Ob Integrationsrat oder Integrationsausschuss: Die Städte und Gemeinden haben seit Jahren Erfahrungen gesammelt und dürften besser als der Gesetzgeber wissen, welches Instrument dem hohen Ziel der Integration vor Ort am besten dienen kann.
In dieser Frage erkenne ich übrigens eine Koalition jamaikanischer Vernunft, an der die rote Staatsgläubigkeit zerschellen wird.
Meine sehr verehrten Damen und Herren von der SPD, schenken Sie bitte den Kommunen Vertrauen. Lassen Sie die Fachleute ran. Der Preis, den wir bezahlen, wenn wir den Kommunen die Entscheidung überlassen, liegt im Wahltermin. Die Kommune muss entscheiden, was sie will. Erst danach kann das Integrationsgremium gewählt werden. Die vielleicht – und auch mir – wünschenswerte Zusammenlegung dieses Wahlvorgangs mit der Kommunalwahl scheidet also aus logischen Gründen aus.
Ein sehr wichtiges Element des Gesetzentwurfs ist das aktive und passive Wahlrecht auch für bereits eingebürgerte Menschen mit einer Zuwanderungsgeschichte. Wir gewinnen damit die wirklichen Fachleute. Wir setzen auf diejenigen, die mehr als jeder andere über Integration Bescheid wissen. Wer den Weg zur deutschen Staatsbürgerschaft erfolgreich beschritten hat, der kennt jede Hürde, jedes Problem, aber auch alle Chancen. Diesen Erfahrungsschatz müssen wir den Integrationsgremien unbedingt zur Verfügung stellen. Es nicht zu tun, wäre fahrlässig. Dass hiermit eine kleine Gruppe von Menschen sozusagen zweimal wählen darf, mag staatsrechtlich ungewöhnlich sein, aber es ist pragmatisch und vor allem sehr angemessen; wir brauchen diese Fachleute.
Die Einbindung der Eingebürgerten – sinnvoll begrenzt auf einen Zeitraum von fünf Jahren – lenkt unser Augenmerk auch auf das, um das es am Ende wirklich geht: Die Integration ist erst dann gelungen, wenn der Zuwanderer die deutsche Staatsbürgerschaft erhalten hat. Es tut mir weh, zu sehen, dass Tausende und Abertausende, die auf Dauer in unserem Land leben, vor der Türschwelle verharren. Das nützt nur denjenigen, die ohne wirkliches Mandat nach Einfluss im vorpolitischen Raum trachten; den Menschen nützt es nicht. Ihnen müssen wir angemessene Wege zeigen, wie die Schwelle zur Einbürgerung überschritten werden kann. Dem ist alles unterzuordnen, auch die Gemeindeordnung. – Ich danke Ihnen für das Zuhören.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mehrfach ist die politische Partizipation von Bürgern mit Zuwanderungsgeschichte thematisiert worden. Mit dem heute von CDU und FDP vorgelegten Gesetzentwurf wollen wir nicht nur die Partizipationsmöglichkeiten von Menschen mit Migrationsgeschichte stärken,
Eine zeitgerechte Migrations- und Integrationspolitik ist eine Gemeinschaftsaufgabe, an der sich alle gesellschaftlichen Gruppen sowie die Politik beteiligen sollten.
Aus der Anhörung habe ich für mich und für die FDP-Fraktion mitgenommen, dass die Integration in den Kommunen zunehmend als Querschnittsaufgabe verstanden wird. In einigen Kommunen ist sie deshalb sogar zur Chefsache – des Bürgermeisters bzw. Oberbürgermeisters – erklärt geworden. Hierfür möchte ich beispielhaft Kerpen, Herten und Duisburg nennen.
Mit unserem Gesetzentwurf beseitigen wir die Mängel und Schwächen des bisherigen Ausländerbeirates, indem wir ein Beratungsgremium schaffen, das besser in die Beratungsfolge und Beratungsinhalte des Rates eingebunden ist. In der Experimentierphase der Kommunen haben sich zwei Integrationsmodelle herauskristallisiert: der Integrationsrat und der Integrationsausschuss. Wir räumen deshalb den Kommunen die Wahlmöglichkeit zwischen dem Integrationsrat und dem Integrationsausschuss ein.
Der Rat – und zwar der neu gewählte Rat – soll entscheiden, welches Integrationsgremium am besten im Hinblick auf die örtlichen Gegebenheiten passt und mit welcher Form der Rat am besten zusammenarbeiten kann. Weil der neu gewählte Rat entscheidet, wird es keinen einheitlichen Wahltermin mit der Kommunalwahl 2009 geben. Innerhalb von 16 Wochen nach Beginn der neuen Kommunalwahlperiode muss aber die Urwahl erfolgt sein. Wir sind der Ansicht, dass diese Zeit für den Ratsbeschluss und die Wahlorganisation nicht zu knapp bemessen ist.
Unsere Gesetzesinitiative sieht ein zeitlich befristetes aktives Wahlrecht auf fünf Jahre für Deutsche mit Zuwanderungsgeschichte, also Eingebürgerte und Spätaussiedler, vor; das haben Sie alles schon gehört. Wir sind zum einen der Meinung, dass die Integrationserfahrungen der frisch Eingebürgerten im Integrationsgremium wertvoll sind und auf diese Weise ausreichend weitervermittelt werden können, zum anderen meinen wir, dass hierzu fünf Jahre ausreichen. – Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Herren! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Ich will ganz kurz sechs Bemerkungen machen:
spricht Bände darüber, wie dieses Thema zwischen den Häusern behandelt worden ist. Es sagt auch einiges über die Durchsetzungsfähigkeit des Integrationsministers aus.
Dass ausgerechnet in der Frage der Partizipation der Migrantinnen und Migranten monatelang nichts passiert und am Ende – das ist meine zweite Bemerkung – die regierungstragenden Fraktionen dann den kleinsten gemeinsamen Nenner zwischen den beiden Fraktionen suchen und auch finden, geht deutlich zulasten der Partizipationsmöglichkeiten von Menschen, die nicht über ein Wahlrecht verfügen.
Drittens. Die Entscheidung, ob es einen Integrationsrat oder einen Integrationsausschuss gibt, liegt nach dem Willen der Fraktionen von FDP und CDU bei den Räten.
Im Unterschied zu dem Gesetzentwurf der Grünen, den wir in der letzten Woche in einer Anhörung diskutiert haben, ist es aber bei dem Entwurf der Koalitionsfraktionen so, dass Sie es den neu gewählten Räten und damit Gremien überlassen, die keinerlei oder nur geringfügig Erfahrung mit der Arbeit der Integrationsräte und -ausschüsse bzw. Ausländerbeiräte, die zurzeit tätig sind, haben. Das zumindest – das ist bei der Anhörung deutlich geworden – wird als eine deutliche Schwäche dieses Gesetzentwurfes erkannt.
Losgelöst davon wird die vorgelegte Regelung natürlich dazu führen, dass die Wahl des dann jeweils zu bildenden Gremiums deutlich hinter dem Wahltermin der Kommunalwahl liegt. Deswegen kann man natürlich schon Kritik daran üben, wie Sie dieses Gremium wertschätzen. Insofern darf man sich am Ende auch nicht wundern, wenn möglicherweise die Wahlbeteilung zu wünschen übrig lässt.
Viertens. Integration ist nach den Vorstellungen der beiden regierungstragenden Fraktionen nach fünf Jahren abgeschlossen bzw. sollte sie es sein. Ein aktives Wahlrecht für Eingebürgerte und Spätaussiedler, die frühestens fünf Jahre vor dem Wahltermin Deutsche geworden sind, räumen Sie zwar ein, aber kein Wahlrecht für diejenigen, die schon länger Deutsche oder Eingebürgerte sind. Das halten wir für etwas aberwitzig, da es ja Ihre Regierung gewesen ist, die es im Integrationsbericht als einen entscheidenden Vorteil formuliert hat, dass die Eingebürgerten und Spätaussiedler immer noch besonders geführt werden. Wenn aber die Integration, die Möglichkeiten der Teilhabe an der Gesellschaft und der aktiven Wahlrechtsausübung daran gebunden sind, wie lange jemand Deutscher oder eingebürgert ist, ist das in Ihrer Argumentation nicht schlüssig.
Fünftens. Ihr Gesetzentwurf stellt keinen Fortschritt in der Verbesserung der Partizipation in den Kommunen für Menschen dar, die nicht über ein Wahl
recht verfügen. Es geht überhaupt nicht darum, den Kommunen etwas vorzuschreiben, aber es wäre aus den Diskussionen der letzten Legislaturperiode nur konsequent gewesen – und auch aus den Erfahrungen in den über 60 Gemeinden, die in Nordrhein-Westfalen die beiden Gremien ausprobiert haben –, sich letztendlich auf ein Gremium festzulegen. Das werden wir auch beantragen. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sie sehen uns als GrünenFraktion zufrieden – zufrieden deshalb, weil heute etwas auf dem Tisch liegt, worauf wir sehr lange gewartet haben, vor allen Dingen aber, worauf die Migrantinnen und Migranten und die Ausländerinnen und Ausländer in unserem Lande sehr lange gewartet haben, nämlich auf einen Gesetzentwurf aus dem Regierungslager.
Ich möchte gleich zu Anfang sehr herzlich Michael Solf danken. Ich glaube, es ist wirklich Ihnen zu verdanken,
dass jetzt dieser Gesetzentwurf vorliegt. Ich finde, es ist auch bezeichnend, dass ihn nicht die Landesregierung vorgelegt hat, weil offenbar die beiden Ministerien, die sich da ins Benehmen setzen müssen, es nicht geschafft haben, sich zu einigen,
sondern dass jetzt die Koalition und offenbar vor allen Dingen die CDU-Fraktion, wie wir durch den Zwischenruf von Herrn Lindner merken, die Federführung übernehmen musste.
Wir hatten in der letzten Woche die sehr interessante Situation, dass wir in der Anhörung zwei Gesetzentwürfe beraten konnten: den Gesetzentwurf der Grünen-Fraktion und einen Gesetzentwurf, der heute erst eingebracht wird. Wir hatten in der Anhörung sehr viel Lob – das darf ich sagen – für das, was wir als Grünen-Fraktion vorgelegt haben, erhalten. Wir stellen fest, dass sich letztendlich die Unterschiede zum heute vorgelegten Gesetzentwurf auf drei Aspekte beziehen, die ich hier noch einmal benennen muss.
Als Grüne ist uns sehr wichtig, dass es einen gemeinsamen Wahltermin zur Wahl zum Integrationsrat respektive zum -ausschuss mit der Kommunalwahl gibt, weil das, meine Damen und Herren, eine deutliche Aufwertung dieses Gremiums bedeutet.
Daraus folgt logischerweise, dass der alte Rat die Grundsatzentscheidung treffen muss, welche Form der Vertretung – ob Rat oder Ausschuss – in Zukunft gewählt wird. Das ist ein Unterschied zwischen unseren Gesetzentwürfen: Sie wollen die Wahl zum Integrationsgremium auf einen Termin nach der Kommunalwahl verlegen, während wir glauben, dass mit einem gemeinsamen Wahltermin eine Aufwertung des Gremiums verbunden wäre.
Wir haben einen zweiten Dissens. Wir als Grüne wollen laut unserem Gesetzentwurf, dass die Gemeindegröße das ausschlaggebende Kriterium für die Einrichtung eines Integrationsausschusses oder -rates ist und es nicht wie bisher die Zahl der Ausländerinnen und Ausländer sein soll. Darüber müssen wir uns noch verständigen.
Zum Dritten wollen wir die Wahlmöglichkeit für Eingebürgerte nicht begrenzen. Ich bin schon sehr froh, dass Sie zumindest die Möglichkeit für eingebürgerte Migrantinnen und Migranten, dieses Integrationsgremium zu wählen, eingeräumt haben. Allerdings begrenzen Sie diese Möglichkeit auf fünf Jahre. Wir sehen diese Notwendigkeit nicht, weil wir glauben, dass da überhaupt kein Regelungsbedarf besteht.
Herr Lindner, Sie sind doch sonst immer so gegen Regeln und Begrenzungen. In diesem Fall sind sie wirklich nicht nötig, weil es sich von selbst ergibt, dass ein Migrant, der nicht mehr zu dieser Wahl gehen will, weil er sich integriert fühlt, auch nicht zur Wahl zu gehen braucht. Wir wollen an der Stelle keine Begrenzung.
(Christian Lindner [FDP]: Seien Sie doch froh, dass wir überhaupt das erreicht haben, was da drinsteht!)
Ich denke, wir sollten den Vorschlag, den die kommunalen Spitzenverbände in der Anhörung zum Gesetzentwurf der Grünen gemacht haben, sehr intensiv diskutieren. Ich glaube, es ist ein kluger Vorschlag, zu sagen: Wir nehmen als gesetzlichen Regelfall den Integrationsrat auf und eröffnen den Kommunen die Möglichkeit, durch Beschlussfassung von diesem gesetzlichen Regelfall abzuweichen. Ich denke, das wäre ein guter Kompromiss, der auch mit der LAGA – das hat Herr Keltek angekündigt – zu vereinbaren wäre.
Wenn wir uns gemeinsam mit den kommunalen Spitzenverbänden in diese Richtung bewegen könnten, wäre die Möglichkeit eröffnet, zu einer gemeinsamen Beschlussfassung zu kommen. Ich sehe den Beratungen im Ausschuss sehr optimistisch entgegen.
Danke, Herr Präsident. – Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ziel ist es, die Regelung über die politische Teilhabe der Migranten an der Kommunalverwaltung zu verbessern. Die Position der Landesregierung ist klar und einheitlich. Erst wenn Bürger und Einwohner in der Gemeinde ihre Rechte und Pflichten aus der Kommunalverfassung wahrnehmen, wird die kommunale Selbstverwaltung politisch und gesellschaftlich lebendig.
Es kommt also darauf an, die Regeln über die Teilhabe der Bürger und Einwohner an der politischen Gemeinde so zu gestalten, dass sich möglichst viele zur Teilnahme herausgefordert fühlen.
Diesem Ansinnen kommt der Gesetzentwurf der Regierungsfraktionen nach. An der Stelle will ich in aller Deutlichkeit sagen, dass sich Regierung und Fraktion komplett einig sind. Jeder Spaltpilz Ihrerseits geht in die Irre. Es ist abgestimmt und genau das, was alle in der Regierung auch wollen.