Protocol of the Session on June 13, 2002

(Beifall bei der SPD)

Zur ersten Nachfrage Herr Wulff!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vielleicht ist die Landesregierung bereit, zur Kenntnis zu nehmen, dass sich Friedrich Merz nach den EuGH-Entscheidungen gar nicht geäußert hat. Es gibt nicht eine einzige Äußerung. Das hat er mir noch einmal ausdrücklich versichert. Hier ist behauptet worden, er habe sich geäußert, und er habe die Europäische Kommission aufgefordert, aktiv zu werden. Das ist die schlichte Unwahrheit.

(Zustimmung bei der CDU - Rabe [SPD]: Ist das eine Frage, Herr Kolle- ge?)

Meine zweite Vorbemerkung:

Aber gleich fragen!

Herr Lehne hat kein Tätigwerden der Europäischen Kommission gegen das VW-Gesetz gefordert, sondern die Union in Deutschland steht seit dem 21. Juli 1960 zum VW-Gesetz - alle 16 Regierungsjahre der Bundesregierung nach der Unterbrechung und alle Jahre der Landesregierung von 1976 bis 1990. Das gilt bis heute fort.

Dennoch gibt es ein berechtigtes Anliegen des Niedersächsischen Landtages - -

Herr Kollege Wulff, Sie müssen fragen! Das ist keine Aktuelle Stunde.

(Zurufe von der SPD)

Herr Präsident, ich meine, es ist eine Diskussion im Ältestenrat wert, wenn ein Minister sich hier hinstellt und die Opposition fragt, obwohl er dazu kein verfassungsrechtliches Recht hat.

Auch das ist keine Frage!

Wir haben das Recht, Auskunft zu bekommen.

Ja. Nun fragen Sie bitte!

Die Bundesjustizministerin hat vor wenigen Monaten - -

Herr Kollege Wulff, fragen Sie bitte!

Ich frage, ob sich die Landesregierung eine Meinung dazu gebildet hat, dass die Bundesjustizministerin am 26. Februar 2002 50 Regeln für Vorstände und Aufsichtsräte aufgestellt und der Öffentlichkeit bekannt gegeben hat, in denen es wörtlich heißt:

„Jede Aktie gewährt grundsätzlich eine Stimme. Aktien mit Mehrstimmrechten oder Vorzugsstimmrechten (‚golden shares‘) sowie Höchststimmrechte bestehen nicht.“

Welche Auswirkungen hat diese fahrlässige Einlassung der Bundesregierung gegenüber der deutschen Öffentlichkeit auf das VW-Gesetz?

(Beifall bei der CDU)

Herr Minister Senff!

Erstens. Ich betone noch einmal: Niedersachsen hat keine golden shares, Niedersachsen hat keine Vorzugsaktien, in Niedersachsen gibt es eine Stimmrechtsbegrenzung auf 20 %. Die Bundesjustizministerin hat diese Höchstbeschränkung auf 20 %, die nicht auf Einzelaktien begrenzt ist, nach meiner Kenntnis – ich will es gerne noch einmal überprüfen, Herr Wulff – mit ihrem Beitrag nicht gemeint.

(Wulff (Osnabrück) [CDU]: Das ist die Unwahrheit!)

- Das ist eine Behauptung, von der ich gesagt habe, dass ich sie überprüfen werde.

Zweitens. Es gibt einen Beleg - ich versuche, ihn heraussuchen zu lassen - aus dem Tagesspiegel über Herrn Merz, der seine Position deutlich macht.

Drittens. Herr Lehne hat - das darf ich zitieren Folgendes gesagt:

„Die logische Folgerung ist nunmehr, dass auch Stimmrechtsbegrenzung und Höchststimmrechte abgeschafft werden. Die Satzung des Wallenbergoder auch des Volkswagenkonzerns sind jetzt nicht mehr haltbar.“

(Zuruf von der [SPD]: Sehen Sie! - Wulff (Osnabrück) [CDU]: Wo ist die Aufforderung zum Handeln der Kommission?)

Das ist falsch.

(Beifall bei der SPD)

Jetzt fragt Herr Rabe. Danach Herr Wendhausen.

Herr Präsident! Ich verzichte auf die Vorbemerkung zu meiner Frage, sondern ich frage die Landesregierung einfach.

Das ist auch eine Vorbemerkung.

- Okay, erwischt. - Sieht die Landesregierung durch die EuGH-Urteile Auswirkungen auf die Übernahmerichtlinie, die zurzeit von der EU-Kommission vorbereitet wird?

Herr Senff!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Eine Vorbemerkung. Wir unterstützen die Kommission, die für einheitliche Spielregeln am Binnenmarkt kämpft. Damit es klar ist: Wir sind für einheitliche Spielregeln am Binnenmarkt; nicht nur Niedersachsen, auch die Bundesrepublik Deutschland. Das ist ein Kernstück des freien Wettbewerbs und damit auch ein Kernstück unseres Wohlstands. Ich betone das, damit es daran keinen Zweifel gibt.

Wir dürfen allerdings, wenn wir die Frage des Herrn Abgeordneten Rabe beantworten wollen, nicht nur Europa sehen. Wir müssen über unseren europäischen und auch über unseren niedersächsischen Tellerrand hinausschauen. Wir befinden uns nicht nur in Konkurrenz mit europäischen Unternehmen, wir befinden uns im Wesentlichen auch international in Konkurrenz mit amerikanischen und asiatischen Unternehmen. Dort gibt es Bestrebungen, in die Europäische Union massiv auf dem Kapitalmarkt einzusteigen und einzubrechen. Die Regierungen Europas sind nach meiner festen Überzeugung aufgerufen, darauf zu achten, dass sie nicht in eine Zuschauerrolle kommen, sondern

weiterhin industriepolitisch handlungsfähig bleiben.

Insofern, Herr Abgeordneter Rabe, gibt es einen Zusammenhang zwischen dem VW-Gesetz, zwischen dem EuGH-Urteil und Ihrer Frage. Wir befinden uns dabei im Übrigen in Übereinstimmung mit der Bundesregierung, die ihre industriepolitische Handlungsfähigkeit, die industriepolitische Handlungsfähigkeit Europas insgesamt, erhalten sehen will.

(Beifall bei der SPD)

Es folgt Herr Wendhausen! Dann Herr Golibrzuch.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nachdem sich Herr Ministerpräsident Sigmar Gabriel und Herr Finanzminister Hans Eichel eindeutig zum VW-Gesetz bekannt haben, hat Herr Wulff diese Aussage in Wolfsburg noch getoppt. Er will 25 % der Anteile von VW erwerben. Ich würde ihn gerne fragen, wie er das bezahlen will, aber das mache ich nicht.

(Eppers [CDU]: Du musst die Landes- regierung fragen! - Wulff (Osnabrück) [CDU]: Ob sie Vorsorge getroffen hat!)

- Ich frage die Landesregierung, vor welchem Hintergrund die Entscheidung steht, in Hannover den Microbus zu bauen.

(Wulff (Osnabrück) [CDU]: Ab Februar kannst du mich fragen! - Lachen bei der SPD - Zuruf von der SPD: Herr Wulff, wovon träumen Sie nachts?)

Herr Minister Senff!

Diejenigen, die meinen, hier lachen zu dürfen, verkennen,

(Zuruf von den GRÜNEN: Darauf wäre ich im Leben nicht gekommen!)

- aber es ist in Ordnung, ich nehme Herrn Adam mit dazu - dass es hier in der Tat einen wichtigen Zusammenhang gibt. Wir reden auf der einen Seite über Wettbewerbsfähigkeit und soziale Verantwortung und auf der anderen Seite darüber, ob Anleger Anteile des VW-Unternehmens, das sowohl Wettbewerb als auch soziale Verantwortung sichert, wegen dieser Sicherung, wegen dieser besonderen Unternehmenspolitik kaufen wollen. In diesem Zusammenhang sind die 1 500 Arbeitsplätze - 5 000 mal 5 000 - ein Zeichen von sozialer Verantwortung und ein Zeichen dafür, dass man soziale Verantwortung und Wettbewerbsfähigkeit durchaus in Übereinstimmung bringen kann, und ein Zeichen dafür - das belegt der aktuelle VWKurs -, dass auch die Interessen der Anleger berücksichtigt werden können und werden. Von daher gibt es durchaus einen Dreiklang - VW steht dafür -, die Interessen der Anleger zu sichern, die ein Interesse an einem guten Kurs haben, soziale Verantwortung zu sichern und Wettbewerbsfähigkeit auf internationalen Märkten zu sichern.

(Beifall bei der SPD)

Herr Golibrzuch! Dann Herr Nolting.