Protocol of the Session on October 7, 2009

Das ist bei den gesamten Vorwürfen – auch die, die der Abgeordnete Römer vor einigen Tagen in die Öffentlichkeit posaunt hat – völlig zu kurz gekommen. Man kann ja nur davon ausgehen, dass man den einen oder anderen Parteifreund oder die eine oder andere Parteifreundin in Datteln aus der Schusslinie nehmen möchte.

Hier hat nach Ansicht des OVG die Stadt ihre weitreichenden bauplanungsrechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten nicht gesehen, nicht ausgeschöpft.

So können hier über die anlagebezogenen Anforderungen hinaus etwa weitere Abstände oder weitere Emissionsminderungsmaßnahmen gefordert werden. Diese bauplanungsrechtlichen Möglichkeiten hat die Stadt Datteln nicht gesehen. Ich wundere mich, dass Sie auf diesen Punkt nicht zu sprechen gekommen sind.

Die Stellungnahme des Staatlichen Umweltamtes erfolgt im Rahmen seiner Zuständigkeit allein in Bezug auf Anforderungen, die sich auf die folgende Anlagengenehmigung beziehen. Diese Stellungnahme hat nichts mit dem Bauplanungsrecht zu tun, für das die Bauplanungsbehörde der Stadt Datteln zuständig ist. Dies ist unverändert richtig.

In dem politischen Bemühen, die Verantwortung auf Landesbehörden verlagern zu wollen, macht die Opposition denselben Fehler, den das Urteil der Stadt Datteln vorwirft: Es wird nicht ausreichend zwischen Bauplanungsrecht und der immissionsschutzrechtlichen Zulassung unterschieden. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Minister Uhlenberg. – Ich schaue mich um und sehe keine weiteren Wortmeldungen mehr. Ich kann damit die Aktuelle Stunde schließen.

Wir kommen nun zu:

2 Der Bau des E.ON-Kraftwerks in Datteln muss im Interesse der Zukunft des Industriestandortes Nordrhein-Westfalen schnell vollendet werden!

Antrag der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP Drucksache 14/9917

Entschließungsantrag der Fraktion der SPD Drucksache 14/9946

Entschließungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 14/9952

Ich eröffne die Debatte und erteile Herrn Abgeordneten Wittke für die antragstellende Fraktion der CDU das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nordrhein-Westfalen ist Energieland, und das in doppelter Hinsicht: Unser Bundesland ist einer der wichtigsten Energieerzeuger auf dem europäischen Kontinent. Und viele Betriebe bei uns im Land sind sehr, sehr energieintensiv. Darum brauchen wir eine sichere, darum brauchen wir eine preiswerte Energieversorgung nicht nur heute und morgen, sondern gerade auch übermorgen. Dem muss die Politik in ihrer vorausschauenden Planungs- und Genehmigungstätigkeit Rechnung tragen. Deshalb ist es wichtig, dass wir auch die unterschiedlichen Energieformen bei uns im Lande weiter ausbauen, dass die unterschiedlichen Energieformen weiterhin ihren Beitrag dazu leisten können, dass das Ziel einer preiswerten und sicheren Energieversorgung erreicht werden kann.

Ich will die Säulen noch einmal nennen: Zu ihnen gehören natürlich die Steinkohle und die Braunkohle, aber auch zunehmend Gaskraftwerke, und dazu gehören vor allem regenerative Energien. Aber nur alle gemeinsam können einen Beitrag dafür leisten, dass das Ziel einer preiswerten und sicheren Energieversorgung erreicht wird.

Im Übrigen halten wir in unserer Energiepolitik auch an den ambitionierten Klimaschutzzielen nicht nur der Bundesregierung, sondern auch an denen, wie sie von der nordrhein-westfälischen Landesregierung formuliert sind, fest. Wir wollen das Kraftwerkserneuerungsprogramm. Und wir wollen dafür sorgen, dass die Energieversorgung nicht nur preiswert, nicht nur sicher, sondern eben auch ökologisch erfolgen kann. Darum kommt dem Kraftwerksstandort Datteln, dem neuen Steinkohlekraftwerk in der Emscher-Lippe-Region, eine ganz besondere Bedeutung zu.

Hier geht es nicht nur darum, eines der modernsten und effizientesten Kraftwerke zu bauen, sondern auch darum, einen wichtigen Beitrag zur Versorgungssicherheit zu leisten. Es geht auch darum, dafür zu sorgen, dass alte Möhrchen – Dreckschleudern, wenn Sie so wollen – abgeschaltet werden können.

Da in dem heute schon kräftig diskutierten Gerichtsurteil das Landesinteresse, die Politik des Landes eine ganz besondere Rolle spielen, haben sich die Koalitionsfraktionen von CDU und FDP entschieden, den heutigen Antrag in dieses Hohe Haus einzubringen. Jawohl, wir wollen ein unmissverständliches Bekenntnis zum Kraftwerksstandort

Datteln ablegen. Wir wollen damit deutlich machen, dass es im Landesinteresse ist, dass dieser Bau so zügig wie möglich vollendet werden kann, dass das Kraftwerk so schnell wie möglich ans Netz geht und damit einen Beitrag zur preiswerten und zur ökologischen Energieversorgung leisten kann.

(Beifall von Ralf Witzel [FDP])

Und wir wollen, dass in der Folge die alten Kraftwerke am Standort Datteln so schnell wie möglich abgeschaltet werden.

Herr Kollege Eiskirch, Herr Kollege Römer und Herr Kollege Bollermann, ich will noch einmal das erneuern, was ich schon in der Ausschusssitzung vorgetragen habe: Ich finde, es wäre ein starkes Signal, wenn wir in diesem Landtag einen breiten Konsens hinbekommen und auch in Richtung der Gerichte zeigen könnten, dass wir gemeinsam an einer Energiepolitik festhalten, die uns in NordrheinWestfalen über viele Jahre hinweg verbunden hat. Bei aller Unterschiedlichkeit der politischen Auffassungen im Detail an der einen oder anderen Stelle ist es, glaube ich, zwingend notwendig, dass wir in den Grundfesten weiterhin eine gemeinsame Politik formulieren.

Sowohl Frau Ministerin Thoben als auch ich haben in der vorangegangenen Aktuellen Stunde darauf hingewiesen, dass wir selbstverständlich an den bisher erarbeiteten und gemeinsam beschlossenen Planungsgrundlagen festhalten wollen. Es ist eben nicht so, dass die Planungsgrundlagen nur Unterschriften von Christa Thoben oder Eckhard Uhlenberg enthalten. Die Planungsgrundlagen – das ist heute noch einmal für jedermann deutlich geworden –, die eine gemeinsame Energiepolitik in der Vergangenheit begründet haben, tragen eben auch die Unterschriften von Herrn Zöpel und Herrn Matthiesen, von Frau Höhn, Herrn Vesper und Herrn Horstmann.

Darum will ich diese Debatte gerne noch einmal dazu nutzen, an Sie alle zu appellieren: Lassen Sie uns diese Gemeinsamkeit festhalten! Denn hier geht es nicht um parteipolitisches Klein-Klein. Hier geht es schlicht darum, dass wir das, was für den Wirtschafts- und Industriestandort NordrheinWestfalen existenziell ist, weiterhin auf eine ganz breite Basis stellen.

Wir müssen gemeinsam Ja zum Kraftwerk in Datteln sagen, weil nur so das Signal an die Gerichte, an die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie an die Wirtschaft im Land ausgesandt werden kann, dass wir uns nicht in politischem Klein-Klein zergehen, sondern gemeinsam dafür sorgen wollen, dass Verlässlichkeit herrscht, dass preiswerte, ökologische und sichere Energieversorgung weiterhin der Maßstab unserer Energiepolitik in NordrheinWestfalen ist.

(Beifall von CDU und FDP)

Darum habe ich die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass insbesondere Sie in der Sozialdemokratie noch die Kurve hinbekommen und sich nicht von Ihrer bisher als richtig geglaubten Energiepolitik verabschieden. Es kann nicht plötzlich das falsch sein, was Sie bisher für richtig gehalten haben, nur weil die handelnden Personen heute von einer anderer Partei gestellt werden, als es vielleicht noch vor viereinhalb Jahren der Fall gewesen ist. Es kann doch nicht sein, dass Sie den politischen Opportunismus gegen Ihre bisherige politische Überzeugung stellen. Es kann doch nicht sein, dass Sie die Interessen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern vor Ort verraten nur um des kurzfristigen politischen Effektes willen.

So kann man keine Politik machen. Darum noch einmal die Bitte: Legen Sie hier an dieser Stelle ein klares Bekenntnis zum Kraftwerksstandort Datteln ab! Dann werden Sie Ihrer Verantwortung auch als Opposition gerecht.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Wittke. – Für den zweiten Antragsteller, die FDP-Fraktion, spricht Herr Brockes.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Strompreis ist im globalen Wettbewerb längst zum entscheidenden Faktor geworden. In unserer Zeit, da Produktionsverlagerungen einfacher sind als je zuvor, ist es deshalb umso wichtiger, neben Versorgungssicherheit und Umweltverträglichkeit einen wettbewerbsfähigen Preis für Strom zu garantieren. Durch die Verschärfung des Emissionshandels sowie die Verantwortung zur Senkung des CO2-Ausstoßes ist das Kraftwerkserneuerungsprogramm der Landesregierung einer der wichtigsten Bausteine, um all diese Ziele soweit wie möglich in Einklang zu bringen.

Das geplante Kohlekraftwerk in Datteln ist Teil dieses Erneuerungsprogramms, das das ambitionierte Ziel hat, Nordrhein-Westfalen zu dem Land mit dem effizientesten und saubersten Kraftwerkspark weltweit zu machen. Dabei sollen drei alte Blöcke mit einem Wirkungsgrad von 30 % abgeschaltet und durch das neue hochmoderne Kraftwerk, das einen Wirkungsgrad von 46 % hat, ersetzt werden. Durch die zusätzliche Nutzung von Abwärme wird der Wirkungsgrad sogar noch höher ausfallen.

Meine Damen und Herren, dies ist ein Beitrag zur Senkung des CO2-Ausstoßes, weil dafür alte, uneffiziente Blöcke vom Netz gehen werden.

(Beifall von Ralf Witzel [FDP])

Darüber hinaus stellt der Emissionshandel sicher, dass der von der EU vorgesehene Gesamtausstoß ohnehin nicht überschritten wird. Mit der Erneuerung des Kraftwerksparks wird unser Industrie

standort aber nicht nur durch wettbewerbsfähigen Industriestrom gesichert. Damit bauen wir auch unsere Technologieführerschaft auf dem Gebiet der Kraftwerkstechnologie aus.

(Beifall von Ralf Witzel [FDP])

Auf Kohlekraftwerke wird man weltweit noch auf lange Zeit angewiesen sein. Wir wollen, dass die Kraftwerke, die weltweit, auch gerade in den Schwellenstaaten, den Energiehunger decken werden, mit hochmoderner und sauberer nordrheinwestfälischer Kraftwerkstechnologie gebaut werden.

Nun hat das Oberverwaltungsgericht bei der Planaufstellung verschiedene Fehler entdeckt. Manche sind nachvollziehbar, bei anderen wurde eine völlig neue Rechtsprechung verfolgt, die es so noch nicht gab und unter der keiner der Kraftwerksbauten der letzten Jahrzehnte möglich gewesen wäre. Die planerischen Einzelheiten wurden in den vorangegangenen Aktuellen Stunden schon diskutiert.

Mit dem vorliegenden Antrag wollen wir, die Koalitionsfraktionen, nun ein politisches Signal setzen. Der Landesgesetzgeber, also das Parlament, wurde vom Gericht sehr weitgehend interpretiert, um es einmal vorsichtig zu formulieren. Wir als FDPLandtagsfraktion sind allerdings der Meinung, dass der Gesetzgeber in manchen Bereichen falsch interpretiert worden ist. Deshalb wollen wir heute mit diesem Antrag ein politisches Signal geben und klarstellen, dass das im Bau befindliche Kraftwerk in Datteln im Interesse des Landes und vor allem im Interesse Tausender Industriearbeitsplätze in Nordrhein-Westfalen liegt. Denn wir sagen nicht nur grundsätzlich Ja zu hochmodernen, sauberen Kohlekraftwerken, sondern wir sagen auch Ja zum Kraftwerk Datteln 4 an diesem konkreten Standort.

(Beifall von FDP und CDU)

Wie bereits dargestellt, ist das Kraftwerk Datteln 4 Teil einer Energie- und Klimaschutzstrategie der Landesregierung, die sowohl ökologisch als auch ökonomisch im Interesse Nordrhein-Westfalens ist. Für die FDP-Fraktion kann ich sagen, dass wir dieses Kraftwerk an diesem Standort wollen. Dass nun natürlich sichergestellt werden muss, dass dies nach Recht und Gesetz möglich ist, versteht sich für uns als Rechtsstaatspartei von selbst. Wir fordern deshalb von hier aus alle Beteiligten und die Landesregierung auf, das Nötige zu tun, damit das Kraftwerk schnell in Betrieb gehen kann.

(Beifall von der FDP)

Auch die Kolleginnen und Kollegen von den Sozialdemokraten bitte ich um ihre Zustimmung zu diesem Antrag. Verstecken Sie sich nicht wieder hinter fadenscheinigen Ausreden und scheinheiligen Vorwürfen gegen die Landesregierung! Hören Sie bitte endlich mit dem Rumgeeiere auf, wie Sie es letzte Woche auch im Wirtschaftsausschuss getan haben!

Bekennen Sie sich hier und heute zu diesem Kraftwerk!

Stehen Sie zum Industriestandort NordrheinWestfalen? Stehen Sie zum Kraftwerkserneuerungsprogramm? Wollen Sie, dass Datteln 4 an dem geplanten Standort in Betrieb geht, oder sind Sie wie die Waltroper SPD gegen das Kraftwerk? – Diese Fragen, Herr Kollege Römer, müssen Sie heute hier beantworten. – Vielen Dank.

(Beifall von FDP und CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Brockes. – Jetzt spricht für die SPDFraktion Herr Abgeordneter Römer.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Kolleginnen und Kollegen! Es geht nicht um politisches Klein-Klein, sondern um Rechtssicherheit im Verfahren bei wichtigen Industrieprojekten. Es kann doch nicht sein, Herr Kollege Wittke, dass wir hier politische Bekenntnisse abliefern und diese Landesregierung dann mit ihrem Murks die Realisierung von wichtigen Industrieprojekten vermasselt. Das kann und das darf nicht sein!

„STILL Standort NRW“ – so titelt die „Bild“-Zeitung, Frau Thoben. In dem Artikel wurden Sie ins Bild genommen. Wissen Sie warum? – Weil Sie Wirtschaftsministerin dieses Landes und in den Augen der Öffentlichkeit verantwortlich für den StillStandort Nordrhein-Westfalen sind. Das ist der eigentliche Skandal.

(Beifall von der SPD)