nordrhein-Westfalen. Das ist konkretes Handeln für unsere Region.

Die Regierung, wie wir sie hier in Auflösung vorfinden, spielt auf Zeit, um sich über die Landtagswahl hinaus zu retten. Es ist zu befürchten, dass das Energiekonzept der schwarz-gelben Bundesregierung zum Nachteil der Stadtwerke verabschiedet werden kann, worauf wir, was die Laufzeitzeitverlängerung angeht, gleich bei Tagesordnungspunkt 8 noch eingehen werden.

Wenn die Bundesregierung daran festhält, die Laufzeiten verlängern zu wollen, muss dies von einer SPD-geführten Landesregierung verhindert werden. Hinzu kommt, dass Nordrhein-Westfalen ein ganz klares Energie- und Klimakonzept benötigt, damit die Ziele, die gesetzt werden, auch tatsächlich in reales Handeln umgesetzt werden können. Im Vordergrund muss stehen, dass wir mehr Wettbewerb bekommen. Hinzu kommt, dass Wettbewerb für die kommunalen Betriebe auch neue Betätigungsfelder erschließt. Deshalb müssen wir klare Regeln für die Abschaltung von alten Kraftwerken und ganz klare Perspektiven für den Einsatz erneuerbarer Energien haben.

Kolleginnen und Kollegen, auch für eine gute Zukunft der Stadtwerke brauchen wir einen grundlegenden Politikwechsel in unserem Land NordrheinWestfalen. Die Landtagswahl ist für unsere Stadtwerke eine Richtungsentscheidung: weiter mit „Privat vor Staat“ von Schwarz-Gelb oder eine gute Zukunft für die Stadtwerke mit einer SPDgeführten Landesregierung. Wir wollen, dass die Stadtwerke nach dem 9. Mai wieder in eine gute Zukunft blicken können. Deshalb wird es ab dem 9. Mai einen Neuanfang für diese Beteiligten geben. – Vielen Dank.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Danke schön, Herr Stinka. – Für die Landesregierung spricht nun der Innenminister, Herr Dr. Wolf.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Fraktion der Grünen will eine unkonditionierte Aufhebung der Gebietsbeschränkung für Stadtwerke – und das im Wege billiger Effekthascherei und Rosinenpickerei. Man fragt sich schmerzlich: Warum haben Sie das alles nicht bis 2005 längst durchgesetzt, wenn Sie das für so wichtig erachtet haben? Schließlich ist die Liberalisierung der Energiemärkte bereits in den 90er-Jahren geschehen. In der Zeit bis 2005, als Sie regiert haben, ist nichts da gewesen. Deswegen haben Sie lange gewartet, habe ich gerade von einem Abgeordneten der SPD gehört. Sie hätten es längst tun können, Herr Börschel. Sie hatten bis 2005 alle Zeit, das zu ändern, wenn es so richtig und wichtig ist.

Ich erwähne nur am Rande, dass die Gebietsbeschränkung, die jetzt lauthals beklagt wird, nicht nur in allen Gemeindeordnungen in Deutschland zu finden ist, sondern auch zu Ihrer Zeit immer bestanden hat, und dass die Formulierungen, die wir jetzt haben, bereits zu Zeiten von Johannes Rau in der Gemeindeordnung standen.

(Zuruf von Martin Börschel [SPD])

Reine Geschichtsklitterung! – Das heißt, die historische Rechtfertigung, die Sie damals für die Gebietsbeschränkung gesehen haben, die heute auch noch in den Gemeindeordnungen gesehen wird, besteht darin, dass es um die Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaften und – das darf man ruhig erwähnen; Herr Brockes hat es getan – um die Überschaubarkeit des zu tragenden Risikos geht.

Herr Börschel, jetzt wollen wir nicht so tun – Sie kennen sich ja mit solchen Dingen gut aus in Köln –, dass es nicht auch gefährliche Geschäfte geben kann, die man in den Städten tätigt. Ich sage nur Cross Border und Swaps, all diese Dinge hat es gegeben. Deswegen ist hier Vorsicht an der Bahnsteinkante angesagt.

(Beifall von der FDP)

Es geht gerade darum, dass die Stadtwerke nicht die großen Player sein sollen.

Meine Damen und Herren, wenn es dann um das Burgi-Gutachten geht, ist in der Tat festzuhalten: Es ist ein Gutachten, aus dem sich dann auch noch die Grünen das rausgepickt haben, was sie gerne haben wollten, ein selektives Aufgreifen der Problematik, ohne die Dinge anzusprechen, die Herr Burgi sehr wohl thematisiert hat. Hierbei geht es nämlich auch um Verfassungsrecht. Hier geht es um die Frage, ob man nicht eine Besserstellung will, obwohl in Wahrheit Gleichbehandlung reklamiert wird. Gleichzeitig die Privilegien einzustreichen und an

anderer Stelle Vorteile zu kassieren, das, glaube ich, kann nicht richtig sein. Hier wird einfach zu schnell agiert und auch nicht sauber argumentiert. Es bedarf einer gründlichen Klärung dieser Problematik.

Herr Minister!

(Zuruf von Martin Börschel [SPD])

Herr Börschel, schreien Sie hier nicht herum.

(Gisela Walsken [SPD]: Was soll das denn?)

In anderen Bundesländern sind die Fassungen genauso. Wenn, dann ist das ein Bundes- und ein Europa-Thema. Wenn Sie wettbewerbliche Unwucht reklamieren, dann müssen Sie auch die Frage stellen: Warum tun die Gemeinden nicht das, was sie längst tun können? Sie können sich heute schon als Stadtwerke mit ihrem Nachbarn zusammentun. Es ist gar nicht einzusehen, dass sie zwingend in anderen Bundesländern, am besten noch internationale Beteiligungen eingehen. Hier sind schlagkräftige EVU sehr wohl …

Herr Minister, es gibt eine Zwischenfrage von Herrn Jäger. Lassen Sie die zu?

Von Herrn Jäger? – Gut, meinetwegen.