Ich sage Ihnen ganz deutlich: Wer diesen Politikstil der SPD in Dortmund, dieses Oberbürgermeisterkandidaten und Stadtdirektors und dieses Oberbürgermeisters mit seinen Ratsmandaten absichert, der macht sich zumindest der Beihilfe schuldig.
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, wie weit die Verhöhnung der Wählerinnen und Wähler geht, kann man dem Kommunalwahlprogramm der Dortmunder SPD entnehmen. Da heißt es wörtlich:
Dortmund ist eine Kommune der Bürger für die Bürger. Wir wollen daher als ein Beispiel in Zukunft die Meinung der Bürgerinnen und Bürger in der Erstellung des Haushaltes in Form eines Bürgerhaushaltes einbeziehen.
Sie reden hier von einem Bürgerhaushalt, sagen den Menschen aber nicht die Wahrheit. Sie reden hier von Mitbeteiligung, belügen aber die Leute. Das ist unehrlich, das ist unanständig, und darum sollten Sie sich bei den Menschen in Dortmund entschuldigen.
Es ist schon ein Treppenwitz der Geschichte, wenn am Kommunalwahlabend der eine oder andere in der SPD gemeint hat, die SPD sei wieder da, wenn auch im Ruhrgebiet auf extrem niedrigen Niveau: 38,6 %.
Herzlich willkommen, dass Sie wieder da sind! Aber was in der SPD wirklich da ist, das ist die alte Machtversessenheit, das ist die alte Arroganz,
das ist die Abgehobenheit, die wir im Ruhrgebiet überwunden glaubten. Da ist sie wieder, die alte SPD im Ruhrgebiet ist in der Tat wieder da, und die Grünen machen mit. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Nein, erst kommt Herr Lindner dran. Ich bitte um Entschuldigung. Für die FDP spricht der Kollege Lindner.
Aber, meine Damen und Herren, ich kann auch gerne jetzt unsere Fraktion zu dieser Frage positionieren. – Es ist ohne Zweifel so, dass die Wirtschafts- und Finanzkrise alle öffentlichen Haushalte beutelt. Wenn eine Kommune in schweres Fahrwasser gerät, ist das in diesen Tagen nicht immer nur ein hausgemachtes Problem, sondern es hat an vielen Stellen auch etwas mit höherer Gewalt zu tun.
Viele Kommunen haben diese Situation zum Anlass genommen, sich in den vergangenen Monaten für die Krise zu rüsten. Beispielsweise in meinem Wahlkreis, bei mir zu Hause in Overath, einer CDU/FDP-regierten Kommune, hat der Kämmerer drei Wochen vor der Kommunalwahl eine Haushaltssperre verhängen und ein Konsolidierungsprogramm für die nächsten Jahre ankündigen müssen.
In Dortmund war die Lage indessen anders. In Dortmund hatte man den Eindruck, dass mit Ruhe die langen Linien der Politik verfolgt werden, dass mit Besonnenheit und Nachhaltigkeit gewirtschaftet wird. In einer Sitzung des Haushalts- und Finanzausschusses am 18. Juni ist auf eine Frage der FDP-Fraktion gesagt worden, es seien aktuell keine nennenswerten Ertragseinbußen zu erkennen. Knapp eine Woche später, als die FDP angesichts der sich zuspitzenden Lage einen Nachtragshaushalt beantragt hat, ist dargelegt worden, es bewege sich alles in geordneten Bahnen. Oliver Wittke hat bereits zitiert, dass auch der OB-Kandidat im August noch dargelegt hat, er sei über die Finanzsituation der Stadt informiert: kein Grund, Alarm zu schlagen.
Die Bürger mussten also den Eindruck haben, dass der Kapitän Langemeyer mit dem ersten Offizier Sierau das Schiff auf gutem Kurs hält. Und 17 Stunden nach der Wahl wurde deutlich, dass der gute Kurs auf einen 80- bis 100-Millionen-€-Eisberg zuläuft. Sie haben sich den Wahlsieg in Dortmund erschwindelt, ertäuscht, ergaunert.
(Sören Link [SPD]: Dortmund, nicht Ober- hausen! – Rainer Schmeltzer [SPD]: Gucken Sie in den Antrag, worüber Sie überhaupt re- den!)
aufgrund der Stichwahl die demokratische Repräsentativität neuer Bürgermeister und Oberbürgermeister nicht so breit sei. Was sagt denn ihre demokratische Sensibilität dazu, wenn die Spitze einer Stadt aufgrund einer arglistigen Täuschung gewählt worden ist?
Wo regt sich da Ihr demokratisches Verständnis? Wo ist da Ihre demokratische Seele? Deshalb ist es ein Gebot der demokratischen Redlichkeit, der demokratischen Hygiene, wenn sich Ihr Oberbürgermeisterkandidat in Kürze neu dem Votum der Wähler unterzieht.
Entschuldigen Sie mal, lieber Herr Becker. Weil Sie immer wieder diese Möllemann-Geschichten bemühen,
will ich Sie einmal darauf aufmerksam machen, dass der Spitzenkandidat bei der Landtagswahl 2005 Ingo Wolf und nicht Jürgen Möllemann hieß. Können Sie bitte mal Ihre komischen Textbausteine auswechseln? Ein Trickser und Demagoge sind Sie.
War das erste Motiv von Herrn Langemeyer vielleicht, dass er seinem ungeliebten Nachfolger eine schwere Hypothek mit ins Amt geben wollte, ihn als „Dödel“ – so Sierau öffentlich über sich selbst – ins Amt kommen lassen wollte, oder war der Grund, dass vor Ort sichtbar wurde, eine eigene Mehrheit ist so nicht mehr zu erreichen, sodass sie sich des Instruments der Bilanzfälschung bedienen mussten? Mir ist das egal. Beide Motive sind nicht edel, und beide Motive sollten Sie eigentlich vor Scham erröten lassen.
Im Übrigen ist Dortmund nicht allein eine kommunalpolitische Frage. Denn vor der Kommunalwahl hatte sich die SPD-Landesvorsitzende in die Kandidatenfindung eingeschaltet und Dortmund zur Chefsache erklärt. Dann ist aber Dortmund auch nach der Wahl eine Chefsache. Wie Sie mit dieser Verantwortlichkeit umgeht, kann man heute sehen, sie nimmt noch nicht einmal an der Debatte teil. Sie flüchtet vor der Verantwortung.
kann mich dieses Eindrucks nicht erwehren. Franz Müntefering hat nach der Sommerpause 2006 in einem bemerkenswerten Interview im „Stern“ wörtlich gesagt: Die Menschen messen uns an unseren Wahlprogrammen; das ist unfair.
Woran denn sonst? Ich sage Ihnen: Es gibt eine direkte Linie von der Lüge „Merkelsteuer – das wird teuer“ bei der Bundestagswahl 2005 über die Ypsilanti-Tricksereien bis nach Dortmund. Das ist eine direkte Linie,
und der Zusammenhang heißt bei der SPD: Tarnen, Tricksen, Täuschen. Wenn Sie sich also in diesen Tagen fragen, warum die SPD in einer Krise ist, dann suchen Sie das nicht bei Veränderungen der Milieus in der Gesellschaft, suchen Sie das nicht darin, dass die SPD-Wähler, wie Groschek immer sagt, auf der Couch bleiben, suchen Sie das nicht da! Suchen Sie die Probleme bei sich selbst, bei Ihrer Glaubwürdigkeit! 1918 ist die SPD schon einmal zerbrochen. Damals ist Ihnen zugerufen worden, was auch heute gilt: Wer hat uns verraten? – Sozialdemokraten. – Vielen Dank.
(Beifall von FDP und CDU – Rainer Schmelt- zer [SPD]: Wie war das mit dem Demagogen, Herr Lindner? – Weitere Zurufe von der SPD: Das ist ja völlig geschmacklos! – Erbärmlich!)
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer! Nach diesem etwas missglückten historischen Exkurs von Herrn Lindner