Protocol of the Session on November 5, 2009

Vor dem Hintergrund Ihrer Aussage, die Mehrausgaben für das Ruhrgebiet würden nicht obendrauf gesattelt, sondern müssten im System erbracht werden, ist natürlich die Frage zu stellen und zu beantworten: An welcher Stelle wird gekürzt, und an welcher Stelle wird gespart?

Zum anderen ist die im Jahr 2014 anstehende Revision der Regionalisierungsmittel zu nennen. Diejenigen von uns, die sich damit beschäftigen, wissen, dass Nordrhein-Westfalen bei den Zuweisungen des Bundes an die Länder unter den Flächenländern fast auf dem letzten Platz pro Kopf der Bevölkerung liegt. Das heißt, wir sind unterproportional ausgestattet, obwohl wir auf der anderen Seite überproportional viele Probleme haben. Daran hat sich trotz vieler Lamentos dieser Regierung in den letzten vier Jahren nichts geändert.

(Ewald Groth [GRÜNE]: Herr Lienenkämper, Sie sind dran! Jetzt endlich! – Zuruf von der FDP)

Lassen Sie mich noch den dritten Punkt vortragen. Das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz, die entsprechenden Maßgaben und in der Folge die Maßgaben des Entflechtungsgesetzes laufen im Jahr 2019 aus. Wer in den Koalitionsvertrag auf Bundesebene schaut, findet den Hinweis – ich kann das nur als eine Drohung für das System verstehen –, dass bereits in der Mitte dieser Wahlperiode darüber entschieden werden soll, ob das möglicherweise schon vorher abgebaut wird und ausläuft.

Auf all diese Fragen, auf alle diese Restriktionen und auf das eigene, von uns mitfinanzierte Gutachten und seine Schlussfolgerungen müssen wir zusammen Antworten finden. Ich hoffe auf spannende Beratungen im Ausschuss, und ich erwarte, dass wir am Ende zusammen für Nordrhein-Westfalen und für die Menschen, die das brauchen, ein Zukunftskonzept Busse und Bahnen verabschieden werden. – Schönen Dank.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Becker, auch für das punktgenaue Einhalten der verabredeten Redezeit. Das war auf die Sekunde genau. – Als nächster Redner hat für die Fraktion der CDU der Abgeordnetenkollege Bernd Schulte das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der eingebrachte Antrag löst eigentlich keine Verwunderung aus: Er folgt dem Muster bisheriger Großer Anfragen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und ist ein Ausdruck akribischer Datensammelwut, deren Interpretation in

abwegigen oder gar unzulässigen Schlussfolgerungen gipfelt.

Ausgangspunkt für das Argumentationsmuster der Grünen sind Einsparungen auf der Ebene von Bund und Ländern, die sich für Nordrhein-Westfalen auf rund 620 Millionen € summieren. Die Grünen folgern daraus einen schleichenden Substanzverzehr,

(Zuruf von Horst Becker [GRÜNE])

ohne die bei der Ausschreibung von Verkehrsleistungen erzielten finanziellen Vorteile in irgendeiner Form in diese Rechnung einzubeziehen.

Es wird verwiesen auf die Kürzungen des Bundes im Bereich der Regionalisierungsmittel, ohne selbstkritisch zu vermerken, dass eine Benachteiligung von Nordrhein-Westfalen gegenüber anderen Bundesländern unter grüner Mitverantwortung erfolgt ist,

(Zustimmung von Christian Möbius [CDU])

weil man sich spätere Vorteile für die Finanzierung des Metrorapid in Nordrhein-Westfalen erhofft hat. All das wird sehr vornehm verschwiegen.

(Beifall von CDU und FDP – Horst Becker [GRÜNE]: Ihr wollt doch alles besser ma- chen!)

Herr Kollege Becker, gestatten Sie mir einen Hinweis am Rande. Ich habe mit großem Interesse die „Westfälischen Nachrichten“ vom 18. Juli 2009 gelesen. Darin steht beispielsweise:

Die Abgeordneten Priggen, Asch, Remmel, Steffens, Beer und Düker sind über Parteigrenzen hinweg anerkannte Fachleute.

Ich bezweifle das nicht.

(Christian Möbius [CDU]: Ich aber!)

Aber wenn diese Aufzählung enumerativ ist, dann spricht das für die Qualifizierung Ihres Beitrages vorhin.

(Horst Becker [GRÜNE]: Da kann man mal sehen, was herauskommt, wenn Sie lesen!)

Des Weiteren wird verwiesen auf die vermeintliche Kürzung der Mittel für Schülerbeförderung nach § 45a Personenförderungsgesetz, ohne darauf hinzuweisen, dass sich die Anzahl der zu befördernden Schüler verringert hat und die im Landeshaushalt veranschlagten Mittel auskömmlich sind.

(Horst Becker [GRÜNE]: Nein!)

Es wird verwiesen auf den Rechtstreit zwischen dem Verkehrsverbund Rhein-Ruhr und der DB Regio, ohne darauf hinzuweisen, dass nur durch die erfolgreiche Vermittlung des Landes der Nahverkehr im größten Ballungszentrum des Landes gesichert werden konnte und die DB große Zugeständnisse für die Verbesserung der Leistungsqualität erbringen musste: Neben dem Einsatz neuer

Züge sieht das vereinbarte RegionalexpressKonzept eine Mehrleistung jährlich in Höhe von 1,5 Millionen Zugkilometern vor.

Es wird ferner in dem Antrag verwiesen auf die zu erwartenden Betriebskosten des RRX. Die Planungen gehen von jährlich 30 Millionen € aus. Die Antragsteller vermissen ein Finanzierungskonzept, ohne zu erkennen, dass das RRX-Konzept viel weiter gediehen ist, als es beim Metrorapid jemals der Fall gewesen ist und die Höhe der geschätzten Betriebskosten auch keinen Rückschluss auf die Höhe möglicher Zuschüsse zulässt.

Diese nur beispielhaft aufgegriffenen Punkte veranlassen die Antragsteller zu den Forderungen, ein auf NRW bezogenes ÖPNV-Zukunftkonzept zu schaffen und jährlich 500 Millionen € an Landesmitteln zusätzlich in den ÖPNV zu investieren, ohne sich ernsthaft mit der Feststellung von Fachleuten zu beschäftigen, dass das im System befindliche Geld insgesamt auskömmlich sei.

(Horst Becker [GRÜNE]: Wo kommt das denn her?)

Berücksichtigen dabei muss man sicherlich auch, dass die Aufgabenträger in den verschiedenen Landesteilen mit unterschiedlichem Erfolg wirtschaften.

Eine isolierte Betrachtung des ÖPNV in NordrheinWestfalen ist mit Blick auf die Ausgestaltung eines Zukunftskonzeptes allerdings widersinnig. Ziel der Studie von 13 Bundesländern mit dem Verband der Verkehrsunternehmen unter der Federführung von Nordrhein-Westfalen war es, eine gemeinschaftliche Positionierung gegenüber dem Bund zu formulieren und hierfür eine solide Datengrundlage zu schaffen. Ziel ist es, einen Einstieg der Bundesländer in einen Verhandlungsdialog mit dem Bund zu schaffen, um auf die Revision der Mittel nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz ab 2014 und auf die Revision der Mittel nach dem Bundesregionalisierungsgesetz 2015 gut vorbereitet zu sein.

Eine Bundesratinitiative, wie Sie sie fordern, zur Rücknahme von Regionalisierungsmittelkürzungen ist überflüssig, weil die Verhandlungen zeitig beginnen. Das VDV-Papier dient dabei als verlässliche Datengrundlage, was ebenso für das Entflechtungsgesetz gilt.

Die geforderte Auflage eines ÖPNV-Konjunkturprogramms in Form einer Bund-Länder-Gemeinschaftsinitiative würde den Intentionen der Föderalismusreform völlig widersprechen, da es deren Ziel war und ist, Zuständigkeiten von Bund und Ländern zu entflechten und das Subsidiaritätsprinzip zu stärken.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, es ist eines unserer vorrangigen Anliegen in der Koalition, den ÖPNV in den ländlichen Räumen vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung zu stabili

sieren und zu sichern. Die Behauptung, bei den Schülerverkehren würde gespart, ist sachlich falsch.

Schon die rot-grüne Landesregierung hat 2004 den damaligen Ansatz von 195 Millionen € auf 160 Millionen € reduziert;

(Zuruf von der CDU: Hört, hört!)

die für das Jahr 2010 vorgesehene Minderung des Ansatzes um weitere 30 Millionen € entspricht dem Mittelabruf durch die Aufgabenträger im Schülerverkehr. 2007 wurden 94,1 Millionen € abgerufen, 2008 waren es 94,4 Millionen €, und nach dem Haushaltsentwurf 2010 sind 98,5 Millionen € geplant. Das ist auskömmlich.

Man muss allerdings auch darauf hinweisen: Mit Wirkung ab 2008 wurde die Förderung des ÖPNV in erheblichem Umfang pauschaliert. Bestandteil der Pauschalierung ist ab 2011 auch die Überführung der bisher bundesgesetzlichen Ausgleichsleistungen im Ausbildungsverkehr nach § 45a Personenbeförderungsgesetz an die Aufgabenträger des ÖPNV, geregelt in § 11 Abs. 2. Wir haben damit ganz eindeutig die kommunale Struktur in unserem Lande gestärkt

(Horst Becker [GRÜNE]: Dann geht der ÖPNV im ländlichen Bereich kaputt!)

und, wie Sie wissen, dem Umstand Rechnung getragen, dass es das Bundesverkehrsministerium unter dem bisherigen Minister bisher nicht geschafft hat, die Regelungen zu § 45a Personenbeförderungsgesetz aus der kommenden Verordnung 1370 der Europäischen Union herausnehmen zu lassen.

Zur nachhaltigen Absicherung des Schüler- und Auszubildendenverkehrs in Nordrhein-Westfalen sowie zur Fortführung und Weiterentwicklung der erfolgreichen Schüler- und Semestertickets halten wir es in der Koalition für erforderlich, durch angemessene Vorgaben die zweckgerechte und gleichmäßige Verwendung der erhöhten Pauschalmittel für den Ausbildungsverkehr und nur für den Ausbildungsverkehr im Lande abzusichern. Wir arbeiten deswegen an einem Vorschlag, dass ein für die Verwendung konkretisierender Rahmen geschaffen wird, um den Ausbildungsverkehr nachhaltig und dauerhaft zu stärken.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich stelle abschließend fest: Weder ist die Forderung nach 500 Millionen € zusätzlich für den ÖPNV aus Landesmitteln gerechtfertigt, noch offenbaren die genannten Zahlen einen Substanzverzehr des ÖPNV-Netzes in Nordrhein-Westfalen.

Die geforderten auf Nordrhein-Westfalen bezogenen Maßnahmen in dem Antrag offenbaren Kirchturmdenken. Würden Sie umgesetzt, erführe die Verhandlungsposition des Landes gegenüber dem Bund und dem übrigen Kreis der Bundesländer eine deutliche Schwächung.

Zudem offenbart das Positionspapier des Verbandes der Verkehrsunternehmen im Zusammenwirken mit den Bundesländern und unter der Federführung von Nordrhein-Westfalen zum künftigen Finanzierungsbedarf des ÖPNV bis zum Jahre 2025, dass die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen mit ihrem Antrag eindeutig der Entwicklung hinterherläuft. Das Papier VDV ist eine wesentliche Grundlage für die Bund-Länder-Gespräche und die darauffolgenden Verhandlungen zur künftigen Ausgestaltung und Lastenverteilung im ÖPNV. Die Koalition ermuntert die Landesregierung und Minister Lienenkämper, auf diesem vielversprechenden Weg erfolgreich voranzugehen. Ich freue mich auf die Beratung im Ausschuss. – Vielen Dank.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Abgeordnetenkollege Schulte. – Als nächster Redner hat für die Fraktion der SPD der Abgeordnete Wißen das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren Nutzer des öffentlichen Personennahverkehrs insbesondere! Lieber Bernd Schulte, ich muss Sie berichtigen. Sie haben recht: Die Schülerbeförderungskosten lagen bei 195 Millionen €. Dann ist der Anteil des Bundes um 30 Millionen € heruntergegangen, aber das Land unter rot-grüner Regierung hat jedenfalls davon seinen Anteil immer behalten. Das heißt, wir hatten zu Zeiten von Rot-Grün

(Zuruf von Bernd Schulte [CDU])

ich will das eben sagen – 160 Millionen €.

(Christof Rasche [FDP]: Gegen das Gesetz!)