Protocol of the Session on May 6, 2009

Aber da wir es mit einem von Frauen dominierten Berufsfeld zu tun haben, nämlich dem der Erziehung und Bildung im frühen Kindesalter, nehmen die Frauen die Situation stillschweigend hin. Nur bei einigen wenigen Veranstaltungen machen sie ihren Unmut deutlich.

(Ralf Witzel [FDP]: Das ist doch absurd! Was haben Sie denn für ein Frauenbild? Das ist kein modernes Frauenbild! – Gegenruf von Norbert Killewald [SPD]: Sie haben ja eine große Erfahrung auf dem Gebiet!)

Bis heute können Sie nicht sagen, Herr Minister, wie viele Betroffene es eigentlich gibt. Kollege Killewald hat in der letzten Ausschusssitzung, in der wir über den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen diskutiert haben, mehrfach darauf hingewiesen, dass es notwendig ist zu wissen, wie hoch die Zahl eigentlich ist, um den Problemdruck deutlich zu machen.

Ich habe Ihnen in der letzten Plenardebatte die Zahlen eines Trägers genannt. Das muss nicht bei allen so sein. Wir vermuten aber, dass es bei vielen so ist. Aber solange Sie nicht wirklich wissen, wie viele Betroffene es tatsächlich sind, werden Sie erpressbar, Herr Minister.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Denn wenn man die Situation nur ordentlich aufbauscht, wird sie auch gelöst.

(Minister Armin Laschet: Ihr bauscht auf! Die Debatte bauscht auf! – Gegenruf von Norbert Killewald [SPD]: Das stimmt nicht!)

Dann wird man versuchen, die Situation ganz schnell und mit der heißen Nadel zu lösen. Hätte es aber Übergangsphasen, hätte es Übergänge und Erprobungen gegeben, wäre diese Situation so nie entstanden. Denn dann hätte man zum Beispiel tatsächlich gewusst, in welcher Zahl die Einsatzorte für Ergänzungskräfte erhalten bleiben.

Ein anderer Punkt, der uns auf der Seele brennt, betrifft die Frage, wie weit man geht, wenn man erpressbar wird. Wie weit geht man unter das Fachkraftgebot, das Sie im April letzten Jahres und in Ihrem letzten Wortbeitrag als unbedingt notwendig angesehen haben?

Das kann man heute am Entschließungsantrag von FDP und CDU erkennen. In der Zwischenzeit ist dort vom Fachkraftgebot so gut wie überhaupt keine Rede mehr. Schaut man sich insbesondere den zweiten Punkt Ihres Entschließungsantrags an, so wird deutlich: Alles ist möglich, weil der Problemdruck heftig zu sein scheint. Dort heißt es:

… auf den örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe hinzuwirken, dass bei der Entscheidung über mögliche Ausnahmefälle insbesondere auf die langjährige Berufserfahrung sowie auf persönliche Gründe, aus denen eine Weiterbildungsteilnahme nicht zumutbar ist, abgestellt wird …

Das bedeutet, meine Damen und Herren – Sie werden es erleben –, dass beinahe jeder, der lange genug als Fachkraft beschäftigt ist, quasi anerkannt wird.

Das Problem ist nur, dass sie natürlich nicht wie Fachkräfte bezahlt werden. Das bedeutet: Ihr im KiBiz formuliertes Fachkraftgebot, das man durchaus richtig finden kann, das aber in der Übergangssituation vom GTK zum KiBiz bei Ergänzungskräften zu erheblichen Problemen geführt hat, unterlaufen wird. Das findet auf dem Rücken der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter statt, weil sie natürlich nicht so bezahlt, aber letztlich als Fachkräfte beschäftigt und angerechnet werden.

Deshalb – das muss ich Ihnen sagen – ist von der Diskussion, die wir uns vor einem halben Jahr von Ihnen entgegenhalten mussten, wir würden versuchen, die Standards und das Fachkräfteangebot abzusenken, überhaupt nichts mehr über.

(Beifall von der SPD – Minister Armin La- schet: Natürlich!)

Sie knicken ein vor einer Situation, die Sie völlig unterschätzt haben.

(Minister Armin Laschet: Eine Drehung um 180 Grad!)

Warum? – Weil Sie sich noch nicht einmal gegönnt haben, sich die Situation wirklich anzusehen, und weil Sie Ihr KiBiz leichtfertig einfach umsetzen wollten, ohne Erprobung und Erfahrungswerte tatsäch

lich anzuerkennen. Das ist der Fluch der bösen Tat. Mit dem müssen Sie jetzt leben, und der wird Ihnen noch lange nacheilen. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin Altenkamp. – Jetzt hat für die CDU-Fraktion Frau Kollegin Milz das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben nach fast genau einem Jahr die gleiche Debatte noch einmal. Schon wieder versucht die Opposition darzustellen, dass es sich beim Thema Ergänzungskräfte um ein generelles Problem des KiBiz handelt. Nach dem Vortrag von Frau Altenkamp kann man fast meinen, die Ergänzungskräfte seien Angestellte der Landesregierung. Irgendwo stimmt das doch alles nicht.

Um es vorwegzunehmen: Wenn wir hier über Einzelfälle und Härtefälle reden und dann natürlich die Träger bitten, nach individuellen Lösungen zu suchen, so hat das überhaupt nichts damit zu tun, dass wir ein Fachkräftegebot außer Kraft setzen wollten. Vielmehr wollen wir dort helfen, wo Ergänzungskräfte vielleicht persönliche Gründe und individuelle Situationen geltend machen wollen, die dem im Wege stehen, was in der Personalvereinbarung vorgegeben ist.

(Beifall von der CDU – Britta Altenkamp [SPD]: Sie haben aber vor einem halben Jahr noch bestritten, dass es das noch gibt! – Ge- genruf von Minister Armin Laschet: Was? – Britta Altenkamp [SPD]: Das Problem!)

Generell finde ich Ihren Antrag unsinnig. Sie gehen wie immer von falschen Voraussetzungen aus. Auch darüber haben wir schon vor einem Jahr geredet. Sie tun so, als wenn die Ergänzungskräfte nach dem KiBiz nur noch in der Gruppenform III eingesetzt werden könnten. Auch das ist nicht wahr. Sondern in den Gruppenformen I und II können sie zusätzlich zu den Fachkräften eingesetzt werden. Sie wissen alle, nach dem KiBiz sind das nur noch Berechnungsgrundlagen; denn die alten Gruppenzuordnungen gibt es so gar nicht mehr.

Wir wissen, dass die Gruppenform III – bestimmt auch noch für viele Jahre – die am meisten vorkommende Gruppenform in Deutschland überhaupt ist. Deswegen ist es fragwürdig, ob wir das Problem in dieser Dimension überhaupt haben, wie das dargestellt wird.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Wann hat Frau Al- tenkamp das denn heute gesagt?)

Denn in dieser Gruppenform III haben wir die Ergänzungskräfte nun einmal dauerhaft. Erst wenn Fachkräfte durch eine Ergänzungskraft in den anderen beiden Formen ersetzt werden, dann ist diese

Weiterbildungsverpflichtung bindend. Dagegen hat hier überhaupt niemand etwas.

Wir halten an dem Fachkräfteprinzip fest. Darüber waren wir uns, egal von welcher Seite, eigentlich mit allen Diskutanten einig, auch in der Opposition, dass Fachlichkeit geboten ist.

(Britta Altenkamp [SPD]: Dann dieser Ab- satz 2? Das ist eine Zumutung! Schauen Sie sich Ihren Entschließungsantrag an!)

Sie selbst aber schreiben in Ihrem Antrag, dass Sie Ergänzungskräfte „mit einer Berufspraxis von mindestens fünf Jahren“, die die erforderlichen Anforderungen zur Absolvierung einer Erzieherinnenausbildung nicht erfüllen, „im Rahmen von Einzelfallprüfungen“ den Zugang zu dieser Ausbildung ermöglichen wollen. Das haben wir schon vor einem Jahr nicht gut gefunden, das finden wir auch heute nicht gut.

Die restlichen Forderungen Ihres Antrags lese ich wie einen Antrag für mehr Bürokratie. Da steht: die Träger mit Abfragen quälen, die Träger mit Konzepterstellungen wieder einmal bombardieren, die Landesregierung soll schon wieder Berichte schreiben – daran hält sie sich auch –, zusätzlich soll die Landesregierung noch einmal Konzepte vorlegen. Da ist doch nichts, was der Situation der einzelnen Ergänzungskraft wirklich hilft, über die wir reden. Das bringt uns keinen Millimeter weiter. Deswegen sagen wir: Wer wirklich nicht an einer Weiterbildung teilnehmen kann, wie wir sie in der Personalvereinbarung vorgelegt bekommen haben, für den müssen Träger und auch die örtlichen Jugendhilfen im Einzelfall, wenn keine andere Einsatzmöglichkeit gegeben ist, nach einer Lösung suchen.

(Vorsitz: Vizepräsident Oliver Keymis)

Daher fordern wir die Landesregierung auf, mit den Trägerverbänden, den Kirchen und den Kommunen zu reden,

(Britta Altenkamp [SPD]: Abgeschrieben!)

um eine Lösung zu finden, dass diese Weiterbildungsmöglichkeiten für alle nutzbar sein können und dass die Kompetenzen der Ergänzungskräfte einbezogen werden. Wir bitten die Landesregierung darüber hinaus, auch mit den Jugendämtern vor Ort zu reden. Denn wenn die über solche Einzelfälle entscheiden sollen, dann sollen sie Aspekte wie Langjährigkeit und persönliche Situationen einbeziehen. Und wir wollen, dass die Landesregierung prüft, ob die Frist für diese Weiterbildungen nicht erweitert werden kann.

Das sind unsere Vorstellungen, um den Einzelfällen persönlich gerecht zu werden. – Danke schön.

(Beifall von der CDU)

Herzlichen Dank, Frau Kollegin Milz. – Jetzt würde als nächster Red

ner für die FDP-Fraktion Herr Kollege Lindner sprechen. Der Kollege Lindner ist aber nicht da. Wenn der Kollege Lindner nicht da ist und auch sonst niemand von der FDP-Fraktion dazu sprechen kann, dann müsste als Nächste Frau Kollegin Asch sprechen. – Herr Witzel, soll Frau Asch jetzt sprechen? – Frau Asch, dann haben Sie jetzt das Wort, und wir holen den Beitrag der FDP-Fraktion anschließend nach.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Sprachlos! – Wei- tere Zurufe von der SPD)

Das prüfen wir dann noch. – Bitte schön, Frau Kollegin Asch, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die FDP-Fraktion ist bei diesem Punkt offenbar sprachlos, aber das wundert uns nicht wirklich.

(Britta Altenkamp [SPD]: Vorsicht, Andrea, das ist dir auch schon passiert!)

Wir müssen uns heute zum wiederholten Mal mit einem Problem beschäftigen, das uns zeigt, dass die gesetzlichen Grundlagen dieses KiBiz mangelhaft, falsch angelegt und zudem auch handwerklich schlecht gemacht sind. Das ist nicht nur in Bezug auf die Ergänzungskräfte so, sondern die Mängelliste, die sich in der Praxisumsetzung dieses sogenannten Kinderbildungsgesetzes jetzt zeigt, ist lang und wird immer länger. Die Rückmeldungen aus den Kitas sind alarmierend. Sie konnten in der letzten Woche lesen: „KiBiz macht krank und unzufrieden“ – „Westfälischer Anzeiger“, „Es bleibt weniger Zeit für Kinder“ – „Westfalenpost“, „Stress im Kindergarten“ schreibt die „NRZ“. Das sind die Schlagzeilen.

Genau diese Situation, meine Damen und Herren, steht im unmittelbaren Zusammenhang damit, dass die Kinderpflegerinnen aus den Einrichtungen herausgedrängt werden. Denn Fakt ist: Die Landesregierung hat mit dem KiBiz gerade für die Kleinen, für die unter Dreijährigen, die Personalstandards gesenkt. Fakt ist: Vor einem Jahr, vor Inkrafttreten des Gesetzes, hatten wir in der altersgemischten Gruppe zwei Fachkräfte und eine Ergänzungskraft für 15 Kinder. Fakt ist: Nach dem KiBiz gibt es in dieser Gruppe eine Person weniger, es gibt jetzt nur noch zwei Fachkräfte. Die Ergänzungskraftstunden in diesem Bereich sind weg. Das ist nachzulesen in dem Gesetz und nachzulesen in der Personalvereinbarung.

Aber, und das ist das Problem, die Menschen sind nicht weg, die diese Stellen innehaben. Sie sollen jetzt übergangsweise noch bis 2011 mit der Hälfte ihrer Stunden eingesetzt werden, oder sie sollen berufsbegleitend, neben ihrer anstrengenden Tätigkeit in der Kindertagesstätte, eine vollkommen neue Ausbildung als Erzieherin beginnen.

Nun ist im Entschließungsantrag von CDU und FDP zu lesen: Die können auch im Gruppentyp III eingesetzt werden. – Das, meine Damen und Herren, ist ein Stück Volksverdummung. Anders kann man es nicht bezeichnen.

(Chris Bollenbach [CDU]: Das stimmt doch gar nicht!)

Denn jeder weiß, dass der Gruppentyp III – das haben Sie immer wieder gesagt, auch bei der Verabschiedung des Gesetzes –