Protocol of the Session on May 27, 2009

(Dr. Gerhard Papke [FDP]: Was wollen Sie denn, Herr Priggen?)

Herr Pinkwart, ich habe es eben schon einmal geschildert, aber ich will es gerne wiederholen. Am Freitag machen Sie sich einen schlanken Fuß und sagen: Der Rüttgers hat uns gesagt, für alle Finanzregelungen kommt der Bund auf und NRW wird nicht belastet. – Das ist eine Position, die verlogen und unhaltbar ist und nur der Weißwäscherei dienen sollte, weil alle wissen: NRW kommt nicht raus aus der Debatte. Am Montag erklären Sie den Casus Belli und machen Krawall. Am Dienstag verkünden Sie dann: Wir waren nie gegen Staatshilfen!

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Das ist Ihre Linie an der Stelle. Sie sind aber nicht in der Opposition. Sie sind hier in der Regierung. Das heißt, Sie müssen auch die Arbeit machen.

(Marc Jan Eumann [SPD]: Fünf Tage im Le- ben von Herrn Pinkwart!)

Der Unterschied – um darauf zurückzukommen, denn wir müssen die Zwischentöne hören – ist doch folgender: Dr. Papke hat gesagt, es gelten bei Bürgschaften die gleichen Regeln wie für jede kleine Firma. Das ist auch die Melodie vom Parteitag. Das aber kann doch niemand, wenn er sich ernsthaft mit Opel, mit Großbetrieben, beschäftigt, so durchhalten. Das wissen wir auch ganz genau.

(Beifall von den GRÜNEN)

Das besondere Geflecht von Opel inklusive der USFirmen und der ganzen Verknüpfung in Europa ist doch eine andere Konstellation als bei einem mittelständischen Betrieb mit 300 oder 500 Leuten in Nordrhein-Westfalen.

(Vorsitz: Vizepräsident Edgar Moron)

Das ist einfach so. Da kann ich nicht aus der Seminaristik kommen und fordern: Da gelten die gleichen Grundlinien. Wenn er das wirklich meint, dann war das hier heute die Aufkündigung der Koalition – um das ganz klar zu sagen.

Das Angebot, an der Stelle für Mehrheiten zu sorgen, hat die SPD unterbreitet. Dann haben wir das hier gerade erlebt.

(Zuruf von Dr. Gerhard Papke [FDP])

Herr Dr. Papke, wir reden über Sie und Ihre Vorstellung hier. Es war peinlich genug, was Sie eben geboten haben. Jetzt müssen Sie sich das auch anhören.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Zusammengefasst kann man doch nur feststellen: Sie wären nicht in der Lage, heute eine Regierungserklärung zu dem abzugeben, was Sie bei Opel wollen. Wir wissen auch, dass das von dem abhängig ist, was die anderen wollen, was die Amerikaner wollen. Wir kennen das Ergebnis heute nicht genau. Aber Sie könnten uns hier heute nicht sagen, mit welchen Vorstellungen diese Regierung in NRW geschlossen in die Verhandlungen geht.

Wir erleben doch folgende Operation: Der Ministerpräsident kämpft um Opel. Das ist ein ganz schwieriger Gang. Das wissen wir alle. Der Erfolg ist nicht garantiert. Gleichzeitig steht hier jemand, der ihn erpresst und ankündigt: Wir bewerten das, wenn du wiederkommst, und dann entscheiden wir, ob das in Ordnung ist. – Damit sagt er: Unter Umständen ist Schluss.

Das ist das Manöver. Dieses Manöver wird aus rein wahltaktischen Gründen gemacht. Da brauchen wir uns nicht zu vertun. Die Mischung aus diesem Manöver und aus der Weigerung, mit den Fakten zu arbeiten, ist unwürdig für jemanden, der in der Regierung ist. – Herzlichen Dank.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Priggen. – Jetzt hat der fraktionslose Abgeordnete Sagel das Wort.

Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Präsident! Eine solche Geisterfahrt wie bei Opel hat man von der Landesregierung und dem Ministerpräsidenten hier bisher, ehrlich gesagt, bei keinem Thema erlebt. Das ist schon wirklich eine neue Qualität, die wir heute in der Debatte erleben.

Da kann ich meinem Vorredner nur zustimmen: Ein Konzept, wie Sie heute in diese Verhandlungen gehen wollen, ist in der Tat hier in keiner Weise erkennbar.

Fakt ist: Eigentlich geht es um die Menschen bei Opel. Es geht um Solidarität für die Arbeitsplätze. Doch das, was wir hier erleben, ist tatsächlich eine Geisterfahrt nie dagewesenen Ausmaßes. Wir haben erlebt: Der Ministerpräsident hat sich erst für das Konzept von Magma ausgesprochen. Dann hat er aber feststellen müssen, dass 2.200 Arbeitsplätze betroffen sind. Dann war auf einmal das ehrlichere Angebot – so konnte man es von ihm lesen und hören – das von Fiat. Mit anderen Worten: Das ist

ein völliger Zickzackkurs, den wir hier allein vonseiten des Ministerpräsidenten schon erlebt haben.

die Situation sieht folgendermaßen aus: Heute Morgen konnten wir im WDR hören, nach 20 Milliarden Zuschüssen in den USA braucht der Konzern GM jetzt erneut 70 Milliarden Zuschüsse.

Allerdings lösen die Amerikaner das Problem etwas anders. US-Bama geht von einer Vergesellschaftung aus. Man könnte das auch Verstaatlichung nennen. Das ist ein klares Konzept, wie die USRegierung dieses Problem lösen will.

(Lachen von Minister Prof. Dr. Andreas Pink- wart)

Sie lachen darüber. Das konnte man heute Morgen so im WDR hören. Das ist die Realität, wie das in den USA gemacht wird. Im Mutterland des Kapitalismus wird das Problem ganz anders gelöst, als Sie das hier offensichtlich vorhaben.

(Ralf Witzel [FDP]: Das ist überhaupt nicht vergleichbar! – Zuruf von Dr. Gerhard Papke [FDP])

Die Neoliberalen von der FDP sind natürlich diejenigen, die am lautesten schreien.

Man kann erst einmal grundsätzlich feststellen: Es geht Ihnen offensichtlich sowieso nicht um die Arbeitsplätze, sondern um Selbstrettung. Nach der Klatsche mit Nokia können Sie sich eine weitere Niederlage politischer Art mit Arbeitsplatzverlusten nicht leisten, und schon gar nicht in Bochum. Darum geht es. Die neoliberalen Plattmacher sind offensichtlich in der Landesregierung in NordrheinWestfalen schon wieder deutlich auf dem Vormarsch.

Sie befinden sich da übrigens in guter Gesellschaft. Denn das, was wir hier hören konnten, konnte man ja auch von Wirtschaftsminister zu Guttenberg hören, der ja eine sogenannte „geordnete Insolvenz“ – niemand weiß, was das eigentlich ist – ins Gespräch gebracht hat. Auch das würde natürlich ganz massiv Arbeitsplätze gefährden. Das Schicksal der Opelaner scheint ihn dabei auch nicht wirklich zu interessieren. Das ist die Realität.

Aber wir brauchen natürlich klare Kriterien und Konzepte, wie eine Rettung von Opel aussehen soll und müsste. Nach wie vor ist aber die einzig sinnvolle Lösung der direkte Einstieg der Bundesländer und eine Absicherung durch den Bund. Bei dieser Lösung könnten Zulieferer und Händler, die sich ja auch schon bereit erklärt haben, da mitzumachen, zusammen mit den Beschäftigten ein Modell entwickeln, Opel tatsächlich zu einem sozialen und ökologischen Mobilitätskonzern umzubauen. Nur so würden sich auch dauerhaft die Arbeitsplätze sichern lassen.

Ein solches Zukunftskonzept hat man von Ihnen bisher aber nicht gehört. Alle bisher vorgelegten

Konzepte beinhalten einen massiven Stellenabbau. Ich bin sehr gespannt, was dann tatsächlich als konkretes Ergebnis herauskommen wird.

Der FDP scheint es ja sowieso egal zu sein. Ich gehe davon aus, dass viele Opelaner wahrscheinlich in zwei Jahren in Hartz IV sitzen. Das ist das, was Herr Papke als Neoliberaler hier dieser Landtagsdebatte eben in aller Deutlichkeit in ausgeführt hat.

Herr Kollege.

Ich kann in keiner Weise erkennen, dass die Arbeitsplätze von Opel dauerhaft gesichert werden. Die Landesregierung jedenfalls hat keinen Beitrag dazu, hat kein Konzept und hat auch keine konkreten Vorschläge, wie das Problem gelöst werden kann.

Vielen Dank, Herr Kollege Sagel. – Für die SPD-Fraktion erhält der Abgeordnete Eiskirch das Wort.

Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Wenn der Ministerpräsident dieses Landes davon spricht, Unternehmen mit Bürgschaften helfen zu wollen, wenn er in Amerika davon gesprochen hat, dass bei Opel in Deutschland auch eine Staatsbeteiligung nicht auszuschließen ist, dann würde ich nie auf die Idee kommen, diesem Ministerpräsidenten zu unterstellen, er würde damit Blankoschecks verteilen, Kolleginnen und Kollegen. Das tut man nicht, wenn man so etwas sagt, sondern man weiß sehr genau, dass das Mittel sein können, die immer an Bedingungen geknüpft sind.

Genauso unverschämt ist es, dass Sie uns hier in einer Tour unterstellen, wir hätten mit unserer Forderung, Opel zu retten, Blankoschecks ausgestellt. Das entspricht nicht der Wahrheit; das haben wir nie getan, Kolleginnen und Kollegen!

(Beifall von der SPD – Zurufe von der CDU)

Nein, das haben wir nicht. Viele von uns, auch ich selbst – wir diskutieren heute nicht zum ersten Mal über dieses Thema –, haben immer wieder deutlich gemacht: Natürlich darf es nicht sein, dass das Geld nach Amerika abfließt.

(Zurufe von der Regierungsbank: Ah!)

Natürlich ist es notwendig, dass wir Patentnutzungssituationen haben, die es ermöglichen, dass bei Opel nachhaltig gewirtschaftet wird.

Immer haben wir deutlich gemacht, dass die Staatsbeteiligung für uns nur etwas zeitlich Befristetes sein kann: zur Begleitung eines Prozesses, im Laufe dessen die Investoren Vertrauen in Markt und

Marke bekommen müssen. Das haben wir immer gesagt; dazu stehen wir auch.

Noch ein vierter Punkt: Auch wir haben immer gesagt, es geht natürlich in allererster Linie um Arbeitsplätze – um Arbeitsplätze in Nordrhein-Westfalen und bei Opel Bochum.

Aber zu sagen, die Bedingung ist – wie heute zu lesen ist, wurde das in Ihren Gesprächen geäußert –, dass die Arbeitsplätze erhalten werden: Das ist doch keine Bedingung, wie man feststellt, wenn man diese Diskussion verfolgt hat. Wir alle wissen doch, dass es im Moment von keinem der Investoren ein Sanierungs- oder ein Fortführungskonzept gibt, in dem es heißt, alle Arbeitsplätze würden erhalten.

Nein, Kollegin Kraft hat es richtig ausgeführt: Es geht darum, Wege zu finden, wie möglichst viele Arbeitsplätze erhalten werden können und wie die, die nicht erhalten werden können, auf keinen Fall betriebsbedingt gekündigt werden. Vielmehr muss sich eine Perspektive für die Menschen bieten. Das ist der Punkt, um den es dabei geht, Kolleginnen und Kollegen!

(Beifall von der SPD)

Wenn man diese Bedingungen kennt, wird einem klar, es gibt zwei Möglichkeiten, damit umzugehen: so, dass es klappen kann, und so, dass es scheitern muss. Das sind die beiden Möglichkeiten, wie man mit den Bedingungen umgehen kann.