Protocol of the Session on May 27, 2004

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage die Landesregierung, ob sie nach der sehr eindeutigen Darstellung der Abfolge durch die Kollegin Seeler auch in Zukunft die Absicht hat, einstimmige Beschlüsse des Landtages zu negieren?

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Herr Minister Busemann für die Landesregierung!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Bartling, selbstverständlich befolgt die Landesregierung Beschlüsse des Landtages.

(Axel Plaue [SPD]: Das sehen wir ja gerade! - Wolfgang Wulf [SPD]: Das haben wir eben gerade nicht festge- stellt!)

Eine Zusatzfrage stellt der Abgeordnete Hagenah.

Herr Minister, habe ich Ihre Antwort, dass erst fünf Monate des Haushaltsjahres abgelaufen seien, richtig verstanden, wenn ich davon ausgehe, dass die Missachtung des Parlaments auch aus Ihrer Sicht dann eintritt, wenn die übrigen sieben Monate vergehen, ohne dass der Haushaltsführungserlass aufgehoben wird?

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Herr Minister Busemann für die Landesregierung!

Herr Präsident! Herr Kollege, ich teile Ihre Einschätzung nicht.

(Beifall bei der CDU - Heidrun Merk [SPD]: Unglaublich! - Zuruf von der SPD: Nur noch peinlich! - Weitere Zu- rufe von der SPD)

Eine Zusatzfrage stellt die Abgeordnete Frau Harms.

Ich frage die Landesregierung, ob sie es vor dem Hintergrund der volksverhetzenden Äußerungen von Herrn Hohmann, ausgesprochen problematischen Äußerungen von Herrn Bregulla - immer noch CDU-Mitglied -, ausgesprochen ausländerfeindlichen Äußerungen eines ehemaligen CDUMitglieds, Bürgermeister in Wolfsburg, und den Solidaritätsbekundungen aus den Reihen der Jungen Union und der CDU gegenüber diesen Herren,

(Bernd Althusmann [CDU]: Frage!)

die es in den letzten Monaten gegeben hat, für verantwortlich, ausreichend sensibel und klug hält, nun als CDU-geführte Landesregierung

(Bernd Althusmann [CDU]: Ist das jetzt eine Frage oder nicht?)

die Mittel für politische Bildung, was die Aufklärung bezüglich Rechtsradikalität und Ausländerfeindlichkeit angeht, in diesem Umfang zu kürzen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Meine Damen und Herren, Frau Harms hat ihre Ausführungen mit den Worten „Ich frage die Landesregierung“ begonnen. Das war eindeutig eine Frage. - Herr Minister Busemann!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Harms, Sie haben einige Namen und das genannt, was damit zu verbinden ist. Das macht uns schon Sorge. Es ist mir völlig klar, dass diesbezüglich reichlich Aufklärungs- und Präventivarbeit zu leisten ist. Lassen Sie mich, um die ganze Palette anzusprechen, noch auf das hinweisen, was z. B. Herr Öger, der noch am Sonntag mit einigen von uns auf der Bundesversammlung war, gesagt hat und was auch einen frauenfeindlichen Hintergrund hat. Das stimmt schon sorgenvoll.

(Beifall bei der CDU - Zuruf von der CDU: Kandidiert der nicht irgendwo?)

Aber wir müssen aufgrund des Gesamtauftrages, den wir haben, auch überlegen, wie wir dem gerecht werden. Ich habe die ganze Palette dessen, was wir in den Schulen machen, aufgezählt. Wir haben hier aufgezählt, was der Innenminister

macht und was die Justizministerin macht, und, und, und. Wenn Sie das in diesen ganz großen Rahmen stellen, dann könnte man beinahe auch zurückfragen, ob man denn meint, dass das Thema mit 300 000 Euro im Bereich der Landeszentrale für politische Bildung so herum oder anders herum abgedeckt ist. Insoweit habe ich gewisse Zweifel. Im großen Ziel sind wir uns aber einig.

(Beifall bei der CDU - Silva Seeler [SPD]: Darum geht es doch gar nicht! Das war eine Frechheit! Dann erhö- hen Sie doch die Mittel!)

Ihre zweite Zusatzfrage stellt die Abgeordnete Frau Harms.

Ich frage die Landesregierung, ob es dann, wenn es in diesem Haus immer wieder darum gegangen ist, eine Einstimmigkeit gegenüber Tendenzen rechtsextremer Art oder ausländerfeindlicher Art herzustellen, nicht auch angemessen ist, die Einstimmigkeit, die in Bezug auf die Finanzierung dieser politischen Bildungsarbeit in demselben Zusammenhang hergestellt worden ist, zu respektieren.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Herr Minister Busemann für die Landesregierung!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Harms, es ist immer gut, wenn es bei der Bewältigung wichtiger Aufgaben im Parlament, auch in diesem Hause, Konsens gibt. Wir haben bekanntlich vor einiger Zeit den Antrag gegen Rechts, gegen Ausländerfeindlichkeit beraten. Ich meine aber nicht, dass er konkrete Zahlen enthielt, sodass man uns auf ein bestimmtes Haushaltsverhalten festlegen kann. Ich würde sagen: Wir sollten den Haushaltsvollzug für dieses und die Haushaltsberatungen für das nächste Jahr abwarten. Vielleicht klärt sich dann das eine oder andere im besten Sinne.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Axel Plaue [SPD]: Ein bisschen Par- lamentslyrik darf es ja sein, konkret darf es aber nicht werden!)

Herr Abgeordneter Jüttner für eine Zusatzfrage!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage die Landesregierung: Von welchem Datum ist denn der Haushaltsführungserlass, der dazu geführt hat, dass trotz Zusage am 3. März die Zahlung am 4. März nicht erfolgt ist?

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Herr Minister Busemann für die Landesregierung!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Von wann der Haushaltsführungserlass stammt, kann ich jetzt auf Anhieb nicht sagen.

(Oh nein! bei der SPD)

Es mag sein, dass er aus der Zeit vor dem März stammt. Die Konkretisierung, in welche Titel des Ministeriums bzw. des Ministers die Haushaltsreferate eingreifen, war jedenfalls nach der Zusammenkunft im Kuratorium.

(Heiner Bartling [SPD]: Das ist uner- träglich, diese Arroganz! - Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen für Zusatzfragen zum Tagesordnungspunkt a vor.

Ich rufe auf

b) Integrationsklassen gefährdet! - Schulpolitik auf dem Rücken der Schwächsten? - Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 15/1061

Frau Korter bringt ein.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Unsere dringliche Anfrage trägt den Titel „Integrationsklassen gefährdet! - Schulpolitik auf dem Rücken der Schwächsten?“ Schon heute gibt es viel zu wenig Integrationsklassen, die Kindern mit Behinderungen bzw. verschiedenen Beeinträchtigungen eine Beschulung auf den Regelschulen ermöglichen. Dabei gibt es mit den so genannten Integrationsklassen sehr gute Erfahrungen: Die integrierte Beschulung legt bei Kindern mit besonderem Förderbedarf ungeahnte Potenziale frei. Eltern berichten von Lernfortschritten, die selbst Ärzte und Pädagogen kaum für möglich gehalten hätten. Dies kann nur gelingen, weil sich die Kinder mit Beeinträchtigungen ständig an den anderen Kindern orientieren und diesen nacheifern. Aber auch die Kinder ohne gesundheitliche Beeinträchtigungen profitieren von der integrierten Beschulung. Rücksichtnahme, gegenseitiges Helfen, miteinander Lernen, soziales Verhalten, eine Behinderung als etwas ganz Normales zu begreifen - das sind Dinge, die Kinder in Integrationsklassen ganz selbstverständlich ins Leben mitnehmen.

Jetzt hat die Landesregierung über die Bezirksregierungen u. a. der IGS Göttingen-Geismar und der KGS Clenze mitgeteilt, dass die bislang geltende Möglichkeit, Integrationsklassen an Gesamtschulen mit kleineren Klassen - an der unteren Bandbreite - zu führen, aufgehoben werden soll. Auch in Integrationsklassen sollen künftig 30 Schülerinnen und Schüler betreut werden. Damit wird das pädagogische Konzept der Integrationsklassen infrage gestellt. Lehrkräfte und pädagogische Mitarbeiterinnen, die schon bei 22 Kindern in ganz besonderer Weise gefordert sind, werden einer Zerreißprobe ausgesetzt. Der Förderbedarf der Kinder kann in den zu großen Klassen nicht ausreichend erfüllt werden. In der Konsequenz droht die Neueinrichtung von Integrationsklassen zu scheitern.

Viele Eltern wollen, dass ihre Kinder mit Beeinträchtigungen am normalen Schulleben teilnehmen können - genauso wie in der Freizeit und in der Familie. Hier sollen gerade die Schwächsten ausgegliedert werden - nur weil die Rahmenbedingungen eine Integration nicht zulassen. Wenn irgend möglich, sollten Kinder mit Behinderungen eine Regelschule besuchen können, wenn Eltern und Kind dies wünschen. So sieht es der § 4 des Niedersächsischen Schulgesetzes vor - Schulpolitik muss die Voraussetzungen dafür schaffen.

Wir fragen die Landesregierung:

1. Warum will sie die Größe für Integrationsklassen an Gesamtschulen heraufsetzen?

2. Welche Auswirkungen auf das pädagogische Konzept und die Zahl der neu einzurichtenden Integrationsklassen erwartet die Landesregierung aufgrund dieser Maßnahme - in Göttingen, Clenze und landesweit -?

3. Was will die Landesregierung in Zukunft tun, um die Neueinrichtung von Integrationsklassen an Grundschulen, in der Sekundarstufe I und Sekundarstufe II und ganz besonders an Gesamtschulen zu fördern?

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Herr Minister Busemann für die Landesregierung!