Protocol of the Session on February 12, 2009

Ich erwarte daher, dass die Bundesregierung zumindest zügig ihrem grundgesetzlichen Auftrag nachkommt, das Wasser- und Naturschutzrecht in Einzelgesetzen bundesrechtlich zu regeln, nachdem diese Rechtsgebiete nunmehr nicht mehr Eingang in ein umfassendes Umweltgesetzbuch finden. Ich begrüße insofern die Ankündigung vom Bundesumweltminister Gabriel, dass noch in diesem Monat die Gesetzentwürfe dazu vom Bundeskabinett beschlossen werden. Dabei wird von der Bundesregierung erwartet, dass sie an dem Abstimmungsstand zum Wasser- und Naturschutzrecht im Rahmen der Beratungen zum UGB anknüpft.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, verehrte Kolleginnen und Kollegen, die Landesregierung wird sich auch vor dem Hintergrund dieser veränderten Verfahrenssituation auf Bundesebene weiterhin konstruktiv an diesem Prozess beteiligen. Ich habe mit dem Innenminister verabredet, das gemeinsam zu tun, was das Thema Umweltverfahrensrecht angeht. Es gibt keinen Koalitionskrach in dieser Frage. Das sehen Sie schon daran, dass sich auch die FDP-Bundestagsfraktion für eine zügige Verabschiedung des Umweltgesetzbuches ausgesprochen hat. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Minister Uhlenberg. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat sich noch einmal Herr Kollege Remmel zu Wort gemeldet.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das kann man nicht so einfach durchgehen lassen.

(Beifall von den GRÜNEN – Unruhe von der CDU)

Nein, nein! – Gestern hält der Ministerpräsident eher eine Predigt, statt eine politische Einschätzung der Lage zu geben und eine politische Richtung zu weisen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Heute wird an der Frage Umweltgesetzbuch deutlich – und das ist nicht der einzige Konflikt,

(Zustimmung von der SPD)

sondern es gibt einen ganzen Haufen von Konflikten, Uneinigkeit in dieser Koalition: Nichtraucherschutzgesetz, Schulpolitik, WestLB, Integrationsgesetz, Konjunkturpaket II –, das Fundament dieser Koalition ist gespalten und steht nicht mehr. Das muss an dieser Stelle einmal offengelegt und dargestellt werden.

(Beifall von GRÜNEN und SPD – Wider- spruch von CDU und FDP)

Herr Uhlenberg, so einfach können Sie sich nicht aus der Verantwortung stehlen. Hier geht es um eines der wichtigsten Gesetzesvorhaben auf Bundesebene. Dazu in der Landesregierung bis heute keine einheitliche Haltung hergestellt zu haben ist einfach grob fahrlässig.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Schon vor einem Dreivierteljahr hat Ihnen Herr Wolf auf der Nase herumgetanzt. Spätestens da wäre der Zeitpunkt gewesen, die Entscheidung auch im Kabinett zu suchen, welche Haltung die Landesregierung einnimmt. Bis heute ist diese Frage nicht geklärt.

Deshalb ist es auch berechtigt, den Innenminister einen politischen Hasardeur zu nennen. Wir haben nachgeschaut: „Hasardeur“ ist eben doch die Bezeichnung für einen Glücksspieler, eine verantwortungslose Person. Das passt genau auf den Innenminister. Deshalb bitten wir, den Innenminister heute hier im Parlament zu rügen; denn diese Haltung gegenüber der Umwelt und gegenüber den Interessen des Landes ist tatsächlich verantwortungslos. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Remmel. – Für die FDP-Fraktion spricht noch einmal Herr Kollege Ellerbrock.

Herr Kollege Remmel, das Einzige, was uns in dieser Diskussion verbindet, ist der Eingangssatz: Das kann man nicht so stehen lassen. – Das mit Sicherheit nicht, meine Damen und Herren! Kollege Remmel versuchte darzustellen, dass es wesentliche Spaltungen und

Differenzen innerhalb der Koalition gibt. Gemach, gemach! Das mögen Sie erträumen. So mag Ihr Koalitionsverhältnis zu Ihrem ehemaligen Koalitionspartner gewesen sein.

(Zuruf von Horst Becker [GRÜNE])

Ach, Herr Kollege Becker, ich wollte auch nicht sagen, dass Sie wieder zum Friseur gehen sollten. Sie sind ja der große empörungspolitische Sprecher in Nachfolge vom Kollegen Remmel. Lassen Sie es lieber sein, es hört Ihnen ohnehin keiner zu. Die intellektuelle Leistungsfähigkeit ist ohnehin dargestellt. Lassen Sie es lieber sein.

(Lachen von der SPD – Unruhe von den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, Sie versuchen, einen Keil zwischen diesen Umweltminister und unseren Innenminister zu treiben, wobei der eine von beiden völlig klar die Verfahrenszuständigkeit hat. Hier ist gesagt worden, dass er als der Vertreter aller Innenminister es ablehnt, ein neues Verfahren einzuführen, dass die ganze materielle Arbeit bei diesem Umweltminister liegt und beide viel besser zusammenarbeiten, als Sie sich das jemals vorstellen können. Kollege Remmel, Fantasie ist etwas, was auch Sie manchmal nicht haben. – Danke schön.

(Beifall von FDP und CDU – Johannes Rem- mel [GRÜNE]: Ich sehe doch das Grinsen schon wieder!)

Vielen Dank, Herr Kollege Ellerbrock. – Für die Landesregierung hat noch einmal Herr Minister Uhlenberg das Wort erbeten. Er bekommt es natürlich auch.

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, der Abgeordnete Remmel hat das nicht richtig mitbekommen. Ich habe deutlich gesagt, dass es eine abgestimmte Meinung zu dem letzten strittigen Punkt geben wird. Das ist das Umweltverfahrensrecht. Abgestimmt wird das auch mit dem Innenminister. Wir haben uns verabredet. Wir werden uns vonseiten der nordrhein-westfälischen Landesregierung – völlig unabhängig davon, ob der Minister von der CDU oder von der FDP gestellt wird – konstruktiv in Berlin einbringen, damit ein UGB auf den Weg gebracht wird, genauso wie wir das in den vergangenen Monaten auch getan haben.

Von daher ist der Konflikt, den Sie hier konstruieren, künstlich. Da muss man einmal die Frage stellen – Sie ziehen dieses Thema hoch –: Wo ist damals eigentlich Herr Trittin mit seinem Umweltgesetzbuch gewesen? Warum haben es die Grünen nicht hintereinander bekommen,

(Johannes Remmel [GRÜNE]: Weil die Föde- ralismusreform noch nicht durch war! Das wissen Sie ganz genau!)

im Rahmen rot-grünen Regierung dieses Thema voranzubringen? Andere haben es nicht hinbekommen, aber die Grünen haben es auch nicht hinbekommen!

(Johannes Remmel [GRÜNE]: Das Gesetz- buch war doch fertig!)

Deswegen haben Sie kein Recht, sich sozusagen als Oberlehrer in Sachen Umweltgesetzbuch aufzuspielen.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Minister Uhlenberg. – Jetzt gibt es keine Wortmeldungen mehr.

Deshalb kommen wir zur Abstimmung, erstens über den Antrag Drucksache 14/8542. Die antragstellende Fraktion der SPD hat direkte Abstimmung beantragt. Wer ist für diesen Antrag? – SPD und Grüne und der fraktionslose Kollege Sagel. Wer ist dagegen? – CDU und FDP. Enthält sich jemand? – Nein. Damit ist der Antrag mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen abgelehnt.

Wir kommen zweitens zur Abstimmung über den Antrag Drucksache 14/8546 von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Hier ist ebenfalls direkte Abstimmung beantragt. Wer ist für diesen Antrag? – Die Grünen und der fraktionslose Kollege Sagel. Wer ist dagegen? – FDP und CDU. Enthält sich jemand? – Die SPD-Fraktion enthält sich. Mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen ist auch dieser Antrag abgelehnt.

Wir kommen zu Tagesordnungspunkt

4 Emissionshandel wirken lassen – Konterkarierung des marktwirtschaftlichen Ansatzes verhindern

Antrag der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP Drucksache 14/8541

Ich eröffne die Beratung und erteile für die antragstellende Fraktion der CDU Herrn Kollegen Weisbrich das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Seit dem 1. Januar 2005 ist der Handel mit CO2- Zertifikaten das europäische Pflichtinstrument zur Umsetzung der Kyoto-Ziele. Im Dezember 2008 hat der Europäische Rat die Ausgestaltung des Emissionshandels für die Handelsperiode von 2013 bis 2020 beschlossen. Dabei hat

er eine Höchstmenge an CO2 vorgeschrieben, die europaweit emittiert werden darf.

Für Anlagenbetreiber soll es nach derzeitigem Stand keine CO2-Minderungspflicht an der einzelnen Anlage geben. Vielmehr dürfen sich die Anlagenbetreiber nach marktwirtschaftlichen Grundsätzen für die kosteneffizienteste Maßnahme zur CO2Minderung entscheiden. Sie können ihre eigene Anlage optimieren, sie können Zertifikate zukaufen, oder sie können Gutschriften aus klimaschützenden Projekten in anderen Teilen der Welt nutzen. Alles ist zulässig.

Meine Damen und Herren, da es sich bei Treibhausgasemissionen nicht um lokale, sondern um globale Auswirkungen auf die Umwelt handelt, strebt die EU-Kommission als Verhandlungsziel für die Klimaschutzkonferenz in Kopenhagen an, den Emissionshandel weltweit verbindlich einzuführen. Sie will damit Wettbewerbsnachteile für Standorte innerhalb der EU vermeiden. In einem ersten Schritt sollen die OECD-Länder, die USA, Australien und Neuseeland einbezogen werden. Bis 2020 sollen dann die wichtigsten Schwellenländer wie Brasilien, China, Indien oder Südafrika folgen.

Nur mit einem solchen Verhandlungsergebnis kommen wir dem zentralen Klimaschutzziel, nämlich den jährlichen CO2-Ausstoß je Einwohner weltweit auf 2 t zu begrenzen, wirklich näher. Schaffen wir eine wettbewerbsneutrale, weltweit verbindliche Vereinbarung zum Emissionshandel nicht, dann können wir uns meines Erachtens von dem Gedanken verabschieden, dass es gelingen könnte, den Klimawandel wirksam zu bekämpfen.

(Beifall von Dietmar Brockes [FDP])

Wir beobachten deshalb mit großer Sorge den Versuch, parallel zum System des Emissionshandels auch Ordnungsrecht zur Begrenzung der CO2Emissionen für die Anlagen der energieintensiven Industrien und der Energiewirtschaft in der EU zu nutzen. Das Vehikel dafür soll die Novellierung der Richtlinie über die integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung, die sogenannte IVU-Richtlinie, sein.

Hier wird unter dem Deckmantel eines möglichst hohen Gesundheits- und Umweltschutzes innerhalb der Europäischen Union eine Initiative gestartet, die für den Klimaschutz allgemein, aber auch für den Industriestandort Europa – von Deutschland einmal ganz abgesehen – verheerende Auswirkungen hätte. Den Anlagen, meine Damen und Herren, ist es egal, an welchem Standort in der Welt sie laufen. Wenn die Betreiber in Europa benachteiligt sind, dann suchen sie sich eben andere Standorte, und für den Klimaschutz wäre nichts gewonnen.

Deshalb muss die parallele Einführung von CO2Emissionsgrenzwerten für den Betrieb neuer Großfeuerungsanlagen zu dem bereits beschlossenen Emissionshandelssystem unbedingt verhindert wer

den. Ich weiß und ich begrüße es außerordentlich, dass die Landesregierung in diesem Sinne bereits bei der Bundesregierung und gegenüber der Europäischen Kommission aktiv geworden ist. Ich würde es aber auch begrüßen – und bitte Sie darum –, wenn alle Fraktionen dieses Hauses unser Anliegen unterstützen würden, weil dies für die Zukunft des Klimaschutzes in Europa eine ganz gefährliche Weichenstellung ist. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von CDU und FDP)