Protocol of the Session on March 14, 2019

(Zuruf von Thomas Krüger, SPD)

„und es eine Asylpolitik ohne Obergrenze gibt.... Die CDU ist nicht das Eigentum der Funktionäre.“ Zitatende.

(Beifall Christoph Grimm, AfD)

Herr Innenminister, nehmen Sie sich hieran ein Beispiel und geben Sie den gesetzestreuen Bürgern in diesem

Land wieder eine Stimme in der Landesregierung! Die Durchsetzung einer eigenen Abschiebungshafteinrichtung für Mecklenburg-Vorpommern muss so schnell wie möglich im Regierungskabinett beschlossen werden. Und wenn Sie das nicht tun wollen oder nicht tun können, dann werden wir das 2021 tun. – Herzlichen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Heiterkeit bei Peter Ritter, DIE LINKE: Sind Sie dann Bauarbeiter, um eine Zelle zu bauen, oder was?!)

Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 90 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Ums Wort gebeten hat der Minister für Inneres und Europa Herr Caffier.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste!

Zunächst erst einmal, Herr Kramer, dürfte Ihnen ja nicht verborgen geblieben sein, dass die Landesregierung einen Beschluss gefasst hat und dass wir eine Abschiebehafteinrichtung bauen. Dass es in der Natur der Sache liegt, dass das in Deutschland länger dauert, wenn wir bauen, ist auch für die AfD nicht neu. Dass das ein Innenminister bedauert, ist unstrittig, aber wir haben hinreichend, genügend Bauten, bei denen zwischen Idee und Fertigstellung ein gewisser Zeitraum liegt. Das ist auch kein Geheimnis, dass ich es bedauere, dass die Justizminister aller Länder nicht bereit sind, eine Lösung/Übergangslösung zu finden, grundsätzlich, die Abschiebehaftplätze zur Verfügung stellt in den jeweiligen Justizvollzugsanstalten. Das müssen wir zur Kenntnis nehmen. Das ist eine Situation, auf die wir reagieren müssen. Und ja...

(Peter Ritter, DIE LINKE: Weil dort Straftäter sitzen. Das hat einen guten Grund: weil dort Straftäter sitzen.)

Ja, es gibt ja aber durchaus auch Möglichkeiten, bestimmte Einrichtungen zu separieren, um dort gesonderte Möglichkeiten …

(Peter Ritter, DIE LINKE: Das haben wir aus gutem Grund abgeschafft in Bützow.)

Aber es wurde ja hier …

(Peter Ritter, DIE LINKE: Aus gutem Grund!)

Herr Ritter, ich will jetzt keinen Dialog, Sie können ja gerne noch reden.

(Zuruf von Jochen Schulte, SPD)

Wir sollen ja auch kreativ sein, und das habe ich jetzt nur angemahnt, dass ich das durchaus für einen Übergang mit begrüßen würde, aber dass es hier die Betrachtung und es ja auch eine Rechtsprechung gibt, die wir zu berücksichtigen haben.

Ja, das Problem, was im Antrag angesprochen wird, beschäftigt uns nach wie vor. Und ich will auch gerne noch mal darlegen, was wir bereits alles tun, um die Situation hier zu verbessern, aber die Erkenntnis selbst, dass wir hier ein Defizit haben in Deutschland, das ist Schnee von gestern. Bund und Länder arbeiten schon seit Langem an diesem Thema. Insofern werden wir hier Eulen nach Athen tragen, wenn wir das Thema wieder aufrufen.

Aber es bleibt dabei, dass wir in der Frage „Abschiebung“ ein Defizit haben. Wenn es mehr gescheiterte als erfolgreich durchgeführte Abschiebungen gibt, ist und bleibt das ein ernst zu nehmendes Problem, was man nicht wegdiskutieren kann. Ich lehne mich mal ganz weit aus dem Fenster und wage zu behaupten, dass das selbst die Anhänger aller Fraktionen hier so sehen müssten im Parlament, dass das Verhältnis nicht richtig ist. Aber das Problem besteht sicherlich nicht, weil die zuständigen Behörden die Erfahrungen derjenigen nicht kennen, die an vorderster Front für die Einhaltung geltenden Rechts und somit für den Rechtsstaat kämpfen. Insofern sehe ich auch nicht, weshalb eine – ich zitiere mal, Sie haben es ja selber erwähnt – „Anhörung von Personen aus der Praxis“ hier zu irgendwelchem neuen Erkenntnismehrwert führen würde. Das Problem ist weitaus vielschichtiger und hat mit Sachverhalten zu tun, auf die wir zum allergrößten Teil als Land nur minimal oder in vielen Fällen leider sogar keinen Einfluss haben.

Zunächst einmal sind da die Dublin-Fälle, die in Mecklenburg-Vorpommern weit mehr als die Hälfte der zu uns geflüchteten und zugewanderten Menschen ausmachen. Deswegen ist es ja schon wichtig, dass wir einen Großteil dieser Bürgerinnen und Bürger in Stern Buchholz in der Aufnahmeeinrichtung haben, um von dort aus die Rückführungen durchzuführen. Im Übrigen ist ja geplant, dass im Zusammenhang mit der neuen Einrichtung dann auch dementsprechend die Rückführungen mit Begleitung durch die Bundespolizei vorgenommen werden, um eigene Kräfte zu entlasten.

Aber die Dublin-Fälle bleiben grundsätzlich erst mal ein Problem. Wir sind hier auf die Kooperation der Mitgliedsstaaten angewiesen, ob das nun die Dauer des Prüfverfahrens, die Entscheidung, selbst die Kontingente für Busüberführungen oder letztendlich auch die Zustimmung zu Charterflügen betrifft. Selbst dem muss der jeweilige Mitgliedsstaat zustimmen, und ohne Genehmigung vom Charterflug keine Landegenehmigung in dem betreffenden Land, keine Bearbeitung der Einreisenden oder nur ein geringer Anteil. Damit ist uns ja nicht geholfen, wenn sie wieder zurückgeführt werden. Wir sind aber nicht zuständig, sondern in dem Fall die anderen. Ohne dass man was verteilen will. Das ist aber die Rechtslage, und genau das ist eins von vielen der Probleme. Würden wir das Problem der Dublin-Fälle lösen, dann wäre in der Tat extrem viel gewonnen, aber darum geht es ja in dem Antrag derzeit nun mal nicht.

Wichtiger als irgendwelche runden Tische ist im Übrigen auch das Problem der unklaren Herkunft. Das liegt an fehlenden Papieren, mangelnder Kooperation der Herkunftsländer oder eben auch seitens der Flüchtlinge selbst, was die Kooperation und die Mitarbeit betrifft. Zu all diesen Problemen laufen derzeit bereits eine Reihe von Maßnahmen. So hat der Bund zugesagt, sich bei der Passersatzpapierbeschaffung in Zukunft stärker einzubringen beziehungsweise bei den Dublin-Fällen sie selbst

zu übernehmen. Zur konkreten Umsetzung sind Bund und Länder derzeit in Gesprächen. Auch wird sich der Bund bei der Rücküberstellung von Dublin-Fällen verstärkt einbringen. Die Bundespolizei unterstützt bei Flugrückführungen zum Beispiel in Zukunft bei kompletten Chartermaßnahmen. Innen- und Außenministerium führen auch ernsthafte Gespräche zu Rückübernahmeabkommen mit den jeweiligen Herkunftsstaaten, in der Hoffnung, dass wir zu einer Reihe von Abkommen mit den jeweiligen Ländern kommen, was die Rückübernahme betrifft.

Ja, die von Ihnen in Ziffer 2 aufgeworfene Möglichkeit einer Abschiebehafteinrichtung ist eine Facette von vielen bei der Problemlösung, gerade wenn wir von „Untertauchen“ oder von „Renitenz bei Asylbewerbern“ sprechen.

(Nikolaus Kramer, AfD: Fast die Hälfte.)

Aber im Vergleich zu den vorhin bereits genannten Problemfeldern sprechen Sie hier eben nur ein Teilproblem an, das für sich genommen alleine nicht Vollzugsdefizite bei den Abschiebungen lösen wird und auch lösen kann.

Nichtsdestotrotz ist die Landesregierung an diesem Thema dran und hat mit der Absichtserklärung zur Schaffung einer gemeinsamen Abschiebehafteinrichtung in Glückstadt Fakten geschaffen. Mein Haus hat im Vorfeld der Planungen für die Einrichtung in Glückstadt bereits im Januar 2018 den voraussichtlichen Bedarf an Abschiebungshaftplätzen ermittelt, genauso, wie Sie das hier auch fordern. Im Ergebnis gehen wir – Sie nannten das – von einem Bedarf von 20 Haftplätzen aus. Das klingt vielleicht erst mal nicht viel, allerdings werden diese Haftplätze ja auch regelmäßig wieder nachbesetzt. Gehen wir einmal von einer Haftdauer von circa einem Monat aus, was in dem Fall bei Rückführungen derzeit die Realität ist, dann kommen wir auf 240 Haftplätze pro Jahr, vielleicht auch Richtung 300, wenn die durchschnittliche Haftdauer dann bei drei bis vier Wochen liegt, die wird ja wieder nachbesetzt.

Das muss man bei einer Gesamtbetrachtung solcher Plätze immer mitberücksichtigen und kann es nicht auf die reine Faktenzahl 20 beziehen, die ich selbst als Minister zunächst als sehr gering angesehen habe. Aber nachdem ich das auch noch mal so vorgetragen bekommen habe, ist es nachvollziehbar. Und man muss auch so argumentieren, ja, diese Haftplätze sind mehr als nur die reinen 20, statistisch gesehen, weil es ja eine Abschiebehafteinrichtung ist, aus der die Bürgerinnen und Bürger dann in die jeweiligen Länder wieder zurückgeführt werden sollen, und damit die Plätze wieder zur Verfügung stehen.

Natürlich handelt es sich dabei um eine Prognose, aber sie relativiert die zugrundeliegende Zahl der gut 3.000 vollziehbar ausreisepflichtigen Bürgerinnen und Bürger, die wir derzeit haben. Wenn man 3.000 hört, 20 auf der anderen Seite, dann ist man erschreckt, aber wenn man jetzt so die Ausführungen auf die 300 sieht, dann kriegt man natürlich auch eine andere Relation dazu. Bei der Prognose mitberücksichtigt wurde außerdem die geringe Zahl der bundesweit vorhandenen Haftplätze, ebenso wie die Erfahrungen bei der Vergabe dieser Plätze. Ebenfalls wurden Einschätzungen der Ausländerbehörden, der Bundespolizei zum Bedarf und der jeweils zu veranschlagenden Haftdauer zugrunde gelegt.

Deshalb kann ich zusammenfassend nur feststellen, dass der Antrag nicht tauglich ist dafür, die Gesamtsituation zu verbessern, sondern es kann als Verbund, ein Bestandteil der Gesamtmaßnahmen, über die ich gesprochen habe, dann am Ende dazu führen, dass wir hier eine geordnete Rückführung dementsprechend mit Unterstützung der jeweiligen Herkunftsländer erhalten können.

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage...

Ja.

... des Fraktionsvorsitzenden Kramer?

Bitte schön.

Vielen Dank, Herr Minister.

Wenn ich die von Ihnen prognostizierten Zahlen zusammenrechne – und wir gehen mal vom besten Fall aus, 240 bis 300 Personen pro Jahr – und dann die Zahl nehme der gescheiterten Abschiebungen, 4.596 seit 2014, wenn ich das hochrechne, braucht es circa zwölf Jahre, bis diese 4.596 Abschiebungen durchgesetzt worden wären. Meine Frage: Finden Sie 20 Plätze nach wie vor ausreichend, weil das würde bedeuten, wir bräuchten zwölf Jahre, wenn wir jetzt die Grenzen zumachen würden und niemanden mehr in unser Land hineinlassen würden?

Also erstens habe ich gesagt, wir gehen von derzeit circa 3.000 Ausreisepflichtigen aus. Bei 20 Haftplätzen, auf 300 hochgerechnet, ergibt sich zunächst eine andere Ausgangszahl.

(Zuruf von Dr. Gunter Jess, AfD)

Zweitens wissen Sie genau, dass Ihre Frage eine rein theoretische Frage ist, weil Sie ja nicht ständig in der Lage sind, alle diese Bürgerinnen und Bürger in die Hafteinrichtung zuzuführen, weil dazu bedarf es ja der gleichen Maßnahmen wie beim Ausreiseantrag. Sie müssen ihrer auch erst mal im wahrsten Sinne des Wortes habhaft werden, um sie dann auch sozusagen in die Abschiebehaft mit richterlicher Anordnung, mit all dem, was dazugehört, zu bringen.

(Zuruf von Dr. Gunter Jess, AfD)

Also insofern, ich als Innenminister wäre sehr dankbar, wenn wir sehr zügig und schnell in Glückstadt dazu kommen, diese 20 Haftplätze zu haben, weil das ist für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie auch für den Vollzug eine wesentliche Entlastung, und deswegen setze ich alles daran, dieses auch umzusetzen und alles andere.

Wenn die Plätze nicht ausgelastet sind, weil SchleswigHolstein oder andere Länder nicht so viel nehmen, und wir brauchen mehr, dann war es in den zurückliegenden Jahren eine Selbstverständlichkeit, dass wir diese Plätze mitnutzen. Und ich mache ja kein Geheimnis daraus, dass diese Maßnahme eine durchaus sehr kostenintensive Maßnahme ist, und wenn vielleicht auch wieder andere Zeiten kommen, dann muss sich derjenige, der Verantwortung trägt, im Parlament auch wieder rechtfertigen, wieso man so viele leer stehende Plätze hat.

Also insofern, es ist eine Prognose, in der die Faktoren, die ich angesprochen habe, alle eingeflossen sind. Und ich bin optimistisch, dass man da mit dem Gesamtpaket – unter anderem Haftplätze, aber unter anderem eben auch Dublin-Abkommen, unter anderem auch Passersatzpapierbeschaffung durch die Bundesregierung –, dass wir da eine wesentliche Verbesserung der Situation erreichen.

Das Wort hat jetzt für die Fraktion DIE LINKE die Abgeordnete Frau Larisch.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich kann es kurz machen:

(Heiterkeit und Zuruf von Wolfgang Waldmüller, CDU)

Unsere Fraktion wird den vorliegenden Antrag selbstverständlich ablehnen.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)