Protocol of the Session on September 10, 2009

und an anderer Stelle schon geredet. Ich zitiere jetzt aus einer Rede vom 26. August 2009. Jürgen Rüttgers original: Aber es gibt einen Punkt, da bin ich ganz sicher, dass die meisten Bürgerinnen und Bürger das nicht wissen: dass am Sonntag bei der Kommunalwahl keine 5-%-Klausel mehr gilt.

Jetzt kommt es, denn dann sagt Herr Rüttgers: Die haben wir nicht abgeschafft. Wir haben darum gekämpft, dass sie bleibt. Die Folge ist, dass wir nicht ausschließen können, dass am Sonntag viele, viele Splittergruppen plötzlich im Stadtrat von Duisburg sind. – Das sagt Ihr Ministerpräsident, und Sie verweigern sich hier jedweder Prüfung, meine Damen und Herren!

(Beifall von SPD und GRÜNEN – Prof. Dr. Gerd Bollermann [SPD]: Hört, hört!)

Im Rollenschlagen und in schauspielerischen Fehlleistungen ist dieser Ministerpräsident sicherlich kaum zu überbieten. Sie können froh sein, dass es in Hollywood keine goldene Himbeere für politische Nebendarsteller gibt. Die hätte er sich mit dieser Nummer wieder verdient.

(Beifall von der SPD)

Hinzu kommt: Wir sind doch nicht alleine. Das sagen auch viele Kolleginnen und Kollegen von der CDU vor Ort, und zwar auch – da bin ich dankbar für die Hinweise des Kollegen Becker – im Hinblick auf den Erfolgswert von Stimmen.

Wie sehr die Probleme kumulieren, zeigen Einzelbeispiele in unserem Land. Wie wenig eine Verkleinerung von Gremien hilft, zeigen diese Einzelbeispiele auch. Wir haben eine Reihe von Bezirksvertretungen, meine Damen und Herren, da wird der Wählerwille in Nordrhein-Westfalen glatt verkehrt und verdreht. Da wendet sich der Herr Müller aus Remscheid – zumindest einzelnen Angehörigen Ihres Kabinetts ja näher bekannt – ganz eindeutig mit einem Appell an uns, dass da etwas nicht stimmt.

Das Ergebnis in Bottrop setzt dem Ganzen die Krone auf. Da erhält bei einer Bezirksvertretungswahl die SPD 52,1 % der abgegebenen Stimmen, und die Folge nach den von Ihnen verquasten und vermurksten Wahlregeln ist, dass man mit 52,1 % zwar eine Mehrheit der abgegebenen Stimmen, und zwar eine absolute Mehrheit, hat, aber keine Mehrheit an Sitzen. Das kann doch nicht richtig sein, meine Damen und Herren.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Wir wollen eine lebendige Demokratie vor Ort, die nicht von Partikularinteressen von Splittergruppen und gar von Rechtsextremisten belastet ist. Wir wollen für Hauptverwaltungsbeamte die größtmögliche demokratische Legitimation. Wir wollen gute Wahlbeteiligungen. Sparen Sie sich Ihre Krokodilstränen über die Wahlbeteiligung! Arbeiten Sie aktiv

mit uns daran, dass die Voraussetzungen für eine Verbesserung geschaffen werden!

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, springen Sie über Ihren Koalitionsschatten und stimmen Sie zumindest im Punkt der Sperrklausel unseren Anträgen zu! – Vielen Dank.

(Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Körfges. – Als nächster Redner hat sich der Abgeordnete Sagel – fraktionslos – gemeldet.

(Unruhe – Glocke)

Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Präsident! Wahlmanipulationen werden Ihnen nicht über Ihre schlechte Politik hinweghelfen. Das zeigen sehr deutlich die Wahlergebnisse hier in Nordrhein-Westfalen. Das sage ich ganz besonders an die Adresse von CDU und SPD. Ich glaube, wenn man hier von Wahlsiegen redet, dann kann man nur von der Linken reden. Das war die einzige Partei, die bei den Kommunalwahlen deutlich dazu gewonnen hat. Dafür stehe ich hier.

(Hans-Willi Körfges [SPD]: Dafür nicht! Du bist für die Grünen gewählt worden!)

Wahlmanipulation zahlt sich nicht aus. Das sage ich auch an Ihre Adresse. Das zeigen sehr deutlich die katastrophalen Wahlergebnisse. Zum Beispiel in meiner Heimatstadt Münster hat die CDU in zwei Wahlgängen bei den Kommunalwahlen 15 % verloren. Die Grünen haben stagniert. Die SPD hat bei der letzten Wahl sogar leicht verloren. Gewonnen hat die Linke. Deswegen ist die schwarz-gelbe Ratsmehrheit in Münster weg. Das ist die Realität hier in Nordrhein-Westfalen.

Auch die Wählerinnen und Wähler in NordrheinWestfalen haben – auf gut Deutsch gesagt – die Schnauze voll. Deswegen sind auch so wenig Leute wählen gegangen, weil nämlich Ihre Politik eine miserable Politik ist. Deswegen sagen die Leute: Das ist uns egal, da kann man sowieso nichts ändern. – Sie koalieren ja hier munter untereinander. Jamaika, habe ich heute wieder gelesen, ist für die Grünen mittlerweile auch denkbar, also SchwarzGelb-Grün. Gute Reise, kann ich nur sagen.

Das alles ist die Realität. Die einzige Opposition – im Landtag hier übrigens auch, kann ich so deutlich sagen – ist, glaube ich, die Linke.

(Lachen von Sören Link [SPD])

Da wird ja jetzt schon wieder herumgefummelt. Jetzt will es die SPD. Erst haben die CDU und die FDP hier gefummelt. Sie haben die Stichwahl abgeschafft. Sie haben die Oberbürgermeisterzeit auf sechs Jahre verlängert, mit der Konsequenz, dass man jetzt Wahlergebnisse hat, bei denen Oberbürgermeister keine Mehrheit mehr haben und gar nur

noch eine 14-prozentige Zustimmung der Wählerinnen und Wähler insgesamt haben. Das sind die Ergebnisse, die in Nordrhein-Westfalen herausgekommen sind. Wenn das keine Wahlmanipulation ist, dann weiß ich es nicht.

Ihre Rechnung ist nicht aufgegangen. Ihre Rechnung ist auch dabei nicht aufgegangen, dass Sie den Wahltermin verlegt haben. Erst wollten Sie ihn gemeinsam machen mit der Europawahl und haben ihn vorgezogen, denn eigentlich wäre der Wahltermin ja erst im Herbst gewesen. Dann haben Sie die Klatsche gekriegt vom Verfassungsgerichtshof in Münster, direkt bei mir vor der Haustür. Dann haben Sie auf einmal in Umkehrung Ihrer Argumentation „Wir wollen eine hohe Wahlbeteiligung“ die Kommunalwahlen nicht mit den Bundestagswahlen zusammengelegt, sondern sie vier Wochen vorher gemacht, mit dem Ergebnis: Es war die miserabelste Wahlbeteiligung aller Zeiten bei den Kommunalwahlen. Das ist das Ergebnis Ihrer Politik. Sie wollen eigentlich gar nicht, dass die Wählerinnen und Wähler wählen gehen. Dafür stehen Sie.

An die Sperrklausel haben Sie sich nicht herangetraut. Damit kommt jetzt die SPD um die Ecke. Ich kann Ihnen nur sagen: Die Verfassungsgerichte haben dazu sehr deutlich Position bezogen. Frau Kraft, da liegen Sie völlig daneben. Ich sage es noch einmal sehr deutlich: Wahlmanipulation zahlt sich nicht aus. Das geht hier vor allem an die CDU und die FDP, die das schon gemacht haben, aber es geht auch an die SPD, die das jetzt erneut versucht. Die Grünen, muss ich bedauerlicherweise sagen, fummeln da auch schon ein bisschen herum, weil sie auch über eine Sperrklausel nachdenken wollen.

Ich kann nur sagen: Das ist verfassungswidrig. Das ist undemokratisch. Lassen Sie die Finger davon! Wahlmanipulation zahlt sich nicht aus.

Vielen Dank, Herr Kollege Sagel. – Als nächster Redner hat sich für die Fraktion der FDP Herr Kollege Witzel zu Wort gemeldet.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mir persönlich wird ja schon schlecht, wenn ich von Anhängern der PDSED hier etwas zum Thema Wahlrechtsmanipulation und Wahlmanipulation höre.

(Beifall von FDP und CDU)

Aber, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, ich habe mich gemeldet, um schlichtweg zwei Falschdarstellungen der SPD zurückzuweisen. Herr Körfges, das lassen wir Ihnen so auch nicht durchgehen.

Zum einen ist hier von Ihnen der Eindruck erweckt worden, als hätte so gerade eben der Verfassungsgerichtshof gesagt: Es ist zwar schlecht, dass da ein

eigener Kommunalwahltermin ist, aber die Verfassungswidrigkeit des Termins am 30.08. können wir so gerade mal eben nicht feststellen, und deshalb lassen wir das einmal der Parlamentsmehrheit durchrutschen.

Sie wissen, dass das nicht stimmt. Das genaue Gegenteil ist der Fall. Das Verfassungsgericht hat ganz ausdrücklich gesagt: Es ist richtig, einen gesonderten Kommunalwahltermin zu haben, damit die Entscheidungen nicht weggespült werden

(Beifall von FDP und CDU)

im Verbund mit anderen Terminen. Es ist also gerade nicht so eben noch durchgegangen, sondern es ist ausdrücklich aus Sicht des Gerichts, der Verfassungsrichter, verfassungsrechtlich geboten, diesen Stellenwert einer eigenständigen Kommunalpolitik in unserem Land zu geben. Wir haben davor keine Angst.

Zum Zweiten, was hier falsch dargestellt worden ist: Wir sind doch nicht diejenigen, die, weil wir uns natürlich auch über einzelne politische Sektierer in verschiedenen Räten ärgern, die Idee hatten, die Sperrklausel abzuschaffen.

Natürlich ist der Termin für diese Entwicklung und diese Entscheidung mit dem Jahr 1999 völlig richtig angegeben. Damals hatten wir noch eine SPDMehrheit im Land. Schon 1999 haben Sie nicht rechtssicher darstellen können, dass die Funktionsfähigkeit der Kommunalpolitik nicht mehr gegeben ist. Damals gab es die erste Entscheidung des Verfassungsgerichts. Deshalb gibt es die 5-%-Hürde seit dem Jahr 1999 nicht mehr. Das ist doch keine Idee gewesen, die sich Schwarz-Gelb in dieser Legislaturperiode überlegt hat. Sie haben sich damals für den ersatzlosen Wegfall der 5-%-Hürde entschieden.

Wir haben durch das Mindestsitzerfordernis versucht, noch irgendeinen Schwellenwert einzuziehen, damit die Erfolgswertigkeit der Stimmen besser gewahrt bleibt als bei Ihrer Entscheidung aus dem Jahr 1999. Dafür haben wir leider nicht die Zustimmung des Verfassungsgerichts bekommen. Wir müssen feststellen: In 16 von 16 Bundesländern gibt es keine Sperrklausel. Es ist aber grotesk, dass die Partei, die im Jahr 1999 auf jedwede Vorschrift zu einer Sperrklausel verzichtet hat, uns jetzt, nachdem wir wenigstens in einem kleinen Bereich eine Regelung treffen wollten, diese aber rechtlich nicht durchbekommen haben, den Vorwurf macht, wir seien die geistigen Erfinder dieser Entwicklung. Das ist nachgerade absurd.

(Beifall von FDP und CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Witzel. – Herr Kollege Remmel hat sich zur Geschäftsordnung gemeldet.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Meine Fraktion beantragt, getrennt über die einzelnen Beschlusspunkte des SPD-Antrags abzustimmen. Sie sind durch Blickfangpunkte gekennzeichnet. Wir bitten, zuerst über die ersten beiden Punkte und anschließend über den dritten Punkt separat abstimmen zu können.

Vielen Dank, Herr Kollege Remmel. – Gibt es Wortmeldungen dazu?

(Hannelore Kraft [SPD]: Einverstanden! – Ralf Jäger [SPD]: Einverstanden!)

Danke schön.

Der Innenminister möchte sich noch einmal für die Landesregierung zu Wort melden. Herr Dr. Wolf, bitte schön, Sie haben das Wort. – Wir stimmen nach der Rede über den Antrag ab.

(Zurufe von der SPD)

Ich habe die Wortmeldung vorher nicht gesehen. Lassen wir diese noch zu. Dann ziehen wir die Abstimmung nach.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich hatte mich gemeldet; das hat der Präsident vorher aber nicht gesehen. Ich glaube, das kann passieren. – Ich wollte lediglich noch wenige Anmerkungen in der mir zustehenden Redezeit machen.

Ganz besonders gute Beispiele für eine schlechte Wahlbeteiligung sind bei solchen Landtagswahlen festzustellen, bei denen die Linke selbst in der Regierung ist. Man möge sich in diesem Zusammenhang Landtagswahlen in Berlin oder früher in Mecklenburg-Vorpommern anschauen. Das sagt wohl alles zu dem, was hier vorgetragen wurde.

(Beifall von CDU und FDP)

Ich komme zur Stichwahl. Quoten von 93 % bei Bürgermeistern und Wahlergebnisse von über 40 % bei Landräten sind sehr aussagekräftig. Wir haben eine Stichwahl rechtlich nicht nötig. Sie ist auch politisch nicht notwendig. Es ist eine hinreichende Legitimation, wenn ein Kandidat in dem ersten und letzten Wahlgang, in dem es um alles geht, die meisten Stimmen hat. Das gleiche gilt, wenn Sie im Bundestag, im Landtag, im Kreistag oder im Stadtrat ein Mandat erwerben. Auch in diesen Fällen gibt es keine Stichwahl.