Protocol of the Session on May 27, 2009

Wenn man diese Bedingungen kennt, wird einem klar, es gibt zwei Möglichkeiten, damit umzugehen: so, dass es klappen kann, und so, dass es scheitern muss. Das sind die beiden Möglichkeiten, wie man mit den Bedingungen umgehen kann.

Ich zitiere Peer Steinbrück, der immer gesagt hat – das empfehle ich auch dem Herrn Ministerpräsidenten; ich bin mir sicher, er wird das beherzigen –, er sei verliebt in das Gelingen. Bei dem, was Herr Papke heute hier von sich gegeben hat, kann ich nur feststellen: Herr Dr. Papke, Sie sind verliebt in das Scheitern! Das haben Sie heute deutlich gemacht.

(Beifall von der SPD – Zurufe von der FDP)

Kolleginnen und Kollegen, es gibt noch ein anderes Argument, bei dem mir langsam die Hutschnur hochgeht. Wenn ich von der FDP höre, das sei gegenüber Ford in Köln unfair, muss ich Ihnen, wie schon an anderer Stelle, sagen: Es gibt in Nordrhein-Westfalen ein breites Netz von Zulieferbetrieben. Diese Zulieferbetriebe sind auch davon abhängig, dass Autos produziert werden – dass sie möglichst auch in Nordrhein-Westfalen produziert werden.

Es ist überhaupt keine Frage, dass, wenn solche Mengen, wie sie Opel abnimmt, auf einen Schlag wegbrächen, für einige Zulieferer, die im Moment sowieso schon unter Druck stehen, Situationen entstünden, bei denen auch andere Produzenten Probleme bekämen. Kolleginnen und Kollegen, es ist unverantwortlich, so etwas immer wieder zu behaupten.

(Beifall von der SPD)

Herr Ministerpräsident, ich möchte die Stelle nutzen, um noch einmal deutlich zu machen, dass es für Bochum – und für Opel in Nordrhein-Westfalen – natürlich darum geht, möglichst viele Arbeitsplätze zu erhalten.

Aber genauso wichtig ist es auch, ein Konzept zu bekommen, wonach Opel am Standort NordrheinWestfalen auf mehr als einer Plattform Autos baut; denn dies ist für die nachhaltige Zukunftssicherung des Standortes NRW – des Standortes Bochum – ganz entscheidend. Es reicht eben nicht, nur den Zafira oder den Astra zu bauen. Wir brauchen ein Mehrere-Modelle-Projekt für Bochum. Das wird die Zukunftsfähigkeit für Opel Bochum bedeuten.

Ich wünsche ganz viel Erfolg bei den heutigen Gesprächen. Es geht darum, viele Arbeitsplätze und zwei Plattformen für Bochum zu erhalten – davon möglichst eine, auf der wir hinterher auch EMobilität machen können. Das wünsche ich mir.

Ich wünsche mir, dass Sie heute Abend in Berlin besser aufgestellt sind als bei den Gesprächen über die Überbrückungskredite, bei denen Sie nicht einmal anwesend waren. Für heute Abend toi, toi, toi!

(Beifall von der SPD – Ministerin Christa Tho- ben: Das ist eine Frechheit!)

Vielen Dank, Herr Kollege Eiskirch. – Für die CDU-Fraktion spricht noch Herr Abgeordneter Hegemann.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Eiskirch, niemand kann das Recht für sich beanspruchen, dass die Mitglieder der Landesregierung bei seinen Reden komplett anwesend sind. Das war bei der früheren Landesregierung nicht so; das ist bei der jetzigen Landesregierung nicht so. Zu sagen, dass der Herr Ministerpräsident nicht anwesend war, ist …

(Thomas Eiskirch [SPD]: Sie sind nicht beim Thema! Das habe ich nicht gesagt! – Zurufe)

Dann nehme ich das zurück. – 1962 hat Opel in Bochum den Betrieb aufgenommen. Opel hat eine Entscheidung für Deutschland und für das Ruhrgebiet getroffen.

Der Standort befand sich auf einer Schachtanlage – ich glaube, sie hieß Dannenbaum; ich bin mir aber nicht ganz sicher –, und alle haben geglaubt, es würde jetzt so weitergehen: Wenn Zechen schließen, kommen ein paar Tausend Arbeitsplätze oben wieder drauf. Im Grunde genommen – mit einigen kleinen Ausnahmen – ist das im Ruhrgebiet nie wieder passiert.

Opel hat nach der Wende eine Standortentscheidung für Deutschland getroffen. Das muss man auch noch einmal sagen. Der erste große Industriekonzern, der sich für einen Standort in der ehemali

gen DDR, nämlich in Eisenach, ausgesprochen hat, war Opel.

Aber Opel hat sich 1962, ein Jahr nach dem Mauerbau, für Deutschland entschieden. Bei dem – wie man es heute nennen würde – Pre-Opening in Bochum war auch General Lucius D. Clay anwesend. Auch das war ein Signal, dass die Amerikaner zum Standort Deutschland stehen.

Aber sie haben sich nicht nur, weil wir Deutsche waren, für diesen Standort entschieden, sondern auch, weil sie sich gute Geschäfte erhofft haben, weil sie sich Märkte erschließen wollten und weil sie mit ihrer Produktion in Rüsselsheim nicht ausreichend bedient waren.

Genauso erwarten wir, dass, wenn wir uns heute für Opel entscheiden, auch nachgefragt wird: Reicht es denn, sich nur irgendwo verbal zu entscheiden und zu sagen: „Wir wollen alle Arbeitsplätze erhalten“?

Meine Damen und Herren, der Hinweis, es dürfe keine betriebsbedingten Kündigungen geben, hat natürlich auch etwas von einem Blankoscheck an sich. Frau Gödecke hat das relativiert; die anderen beiden SPD-Redner haben gesagt: „keine betriebsbedingten Kündigungen“. Frau Gödecke hat gesagt, es müssten so viele Arbeitsplätze wie möglich erhalten werden. Das ist etwas anderes.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Das sagt Herr Eiskirch auch!)

Ich weiß nicht, wie das Modell aussehen wird. Das weiß keiner. Bei mir ist es so: An einem Tag denke ich: „Mensch, das mit Magma ist gar nicht so schlecht; das ist ein österreichischer Kern, der dahintersteckt, zusammen mit kanadischem Knowhow“, aber wenn ich heute in der „Welt“ lese, wie viel Unsicherheit es bei Gaz gibt, die sich ebenfalls daran beteiligen wollen, muss ich auch sagen: Ich möchte natürlich nicht, dass der nächste Astra in Togliattigrad gebaut wird, sondern ich möchte, dass Opel ein deutsches Unternehmen bleibt.

Wir wollen Opel wieder deutsch machen. Das heißt aber auch, dass es nicht nur eine Briefkastenfirma in Rüsselsheim gibt, sondern dass das eine Firma mit 16.000 Beschäftigten in Rüsselsheim, 3.300 in Kaiserslautern, 1.700 in Eisenach und 5.000 in Bochum ist.

(Beifall von der CDU)

Das soll ein Hochtechnologiekonzern bleiben.

Meine lieben Grünen, es ist herzzerreißend – Herr Priggen, ich nehme Sie persönlich fast ein bisschen aus –, wie Sie heute hier für das Auto reden. Genau da, wo Sie jetzt sitzen, saß einmal jemand, der wollte aus Ford eine Fahrradwerkstatt machen.

(Heiterkeit und Beifall von der CDU)

Ihnen ging es in allen Punkten um das Auto. Ich habe aber das Gefühl, hier konnte man sagen, was

man wollte: Am Ende war da Ihrer Meinung nach immer der Riss zwischen FDP und CDU, der tiefe Riss durch die Landesregierung.

Wo leben Sie eigentlich? Was haben Sie heute Morgen gehört? Selbst, wenn Sie schon einen falschen Tagesordnungspunkt beantragt haben, hätten sie am Ende doch zumindest wissen müssen: Den Riss, den Sie sehen, gibt es nicht.

(Lachen von Hannelore Kraft [SPD])

Natürlich hauen Sie auf die FDP ein, weil Sie nichts anderes haben. Das ist das einzige Räppelchen, das Sie haben. Ich wünsche Ihnen viel Vergnügen dabei; Erfolg werden Sie letztlich nicht haben.

(Ewald Groth [GRÜNE]: Nichts sehen, nichts hören!)

Wir wollen den Standort Bochum, unseren Standort in Nordrhein-Westfalen, erhalten.

Im Übrigen: Haben Sie, Frau Gödecke, schon eine Dankesadresse für den Gesundheitscampus in Bochum abgegeben? Sie sollten nicht nur fordern, sondern auch mal „schönen Dank“ sagen. Das wäre auch eine Möglichkeit.

(Beifall von CDU und FDP – Thomas Eiskirch [SPD]: Das mache ich bei einem anderen Tagesordnungspunkt!)

Die CDU-Landesregierung hat sich in den 60erJahren für Bochum als Opel-Standort entschieden, und sie hat sich für Bochum als Standort für die Ruhr-Universität entschieden. – Danach kam dann noch Starlight-Express.

(Heiterkeit von CDU und FDP)

Wir werden dies auch in Zukunft tun. Ich sage noch einmal: Opel muss ein Wirtschaftsunternehmen und keine Beschäftigungsgesellschaft sein. Herr Sagel, Opel darf kein volkseigener Betrieb sein. Es müssen Leute da sein, die bereit sind, mit privatem Moos zu haften. Nur Staatsknete abziehen,

(Rüdiger Sagel [fraktionslos]: Das habe ich nicht gesagt!)

um nach einem Jahr wieder weg zu sein, geht nicht. Nein, wer bei Opel einsteigen will, muss nachhaltig das Portemonnaie öffnen und nicht nur sagen: Her mit eurem Moos!

(Beifall von CDU, FDP und GRÜNEN – Rüdi- ger Sagel [fraktionslos]: Beteiligungsmodell!)

Ich glaube, dass wir uns in diesem Hause weitestgehend einig sind. Ich möchte allerdings, dass Opel wieder gute Autos baut, auch nach dem Geschmack der Autofahrer. Ich hoffe auch, dass Opel wie auch andere deutsche Automobile Technologieträger für die Zukunft ist. Bei der Produktion kann man noch eine Menge für den Umweltschutz tun, bei den Antriebstechniken ebenso. Ich wünsche mir wieder einen Mitbewerber, der am Ende auch Geld

verdient. Ich hoffe, dass wir hier einmal das kleine blöde Geplänkel außen vor lassen können. Das haben die Opel-Arbeiter nicht verdient.

(Lebhafter Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Hegemann. – Jetzt spricht Ministerpräsident Dr. Rüttgers.

Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich mit einer kleinen Vorbemerkung beginnen, die sich vor allen Dingen an Frau Kollegin Kraft, Herrn Kollegen Priggen und Herrn Kollegen Papke richtet. Ich bitte um Nachsicht, dass ich am ersten Teil der Debatte nicht teilnehmen konnte. An Tagen, an denen abends die Verhandlungen stattfinden, ist es, was sicher jeder nachvollziehen kann, notwendig, manchmal noch Telefonate zu führen. Und die kann man auch nicht immer dann führen, wenn man gerne möchte. – Ich wollte das nur gesagt haben, damit Sie wissen, warum ich die ersten Minuten nicht da war.

Vorab will ich mich für diese Debatte bedanken, die wie jede parlamentarische Debatte immer zwei Kerne hat. Der eine ist der Unterschied zwischen den einzelnen Fraktionen, wobei manchmal versucht wird, Unterschiede darzustellen, die es so nicht gibt. Und wenn man genau hinhört, gibt es auch einen zweiten Kern. Das ist der von politischer Substanz getragene – Substanz für uns alle, Substanz in schwierigen Situationen.

Und wer möchte bezweifeln, dass die Verhandlungen heute Abend wie auch die Debatten der letzten Tage eine Substanz haben, die schwierig ist und noch gelöst werden muss – nicht nur heute Abend, sondern auch in den kommenden Wochen und Monaten. Es wird heute Abend nicht die endgültige Lösung geben, sondern es wird der Versuch sein, die sehr verschiedenen Enden so miteinander zu verbinden, dass es nur eine Lösung geben kann.