Protocol of the Session on February 3, 2010

(Lachen von Hans-Willi Körfges [SPD])

Wir würden diese Fragen gern beantwortet bekommen. Ich gehe davon aus, dass die Landesregierung gleich etwas dazu sagen wird, wie der Prüfungsprozess aussieht und wie er eingeleitet worden ist. Wenn die Fragen beantwortet sind, kann man ein Gesetz machen. Ob das in einem Monat, in zwei oder drei Monaten sein wird, kann ich Ihnen nicht sagen.

(Zuruf von Bodo Wißen [SPD])

Das hängt von der Qualität und vom Umfang der Beantwortung der aufgeworfenen Fragen ab.

(Beifall von der CDU – Martin Börschel [SPD]: Das sagt aber viel! Frau Ministerin, viel Spaß! – Weitere Zurufe von SPD und GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Wittke. – Als nächster Redner hat für die Fraktion der SPD der Kollege Körfges das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Überraschungen hier vorne am Rednerpult nehmen manchmal gar kein Ende. Ich hätte mir nicht träumen lassen, dass ich einmal 90 % der Ausführungen des verehrten Kollegen Wittke eigentlich so unterstreichen könnte.

(Beifall von der SPD)

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen – insbesondere von der CDU –: Wenn das alles so ist, scheint die einzige relevante inhaltliche Frage zu sein: Warum machen denn Ihre geschätzten Freunde von der FDP nicht mit?

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Wir hätten es heute gemeinsam in der Hand gehabt, ein wichtiges Zeichen für mehr Wettbewerb im Energiebereich und die bessere Zukunft unserer kommunalen Unternehmen – insbesondere unserer Stadtwerke – zu setzen. Kollege Wittke, ich räume ein: Das, was wir im Augenblick diskutieren, ist nicht unmittelbarer Ausfluss der letzten von Ihnen unglücklicherweise vorgenommenen Änderungen des § 107 der Gemeindeordnung.

Deshalb geht meine Fraktion in ihrer Entschließung weit über das hinaus, was die Kolleginnen und Kollegen von Bündnis 90/Die Grünen zum Antrag erhoben haben. Wir wollen, dass Sie sich zur kommunalen Daseinsvorsorge, den kommunalen Unternehmen insgesamt und unserer Verantwortung für sie bekennen und mit uns gemeinsam endlich die unselige Diskriminierung nordrhein-westfälischer kommunaler Unternehmen insgesamt beenden.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Der von Ihnen zu Recht geschätzte Professor Burgi gibt uns – ich empfehle Seite 11 seines Gutachtens – unabhängig von der im Augenblick in Rede stehenden Frage recht, wenn er feststellt, dass wir das schärfste Kommunalwirtschaftsrecht in der Bundesrepublik Deutschland haben und unsere kommunalen Unternehmen schon von daher sogar im innerdeutschen Wettbewerb benachteiligt sind. Das ist sicherlich eine der Fehlleistungen dieser Landesregierung.

(Beifall von den GRÜNEN)

Sie haben im Prinzip durch die jetzt von Ihnen losgetretene Diskussion ein richtiges Thema aufgenommen. Aber so neu ist es nun auch wieder nicht. Ich kann mich an die Beratungen zu § 107 und zur Änderung des § 107 erinnern. Damals sind nicht irgendwelche Stadtwerke, sondern die Stadtwerke unisono aufgelaufen, haben uns auf die Oligopole hingewiesen. Unabhängig von der parteipolitischen Färbung der vor Ort herrschenden Mehrheitsstrukturen ist uns gesagt worden: An der Stelle sehen wir dringenden Handlungsbedarf. Es ist mit EU-Recht argumentiert worden.

Schon damals haben wir gesagt: Wir können uns doch zumindest über die Frage der Örtlichkeit und der Begrenzung auf das Versorgungsgebiet unterhalten. Dort hätten wir einen wichtigen Punkt setzen können.

Insoweit ist das eigentlich gar nichts Neues, meine Damen und Herren. Ich war aber doch überrascht, als ich am 9.01.2010 den Medien entnommen habe, dass diese Landesregierung – vertreten durch Frau Thoben – endlich die richten Schlussfolgerungen gezogen hat. Frau Thoben wird mit den mutigen Worten zitiert, sie wolle dafür sorgen, dass NRW-Stadtwerke bundesweit antreten dürfen. – Richtig so!

Die „Rheinische Post“ kündigt an, Frau Thoben wolle – gut hingehört, Kollege Wittke – so schnell wie möglich die nötigen Änderungen der GO auf den Weg bringen und habe sich – jetzt kommt es, jetzt kommt mein Lieblingsteil in diesem Zitat – grünes Licht vom Ministerpräsidenten geben lassen. – Das ist wieder einmal typisch für diesen Ministerpräsidenten. Farbenblindheit ist dort die vorherrschende Krankheit, meine Damen und Herren.

(Beifall und Heiterkeit bei der SPD)

Denn grün ist es nicht, worauf die Ampel geschaltet worden ist.

(Dietmar Brockes [FDP]: Gott sei Dank!)

All das – Frau Thoben, an der Stelle gebe ich Ihnen wieder unumwunden recht – gipfelt ja in der Feststellung: Mehr Wettbewerb kommt dem Verbraucher zugute! – Nur, meine Damen und Herren – auch das ist fast schon ein parlamentarischer Kalauer –: Es gibt es nichts Gutes, außer man tut es.

Dieser Lichtblick, der sozusagen ein lucidum intervallum dieser Landesregierung ist, die ansonsten im Verhältnis zu den Kommunen und der Daseinsvorsorge vor Ort mit partieller Blindheit geschlagen ist, hat uns tatsächlich zu der Erkenntnis gebracht, einmal nachzuhaken. Wir wären nämlich getreu dem Grundsatz – biblisches Zitat, Lukas 15,7 –, wonach im Himmel mehr Freude über einen reuigen Sünder als über 99 Gerechte ist, unter Zurückstellung parteitaktischer Demagogie, der ich – ich gebe es offen zu – im Augenblick auch ein bisschen fröne, an der Stelle mit Ihnen gemeinsam vorangegangen und hätten – ich unterstütze ausdrücklich das, was Kollege Becker gesagt – die notwendigen Konsequenzen zeitnah gezogen, um das, was mit einer Mehrheit von mindestens 94 % fast alle im Hause für richtig halten, tatsächlich kurzfristig in die Tat umzusetzen.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Wir werden das leider nicht gemeinsam machen können. Ich kündige es jetzt schon an: Nach dem 9. Mai wird eine sozialdemokratisch geführte Landesregierung mit dem ganzen Unfug aufräumen.

(Beifall von der SPD)

Wir werden die Diskriminierung der kommunalen Unternehmen insgesamt aufheben.

Dieser Punkt wird von uns sicherlich aufgegriffen werden, weil das Ganze nach der schon angesprochenen Sitzung des kommunalpolitischen Ausschusses für Teile der Beteiligten schon tragische Züge annimmt. Inspiriert durch Ihre Erklärungen, Frau Thoben, waren wir davon ausgegangen, dass das irgendwo mit irgendwem abgesprochen gewesen wäre. Wir haben deshalb das parlamentarisch feine Mittel der Dringlichen Anfrage im Ausschuss gewählt.

Ich zitiere aus dem Protokoll. Man muss sich das wirklich auf der Zunge zergehen lassen. Zunächst war Staatssekretär Brendel mit der Rolle betraut, uns die Bedenken nahezubringen: In der Koalition besteht Einigkeit darüber, dass sich der angesprochene komplexe und komplizierte Sachverhalt nicht für einen gesetzgeberischen Schnellschuss – Frau Thoben, was haben Sie da nur gemacht! – eignet. Änderungen der Gemeindeordnung sind für die laufende Legislaturperiode nicht mehr geplant.

Irgendetwas stimmt doch nicht: Entweder haben Sie mit dem Herrn Ministerpräsidenten etwas abgesprochen und grünes Licht bekommen oder aber der Herr Brendel hätte gar nicht gegen die Kabinettdisziplin verstoßen.

Er hat es nicht, meine Damen und Herren. Denn der Herr Kommunalminister Wolf, der heute leider nicht da ist, hat das Ganze auf eine sehr deutliche Basis gestellt. Er sagt uns – wieder ein wörtliches Zitat –: Wenn man einen Gutachter fragt, fragt man vielleicht auch einen zweiten Gutachter, der anderer Meinung ist, nach dem Motto: Es geht nicht um wissenschaftliche Expertise bei diesen Bremsern bei der FDP, sondern es geht um die Ideologie „Privat vor Staat“. – Dabei wird so lange gegen jede bessere Erkenntnis gesucht, bis sich ein Gutachter findet, der diesen Unsinn vertritt, meine Damen und Herren. Davor geht dann der Herr Ministerpräsident, der ja die Ampel auf grün geschaltet hatte, offensichtlich in die Knie.

Für uns ist eins klar: In dieser Koalition der Merkwürdigkeiten gibt es augenscheinlich keinen gemeinsamen Weg mehr, die Diskriminierung unserer kommunalen Energieversorgungsunternehmen zu beenden. Der Ministerpräsident hüllt sich seit der Absage der FDP an den Koalitionspartner in Schweigen. Sie vermitteln insgesamt nach außen den idyllischen Eindruck einer ungeteilten deutschen Erbengemeinschaft. Man schlägt sich im Prinzip um die Anteile an der Macht. Aber in der Sache kommen Sie keinen Schritt voran.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Was Sie hier aufführen, meine Damen und Herren, schadet dem Land. Das Einzige, was Sie in dieser

Frage noch zusammenhält, ist der Wille zum Machterhalt.

Wir werden dem Gesetzentwurf der Grünen selbstverständlich zustimmen und erklären hier und jetzt noch einmal ausdrücklich unsere Bereitschaft, die notwendigen Änderungen auch kurzfristig mit Ihnen gemeinsam auf den Weg zu bringen. Frau Thoben, seien Sie sicher – ich hoffe, es ist von der CDU autorisiert, was Sie da gesagt haben –: Sie haben in dieser Frage nicht nur in den eigenen Reihen, sondern auch bei beiden Oppositionsfraktionen eine breite Unterstützung. Wenn dies nicht zum Erfolg führen sollte, dann kündigen wir – dies sage ich hier noch einmal – in Anbetracht der Tatsache, dass sich diese friedliche Zusammenarbeit in der Koalition mittlerweile wie eine schlagende Verbindung anfühlt, mit viel Selbstbewusstsein vor dem 9. Mai an: Wenn Sie jetzt nicht mitmachen, machen wir es eben nach der Wahl alleine. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Körfges. – Als nächster Redner hat für die Fraktion der FDP der Abgeordnete Brockes das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Mit unseren erfolgreichen Reformen der Gemeindeordnung im Jahr 2007

(Lachen von der SPD)

haben wir die Kommunalverfassung grundlegend modernisiert und die kommunale Selbstverwaltung gestärkt.

(Prof. Dr. Gerd Bollermann [SPD]: Das glau- ben Sie doch selber nicht! – Zuruf von der SPD: Karneval war gestern!)

In unterschiedlichsten Feldern konnten wir zahlreiche Verbesserungen vornehmen, von der Stärkung direktdemokratischer Beteiligungsmöglichkeiten der Bürgerinnen und Bürger bis hin zur Erweiterung der Möglichkeit zu interkommunaler Zusammenarbeit.

In diesem Zusammenhang war es für uns Liberale von zentraler Bedeutung, das in der Gemeindeordnung verankerte Gemeindewirtschaftsrecht zu überarbeiten.

(Gerd Stüttgen [SPD]: Das ist ja eine Bütten- rede, was Sie da halten!)

Wettbewerbsverzerrende Konkurrenzsituationen zwischen öffentlichen und privaten Unternehmen hatten eine Neufassung der Möglichkeiten und vor allem der Grenzen kommunalwirtschaftlicher Aktivitäten notwendig gemacht.

(Widerspruch von der SPD)

Hierdurch sollte einerseits verhindert werden, dass die Kommunen unter dem Deckmantel der Daseinsvorsorge ihre wirtschaftlichen Aktivitäten in Bereiche ausdehnen, in denen private Unternehmen besser und effizienter arbeiten.

(Zuruf von der SPD: Ja, „Privat vor Staat“!)

Ganz genau, Herr Kollege. – Andererseits sollten die Kommunen davor geschützt werden,