Protocol of the Session on January 22, 2015

Das eine ist, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge Kurse zur berufsbezogenen

Sprachförderung anbietet und über die vom BAMF ausgewählten Schulen für Menschen mit Migrationshintergrund im sogenannten ESF-Programm auch finanziert. Die Kurse verbinden zwei Dinge miteinander, nämlich auf der einen Seite natürlich den dringenden Deutschunterricht, aber auf der anderen Seite auch die berufliche Qualifizierung der Teilnehmer und die Möglichkeit - ich glaube, das ist ganz entscheidend -, einen Beruf durch ein Praktikum näher kennenzulernen. Dieses Programm richtet sich vor allen Dingen natürlich an

Menschen mit Migrationshintergrund, die dem Arbeitsmarkt in Zukunft zur Verfügung stehen würden.

Der zweite Teil ist die Möglichkeit der Teilnahme an sogenannten Integrationskursen, die ebenfalls vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge angeboten werden, aber dann in Zusammenarbeit mit den Ausländerbehörden, dem Bundesverwaltungsamt, Kommunen, Migrationsdiensten und Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Diese Integrationskurse haben zwei wesentliche Bestandteile: 600 Stunden Sprachkurs und zusätzlich ein Orientierungskurs, der 60 Stunden umfasst. Dort sind alle Migrantinnen und Migranten mit Aufenthaltserlaubnis teilnahmeberechtigt.

Insofern gibt es also eine Reihe von Angeboten. Die Agentur für Arbeit fördert zusätzlich Angebote diverser Träger zur beruflichen Bildung, und Bestandteil dieser Bildungsmaßnahmen kann auch ein Sprachförderungsanteil sein. Ich denke, dass es ganz entscheidend sein wird, beides miteinander zu verbinden: die sprachliche Integration, aber auch die Perspektive auf echte berufliche Integration.

(Zustimmung bei der SPD und von Helge Limburg [GRÜNE])

Vielen Dank, Herr Minister. - Ihre zweite Zusatzfrage stellt jetzt Frau Dr. Andretta, SPD-Fraktion.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor dem Hintergrund, dass wir im vergangenen Jahr erstmals mehr junge Menschen hatten, die ein Studium begonnen haben, als Menschen, die eine duale Ausbildung aufgenommen haben, frage ich die Landesregierung, wie die Maßnahmen zur Steigerung der Attraktivität der dualen Ausbildung konkret aussehen.

(Zuruf von Björn Försterling [FDP])

Danke schön. - Für die Landesregierung hat wiederum der Wirtschaftsminister das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Andretta, ich glaube, dass Sie einen ganz wichtigen Kernpunkt, den wir

nicht nur beim Thema Arbeitsmarkt, sondern eher gesellschaftlich diskutieren müssen, ansprechen, nämlich: Welche Wertschätzung erfährt die duale Ausbildung in unserer Gesellschaft? - Wenn wir das mit anderen europäischen Ländern vergleichen, stellen wir fest, dass in vielen Ländern die Akademisierung in sehr starkem Maße zugenommen hat und sich der Stellenwert der Fachkraft daran orientiert, ob ein akademischer Abschluss vorliegt.

Ich denke, dass wir gut beraten sind festzustellen, dass der starke wirtschaftliche Erfolg, den wir in Deutschland erzielt haben, auf dem Grundfundament einer starken dualen Ausbildung basiert und dass wir genau deshalb auch diese starke duale Ausbildung in unserem Land weiter stärken sollten.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN sowie Zustimmung von Mechthild Ross-Luttmann [CDU])

Um das fest in den Blick zu nehmen, ist ein ganz entscheidendes Handlungsfeld in dem Fachkräftebündnis mit den 13 Handlungsfeldern das „Bündnis Duale Berufsausbildung“, das von meiner Kollegin Frauke Heiligenstadt aus dem Kultusministerium heraus organisiert wird und bei dem es vor allem darum geht, den Übergang von der Schule zum Beruf zu gestalten. Also: Wie kann ich den Übergang von der Schule zum Beruf, Berufsorientierung, mit der Zielsetzung gestalten, diese Berufsorientierung nicht nur dort zu geben, wo wir sie kennen, nämlich in den Hauptschulen, Realschulen, Oberschulen oder Gesamtschulen, sondern auch dort, wo sie ebenfalls notwendig ist, und zwar in den Gymnasien, wie kann ich auch dort den jungen Menschen eine Chance auf Orientierung, sei es in Richtung Studium, sei es in Richtung Beruf, geben?

Es gibt einen weiteren Aspekt: Wir müssen die duale Ausbildung auch absichern. Deswegen habe ich vor Kurzem mit den Präsidenten der niedersächsischen Handwerkskammern einen Besuch in Brüssel gemacht, um auch in Brüssel noch einmal deutlich zu machen: Deutschland will die duale Ausbildung sichern. Gerade mit Blick auf das Handwerk muss damit auch die Meisterpflicht gesichert werden.

Eine ganze Reihe von Maßnahmen soll also auch in Zukunft die duale Ausbildung stärken. Unsere gesellschaftliche Aufgabe wird es sein - da sind wir alle selber gefragt -, unsere Kinder und die, die wir kennen, davon zu überzeugen, dass duale Ausbildung etwas Gutes ist. Duale Ausbildung ist keine

Sackgasse. Sie ist die Chance einer echten beruflichen Perspektive mit jeder Möglichkeit der Weiterentwicklung.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Minister. - Die nächste Zusatzfrage stellt Kollege Gerd Ludwig Will, SPD-Fraktion.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage die Landesregierung vor dem Hintergrund des für Migranten nach wie vor geltenden Territorialprinzips, inwieweit die Bundesanstalt für Arbeit inzwischen auch landesweit systematisch Vermittlungen in die Arbeitsmärkte vornimmt.

Danke schön. - Herr Minister Lies!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Vermittlung von Arbeitsuchenden mit Migrationshintergrund ist und wird zunehmend eine Kernaufgabe der örtlichen Jobcenter und Agenturen für Arbeit.

Zudem - das ist das Entscheidende über das Regionale hinaus - gibt es aber ein besonderes Angebot der Bundesagentur für Zuwanderungsinteressierte, die Zentrale Auslands- und Fachvermittlung, ZAV. Die ZAV bietet wiederum ein breit gefächertes Informationsangebot für Zuwanderungsinteressierte. Sie bietet die Anwerbung von Auszubildenden und Fachkräften in Engpassberufen aus Drittstaaten sowie - das ist auch entscheidend - die Beratung und Vermittlung von ausländischen Absolventen deutscher Hochschulen an. Darüber hinaus - das ist, denke ich, der ganz entscheidende Faktor, wenn wir wollen, dass wir attraktiv sind - unterstützt die ZAV die Netzwerkarbeit zur Entwicklung einer wirklichen gemeinsamen Willkommenskultur. Nur wenn es uns gelingt, diese Willkommenskultur deutlich zu machen, haben wir die Chance, attraktiv für Migrantinnen und Migranten zu sein, die in unser Land kommen.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Minister. - Die nächste Zusatzfrage kommt vom Abgeordneten Holger Heymann, SPD-Fraktion. Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage die Landesregierung, wie denn bei regionalen Arbeitsmärkten auch eine regionale Mobilität sichergestellt werden kann.

Danke schön. - Herr Minister Lies, bitte sehr!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das ist - dies vorausgeschickt - entscheidend. Wenn wir die Mobilität der Arbeitsuchenden wirklich fördern wollen, müssen wir ihnen auch eine Perspektive geben, diese Mobilität zu erreichen. Das ist oft für Menschen, die nicht im Erwerbsleben stehen, sondern möglicherweise länger arbeitslos waren und die finanziellen Rahmenbedingungen nicht haben, eine ganz große Herausforderung. Deswegen können nach § 44

SGB III Arbeitsuchende, die von Arbeitslosigkeit bedroht sind, oder Arbeitslose aus dem Vermittlungsbudget der Agentur für Arbeit bei der Anbahnung oder der Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung gefördert werden.

Die Förderungsmöglichkeiten sind vielfältig. Unter anderem gibt es die Möglichkeit der Förderung, um vom Wohn- zum Arbeitsort zu gelangen, die Möglichkeit, den beruflichen Wohnungswechsel zu fördern, die Möglichkeit der Gewährung von Reisekosten und Fahrtkosten, die Möglichkeit - das muss man, glaube ich, immer wieder dazu sagen - der Finanzierung des Erwerbs des Führerscheins der Klasse B - das kann für viele sehr interessant sein -, die Möglichkeit, doppelte Haushaltsführung zu unterstützen oder aber - das könnte am Ende auch das Ergebnis sein - den Umzug wegen auswärtiger Arbeitsaufnahme weiter voranzutreiben und zu unterstützen.

(Beifall bei der SPD - Unruhe)

Danke schön, Herr Minister. - Ich wäre dankbar, wenn jetzt in der zweiten Reihe der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen der Gedankenaustausch abgebrochen würde und wir uns überall im Hause, auch

auf der Regierungsbank und an der Regierungsbank, auf die Fragestunde konzentrierten. - Weiter geht es! Es folgt jetzt eine Zusatzfrage des Kollegen Mustafa Erkan, SPD-Fraktion. Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage die Landesregierung: Wie wird die Integration von Langzeitarbeitslosen in den Arbeitsmarkt verbessert?

(Zustimmung bei der SPD)

Danke schön. - Herr Minister Lies!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Beschäftigungsentwicklung der letzten Jahre in Niedersachsen hat zu einer deutlichen Verbesserung der Arbeitsmarktlage geführt. Das darf man, glaube ich, vorweg sagen. Damit haben wir auch eine deutliche Verringerung der Arbeitslosenquote erzielt. Was wir aber erleben, ist, dass jene, die kürzere Zeit arbeitslos sind, leichter in den Arbeitsmarkt zurückfinden als die, die schon längere Zeit arbeitslos sind. Das zeigt sich an den Zahlen.

Natürlich ist die Zahl der Arbeitslosen im Vergleich zum Jahr 2008 deutlich zurückgegangen. Aber der Anteil dieser Arbeitslosen beträgt immer noch mehr als ein Drittel, d. h. wir haben immer noch einen hohen signifikanten Anteil. Wenn man es nur ökonomisch betrachten würde, würde man sagen: Das ist ein ungenutztes Fachkräftepotenzial, das wir stärker und besser in die Gesellschaft integrieren müssen.

Deswegen ist es unsere besondere Herausforderung, Maßnahmen zur Verbesserung der Arbeitsmarktfähigkeit, also der Wiederintegration in den Arbeitsmarkt, und der Qualifizierung zu fördern. Dabei steht für uns eine betriebsnahe Qualifizierung besonders im Fokus.

Ich denke, man darf sagen, dass es in den vergangenen Jahren eine Vielzahl von Maßnahmen gegeben hat, deren Abschluss am Ende nicht sichergestellt hat, dass wirklich eine Integration in den Arbeitsmarkt stattgefunden hat, sodass oft mit dem Ende der Maßnahme die nächste Phase der Zeit der Arbeitssuche und die nächste Phase der Maßnahmen gekommen ist. Deswegen brauchen wir bessere Konzepte, die längerfristig greifen, und

diese müssen in starkem Maße an den Betrieben orientiert, also arbeitsmarktnah sein.

Wir wollen - als Beispiel - die Aktivierung arbeitsmarktferner Personengruppen zur Vorbereitung einer Qualifizierung und die Entwicklung entsprechender Qualifizierungsmaßnahmen für Langzeitarbeitslose und dabei insbesondere auch ganz individuelle Angebote fördern. Es wird keinen Standard geben, der auf alle übertragbar ist. Wir wollen vor allen Dingen Unternehmen dafür gewinnen, mehr Langzeitarbeitslosen eine Beschäftigungschance zu geben; denn insoweit ist bei den Unternehmen noch ein Hemmnis vorhanden. Möglicherweise wird aber der Fachkräftebedarf erheblich dazu beitragen, dass sich das verbessert. Und wir wollen erneute Arbeitslosigkeit durch stabilisierende Nachbetreuung vermeiden.

Lasse Sie mich eine Gruppe erwähnen, bei der das beispielhaft schon sehr gut funktioniert. Das ist die Gruppe der 25- bis 35-Jährigen. Bei ihnen reden wir in vielfältiger Form schon von jungen Menschen, die längere Zeit ohne Arbeit sind. Bei ihnen zeigt sich das deutlich. Wir müssen sie erreichen, wir müssen sie qualifizieren, möglichst mit einer dualen Ausbildung. Denn nur wenn sie eine berufliche Qualifikation haben, haben sie eine Perspektive, auch langfristig in der Beschäftigung zu bleiben. Das wird entscheidend sein.

Deswegen werden wir ganz konkret für arbeitslose und erwerbsfähige Leistungsberechtigte in der neuen Förderperiode 2014 bis 2020 - das ist die direkte Landesebene - eine Richtlinie zur Förderung von Maßnahmen zur Qualifizierung und Arbeitsmarktintegration erarbeiten, und darüber hinaus unterstützen wir als Landesregierung das Programm der Bundesagentur für Arbeit, das ESFBundesprogramm zur Eingliederung langzeitarbeitsloser Leistungsberechtigter nach dem SGB II auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Minister. - Die nächste Zusatzfrage kommt aus der Fraktion der CDU. Kollege Heiner Schönecke, bitte sehr!

Herr Präsident! Meine Damen, meine Herren! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Ich frage die Landesregierung, ob sie in der Lage ist, dem Hohen

Haus eine Liste der zehn niedrigsten Regionen vorzulegen bzw. sie uns hier mündlich zu erklären.

(Filiz Polat [GRÜNE]: Was?)

- Was die Arbeitslosigkeit anbetrifft!