Herr Minister, wie beurteilt die Landesregierung die Auffassung des VW-Aufsichtsratsvorsitzenden Klaus Liesen, der im Februar öffentlich erklärt hat, er halte seinerseits das VW-Gesetz für verzichtbar? Wie beurteilt die Landesregierung die Problematik, die offenbar Herrn Liesen, aber auch Herrn Pischetsrieder umtreibt, dass insbesondere ein höher Börsenwert des Unternehmens vor einer feindlichen Übernahme schützen würde und dass das VW-Gesetz nach Auffassung des VW-Konzerns einer solch hohen Börsennotierung entgegensteht?
Herr Präsident! Erstens. Herr Abgeordneter Golibrzuch, Sie haben auf mich immer den Eindruck eines Abgeordneten gemacht,
- das hat etwas mit der Antwort zu tun, beruhigen Sie sich -, der alles sehr intensiv und sehr gründlich macht, also immer gut vorbereitet hierher kommt. Diesmal ist ihm leider ein Fehler unterlaufen. Herr Liesen hat seine Äußerung zurückgezogen, weil er falsch zitiert wurde. Es tut mir Leid.
Zweitens. Sie haben den Zusammenhang mit dem hohen Börsenwert und der Meinung von Herrn Pischetsrieder hergestellt: Hohe Börsenwerte sind Spekulationsgeschichten. Das wissen Sie so gut wie ich. Der Börsenwert selbst sagt nur bedingt etwas über den Wert eines Unternehmens aus. Von daher gibt es auch nur einen bedingten Zusammenhang, der hier hergestellt wurde. Wenn Sie einen dauerhaft hohen Börsenwert haben, der nicht spekulationsbedingt ist, dann stellt natürlich ein hoher - möglicherweise ein sehr hoher - Preis einen gewissen Schutz gegen die Übernahme dar. Es ist richtig, der Kurs von VW liegt heute bei 55 Euro. Das ist ein ordentlicher Kurs. Das ist ein Marktwert des Unternehmens von 40 Milliarden DM oder 20 Milliarden Euro. Das Unternehmen hat erreicht, dass es diese Strategie zumindest schrittweise zum Erfolg gebracht hat.
Herr Minister, ich möchte zurückkommen zu den Konsequenzen aus dem EuGH-Urteil und möchte Sie fragen: Gibt es mit den goldenen Aktien vergleichbare weitere Handelshemmnisse in den Mitgliedstaaten der EU?
Golden shares und vergleichbare Einrichtungen und Rechtsregelungen gibt es europaweit in unterschiedlicher Form. Einmal sind es die golden shares. Es gibt Regelungen mit Mehrfachstimmrech
ten, es gibt Schachtelkonstruktionen, Sondervollmachten, eine Fülle von Konstruktionen, die alle das eine Ziel haben, einen letztendlich beherrschenden Einfluss des Staates auf bestimmte Unternehmen zu sichern. Bei VW gibt es so etwas nicht. Ich sage das noch einmal in aller Deutlichkeit. Es gibt so etwas weder rechtlich über golden shares oder ähnliche Konstruktionen noch inhaltlich.
Herr Minister, Sie haben in Ihren Eingangsausführungen eine Rechtsauffassung dargestellt, die zum Ausdruck bringt, dass das EuGH-Urteil auf die Situation bei VW nicht anzuwenden ist. Ich frage Sie: Welche politisch relevanten Kräfte in Europa vertreten nach Ihrer Kenntnis eine andere Rechtsauffassung, und mit welcher Vorgehensweise durch diese Kräfte rechnen Sie?
Ich weiß nicht, ob der Ausdruck „politisch relevante Kräfte“ zutrifft. Aber die Frage, welche Kräfte in Europa - das können auch starke Kräfte sein - das betreiben, kann ich Ihnen gerne beantworten. Das ist zuvörderst die Europäische Kommission. Allerdings - jetzt kommt die Verbindung zu den anderen Fragen, die wir schon behandelt haben - gibt es eine ganze Reihe von wichtigen Staaten in Europa, die aus unterschiedlichen Interessen eine andere Meinung vertreten als die Kommission; z B. die drei beklagten Staaten, aber auch andere. Ich habe nicht den Eindruck, dass die Kommission ihren Richtlinienentwurf mehrheitlich durch den Rat wird bringen können. Wir - Niedersachsen und die Bundesrepublik Deutschland bzw. die Bundesregierung - wollen jedenfalls das Unsrige dafür leisten, dass wir im Rat, der letztendlich bestimmt, eine Mehrheit gegen den Kommissionsentwurf erhalten. Sollte uns das nicht gelingen - auch daran muss man denken -, geht es zunächst
Meine Damen und Herren, damit ist die zweite Frage beantwortet. Wir kommen zu der dritten Dringlichen Anfrage:
c) Desaster bei den Landesfinanzen - Landesrechnungshof verweigert Entlastung Anfrage der Fraktion der CDU - Drs. 14/3483
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Lage der niedersächsischen Finanzen ist katastrophal. Allerorten werden von der Landesregierung ungedeckte Schecks auf die Zukunft ausgestellt. Der Jahresabschluss 2001 schließt mit einem Defizit von mehr als 600 Millionen Euro ab, welches in 2002 und 2003 ausgeglichen werden muss, ohne dass die Landesregierung benennen könnte, wie. Im Gegenteil: In ihrer Not kündigt sie unverhohlen die rechtswidrige Verteilung des Fehlbetrages auf weitere Folgejahre an. Hinzu kommen 653 Millionen Euro Mindereinnahmen auf der Grundlage der Steuerschätzung für den laufenden Haushalt sowie weitere Mindereinnahmen in den Folgejahren von 246 bis 449 Millionen Euro. Außerdem sind erhebliche Mehrausgaben zu erwarten aus Schulgesetznovelle, erhöhten VBL-Kosten, den Tariferhöhungen im öffentlichen Dienst und und und - ein einziges Desaster. Der Landesrechnungshof empfiehlt, der Landesregierung die Entlastung für das Haushaltsjahr 2000 nicht zu erteilen - ein einmaliger Vorgang in der Landesgeschichte und ein Zeichen dafür, wie sehr diese Landesregierung abgewirtschaftet hat. Die kommunalen Finanzen liegen darnieder, nachdem sich das Land in den vergangen Jahren durchschnittlich mit über 400 Millionen Euro zulasten der Kommunen bedient hat.
1. Wie beurteilt sie die Tatsache, dass der Landesrechnungshof das Nichtvorliegen der Voraussetzungen für eine Entlastung der Landesregierung für das Haushaltsjahr 2000 feststellt?
2. In welcher Höhe sind für die Landesregierung zusätzliche, noch nicht budgetierte Ausgaben und/oder Mindereinnahmen für den laufenden Doppelhaushalt über die im Einleitungstext dieser Anfrage genannten Beträge hinaus erkennbar?
3. In welcher Größenordnung wären die finanziellen Leistungen des Landes an die Kommunen im Rahmen des kommunalen Finanzausgleichs für das Jahr 2002 und 2003 höher, wenn man das kommunale Finanzausgleichsgesetz in seiner Fassung von 1990 in den genannten Jahren zur Anwendung bringen würde?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Diese Dringliche Anfrage verwundert einen doch ein bisschen.
Die CDU-Fraktion hat hier sechs völlig unterschiedliche Sachverhalte vermengt und hat sie dann in der Überschrift zu der Dringlichen Anfrage mit der Formulierung „Landesrechnungshof verweigert die Entlastung“ verbunden.
Damit soll wohl suggeriert werden, der Landesrechnungshof habe sich zu allen sechs Punkten geäußert und habe dann auch noch festgestellt, die Entlastung sei der Landesregierung nicht zu erteilen.
Das ist Stil der CDU-Fraktion, das ist Stil der Opposition. Damit kann man im Prinzip sehr gut leben. Für mich ist dies aber auch ein Hinweis darauf, dass Sie verfassungsrechtlich nicht im Bilde sind. Der Rechnungshof kann nicht entlasten. Er kann einen Vorschlag machen.
Ihnen geht es aber auch gar nicht um die Aufklärung des Sachverhalts, sondern Ihnen geht es darum, in der Öffentlichkeit eine Stimmung zu erzeugen bzw. eine Wahrnehmung zu konstruieren, die suggeriert, der Rechnungshof sei sozusagen Ihr Zeuge der Anklage in der Frage der Staatsfinanzen.
Dass ein Mitglied des Haushaltsausschusses, das sehr wohl weiß, dass der Landesrechnungshof mit dem Haushaltsausschuss das Verfahren vereinbart hat, wie mit der Stellungnahme des Rechnungshofs umzugehen ist, hier einen solchen Vortrag liefert, nehme ich hin, Herr Rolfes. Wahrscheinlich hat man Sie nach vorn geschickt, damit sich nicht andere blamieren.
Der entscheidende Punkt ist aber doch, dass Sie mitbeschlossen haben, dass der Sachverhalt, den der Rechnungshof aufgegriffen hat, im Unterausschuss „Prüfung der Haushaltsrechnungen“ behandelt und erst später endgültig beschieden wird. Das sage ich an dieser Stelle ausdrücklich noch einmal. Sie wollen also so etwas wie ein Vorab-Verfahren organisieren, und zwar in Unkenntnis der tatsächlichen Sachverhalte. Das ist legitim für die Opposition, aber nicht sonderlich klug.
(Coenen [CDU]: Wir sind hier nicht in der Schule! Sie sollen die Fragen beantworten! - Möllring [CDU]: Das kann er nicht! - Wulff (Osnabrück) [CDU]: Wir geben Ihnen noch einmal rechtliches Gehör!)
Wenn Sie schon bei der Frage der Verfassungsmäßigkeit der Entlastung oder Nichtentlastung Probleme haben, dann wäre es vielleicht ganz gut ge
wesen, wenn Sie wenigstens bei der Darstellung der Sachverhalte relativ dicht an der Wahrheit geblieben wären. Auch das haben Sie nicht hinbekommen. Ich möchte das an einigen wenigen Punkten deutlich machen.