Protocol of the Session on December 3, 2008

Danke schön, Herr Priggen. – Herr Sagel hätte jetzt das Wort. Bitte schön.

(Rüdiger Sagel [fraktionslos] begibt sich zum Rednerpult. – Lothar Hegemann [CDU]: Wenn Sie unsicher sind, bleiben Sie sitzen! – Heiterkeit von der CDU)

Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Präsidentin! Liebe Gäste! Die NRW-Klima- und Umweltpolitik ist völlig verfehlt. Arbeitsplätze werden gerade nicht gesichert, wenn Sie nicht umsteuern. Das haben Sie offensichtlich immer noch nicht verstanden. Steinzeit- und Risikotechnologie, Kohle und Atom, das ist die Politik, die Sie hier in NRW weiter machen wollen: neue Kohlekraftwerke, längere Laufzeiten für Atomkraftwerke. Das ist ein Griff in die Mottenkiste der 70er-Jahre. Das ist Ihre Politik hier in Nordrhein-Westfalen.

(Vorsitz: Vizepräsident Edgar Moron)

Ich kann nur feststellen, dass Ökologie und Klimaschutz in keinster Weise von der Konjunktur abhängen dürfen. Das, was in Berlin gemacht wird, konnte man gestern auch auf dem Titelblatt des „Spiegel“ bewundern:

(Rüdiger Sagel hält ein „Spiegel“-Exemplar hoch.)

“ANGELA MUTLOS“, so heißt es beim „Spiegel“. Genau das schreibt auch die nicht als links bekannte konservative „Frankfurter Allgemeine Zeitung“. Ich zitiere:

In der Tat sind Elterngeld, Klimaschutz, Bildungspolitik und auch der Afghanistan-Einsatz nachrangig in diesen Wochen. Zentral, in der Mitte, steht die Krise. Dort wird sie sich ausbreiten.

Vonseiten Angela Merkels und auch Jürgen Rüttgers kann man nichts erkennen. Im Gegenteil: Sie sind die Bremser in der Klimaschutz- und Energiepolitik.

Ich kann nur feststellen: Die Linke ist für eine umweltfreundliche Energiepolitik. Wir wollen ein Um

steuern und eine andere, umweltfreundliche, ökologische Energiepolitik. Landesregierung und Energiekonzerne halten an völlig überholten Konzepten fest.

Die vier Besatzer, die vier großen Energiekonzerne, müssen endlich vergesellschaftet und demokratisch kontrolliert werden und es muss eine neue, zukunftsweisende Energiepolitik gemacht werden. Dezentralisierung lautet das Stichwort.

Leider kann ich auch nicht erkennen, dass auf der Klimakonferenz in Posen etwas passiert. Erst muss in Brüssel weißer Rauch aufsteigen. Vorher wird sich überhaupt nichts tun.

Nordrhein-Westfalen als Energieland Nr. eins in Deutschland hätte die wichtige Aufgabe, tatsächlich umzusteuern, was die CO2-Emissionen angeht.

Fakt ist aber: Ein Drittel der Emissionen kommt aus NRW. Sie aber wollen an dieser völlig überholten Energiepolitik festhalten.

Wir müssten eigentlich das Weltklima verändern und – was die Emissionen betrifft – deutliche Rückschritte vornehmen. Nur sind die nicht erkennbar. Wir können nicht erkennen, dass Sie tatsächlich konkrete Schritte unternehmen, dass die Gruppe der Industrieländer, zu denen Nordrhein-Westfalen und die Bundesrepublik insgesamt auch gehören, ihre Emissionen bis 2020 um 40 % senkt. Das wäre die eigentliche Aufgabe. Diese Hausaufgaben müssen hier gemacht werden.

Man kann auch nicht erkennen, dass es eine umfassende Strategie gibt, um die besonders verletzlichen Staaten und Regionen bei der Anpassung des Klimawandels zu unterstützen. Auch davon ist überhaupt nichts zu erkennen.

Schon vor 2020 müsste es einen Peak bei den globalen Emissionen geben, wenn mit einiger Aussicht auf Erfolg ein in großem Maßstab gefährlicher Klimawandel vermieden werden soll. Das alles passiert aber nicht. Sie machen keine konkreten Schritte.

Sie bringen die regenerativen Energien nicht voran, was allerdings notwendig wäre. Sie verweigern sich einem Investitionsprogramm für einen technologischen Wandel in der Energiepolitik. Deswegen ist ihre Klima- und Energiepolitik völlig gescheitert. Sie machen nur Politik für die Konzerne, gegen die Umwelt und gegen die Menschen, die diese hohen Strompreise, die von den Konzernen diktiert werden, bezahlen müssen. Das ist Ihre Politik, das ist eine Katastrophe für NRW und das Land insgesamt.

Vielen Dank, Herr Kollege Sagel. – Für die Landesregierung erhält das Wort Herr Minister Uhlenberg. – Herr Weisbrich, Sie kommen auch noch dran, aber später.

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Klimawandel ist eine der großen Herausforderungen, die wir in unserem Zeitalter regeln müssen. Entsprechende Anstrengungen sind erforderlich. Ich darf nur an den Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur erinnern.

Der Klimawandel, meine Damen und Herren, ist ein wichtiges Thema. Die Anforderungen müssen in Nordrhein-Westfalen erfüllt werden. Frau Ministerin Thoben hat es deutlich gemacht.

Aber, meine Damen und Herren, der Klimawandel ist auch ein weltweites Problem. Deswegen ist es notwendig, dass wir ein Nachfolgeabkommen für Kyoto bekommen. Das Kyoto-Abkommen läuft im Jahre 2012 aus. Ich hoffe, dass die Klimakonferenz in Posen entsprechende Ergebnisse bringt. Diese Konferenz ist sehr wichtig. Ich hoffe auf einen erfolgreichen Abschluss der Verhandlungen.

Meine Damen und Herren, beim Thema Klimapolitik geht es zum einen um unsere Energiepolitik. Aber es geht natürlich auch um die Folgen des Klimawandels. Wir brauchen eine Anpassung an die nicht abwendbaren Folgen des Klimawandels sozusagen als zweites Standbein im Rahmen unserer Klimapolitik.

In Nordrhein-Westfalen gibt es einige konkrete Beispiele, woran man deutlich machen kann, wie sich der Klimawandel schon ausgewirkt hat. Ich darf erinnern an „Kyrill“, an die 16 Millionen Festmeter Holz, die vor zwei Jahren im Sauerland zu Fall gekommen sind, an die 25 Millionen Bäume, die im ganzen Land entwurzelt wurden. Ich darf erinnern an die Starkregenereignisse, die mit immer größerer Geschwindigkeit zunehmen. Es ist noch nicht lange her: Im Juli haben in der Stadt Dortmund solche Starkregenereignisse stattgefunden, wodurch viele Menschen sehr stark geschädigt und belastet wurden.

Das alles hängt, meine sehr verehrten Damen und Herren, mit einem Anstieg der Durchschnittstemperatur und einer deutlichen Zunahme der Niederschlagsmenge pro Jahr zusammen. Der Klimawandel hat große Auswirkungen auf die Forstwirtschaft, auf die Landwirtschaft, auf die Wasserwirtschaft, hier insbesondere auf den Hochwasserschutz.

Die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen hat eine Anpassungsstrategie auf den Weg gebracht. Die Naturschutzverbände auf europäischer Ebene haben uns bestätigt, dass in diesem Zusammenhang noch kein anderes Bundesland so weit ist wie Nordrhein-Westfalen.

(Beifall von Christian Weisbrich [CDU])

Mein Ministerium bearbeitet derzeit eine umfassende Anpassungsstrategie für Nordrhein-Westfalen, indem wir uns nicht nur mit den Städten beschäfti

gen, sondern auch mit den Sektoren wie Landwirtschaft und Wasserwirtschaft, aufbauend auf unseren bisherigen Erkenntnissen über die Klimafolgen. In dieser Anpassungsstrategie werden sowohl Leitlinien für unsere künftige Politik als auch die notwendigen regional- und sektorspezifischen Strategien zur Anpassung an den Klimawandel in unserem Land enthalten sein.

Ich lade Sie alle schon jetzt sehr herzlich zu unserer großen Konferenz hier im Landtag am 29. April 2009 ein, wo wir diese Anpassungsstrategie vorstellen werden.

Viele Gefahren, die von der Klimaerwärmung ausgehen – Hochwasser, Hitzewellen und Waldbrände –, machen nicht halt an regionalen und nationalen Grenzen. Daher benötigen wir die Kooperation über unsere regionalen Grenzen hinaus. Wir sind auf überregionale Anpassungskonzepte angewiesen.

Zurzeit hat Nordrhein-Westfalen ja den Vorsitz der ENCORE-Arbeitsgruppe zum Klimawandel. ENCORE bedeutet Umweltkonferenz der europäischen Regionen. Dort tausche ich mich mit meinen europäischen Kollegen zu Fragen rund um die Themen Klima und Umwelt aus. Neben Deutschland sind auch Österreich, Italien, die Niederlande, Spanien, Schweden und Finnland mit verschiedenen Projekten vertreten.

Ich werde im Herbst des nächsten Jahres zu einem internationalen Symposium nach Nordrhein-Westfalen einladen. Das Thema wird lauten: Regionale Anpassung an den Klimawandel in den Regionen Europas.

Beim Klimaschutz ist derzeit insbesondere das Thema „CO2-Emissionen aus Pkw“ im Blickpunkt. Meine Damen und Herren, rund ein Viertel der CO2Emissionen kommen aus dem Verkehr. Davon geht die Hälfte auf das Konto der Pkw. In Brüssel wurde am 1. Dezember bei den Verhandlungen über die Verordnung zur Verringerung der CO2-Emissionen von Pkw ein Kompromiss erzielt. Es ist bekannt, dass sich insbesondere die Bundesregierung für die Änderung des ursprünglichen Vorschlags starkgemacht und erreicht hat, dass die CO2-Grenzwerte bis 2015 stufenweise eingeführt werden.

Angesichts der Bedeutung der Automobilindustrie in Deutschland habe ich den Kurs der Bundesregierung unterstützt. Ich meine, dass diese Lösung ein wichtiger Baustein im Programm der Beschäftigungssicherung ist. Als Landesumweltminister des bevölkerungs- und PKW-reichsten Bundeslandes setze ich weiter auf das zunehmende Umweltschutz- und Klimaschutzbewusstsein unserer Bürger und deren aktives Engagement beim Erwerb verbrauchs- und damit CO2-armer Fahrzeugmodelle.

Ich habe jüngst auf der Umweltministerkonferenz im November in Speyer meinen Ministerkollegen vorgeschlagen, dass wir nunmehr mit Nachdruck die

längst überfällige CO2-basierte Kfz-Steuer bei der Bundesregierung einfordern. Wir haben dies bereits auf der Sonderumweltministerkonferenz in Düsseldorf im Frühjahr 2007 gefordert. Die Bundesregierung hat bis heute noch kein Gesetz vorgelegt.

Sie sehen, verehrte Kolleginnen und Kollegen: Nach meiner Auffassung muss Klimapolitik mehrere Elemente enthalten. Auf der einen Seite brauchen wir umfangreiche Klimaschutzmaßnahmen, um massiv Treibhausgase einzusparen und den Klimawandel zu begrenzen. Wir brauchen aber auch Maßnahmen zur Anpassung an den sich bereits vollziehenden Klimawandel. Wir sind für diese Herausforderungen in Nordrhein-Westfalen gut aufgestellt, und wir werden unsere Klimapolitik konsequent weiterverfolgen.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Minister. – Für die SPD-Fraktion spricht Herr Abgeordneter Römer noch einmal.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Kolleginnen und Kollegen! Gerade hat uns der Umweltminister des Landes NordrheinWestfalen das Kontrastprogramm zur Wirtschaftsministerin vorgetragen. Herr Uhlenberg wirbt zu Recht für Klimaschutz; aber wenn es ernst wird, tritt die Ministerin auf die Bremse und versucht, den Klimaschutz als Hemmschuh, als Hindernis auf dem Weg zu fortschrittlichen industriellen Produktionsstrukturen darzustellen. Das macht den Unterschied zwischen uns aus, Frau Thoben.

(Lachen von Ministerin Christa Thoben)

Wir begreifen ambitionierten Klimaschutz als Fortschrittsmotor gerade für das Industrie- und Energieland Nordrhein-Westfalen.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Das ist entscheidend, da liegen Chancen – auch bei der Erneuerung des Kraftwerksparks. Der Kollege Priggen hat in diesem Zusammenhang auf die wichtige Frage der Kraft-Wärme-Koppelung und auch die damit verbundene Frage der Abnahme von Wärme hingewiesen.

Weil Sie, Frau Ministerin, immer wieder versuchen, Nebelkerzen zu werfen, will ich die unterschiedliche Behandlung der Industrie- und der Energiewirtschaft in der dritten Handelsperiode noch einmal herausstellen. Wir sind uns in diesem Hohen Hause offensichtlich alle einig, dass es darum gehen muss, unserer energieintensiven industriellen Produktion aus Gründen der internationalen Wettbewerbsfähigkeit auch zukünftig die Möglichkeit zu geben, voll mit kostenlos ausgeteilten CO2-Zertifikaten ausgestattet zu werden. Das eint uns.

Nicht einig sind wir an dem Punkt, wie wir in diesem Zusammenhang mit der Energiewirtschaft umgehen. Dabei haben Sie gerade, Frau Ministerin, auf die Unterstützung der Gewerkschaften hingewiesen. Ich will Ihnen mal aus dem gemeinsamen Positionspapier der IG Metall mit dem Bundesumweltminister die entscheidende Stelle vorlesen:

Die IG Metall und Bundesumweltministerium begrüßen die unterschiedliche Behandlung von Energiewirtschaft und Industrie. Zur Vermeidung von „windfall profits“ in Milliardenhöhe und zur Internalisierung externer Effekte ist die von der Kommission für Strom erzeugende Anlagen vorgesehene

Frau Thoben, hören Sie zu! –

100-prozentige Versteigerung konsequent. BMU und IG Metall unterstreichen in diesem Zusammenhang die hierzu einschlägigen Ausführungen in dem Beschluss des Deutschen Bundestages vom 30. Mai 2008.