Protocol of the Session on November 5, 2009

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich glaube, dass ich es kurz machen kann: Auch die Zuschauerinnen und Zuschauer auf den Rängen haben gemerkt, dass es

im Landtag Situationen gibt, in denen man sich einig ist. Das ist gut. Wenn Kollege Groth noch Anregungen für Verbesserungen hat, so kann man im Ausschuss immer noch einmal alles diskutieren. Aber in der Sache, so glaube ich, sind wir mit diesem Gesetz auf einem guten Weg.

(Ewald Groth [GRÜNE]: Anderthalb Jahre zu spät!)

Herr Eumann hat davon gesprochen, dass die Regierung das, was sie rechtlich möglich auf den Weg bringen konnte, mit diesem Gesetzentwurf vorgelegt hat. Das stimmt. Nach Abschluss der parlamentarischen Beratungen und Verabschiedung dieses Gesetz sind wir alle gemeinsam gefordert, es in unseren Gremien vor Ort umzusetzen. Das ist dann die Forderung an uns.

Insofern glaube ich: Heute ist ein guter Tag. Das Gesetz ist gut. Ich hoffe und freue mich darauf, dass wir bei den Beratungen vielleicht noch Verbesserungen erreichen werden und zum Schluss ein Transparenzgesetz haben, das den Menschen die Möglichkeit gibt, dort wo der Bürger über die Steuern, die er zahlt, mit in der Pflicht ist, auch zu sehen, was passiert. Ich glaube, dass das ein guter Tag für Nordrhein-Westfalen ist. Ich finde es gut, dass die Kolleginnen und Kollegen hier so einmütig zusammenstehen. – Herzlichen Dank.

(Beifall von CDU und GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Hovenjürgen. – Als nächster Redner hat für die Fraktion der FDP der Abgeordnetenkollege Witzel das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir sind mit dieser Gesetzgebung und ihren Konsequenzen in Nordrhein-Westfalen bundesweit einmal mehr Vorreiter für moderne Politik und Reformen in Deutschland. Dies ist ein Meilenstein in unserer Reform der Gesetzgebung, zu dem Rot-Grün die Kraft fehlte.

Herr Groth, wenn Sie hier mit soviel Pathos einfordern, denken Sie auch daran, dass Sie zehn Jahre lang – es ist klar, dass das zehn Jahre zu viel waren – in diesem Land Gestaltungsmöglichkeiten hatten. Auf diesem Feld jedenfalls haben Sie sie in keinerlei Weise genutzt.

Wir wollen auch ein neues Denken einleiten. Insofern ist dieses Transparenzgesetz nicht alles, sondern es gibt ausdrücklich auch Anwendungen in anderen gesetzlichen Feldern, die über diesen Gesetzentwurf hinausgehen. Sie wissen: Bereits vor Monaten haben wir die Novelle zum WDR-Gesetz eingebracht. Für den WDR ist Selbiges für die Leitungspositionen vorgesehen. Es wird also auch andere Rechtsgebiete betreffen, die im Transparenzgesetz nicht expressis verbis angesprochen

worden sind, weil es uns an dieser Stelle um eine grundlegende kulturelle Neuorientierung geht.

Ob man das später in der Gesetzgebung zusammenfügt, muss abgewartet werden. Ich sage ausdrücklich: Das ist nicht abschließend enumerativ, was hier im Transparenzgesetz in der heutigen Debatte festgehalten wurde.

Wir setzen uns als FDP-Landtagsfraktion für die zügige Beschlussfassung eines Transparenzgesetzes ein, das Beraterverträge, Vergütungen und Abhängigkeitsverhältnisse öffentlicher Unternehmen und Gesellschaften offenlegt, und zwar konsequenter als andere Bundesländer, die dies zu tun gedenken oder getan haben.

Der aktuelle Gesetzentwurf der Koalition der Erneuerung im Land weckt diesbezüglich große Hoffnungen, zukünftig heimlicher Speziwirtschaft zulasten des Steuerzahlers einen Riegel vorzuschieben. Ich kenne das gerade auch aus meiner Heimatstadt Essen, schaut man sich dort einmal Beraterverträge an und wer von welchem Sportverein über welche öffentliche Gesellschaft alimentiert wird. Das sorgt für viel Spekulationen und Diskussionen in der Öffentlichkeit. Für alle diese Fälle wird zukünftig eine Lösung geschaffen.

Wir hoffen deshalb auf eine breite politische Mehrheit für die neuen Offenlegungspflichten. Unser Transparenzgesetz gewährleistet, dass bald alle Bürger Informationen über die Vergütung von Führungspersonal sowie Mitgliedern von Aufsichtsgremien öffentlicher oder öffentlich beherrschter Unternehmen beziehen können. Das ist völlig legitim. Dies ist eine wichtige und richtige Weichenstellung, die wir in Nordrhein-Westfalen einleiten, um Klüngel und Vetternwirtschaft zu verhindern und den Eigentümern dieser Unternehmen, nämlich den Bürgern, die ihnen zustehenden Kontrollmöglichkeiten einzuräumen.

Öffentliche Gesellschaften handeln letztendlich im Auftrag und zum Nutzen der Allgemeinheit. Trägt der Steuerzahler für ihre Tätigkeit das wirtschaftliche Risiko, kommt dem Informationsanspruch der Bevölkerung ein besonderer Stellenwert zu.

Deshalb ein letzter Hinweis auch zur Frage der Beraterverträge: Selbstverständlich gilt das eben nicht nur für Vergütungen, sondern wir gehen auch an die Beraterverträge ran. Wer in die Gesetzgebung schaut, der weiß, dass zukünftig auch Beraterverträge zwischen Sparkassen- und Verwaltungsratsmitgliedern der Zustimmung des gesamten Verwaltungsrates bedürfen. Auch das ist uns wichtig.

Wo Transparenz herrscht, werden Mauscheleien erschwert. Dies ist ausdrücklich unser Ziel für alle öffentlich beherrschten Unternehmen. Es geht um das Geld der Bürger. Deshalb sollten alle Landtagsfraktionen im Ergebnis zusammenstehen. – Vielen Dank.

(Beifall von FDP und CDU)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Witzel. Meine sehr verehrten Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen mir zu diesem Tagesordnungspunkt nicht vor, sodass wir am Schluss der Beratung sind.

Von daher kommen wir zur Abstimmung, und zwar über die Überweisungsempfehlung des Ältestenrates, den Gesetzentwurf Drucksache 14/10027 an den Haushalts- und Finanzausschuss – federführend – sowie an den Ausschuss für Wirtschaft, Mittelstand und Energie und an den Ausschuss für Kommunalpolitik und Verwaltungsstrukturreform zu überweisen. Darf ich die Zustimmung zu dieser Überweisungsempfehlung feststellen? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Dann ist das mit Zustimmung aller Fraktionen in Abwesenheit des fraktionslosen Abgeordneten Sagel angenommen.

Wir kommen zu:

4 Zukunftskonzept 2025 für Busse und Bahnen im Land NRW: Die Landesregierung muss die öffentlichen Verkehrsmittel vor dem finanziellen Kollaps bewahren!

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 14/10016 – Neudruck

Ich eröffne die Beratung und erteile für die antragstellende Fraktion Bündnis 90/Die Grünen dem Abgeordneten Kollegen Becker das Wort. Bitte schön, Herr Kollege Becker.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mehr als 2,5 Milliarden Fahrgäste benutzen im Jahr die Busse und Bahnen in Nordrhein-Westfalen. Sie benutzen sie bei Fahrten zum Einkaufen, zum Arbeitsplatz, aber auch in der Freizeit. Sie wünschen sich – genauso wie, so hoffe ich, die meisten Politikerinnen und Politiker – pünktliche und leistungsfähige Busse und Bahnen in NRW. Sie sind jedenfalls darauf angewiesen.

Demgegenüber gibt es Hunderttausend Beschäftigte, die jeden Tag mit einem in der Regel guten Dienst versuchen, diesem Anspruch gerecht zu werden.

Ich will es allerdings deutlich sagen: Politisch stellt sich die Frage, ob wir das existierende Angebot an Bussen und Bahnen für die Zukunft erhalten können, ob wir es verbessern können und wie es aussieht.

Land und Landesregierung stellen eine Vielzahl von Zukunftsperspektiven für Verkehrsträger bereit. Ich nenne das Luftverkehrskonzept, den Landesstra

ßenausbauplan, aber auch die integrierte Gesamtverkehrsplanung, in der Busse und Bahnen immerhin an einigen Stellen vorkommen.

Aber es gibt eben keinen Plan, der sich mit dem generellen Ausbau und mit dem generellen Erhalt des ÖPNV in Nordrhein-Westfalen auseinandersetzt. Im Unterschied zum Straßenbau oder zu den Flughäfen, bei denen sich das Land in der Vergangenheit auch mit Investitionen ganz erheblich beteiligt hat, beschränkt sich die finanzielle Verantwortung bei Bussen und Bahnen auf die Erstattungsleistungen bei den Schülerbeförderungskosten und auf das Semesterticket.

(Beifall von den GRÜNEN)

Ansonsten tragen nur der Bund mit den Regionalisierungsmitteln und die Städte und Gemeinden mit ihrem Angebot für Busse und Bahnen die finanzielle Verantwortung für den ÖPNV, also für Bus und Bahn.

Wir haben an dieser Stelle schon oft darüber gesprochen, dass in den letzten fünf Jahren – jedenfalls aus unserer Sicht, und ich glaube, das ist objektiv belegbar – eine dramatische Fehlentwicklung bei der finanziellen Ausstattung des öffentlichen Personennahverkehrs, bei der finanziellen Ausstattung von Bus und Bahn, stattgefunden hat. Der Bund hat die Mittel für den Nahverkehr auf der Schiene drastisch reduziert. In Nordrhein-Westfalen beläuft sich das zwischen 2006 und 2010 auf 480 Millionen €, die im System fehlen.

Die Kürzungen sind von dieser Landesregierung ungebremst und ungepuffert an die Verkehrsverbünde weitergegeben worden. Das haben, wie Sie wissen, andere Landesregierungen nicht gemacht.

Und es gibt einen zweiten Punkt, der hier genannt werden muss und der sich parallel dazu auswirkt: die Berechnungsgrundlagen für die Schülerbeförderungskosten. Die finanziellen Folgen der Änderungen, die die Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen in den letzten Jahren vorgenommen haben, belaufen sich für die Verkehrsunternehmen inzwischen auf rund 160 Millionen €, die an Mindereinnahmen zu Buche schlagen.

Gerade diese Kürzungen bei den Erstattungsleistungen für die Schülerbeförderung treffen das Bus- und Bahnangebot im ländlichen Raum, und sie werden dazu führen, dass in der Perspektive das Angebot an dieser Stelle nicht nur Stück für Stück ausgedünnt wird, sondern teilweise auch wegfällt.

Meine Damen und Herren, es gibt einen weiteren Punkt, mit dem die Zangenbewegungen beschrieben werden können, unter denen Busse und Bahnen leiden, unter denen aber auch der ÖPNV insgesamt leidet. An dieser Stelle bin ich ganz besonders dem Verband Deutscher Verkehrsunternehmen dankbar,

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

der es zusammen mit einem großen Teil der Landesregierungen – unter anderem dieser Landesregierung – geschafft hat, zu erheben, wie sich die Lage für den ÖPNV in den nächsten Jahren darstellt, wie die Finanzierung ist: ob es zur einer Unterfinanzierung kommt, ob es zu einer ausreichenden Finanzierung kommt und wie es gar aussehen müsste, wenn es möglicherweise zu einem Ausbau käme.

Ich will die Ausbauvariante von vornherein weglassen. Festzustellen ist – das sagt der VDV, und so heißt es in dem Gutachten, das, wie gesagt, auch mit unseren Mitteln zustande gekommen ist –, dass selbst nach der am konservativsten gerechneten Variante jährlich Hunderte von Millionen € fehlen, um den Substanzerhalt zu gewährleisten.

(Beifall von den GRÜNEN)

Das ist eine bundesweite Zahl; sie ist nicht auf das Land heruntergebrochen. Aber es spricht viel für die Vermutung, dass nicht ausgerechnet NordrheinWestfalen eine Insel der Seligen ist. Und viel spricht auch für die Vermutung, dass zum Beispiel die Länder mit einem relativ höheren Anteil an U-Bahnen – da sind wir nicht ganz führend, siehe Berlin, aber wir sind auch nicht ganz hinten – einen ganz besonders hohen Substanzverzehr haben. Wer in die entsprechenden Haushalte guckt, weiß, dass in der Regel keine Rückstellungen gebildet worden sind und keine Abschreibungen geleistet wurden, dass also die erforderlichen Sanierungsinvestitionen in näherer Zukunft vorgenommen werden müssen, ohne das Geld dafür vorhanden wäre.

(Beifall von den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, vor dem Hintergrund der beschriebenen Mindereinnahmen, der Finanzausstattungen und des beschriebenen Substanzverzehrs stellt sich aus unserer Sicht die dringende Frage: Wie geht das Land mit dem System um? Wie will sich das Land dazu aufstellen? Wie orientiert sich Nordrhein-Westfalen in einer Gesellschaft, die umweltverträgliche und übrigens auch sozialverträgliche Mobilität dringend braucht, weil auch die Öl- und Spritpreise auf Dauer nicht auf dem Niveau bleiben werden, auf dem sie heute sind, und der demografische Wandel eigentlich einen Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs erfordert?

(Beifall von den GRÜNEN)

Das alles erwarten wir uns von der Konzeption, die wir „Zukunftskonzeption Bus und Bahn 2025“ genannt haben.

Ich will zum Schluss meines Beitrags auf weitere Restriktionen hinweisen. Wir erwarten, dass in einem solchen Konzept Antworten darauf gegeben werden.

Zum einen ist das Jahr 2011 anzuführen. Ihr Vorgänger hat die ÖPNV-Gesetzgebung so angelegt, dass die regionale Verteilung der Bundesmittel, also

der Regionalisierungsmittel, dann neu geordnet wird.

Vor dem Hintergrund Ihrer Aussage, die Mehrausgaben für das Ruhrgebiet würden nicht obendrauf gesattelt, sondern müssten im System erbracht werden, ist natürlich die Frage zu stellen und zu beantworten: An welcher Stelle wird gekürzt, und an welcher Stelle wird gespart?