Protocol of the Session on September 16, 2004

hier vor wenigen Monaten gesagt worden ist. Ich dachte nicht, dass ich das wiederholen muss.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Noch einen Satz: Steuerhinterziehung billigt die FDP in keiner Weise.

(Zurufe von der SPD: Was?)

Ich persönlich ebenfalls nicht.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Wir leben hier in einem Rechtsstaat, und wir wünschen, dass die rechtlich vorgegebenen Rahmenbedingungen eingehalten werden. Diese Rahmenbedingungen taugen zurzeit aber nichts. Deshalb wird es Zeit, dass wir uns darum kümmern, dass sie geändert werden.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Die Hinweise von Herrn Aller darauf, dass es sich hier um eine Gerechtigkeitsdebatte handelt, teile ich in vollem Umfang. Wir müssen diese Gerechtigkeitsdebatte führen. Aber ich weigere mich jedoch, diese Gerechtigkeitsdebatte immer häppchenweise zu führen. Wir brauchen nicht jede Woche eine neue Steuersau im Dorf. Wir brauchen nur einmal eine vernünftige Steuerreform.

(Starker, anhaltender Beifall bei der FDP und bei der CDU - Zurufe von der CDU - Unruhe)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn Sie sich beruhigt haben, möchte ich einem Mitglied der Landesregierung das Wort erteilen. Zu Wort gemeldet hat sich Herr Finanzminister Möllring. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Aller, es geht nicht darum, dass wir keine Steuern erheben wollen; denn wir erheben jetzt schon die Erbschaftsteuer. Im Zusammenhang mit der Frage danach, ob die Erbschaftsteuer verfassungsgemäß ist, geht es einzig und allein darum, mit wie viel Prozent die unterschiedlich hohen Vermögen anzusetzen sind. Das ist die Frage. Das muss nach Artikel 3 durch das Bundesverfassungsgericht abgesegnet werden. Ich habe die Zahlen hier vorhin genannt. Sie lauteten 72, 56, 17 und 10 oder so ähnlich. Diese Zahlen sind außer

ordentlich krumm und vom Bundesfinanzhof als verfassungswidrig festgestellt worden. Ich sage: wahrscheinlich auch vom Bundesverfassungsgericht. - Deshalb ist es sinnvoll, zunächst einmal die Richtlinien des Bundesverfassungsgerichtes abzuwarten, die Klarheit darüber geben werden, wie welches Vermögen später zu bewerten ist. Man kann ein Stück Forst in der Heide nicht genau so mit 100 % seines Vermögenswertes der Erbschaftsteuer unterlegen wie ein Geschäftshaus in Hannovers City. Es gibt da einen Unterschied. Das eine ist ganz anders zu verwerten als das andere. In dem einem Fall würde bei gleicher Erbschaftsteuer das Vermögen sofort vernichtet, in dem anderen Fall ist es vielleicht in einiger Zeit zu zahlen.

Noch eines zu Ihnen, Herr Wenzel: Es klappt im Märchen, wenn man mit der Faust auf den Tisch haut oder wie Rumpelstilzchen fest auf den Boden auftritt. Rumpelstilzchen konnte aus Stroh Gold spinnen. Das ist richtig. Mit Blick auf die Steuergesetzgebung nützt es aber nichts, wie Rumpelstilzchen rumzuspringen, sondern wir müssen uns an die Verfassung halten. Deshalb gehen wir diesen ruhigen Weg. Sie wissen: Rumpelstilzchen ist ganz böse geendet. Das sollten Sie bei der Gesetzgebung bedenken.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe damit die Beratung. Wir kommen zur Abstimmung.

Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen und den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen damit ablehnen will, den bitte ich nunmehr um ein Handzeichen. - Gegenstimmen! - Stimmenthaltungen? - Ich stelle fest, dass der Beschlussempfehlung des Ausschusses gefolgt worden ist.

Ich rufe jetzt auf

Tagesordnungspunkt 22: Einzige (abschließende) Beratung: Für ein soziales, demokratisches und starkes Europa - Antrag der Fraktion der SPD Drs. 15/1032 Beschlussempfehlung des Ausschusses für Bundes- und Europaangelegenheiten und Medien - 15/1249 - Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 15/1994

Die Beschlussempfehlung lautet auf Ablehnung. Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen. Damit kann ich sogleich die Beratung eröffnen. Zu Wort gemeldet hat sich zunächst der Herr Kollege Plaue von der SPD-Fraktion. Bitte schön, Herr Plaue!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn man mit dem Ergebnis der Europawahl, die erst vor wenigen Monaten stattgefunden hat, einmal ganz ehrlich umgeht, dann sieht man, dass sie zumindest für die großen Volksparteien in Europa kein Erfolg gewesen ist. Je nachdem, in welchem Land sie an der Regierung waren, sind sie von den Wählerinnen und Wählern mehr oder minder abgestraft worden.

(David McAllister [CDU]: Wir haben in Niedersachsen gut abgeschnitten!)

- Ja, Herr Kollege, genau das ist Ihre Perspektive. Niedersachsen ist für Sie Europa. Das ist das Pepita, das gestern Ihrem Bildungsminister vorgeworfen worden ist. Sie können nicht über den Tellerrand hinausschauen. Das ist Ihr Problem, Herr Kollege.

(Beifall bei der SPD - Widerspruch bei der CDU)

Sie sollten sich wieder beruhigen, Herr Kollege. Ich jedenfalls sage aus der Sicht eines Mitglieds der SPD-Fraktion, das natürlich auch in der Bundespolitik seine Erfahrung gemacht hat,

(Zurufe von der CDU)

dass uns weder das Ergebnis noch vor allen Dingen die Wahlbeteiligung bei einem so wichtigen Wahlgang befriedigen kann. Schließlich reden wir alle immer darüber, dass das Europaparlament mehr und mehr Einfluss auf die tagtägliche Lebensgestaltung unserer Bürgerinnen und Bürger hat und in Zukunft bekommen wird. Verfassungs

diskussion hin, Verfassungsdiskussion her, wir alle wissen um die normative Kraft des Faktischen. Wenn es der Politik nicht gelingt, den Menschen draußen klar zu machen, dass sie sich um die große Bedeutung Europas Gedanken zu machen und sich darauf einzulassen haben, dann werden die Länderparlamente und wir als Politiker unsere Einflüsse verlieren. Das sollte nicht unser Ziel sein, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Nach dieser Wahl können und sollten wir uns über grundlegende Fragen der europäischen Politik miteinander unterhalten. Das war Ziel dieses Antrags. Jedoch ist die Art und Weise, wie dieser Antrag im Ausschuss behandelt worden ist, geradezu lächerlich und macht deutlich, dass die Regierungsfraktionen hier in Niedersachsen mit Europapolitik offenkundig nichts am Hut haben.

(Zustimmung bei der SPD - Werner Buß [SPD]: Das stimmt!)

Wir müssen sowohl zur Frage der europäischen Verfassung - man kann dazu unterschiedlicher Auffassung sein, Herr Kollege McAllister; man sollte es dann nur offen und sachlich miteinander austragen - als auch zu der Frage, in welche Richtung sich die Schwerpunkte der europäischen Politik entwickeln, eine breite Diskussion führen und eine Antwort finden. Das ist die eigentliche Problematik, das ist der Druck, unter dem europäische Politik steht. Stattdessen hat Ihre Partei, Herr Kollege McAllister, über Wahlkampf diskutiert und die inhaltliche Debatte verweigert. So weit ist die große Europapartei CDU schon verkommen.

(Beifall bei der SPD)

Herr Kollege Plaue, gestatten Sie zwei Zusatzfragen des Kollegen Möhrmann und der Frau Kollegin Merk?

Selbstverständlich.

Bitte schön, Herr Möhrmann!

Herr Kollege Plaue, wie empfinden Sie es denn, dass die für Europapolitik zuständige Staatskanzlei

weder durch einen Staatssekretär noch mit einem Mitarbeiter, noch durch den Ministerpräsidenten bei der Debatte vertreten ist?

Herr Kollege Möhrmann, genau das ist das Problem, über das wir hier diskutieren. Die rechte Seite dieses hohen Hauses nimmt das wichtige Thema Europa nicht wahr. Das ist das Ergebnis, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD - Friedrich Kethorn [CDU]: Da ist doch völliger Humbug!)

- Wenn Sie, Herr Kollege, „völliger Humbug“ dazwischenrufen, dann sage ich Ihnen: Die Art und Weise, wie Sie die Repräsentanz Niedersachsens in Europa in den letzten eineinhalb Jahren organisiert haben, war nicht dazu angetan, das Ansehen Niedersachsens in Brüssel und in Straßburg zu stärken. Ich will nicht alles pauschal verunglimpfen. Der Ministerpräsident hat sich in viele Dinge hineingekniet. Aber es ist eben ein Unterschied, ob man sich als Fachminister diesem speziellen Thema widmet oder als Ministerpräsident, der Überflieger über viele Bereiche ist. Darunter leidet die niedersächsische Repräsentanz, und das ist zum Nachteil unseres Landes, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Zuruf von der CDU: Sie haben Wahr- nehmungsschwierigkeiten, Herr Plaue!)

Herr Kollege Plaue, entschuldigen Sie bitte, wenn ich unterbreche. Zunächst einmal möchte ich auf die Frage des Kollegen Möhrmann seitens des Präsidiums klarstellen, dass Frau HeisterNeumann in Vertretung des Ministerpräsidenten,

(Zuruf von der SPD: Wo ist er denn?)

der entschuldigt ist - das wurde gesagt -, an der Debatte teilnimmt.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Ab 17 Uhr ist er entschuldigt!)

Jetzt kommt die Frage von Frau Merk, die Sie ebenfalls zugelassen hatten.

Wenn ich es richtig verstanden habe, Frau Präsidentin, haben Sie jetzt nachgeschoben, dass sich der Herr Ministerpräsident entschuldigt hat. Herzlichen Dank! Die Frage stellt sich nämlich sehr wohl. Bisher war Frau Ministerin Heister-Neumann noch nie in unserem Ausschuss, und wir wissen auch nicht, dass es hier eine Vertretung gibt.

Ich möchte Herrn Plaue nur fragen, ob ihm bekannt ist, dass die Staatskanzlei des Ministerpräsidenten für Europaangelegenheiten zuständig ist.

Herr Plaue!

Das ist mir bekannt. Und als Antwort auf die Frage des Kollegen Möhrmann: Ich habe vorhin schon kommentiert, dass Frau Heister-Neumann jetzt da ist und der Debatte folgt.

(Zuruf von der CDU. Sie war die gan- ze Zeit da!)