Protocol of the Session on July 11, 2007

Nun zu Ihren Fragen.

Zu Frage 1: Die Feststellung der Staatsanwaltschaft Oldenburg beruht auf einer vor Ort getroffenen Einschätzung. Sie ist durch statistische Zahlen nicht belegt.

Zu Frage 2: Nach dem Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz liegt die Aufgabe, illegale Beschäftigung und Schwarzarbeit zu bekämpfen, bei den Behörden der Bundeszollverwaltung. Wie die Außenstelle Hannover der Abteilung „Finanzkontrolle Schwarzarbeit“ mitgeteilt hat, wird der Zoll auch weiterhin regelmäßig Schwerpunktsonderprüfungen in den Betrieben der Fleisch verarbeitenden Industrie durchführen. Soweit es um Lohndumping und illegale Beschäftigung geht, hat deshalb die Landesregierung aufgrund der Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern keine rechtliche Möglichkeit zur Behebung von Missständen.

In den letzten Jahren hat die Landesregierung ihre Kontrollaufgaben durch die zuständigen Behörden der Gewerbeaufsicht und der Lebensmittelhygiene erfüllt und wird das auch zukünftig tun. Im Zusammenhang mit den in den Medien bereits 2005 erhobenen Vorwürfen zum Lohndumping durch den Einsatz von ausländischen Beschäftigten wurden unter anderem auch Vorwürfe - Sie haben das wiederholt - über Verstöße gegen die Arbeitszeitregelungen und andere Arbeitsschutzmaßnahmen erhoben. Mit den Kontrollen konnte bisher nicht nachgewiesen werden, dass es hinsichtlich des Umfangs und der Schwere Unterschiede zu deutschen Beschäftigten gab. Es bestätigt sich, dass die Bekämpfung des Lohndumpings nicht durch Arbeitsschutzkontrollen, für die das Land zuständig ist, erreicht werden kann. Das Arbeitszeitgesetz verlangt eine Aufzeichnung der Arbeitszeit, die über acht Stunden hinausgeht. Behauptungen, dass diese Grenze in dem von Ihnen genannten Umfang überschritten wurde, lassen sich derzeit praktisch - ich füge hinzu: leider - nicht widerlegen.

Die Abwägung zwischen der Belastung der Betriebe durch aussagekräftigere Arbeitszeitnachweise einerseits und einer besseren Kontrollierbarkeit andererseits wurde vom Bundesgesetzgeber zugunsten der geringeren Belastung der Betriebe entschieden.

Zu Frage 3: Die Unterstellung einer angeblich jahrelangen Untätigkeit ist reines Wahlkampfgetöse und durch nichts belegt. Lohnwucher und Sozialabgabenbetrug - ich sage das zum dritten Mal werden von den Behörden der Zollverwaltung verfolgt und bei Vorliegen des Verdachts einer strafbaren Handlung dann von den Strafverfolgungsbehörden des Landes zur Anklage gebracht. Die Landesregierung geht darüber hinaus ohne Einschränkung davon aus, dass der Zoll in der Verantwortung des Bundesfinanzministers gegen organisierte Strukturen, so sie denn vorhanden sind, mit allen angemessenen Mitteln nachdrücklich vorgeht. Die Landesregierung wird in diesen Fragen weiter im engsten Kontakt mit allen zuständigen Bundesbehörden bleiben.

Vielen Dank, Herr Minister. - Herr Kollege Will hat eine Zusatzfrage. Bitte schön!

Herr Minister, durch die schriftliche Stellungnahme der Staatsanwaltschaft ist deutlich geworden, dass sich das Problem nicht nur verfestigt, sondern sogar noch ausgedehnt hat. Die Gewerkschaft NGG, die wir im Wirtschaftsausschuss ausdrücklich dazu angehört haben, hat darauf hingewiesen, dass die regulären Arbeitsverhältnisse immer mehr gegen Leiharbeitsverhältnisse ausgetauscht wurden.

Vor diesem Hintergrund frage ich Sie:

Wieso hat sich die Situation - wenn Sie so intensiv daran gearbeitet haben - nicht verbessert?

Wissen Sie, wie hoch der Anteil von ausländischen Werkarbeitnehmern in den niedersächsischen Schlachthöfen und Zerlegebetrieben inzwischen ist? Ich frage das auch vor dem Hintergrund der massenhaften Vernichtung von regulären Arbeitsverhältnissen mit deutschen Arbeitnehmern.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank. Das waren zwei Fragen. - Herr Minister!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist leider so: Alles, was vorgetragen wird, sind Vermutungen, die nicht belegt werden können. Ich bedauere das außerordentlich, Herr Kollege Will, weil auch ich das für ein ernstes Problem halte. Aber im Rechtsstaat muss man Beweise und Belege haben; wir können nicht mit Vermutungen arbeiten.

Zu der Zahl der Werkarbeitnehmer kann ich im Moment nichts sagen, weil das einen anderen Bereich betrifft. Nur ganz allgemein: Wir stellen fest - das ist auch in der Presse so berichtet worden; ich unterstreiche das -, dass es den Trend gibt, die polnischen Kräfte durch Rumänen zu ersetzen. Das war als Folge der Erweiterung der EU um Rumänien und Bulgarien absehbar. Deswegen hat, wenn ich das richtig in Erinnerung habe, die SPD-geführte Bundesregierung seinerzeit den Versuch unternommen, das Arbeitnehmer-Entsendegesetz nicht sofort gelten zu lassen. Allerdings musste man im Kompromisswege die Dienstleistungsfreiheit sofort gelten lassen. Mit den Folgen und den Schwierigkeiten, die Abgrenzungen vorzunehmen und die Nachweise zu führen, haben wir heute zu tun.

Die Anzahl der Arbeitnehmer muss ich nachtragen.

Vielen Dank. - Bitte schön, Frau Ministerin!

Zur Anzahl der Beschäftigungsverhältnisse kann ich nichts sagen. Aber ich möchte etwas zur Anzahl der Verfahren ergänzen.

Es hieß, die Anzahl der Verfahren habe sich verfestigt oder sogar ausgeweitet. Dazu ist zu sagen, dass die Anzahl der Verfahrenseingänge in diesem Bereich rückläufig ist. Das heißt aber nicht, um das ganz deutlich zu sagen, dass das nicht beachtet werden müsste; denn die Fälle sind wirklich problematisch. Von 2005 auf 2006 - die Zahlen für 2007 liegen noch nicht vor - hat sich die Anzahl der Verfahren um 329 verringert. - Es ist also nicht so, dass sich das Ganze ausgedehnt hat. Aber das bestehende Niveau spielt für uns schon eine Rolle.

Was die Verbesserung der Maßnahmen anbelangt, hat die Staatsanwaltschaft Oldenburg vorgetragen, dass es sehr hilfreich wäre, im Rahmen des Strafverfahrens andere Möglichkeiten zu haben, z. B. die der Telekommunikationsüberwachung. Die Telekommunikationsüberwachung ist oftmals der einzige Weg, organisierte Strukturen - wenn es sich denn um solche handelt - zu durchleuchten. Insofern könnten wir in der Zukunft sicherlich noch sehr viel erfolgreicher arbeiten, wenn uns diese Hilfsmittel zur Verfügung gestellt würden.

Vielen Dank. - Herr Kollege Hoppenbrock, bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich denke, wir sind uns alle einig: Wenn es im Fleisch verarbeitenden Gewerbe menschenunwürdige Zustände, Dumpinglöhne oder auch kriminelle Machenschaften gibt, dann müssen diese verfolgt und geahndet werden. Ich bin dem Minister dankbar, dass er das bestätigt hat und das in der Zukunft machen wird, wie er es auch in der Vergangenheit schon gemacht hat.

Zur Wahrheit gehört aber auch: Die SPD hat den Antrag Anfang 2005 gestellt. Wir hatten im Wirtschaftsausschuss den Eindruck, dass er relativ lustlos abgearbeitet wurde. Wir haben zunächst eine mündliche Anhörung und dann, im Herbst letzten Jahres, eine schriftliche Anhörung dazu durchgeführt. Daraufhin ist dieser Antrag wieder liegen geblieben. Jetzt, im Vorwahlkampf, scheint das Thema aber wieder wichtig zu werden.

(Zurufe von der SPD)

Ich weiß nicht, ob das redlich ist. Vielleicht liegt es auch daran, dass damals der Bund zuständig war, also Rot-Grün.

Herr Kollege, Ihre eine Minute ist um. Sie müssen jetzt fragen.

Ich frage die Landesregierung: Welche Kompetenzen hat das Land in diesem Zusammenhang? Wie funktioniert die Zusammenarbeit mit den Bundesbehörden?

Vielen Dank. Das waren zwei Fragen. - Jetzt antwortet der Minister.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich will etwas zur Abgrenzung der Zuständigkeiten von Zoll und Gewerbeaufsicht sagen, die beide mit diesem Thema befasst sind.

Der Zoll ist nach § 2 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes zuständig für die Prüfung, ob Sozialleistungen zu Unrecht bezogen werden und ob der Arbeitgeber zu den für Sozialleistungen erheblichen Tatsachen die richtigen Angaben macht. Er ist ferner dafür zuständig, dass Ausländer nicht ohne Erlaubnis beschäftigt werden, und schließlich dafür, dass die Arbeitsbedingungen, wie sie im Arbeitnehmer-Entsendegesetz festgesetzt sind, eingehalten werden. Letztlich ist er für alles zuständig, was mit Schwarzarbeit und illegaler Beschäftigung zusammenhängt.

Die Gewerbeaufsicht ist demgegenüber für den Arbeitsschutz gemäß Arbeitsschutzgesetz zuständig, also für die Überprüfung der Einhaltung der Vorschriften bezüglich Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz. Mit der Prüfung, ob Schwarzarbeit oder illegale Beschäftigung vorliegen, hat sie nichts zu tun.

Die Kompetenzen sind also klar getrennt: Das Land ist für den Arbeitsschutz zuständig und der Bund für alle Fragen, die mit illegaler Beschäftigung und Lohndumping zusammenhängen.

Diese Kompetenzaufteilung, meine Damen und Herren, ist aber gar nicht das Problem. Ich lasse mir auch nicht vorwerfen, dass ich dem Bund den Schwarzen Peter zuschiebe. Ich lasse allerdings auch nicht zu, dass er mir zugeschoben wird.

Wir sind in diesem Zusammenhang vielfach auf Vermutungen angewiesen; Vermutungen werden in vielen Bereichen angestellt. Diese Vermutungen lassen sich aber nicht mithilfe der Instrumente belegen, die dem Bund und dem Land zur Verfügung stehen. Da dem Land insofern auch in Zukunft keinerlei Kompetenzen zuwachsen werden - das ist und bleibt eine Sache des Bundes, selbst wenn das Instrumentarium ausgeweitet wird -, rege ich an, dass Sie Bemühungen unterstützen, die

darauf abzielen, den Bundesbehörden wirksamere Instrumente an die Hand zu geben.

In einem Bericht der hannoverschen Außenstelle des Zolls an das Bundesfinanzministerium vom 10. Juli heißt es ausdrücklich, dass die Zusammenarbeit mit Niedersachsen bei der Bekämpfung möglicher illegaler Beschäftigung, von Schwarzarbeit und Leistungsmissbrauch begrüßt wird.

Vielen Dank, Herr Minister. - Frau Kollegin Heiligenstadt, bitte schön!

Herr Präsident, ich darf mit Ihrer Erlaubnis kurz aus dem Schreiben der Staatsanwaltschaft zitieren:

„Die Anzahl der Verfahren mit Verdacht auf illegale Arbeitnehmerüberlassung, Beitragsvorenthaltung und Betrug zum Nachteil der Sozialversicherung sowie Lohnwucher hat sich 2006/2007 auf hohem Niveau stabilisiert.“

Ich finde es schon ein bisschen merkwürdig, dass die zuständige Ministerin sagt, die Zahlen seien rückläufig, wenn die eigene Staatsanwaltschaft eine andere Aussage trifft. Die Staatsanwaltschaft vor Ort wird die Verfahren ja wohl noch zählen können. - Das als Vorbemerkung.

Ich frage die Landesregierung vor dem Hintergrund des gleichmäßig hohen Anteils solcher Verfahren: Wie groß ist der Schaden, der der Sozialversicherung und dem Fiskus dadurch entsteht?

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin. - Herr Minister, bitte!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Heiligenstadt, was Sie hier vorgetragen haben, hat auch der Kollege Will schon zitiert. Er hat jedoch hinzugefügt, dass in der Stellungnahme der Staatsanwaltschaft ebenfalls steht:

„Statistisches Zahlenmaterial gegliedert nach Jahren liegt für die Staatsanwaltschaft Oldenburg nicht vor.“

In der Stellungnahme steht: „auf hohem Niveau stabilisiert“. Meine Damen und Herren, eine solche Aussage bezieht sich immer auf die Entwicklung in der Vergangenheit. Die Zahlen über die Entwicklung in der Vergangenheit liegen auf dem Tisch: Es sind 0,5 Promille aller Fälle.

Die Staatsanwaltschaft Oldenburg hat eine Vermutung geäußert. Wir nehmen das gerne zur Kenntnis. Wenn das den Tatsachen entsprechen würde, würde ich aber erwarten, dass es entsprechende Vorstöße gibt. Aber darauf mag die Justizministerin noch einmal eingehen.

Die Ausfälle für den Fiskus sind mir in der Summe nicht bekannt. Ich weiß auch gar nicht, ob sie einmal irgendwo ermittelt worden sind. Die Ausfälle für den Fiskus sind aus meiner Sicht aber auch nicht das Kernproblem. Uns alle bewegt doch viel mehr die Frage, ob am Arbeitsplatz menschenunwürdige Zustände herrschen. Das wollen wir feststellen. Aber die Instrumente, die uns dafür zur Verfügung stehen, liefern uns keine Beweise.

Vielen Dank. - Herr Kollege Hagenah, bitte schön!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Was Herr Minister Hirche hier vorträgt, spiegelt aus meiner Sicht ein erschreckendes Muster seines Hauses wieder. Das ist ein Dreiklang aus Nichtwissen, Nichtverantwortlichkeit und Nichthandeln. Das sind die drei Glaubenssätze des niedersächsischen Wirtschaftsministers, der schließlich auch für die Arbeitsmarktpolitik zuständig ist.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)