„Unruhestifter sind Leute, die nicht akzeptieren wollen, dass man in Ruhe einfach so weitermacht wie bisher. Unruhegeist ist ein demokratisches Elixier. Er ist der Spirit einer Zivilgesellschaft.“
In diesem Sinn, liebe Schülerinnen und Schüler, liebe Kommilitonen, rufe ich euch aus dem Niedersächsischen Landtag zu: Lasst uns Unruhestifter sein! Habt Mut! Tretet in den Ausstand! Geht auf die Straße, macht die Bildungsdemonstrationen zu den größten, die dieses Land je gesehen hat.
Meine Damen und Herren! Herr Ministerpräsident, Frau Ministerin Heister-Neumann, Sie verdienen heute - es fällt mir wirklich nicht leicht, das zu sagen - meinen größten Respekt: So viele Menschen in Niedersachsen auf die Straße zu bringen, wie Sie es seit einem Jahr gegen Ihre Schulpolitik schaffen, das muss Ihnen erst einmal einer nachmachen.
Eine Schulpolitik zu machen, bei der große Teile Ihrer Fraktion die Flucht ergreifen, das habe ich hier auch noch nicht erlebt.
Wenn der Protest in Niedersachsen so richtig stark ist, dann knicken Sie nicht ein, Herr Wulff, nein, dann setzen Sie noch einen drauf. Der Unmut bei den Teilzeitanträgen reicht Ihnen nicht, auch nicht der bei den Lehrerarbeitszeitkonten. Nein, Sie wollen auch noch die Vollen Halbtagsschulen kaputt machen und die Gesamtschulen mit dem Turboabi zerschlagen. Was wird Ihnen wohl als nächstes einfallen?
(Karl-Heinz Klare [CDU]: Wenn Sie so weitermachen, geht der Letzte auch noch raus! - Heiner Bartling [SPD]: Wer herausgeht, muss auch wieder hereinkommen!)
Bundesweit gehen in dieser Woche Schülerinnen und Schüler, Studentinnen und Studenten auf die Straße und streiken für bessere Bildung. Aber in Niedersachsen hat das Motto „Die Bildung geht baden“ eine ganz besondere Bedeutung.
Gute Bildung beginnt bei den ganz Kleinen in den Kindertagesstätten. Aber hierbei bleiben wir in Niedersachsen seit Jahren bundesweit Schlusslicht.
In der Grundschule haben unsere Kinder noch immer 20 Wochenstunden weniger als in Bayern. Das entspricht fast einem ganzen Schuljahr.
Kostenlose Bildung und volle Lernmittelfreiheit wollen die demonstrierenden Schülerinnen und Schüler und Studenten. Niedersachsen schafft die Lernmittelfreiheit ab, bringt ein teures Mietmodell ein und führt Studiengebühren ein. Mehr Zeit für Bildung ohne Turboabitur wollen sie. Niedersachsen will die Turbobildung auch den Gesamtschulen aufzwingen.
Kleinere Klassen und mehr Lehrer fordern die Schülerinnen und Schüler. Richtig. In Niedersachsen verspricht Herr Wulff im Jahr 2008 kleinere Klassen, und im Jahr 2009 macht er sie größer. Und statt die nötigen Studienkapazitäten in der Lehramtsausbildung auszubauen, werden sie sogar in Mangelfächern noch abgebaut. Dann stellt sich die Ministerin hier hin und jammert, sie finde keine Lehrkräfte für Latein und Physik. Ja, wenn man vorher nicht für die Ausbildung sorgt, dann fallen die nicht vom Himmel. Was hat denn eigentlich Herr Stratmann sechs Jahre lang gemacht, dass sie die immer noch nicht haben?
Statt einer Schule ohne Auslese sieben Sie aus und trennen Sie. Sie verwehren damit wissentlich und vorsätzlich den schwächeren Schülerinnen und Schülern die für sie möglichen Bildungsfortschritte, und das finde ich skandalös.
So sieht die Realität inzwischen in Niedersachsen aus, und deshalb gehen heute, morgen und in den nächsten Tagen Tausende von Schülerinnen und Schülern und Studierenden auf die Straße. Zu Recht, finde ich. Unsere grüne Unterstützung haben sie.
Ich möchte hier aus einer Pressemitteilung des Landesschülerrates kurz zitieren. Der Vorsitzende des Landesschülerrates hat gestern veröffentlicht - ich zitiere- :
„Die Landesregierung und die Kultusministerin wollen nicht einsehen, dass ihre Politik falsch ist. Nachdem alle parlamentarischen und politischen Möglichkeiten ausgeschöpft sind, bleibt uns Schülerinnen und Schülern nur das Mittel der Demonstration, um nochmals deutlich zu machen, dass wir diese Politik nicht mehr akzeptieren werden.“
Recht haben sie. Genau das müssen sie machen. Wir von unserer Grünen-Fraktion sind stolz darauf, dass Schülerinnen und Schüler, dass junge Leute auf die Straße gehen, für ihr Recht auf bessere Bildung eintreten und hier demonstrieren. Wir wünschen ihnen viel Erfolg.
(Beifall bei den GRÜNEN - Karl-Heinz Klare [CDU]: Es wäre gut, wenn Sie ein bisschen objektive Aufklärung ma- chen würden!)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zuerst einmal begrüße ich, dass bundesweit das Thema Bildung wieder mehr in den Mittelpunkt gerückt ist. Wir nehmen die Demonstranten ernst, soweit es den Demonstranten wirklich um eine Verbesserung der Bildung geht.
Aber wir sehen es sehr kritisch, wenn die Eltern und die Schülerinnen, denen es um bessere Bildung geht, von Leuten, denen es nur um Ideologie, Parteipolitik und andere Dinge geht, instrumentalisiert werden und hier ein Bildungsstreik auf den Weg gebracht wird.
Es passt einfach nicht, meine Damen und Herren, wenn man für mehr Bildung auf die Straße geht und gleichzeitig zur Demonstration während der Unterrichtszeit aufruft und deswegen Unterricht ausfallen muss. Auf der anderen Seite wird dafür gekämpft.
Herr von Danwitz, Sie sprachen von Menschen, denen es nur um Parteipolitik geht. Ich wollte Sie fragen, ob Sie den Internetauftritt der Initiative „CDU-Wähler für mehr Gesamtschulen“ kennen und ob das auch für diese Gruppe gilt.
Frau Helmhold, wir nehmen alle Initiativen ernst, wir beschäftigen uns damit, aber wir beschäftigen uns sachlich damit und rufen nicht zu Krawallmacherei auf.
dass einige die Demonstration nutzen, um ideologische Ziele wie die Zerschlagung des dreigliedrigen Schulsystems auf den Weg zu bringen. Wer im Rahmen der Demonstration zu fingierten Banküberfällen auffordert, dem geht es nicht um bessere Bildung, dem geht es um Krawall, und dies können wir nicht unterstützen.
Vielen Eltern ist überhaupt nicht klar, zu welchen Aktionen ihre Kinder während der Demonstration aufgefordert werden. Wir halten diese Vorgangsweise für unverantwortlich.
Mit diesem linksgerichteten Bildungsstreik wird leider die Chance vertan, nach dem Bildungsgipfel, initiiert durch unsere Bundeskanzlerin, wirklich an Maßnahmen zu arbeiten,