Protocol of the Session on January 30, 2009

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Das wäre tatsächlich der beste Weg. Aber aus integrationspolitischer Sicht muss man auch sagen: Selbst wenn alle Migrantinnen und Migranten ein Wahlrecht hätten und alle an der Kommunalwahl teilnehmen würden, wäre es nach unserer tiefen Überzeugung dennoch nötig, dass Integrationspolitik in einem eigenen Gremium, im Rat und in den anderen Gremien diskutiert wird.

(Beifall von der CDU)

Ich weise auf die Erfahrungen aus diesem Hohen Hause hin. Denn ich glaube, die Fragen der Integrationspolitik haben im Parlament und vom Parlament aus initiiert schon einmal einen breiteren Raum eingenommen, nämlich in der Zeit, als wir einen Ausschuss für Migrationsangelegenheiten hatten.

(Zustimmung von Michael Solf [CDU])

Heute ist das in weiten Teilen ein Geschäft, das dem Integrationsminister überlassen bleibt. Das soll ihm auch so erhalten bleiben. Ich halte es nur nach

wie vor für einen Fehler, dass wir dieses Gremium aufgegeben haben. Es war für die Menschen mit Migrationshintergrund in diesem Land ganz sicher klar erkennbar, welcher politische Stellenwert Ihnen in diesem Hause gegeben wird, als wir dieses Gremium noch hatten. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Allgemeiner Beifall)

Vielen Dank, Frau Kollegin Altenkamp. – Als nächster Redner hat für die FDP-Fraktion der Kollege Engel das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zum wiederholten Male debattieren wir über die politische Partizipation von Migranten in den Gremien unserer Städte und Gemeinden.

(Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Weil Sie keine Gesetze vorlegen!)

Ich will das nicht kleinreden: Solche Debatten sind für uns wichtig. Ich halte erneut fest, dass ich es schätze, dass wir alle hier im Plenum der Meinung sind, dass der seit 15 Jahren bestehende Ausländerbeirat in seiner heutigen Form fortentwickelt werden muss.

Ich möchte Ihnen aber auch sagen, dass wir uns von Ihnen, Frau Asch, Frau Altenkamp nicht treiben lassen.

(Hans-Willi Körfges [SPD]: Von Treiben kann da keine Rede sein!)

Sie haben sich in Ihrer Regierungszeit eben nicht getraut, den Ausländerbeirat zu einem Integrationsgremium weiterzuentwickeln. Sie haben es, obwohl wir Ihnen damals mit dem GO-Reformgesetz einen attraktiven Vorschlag unterbreitet haben, vorgezogen, erst mal in Deckung zu gehen. Das ist die Wahrheit. So mussten die Kommunen erneut in die Warteschleife gehen und im Rahmen der Experimentierklausel integrative Gremien-Modelle erproben. Damit haben Sie ein schlechtes Beispiel gegeben.

Wir wollen eine qualitative Weiterentwicklung des Ausländerbeirates. Eine solche Regelung, die nicht gleich wieder über den Haufen geworden werden soll, wollen wir mit Bedacht vornehmen. Wir wollen kommunale Integrationsarbeit für einen längeren Zeitraum auf stabile Säulen setzen. Denn – ich muss mich leider wiederholen und knüpfe an die Plenardebatte von vor Weihnachten an – es geht um den Dialog, der vor Ort in den Stadtquartieren geführt und gelebt wird.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Gesetzentwurf der Grünen enthält einige Passagen, über die wir in den Ausschüssen sicher intensiv

werden beraten müssen. Das betrifft zum Beispiel die Wahlmöglichkeit zwischen dem Integrationsrat und dem Integrationsausschuss. Die Geltungsdauer der Experimentierklausel in dieser Kommunalwahlperiode, wo von 60 Modellkommunen lediglich vier das Instrument eines Integrationsausschusses gewählt haben, wirft Fragen auf und bedarf daher noch einer Diskussion.

Sie wollen mit Ihrem Gesetzentwurf eine erhebliche organisatorische Veränderung. Bisher ist geregelt, dass Gemeinden mit mindest 5.000 ausländischen Einwohnern einen Ausländerbeirat bilden müssen und in Gemeinden mit mindestens 200 Ausländern ein Ausländerbeirat gebildet werden muss, wenn mindestens 200 Wahlberechtigte dies beantragen. Ansonsten besteht die Bildung eines Ausländerbeirates als Kann-Bestimmung.

Es leuchtet mir nicht ein, wieso Sie nur diese, aus meiner Sicht bisher funktionierende Regelung in der Hinsicht verändern, dass Gemeinden mit mindestens 50.000 Einwohnern ein Integrationsgremium bilden müssen und Gemeinden mit 20.000 Einwohnern ein Integrationsgremium bilden, wenn dies von 200 Wahlberechtigten beantragt wird.

In Ihrem Gesetzentwurf kommen Sie zu dem Schluss, dass die Wahl des Integrationsrates bzw. Integrationsausschusses am Tag der Kommunalwahl stattfinden soll. Das haben wir schon gehört. Damit bleiben Sie in Ihrem unglücklichen Antrag vom Dezember 2008 treu, Sie machen nur für dieses Jahr eine Ausnahmeregelung.

Ein gemeinsamer Wahltermin der Kommunalwahl mit der Wahl der Integrationsgremien enthält aus meiner Sicht immer noch einen entscheidenden Nachteil. Auch das ist bekannt. Ich möchte das, obwohl ich dies schon wiederholt gesagt habe, noch einmal hier vortragen. Das setzt voraus, dass der alte Rat in der alten Kommunalwahlperiode eine Entscheidung darüber treffen muss, welches Gremium für die Beteiligung der Migranten in der neuen Kommunalwahlperiode gelten soll.

Aus meiner Sicht und aus Sicht der FDP-Fraktion sollte dies eher die Aufgabe des neuen Rates sein. Er sollte darüber entscheiden können, wie eine Zusammenarbeit mit den Migranten vor Ort am besten erfolgen soll. Das setzt nun einmal verschiedene Zeitpunkte zwischen der Kommunalwahl und der Wahl der Migrantenvertretung voraus.

Eine andere Alternative wäre, dass es keine Wahlmöglichkeit zwischen den Arten der Integrationsgremien gibt. Ich kenne da auch die LAGA-Haltung; wir haben vor knapp zwei Wochen zusammengesessen. Aber auch dann sollte separat in gewohnter Tradition gewählt werden. Dadurch gewinnt das Integrationsgremium an Bedeutung.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte am Schluss mit einer versöhnlichen Bemerkung

enden: Schauen wir mal! – Wir stimmen der Überweisung zur Beratung in den Fachausschüssen zu.

(Beifall von FDP und CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Engel. – Als nächster Redner hat für die Landesregierung Minister Dr. Wolf das Wort. Bitte schön, Herr Minister.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, abstrakt gesprochen, sind sich alle einig, dass wir eine gute Beteiligung von Menschen haben wollen, die nicht deutscher Herkunft sind oder einen Migrantenhintergrund haben. Das ist alles unstrittig. Wir haben allerdings die Diskussion darüber, wie das im Einzelnen geschehen soll. Ich glaube, diese Diskussion muss man verantwortlich und auch in aller Ruhe führen können.

Es ist für die Grünen natürlich jetzt ein leichtes, frei von der Verantwortung aus der Opposition heraus munteres Geschrei nach dem Motto „Haltet den Dieb!“ anzustimmen. Elf Jahre lang, von 1994 bis 2005, haben Sie in dieser Richtung nichts bewegt, und jetzt wollen Sie anfangen, uns zu treiben. Das lassen wir natürlich nicht zu.

Sie hatten 1999 und 2004 zwei Kommunalwahlen, bei denen Sie in Ihrem Sinne etwas hätten ändern können. Sie hatten zusammen mit Rot hier die Mehrheit. Warum haben Sie es nicht getan? Es ist doch ein Treppenwitz der Geschichte, uns so etwas vorzuwerfen, uns, die wir in den letzten dreieinhalb Jahren gerade gezeigt haben, dass wir angefangen von den Schulgesetzen über die Hochschulgesetze, das Gemeindeordnungsreformgesetz und das LPVG bis hin zum Verwaltungsstrukturreformgesetz alles schnell über den Berg gebracht haben. Sie haben an den Stellen nichts gemacht und verlangen heute, dass wir Ihren Forderung nachkommen sollen. Das werden wir aus guten Gründen nicht tun.

Zu der Bemerkung, wir sollten alles zusammen machen: Wir haben doch alle erlebt, wie Sie unsere Anträge in der Vergangenheit „abgebügelt“ haben. Jeder Antrag der seinerzeitigen Opposition ist abgelehnt worden. Heute tun Sie so, als ob wir, wenn Sie einen Antrag stellen, dem sofort folgen sollten. Das alles ist aus unserer Sicht nicht ausgegoren.

Wir werden uns in den konkreten Fragestellungen sicherlich einig werden. Es sind die verschiedenen Themen angesprochen. Bei der Frage der Ausgestaltung des Gremiums ist es schon spannend zu sehen, Frau Altenkamp, dass auf einmal Stellungnahmen von kommunalen Spitzenverbänden direkt unter den Tisch geworfen werden. Wir hören sonst immer von Ihnen, wir müssten uns mit den Verbänden auseinandersetzen; von dort kämen die richtigen Vorschläge. Wenn Ihnen die Vorschläge dann nicht passen, sind sie auch wieder nicht gut genug.

Wir stimmen ja in der Auffassung überein, dass Integrationsräte und -ausschüsse sicherlich vernünftig sind. Aber man sieht, auch aus der kommunalen Familie – und die nehmen wir ernst – gibt es andere Wünsche und Vorstellungen. Das zeigt die ganze Vielfalt der Thematik. Man kann nicht sagen, einer hat mit einem Satz recht, sondern es gibt verschiedene Modifikationen.

Im GO-Reformbericht, der noch von meinem Vorgänger vorgelegt worden ist – Sie hatten übrigens zweieinhalb Jahre Zeit, das umzusetzen –, finden sich einige Vorschläge. Da geht es unter anderem um die Frage der Ausgestaltung des Gremiums. Das haben Sie zweieinhalb Jahre lang, bis 2005, nicht umgesetzt.

Mittlerweile sind andere Fragen wie zum Beispiel die Frage nach der Wahlberechtigung und des Kommunalwahltermins dazugekommen. All das sollten wir in Ruhe miteinander besprechen.

Wenn sich Menschen mit Migrationshintergrund, Zuwanderungsgeschichte, Ausländer und Aussiedler – nehmen wir noch einmal diese alten Begriffe – beteiligen wollen, so können sich auch heute schon über das passive Wahlrecht aktiv einbringen.

Aber hier geht es um eine ganz andere Frage, nämlich die, wer aktiv wahlberechtigt sein soll. Diese Frage ist damals im Rahmen des Reformprozesses zur Gemeindeordnung übrigens noch nicht einvernehmlich geklärt worden. Das werden wir uns alles genau anschauen.

Wir werden auch den Punkt „Wahltermin“ sehr kritisch beleuchten. Herr Kollege Engel hat dazu aus meiner Sicht sehr zu Recht gesagt, dass es schon der Respekt vor den neu gewählten kommunalen Räten gebietet, ihnen dann die Entscheidung zu überlassen, welche Form der Beteiligung sie wollen. Soweit Regelungen notwendig sind, werden wir sie zeitnah schaffen.

Ich gehe davon aus, dass der Überweisung dieses Gesetzentwurfs in die Ausschüsse zugestimmt wird. – Herzlichen Dank für die Beratungen.

(Beifall von der FDP)

Vielen Dank, Herr Dr. Wolf.- Als nächster Redner hat für die Fraktion der SPD der Kollege Körfges das Wort. Bitte schön, Herr Kollege Körfges.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bezogen auf das Thema fand ich den Einstieg in die Debatte nicht besonders glücklich. Auch die lapidare Feststellung, Ihr habt in der Vergangenheit alles abgelehnt, was wir eingebracht haben, deshalb gehen wir mit Euren Anliegen jetzt auch so um, ist dem Thema weder von der Sprache noch von der Form her angemessen, meine Damen und Herren.

(Beifall von SPD und Michael Solf [CDU])

Ich erinnere wirklich an das hohe Maß der Gemeinsamkeit in der letzten Wahlperiode und im Grundsätzlichen auch in dieser Wahlperiode bezogen auf das Thema, das wir jetzt diskutieren. Wir haben uns als nordrhein-westfälischer Landtag immer zu Recht anderen gegenüber dafür gerühmt, dass es bei uns in integrationspolitischen Fragen eine fraktions-, regierungs- und oppositionsübergreifende einheitliche Meinung gibt.

(Beifall von den GRÜNEN)

Herr Körfges!

Meine Damen und Herren, wir haben als sozialdemokratische Landtagsfraktion bewusst keinen eigenen Antrag gestellt, um uns die Möglichkeit eines gemeinsamen Vorgehens über alle Fraktionen hinweg nicht durch diese parlamentarischen Rituale nehmen zu lassen.

(Beifall von Michael Solf [CDU] – Andrea Asch [GRÜNE]: Die Zeit drängt!)

Meine Damen und Herren, das hat allerdings irgendwo alles seine Grenzen. Deshalb habe ich Verständnis für das Vorgehen der Kolleginnen und Kollegen von Bündnis 90/Die Grünen, weil auch ich mich frage, wie lange wir noch warten sollen, bis sich die Landesregierung bewegt.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)