Herr Minister, ich frage Sie: Wie bewerten Sie die Aussage des Präsidenten des Bundesamtes für Strahlenschutz, Herrn König, dass ein entschädigungsfreier Ausstieg aus dem Projekt nur noch möglich sei, wenn fachliche Einwände dagegen sprächen und er mit solchen nicht dienen könne?
Herr Präsident! Frau Zachow, ich kann hier nicht zu irgendwelchen Zitaten Stellung nehmen, die Sie von Herrn König einbringen. Er hat sich in der letzten Wochen augenscheinlich mehrmals in öffentlichen Veranstaltungen und Pressegesprächen geäußert. Die Berichte, die ich darüber gelesen habe, sind eher widersprüchlich; die Frage ist, ob das von ihm so gemeint war. Sie müssten ihn also selber fragen, wie er das meint.
Aus unserer Sicht ist das, was die Frage der Entschädigungsfreiheit angeht, eindeutig. Ich habe vor einigen Wochen - ich hoffe, ich finde das jetzt - in der Beantwortung einer Frage von Herrn Schwarzenholz folgendermaßen formuliert: Nach übereinstimmender Auffassung des Bundes und des Landes dürften im Falle einer sachlich begründeten Ablehnung des Antrags auf Planfeststellung keine Erstattungsansprüche entstehen. Gleiches muss nach Auffassung der Landesregierung für eine sachlich begründete Antragsrücknahme bei veränderten konzeptionellen Annahmen oder Grundlagen aufseiten des Bundes gelten. Hierzu hat der BMU jedoch keine Aussagen gemacht. - Das ist die Realität.
Herr Minister, vertritt die Landesregierung nach wie vor die Auffassung, dass Niedersachsen die Genehmigung von Schacht Konrad wegen fehlender Planrechtfertigung eigentlich verweigern müsste?
Darüber hinaus interessiert mich, ob diese Haltung, die früher auch von dem ehemaligen Ministerpräsidenten und heutigen Bundeskanzler Schröder geteilt worden ist, über die Gespräche im Bundesumweltministerium hinaus auch gegenüber dem Bundeskanzler und anderen Mitgliedern der Bundesregierung - z. B. gegenüber Frau Bulmahn vertreten worden ist. Ich frage das deshalb, weil Gespräche mit dem Bundeskanzler auch deshalb wichtig wären, weil er derjenige ist, der das Thema Schacht Konrad in den Konsensverhandlungen bearbeiten soll. Also: Hat die Niedersächsische
Zunächst zur Planrechtfertigung: Im Sommer 1997 hat das Umweltministerium in Hannover einen Bescheidentwurf erarbeitet, der ablehnenden Charakter hatte, und diesen dem BMU vorgelegt mit der Bitte, ihn weiter zu bearbeiten. Daraufhin hat das Bundesumweltministerium eine Weisung dahin gehend erteilt, dass Fragen der Planrechtfertigung im Genehmigungsverfahren Schacht Konrad von der Planfeststellungsbehörde nicht berücksichtigt werden dürfen.
Im Anschluss daran hat das Umweltministerium dem in einem sehr langen inhaltlichen Schreiben mit Datum vom September 1997 in der Sache widersprochen, gleichwohl gegenüber der Aufsichtsbehörde BMU aber festgestellt, dass dem Land trotz des inhaltlichen Widerspruchs auf der Grundlage der Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts vom April 1991 nichts anderes übrig bleibt, als die Weisung zu beachten, die da heißt, Fragen der Planrechtfertigung im Verfahren nicht zu berücksichtigen.
Ich habe sowohl in dem bundesaufsichtlichen Gespräch am 1. Oktober letzten Jahres in Berlin als auch wenige Wochen später in einem Schreiben an Herrn Trittin noch einmal deutlich gemacht, dass diese Position des Niedersächsischen Umweltministeriums, die auch durch Beschlüsse des Landtags inhaltlich gedeckt wird, auch heute noch die Position der Landesregierung ist, sodass deshalb vor dem Hintergrund der bestehenden Weisungen die politische Meinung des Landtags und des Landeskabinetts zurzeit leider keinen Eingang in das Genehmigungsverfahren finden kann. Ich habe Herrn Trittin mitgeteilt, dass ich für den Fall, dass er die Weisung zurücknimmt, aufgrund mangelnder Planrechtfertigung einen negativen Planfeststellungsbescheid in Arbeit geben würde.
Ich habe das auch deshalb getan, um öffentlich deutlich zu machen, dass - was bedauerlich ist politische Meinung und Verhalten der Planfest
stellungsbehörde im Verfahren auseinander fallen können. Ich bedauere dies, kann als Landesminister aber nichts daran ändern, weil Atomrecht ausschließlich Bundesrecht ist.
Das Einzige, was irritiert, ist der in der Öffentlichkeit von Berlin aus suggerierte Eindruck, dass diese Weisung keinen Bestand hätte. Ich habe allerdings noch keinen kompetenten Juristen gefunden, der diese Meinung bestätigt hat. Das ist sozusagen einer der Konfliktpunkte, die in der Öffentlichkeit nur begrenzt nachvollzogen werden können, die aber im Rechtsstaat vor allem dann zu einem Problem werden, wenn sich Politik dramatisch ändert und die rechtlichen Konsequenzen noch nicht hinreichend angepasst worden sind.
Nun zu Ihrer zweiten Frage: Natürlich hat die Landesregierung in den letzten Monaten in zahlreichen Gesprächen mit Mitgliedern der Bundesregierung darauf hingewiesen, welches die Belange des Landes Niedersachsen sind - Landtagsbeschluss, Meinung der Landesregierung - und welche Vorstellungen wir zum Thema Schacht Konrad haben. Mir ist dort signalisiert worden, dass es ernsthafte Bestrebungen gibt, das Thema Schacht Konrad in die Konsensverhandlungen mit einzubeziehen.
Ich will nicht verkennen, dass dies aufgrund des Anspruchs der Bundesregierung, den Ausstieg entschädigungsfrei zu organisieren, nicht ganz einfach ist, weil von der Energiewirtschaft Vorleistungen erbracht worden sind. Vor diesem Hintergrund begrüße ich die Bemühungen der Bundesregierung, dieses Thema in die Konsensgespräche mit einzubeziehen, wenngleich ich nicht der Meinung bin, dass es dort gelingen wird, sämtliche Belange Niedersachsens durchzusetzen. Ich bin aber froh darüber, dass sich die Frage der Zukunft der Atomwirtschaft nicht auf die Frage von Restlaufzeiten reduziert, sondern dass auch das genauso wichtige Thema Entsorgungskonzept dort inzwischen einen größeren Stellenwert bekommen hat.
Herr Minister, Bundesumweltminister Trittin behauptet in seinem Schreiben vom 14. Februar an das Umweltschutzforum in Salzgitter, dass hin
„Die Argumentation der Planfeststellungsbehörde kann nicht überzeugen, zumal sie bis heute trotz meiner Aufforderung keine rechtliche Begründung geliefert hat, warum gemessen an den gesetzlichen Bestimmungen die Planrechtfertigung nicht gegeben sein soll.“
Herr Schwarzenholz, ich kann diese Aussage nicht nachvollziehen, weil dem BMU ein Schreiben des Niedersächsischen Umweltministeriums vom September 1997 vorliegt, das ungefähr 40 Seiten umfasst und diese Frage bis ins letzte Detail ausführlich darstellt, und weil ich in meinem Schreiben vom November letzten Jahres ausdrücklich darauf hingewiesen habe, dass dieses Schreiben des Niedersächsischen Umweltministeriums damals nicht einmal beantwortet worden ist und von uns daher immer noch als richtig angesehen wird. Deshalb ist diese Position überhaupt nicht nachvollziehbar.
Herr Minister, Sie haben eben über entschädigungsfreie Nichtgenehmigungen spekuliert, will ich einmal sagen. Können Sie hier sachliche Gründe anführen, die es rechtfertigen würden, Schacht Konrad nicht zu genehmigen?
Herr Kollege, ich habe schon deutlich gemacht, dass große Teile des Genehmigungsverfahrens abgearbeitet worden sind und der Antragsteller in vielen sachlichen und technischen Detailfragen die rechtlichen Voraussetzungen erfüllt, die eine Genehmigung rechtfertigen würden. Das ist überhaupt keine Frage.
Zu einem geordneten Genehmigungsverfahren gehört aber auch die Frage des Bedarfs. Diese wird im Rahmen der Planrechtfertigung geprüft. Das ist im Übrigen - wenn ich das als Nichtjurist richtig sehe - Bestandteil des normalen Verwaltungsverfahrensrechts. Ich gehe zumindest davon aus, dass dem so ist; andernfalls werde ich sicherlich gleich noch belehrt.
Ungewöhnlich ist, dass der BMU durch Frau Merkel im Jahr 1997 - durch andere Weisungen aber auch - in das normale Genehmigungsrecht, wie es in Deutschland üblich ist, eingegriffen hat, indem bestimmte Tatbestände aus dem Verfahren ausgeklammert worden sind.
Ich habe in den letzten zwei Jahren deutlich gemacht, dass neben der Frage der Planrechtfertigung auch andere noch offene Fragen nicht die rechtliche Relevanz bekommen könnten, dass sie eine Versagung der Genehmigung rechtfertigen. Das ist der Stand der Debatte, die ja auch öffentlich geführt worden ist. In einer zentralen Frage sind die Genehmigungsvoraussetzungen nach meinem Eindruck aber noch nicht gegeben, sodass ich als Planfeststellungsbehörde daran gehindert bin, diesen ansonsten üblichen Teil des - -
- Planrechtfertigung! Ich kann Ihnen dieses 40 Seiten umfassende Papier gern zur Verfügung stellen, in dem das sorgfältig ausgearbeitet worden ist. Sie haben dieses Papier, einige andere Kolleginnen und Kollegen von der CDU aber vielleicht nicht, weil ja nicht jeder in den letzten Jahren Spezialist für Schacht Konrad geworden ist.
- Nein, Sie bekommen das zur Verfügung gestellt. Alles liegt auf dem Tisch. Alles ist zwischen den Behörden hinreichend diskutiert worden. Dieser Teil ist durch Weisung jedoch ausgeklammert worden. Wir dürfen ihn nicht ins Genehmigungs
Die Planfeststellungsbehörde - das sage ich Ihnen auch deutlich zu Ihrer Eingangsbemerkung - spekuliert nicht über die Ablehnung eines Antrags oder die Zustimmung zu einem Antrag, sondern hat im Rahmen des bestehenden Rechts zu entscheiden. Erteilte Weisungen verändern und beeinflussen das gegebene Recht.
Herr Minister Jüttner, habe ich Sie richtig verstanden, dass Herr Trittin nur die Weisung ändern müsste und Sie dann ablehnen könnten?
Das, Herr Möllring, ist in der Tat der Beratungsstand. Ich habe Herrn Trittin sinngemäß schriftlich mitgeteilt: Für den Fall, dass Sie die Weisung zur Planrechtfertigung zurückziehen, gebe ich die Erarbeitung eines negativen Planfeststellungsbescheides in Auftrag.
Herr Minister, da es ja nicht Herr Trittin, sondern der frühere Ministerpräsident und jetzige Bundeskanzler war, der hier mit uns für eine Antragsrücknahme und gegen eine Planrechtfertigung gestimmt hat, frage ich Sie: Welche Verabredungen haben Sie mit dem Bundeskanzler zu Schacht Konrad im Zusammenhang mit den laufenden Energiekonsensverhandlungen getroffen?