Protocol of the Session on October 18, 2017

Nun möchte ich per se nicht jedem 16- oder 17-jährigen jungen Menschen Politikunkenntnis unterstellen, gleichzeitig aber auch nicht ausführen, dass es in diesem Altersbereich generell ein starkes politisches Engagement gibt. Fakt jedoch ist, dass unser Schulsystem die Jugend im Bereich der Altersklassen zwischen 14 und 16 Jahren nicht ausreichend auf unser politisches System vorbereitet. Ebenso umfasst dies die Absenkung des Wahlrechts auf 16 Jahre und die Verantwortung, die mit der gefassten Entscheidung einhergeht, gerade, was den Zusammenhang mit der Gesetzfindung und der Gesetzgebung betrifft. Die Schule vermittelt in dieser Altersstufe noch nicht das politische Basiswissen und auch nicht die komplexen Zusammenhänge politischer Arbeit.

(Tilo Gundlack, SPD: Das ist ja bei Ihnen noch nicht so lange her, ne?)

Lassen Sie mich hierzu nur kurz ein Beispiel ausführen: Im Zuge der Bundestagswahlen erschien in unseren Wahlkreisbüros ein 17-jähriger Schüler des Fachgymnasiums in Greifswald, weil er sich für einen Vortrag informieren wollte, den er in seiner Klasse halten wollte beziehungsweise musste. Er war auf der Suche nach verschiedenen Wahlprogrammen und den Inhalten. Relativ schnell zeigte sich aber, dass dieser junge Mann weder über die Parteienlandschaft hier im Landtag in Gänze informiert war noch über die Zusammensetzung des Landtages in Schwerin mit seinen Fraktionen und Abgeordneten Bescheid wusste. Immerhin war ihm die 5Prozent-Hürde ein Begriff. Allein sein Selbststudium brachte ihn dazu, sich mit der angedachten Thematik zu befassen.

(Tilo Gundlack, SPD: Wir können ja mal ein paar 60-Jährige fragen.)

Auch das, natürlich, aber das steht ja hier gerade nicht zur Debatte.

(Tilo Gundlack, SPD: Ach so! – Karsten Kolbe, DIE LINKE: Ach so?! Oh!)

Übrigens outete sich dieser junge Mann als eher links orientiert. Dieses Beispiel ist natürlich nicht prädestinierend für die Jugend und das Politikwissen aller Jugendlichen im Alter von unter 18 Jahren, aber es ist nun mal da.

Was meine Fraktion weiterhin als problematisch ansieht, ist die weitere Aufweichung des inneren Zusammenhangs von Wahlalter und Volljährigkeit – die Volljährigkeit, mit der sowohl Bürgerrechte wie eben das Wahlrecht als auch Bürgerpflichten einhergehen. Im Falle des Absenkens des Wahlalters werden Bürgerpflichten und Bürgerrechte eben nicht mehr im ausreichenden Maße

korrespondieren. Minderjährige dürften dann zwar schon wählen, wären aber noch nicht voll strafmündig. Sie sind in diesem Fall für ihre Handlungen nicht in vollem Maße selbst verantwortlich. Dies kann in Verbindung mit dem Landeswahlrecht aber nicht erstrebenswert sein.

Im selben Atemzug ist festzustellen, dass das aktive Wahlrecht grundsätzlich mit dem passiven Wahlrecht einhergeht. Das ist auch gut so, denn warum sollte jemand über die öffentliche Ämtervergabe entscheiden dürfen, aber ein solches Amt nicht selbst bekleiden können?! Nur in Ausnahmefällen, wie zum Beispiel bei der Wahl des Bundespräsidenten, weicht das notwendige Alter beim passiven Wahlrecht, was hier 40 Jahre wären, vom aktiven Wahlalter, nämlich 18 Jahre, ab. Ein passives Wahlrecht ab 16 Jahren würde aber zu größten Schwierigkeiten führen, da man erst mit 18 Jahren die volle Geschäftsfähigkeit erlangt. Das heißt, ein 16jähriger Abgeordneter müsste demnach im Grunde bei jeder Abstimmung im Parlament seine Eltern befragen.

Gleichsam führt die Antragstellerin ebenfalls aus, dass eine von der Bertelsmann Stiftung in Auftrag gegebene Studie belegt, dass sich eine Absenkung des Wahlalters positiv auf die Wahlbeteiligung auswirken würde. Auch hierbei zeigt jedoch die Statistik, dass ältere Menschen in deutlich größerer Zahl wählen gehen als die junge Generation. Das ist übrigens nachzulesen auf der Internetseite der Bundeszentrale für politische Bildung. Allgemein lässt sich demnach formulieren, dass die Wahlbeteiligung umso höher ist, je älter die Altersgruppe der Wähler. Dieser Trend ist bei den Bundestagswahlen seit 1953 ungebrochen. Der Verweis auf die von privaten und kommerziellen Interessen gelenkte Studie der Bertelsmann Stiftung ist daher schlicht nutzlos. Dass gerade DIE LINKE auf solch eine Studie verweist, lässt einen doch schon schmunzeln.

(Thomas Krüger, SPD: Dann mal los!)

Sehr geehrte Damen und Herren, der vorliegende Gesetzentwurf ist undifferenziert und unausgegoren. Er zeigt, dass die Linksfraktion ihre Hausaufgaben ganz offensichtlich nicht gemacht hat. Einen solchen Gesetzentwurf kann meine Fraktion nicht mittragen. Wir lehnen die Überweisung ab. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der SPD die Abgeordnete Frau Tegtmeier.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete!

Herr Kramer, Frau Bernhardt wird Ihre Ausführungen nicht aufrütteln, sage ich mal, oder irgendwie bewegen, haben wir diese Argumente doch in der letzten und vorletzten Legislaturperiode ausführlich ausgetauscht, und das teilweise wortgleich. Da fehlte jetzt nur noch der Zusammenhang mit der Entwicklung des menschlichen Hirns und dem daraus resultierenden Reifegrad oder anderes. Ich will deswegen auch gar nicht inhaltlich argumentieren, sondern an den Innenminister anknüpfen, der zu Recht darauf hingewiesen hat, dass wir eine Vereinbarung in unserem Koalitionsvertrag getroffen haben, das Instrument einer Volksbefragung einzuführen und gerade das Wahlalter 16 als ersten Befragungsgegenstand auf den Weg zu bringen.

(Thomas Krüger, SPD: Sehr richtig!)

Und aus diesem Grund kann ich eigentlich nur zu dem Schluss kommen, Frau Bernhardt, dass Sie Schiss haben vor dieser Befragung und was dabei herauskommt.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU – Sebastian Ehlers, CDU: Genau. – Zurufe von Marc Reinhardt, CDU, und Torsten Renz, CDU)

Sie haben ja selbst wahrgenommen, dass Sie bei Besuchergruppen mitunter Skepsis vernehmen oder wahrnehmen, was das angeht.

Nun komme ich doch noch mal auf die vergangenen Plenardebatten zurück. Ich hatte ja schon einmal vorgetragen, dass ich selbst nur unter eventuell betroffenen Schulklassen eine Befragung durchgeführt habe, das heißt, ich habe die Schulen in meinem Wahlkreis angefragt und darum gebeten, bei den Schülern, die davon betroffen kein können, einmal nachzufragen, wie da das Bild ist, ob sie für ein Wahlalter 16 sind oder nicht. Das Ergebnis war sehr unterschiedlich. Es gab keine eindeutige Positionierung, keine Mehrheit dafür, das Wahlalter abzusenken. Es wurden hier nur die befragt, die eventuell betroffen wären. Und wenn wir diese Volksbefragung einführen wollen, betrifft das erst mal natürlich alle Wahlberechtigten und darüber hinaus die Gruppe der 16- und 17-Jährigen – so ist das angelegt –, weil das diejenigen sind, die in diesen Genuss kommen.

So muss ich also davon ausgehen, oder ich gehe davon aus, dass Sie das nicht abwarten wollen, weil das Ergebnis natürlich genau andersherum sein kann als das, was Sie sich davon erhoffen oder was Sie erreichen möchten. Ich weise noch mal darauf hin, dass wir jetzt in zwei Stadtstaaten, in Hamburg und Bremen, sowie in Brandenburg und Schleswig-Holstein in der Tat das Wahlalter 16 haben und das als keine Verschlechterung gesehen wird. Wir haben die Grundlagen hier anders geschaltet.

Ihre Ausführungen zu den Bürgerrechten fand ich, ehrlich gesagt, auch ein bisschen erstaunlich, denn Sie sind Juristin, und volle Bürgerrechte habe ich mit 18, da hängt noch ein bisschen mehr dran. Sie wollen ein Bürgerrecht jetzt auf 16-Jährige ausweiten.

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Dann haben Sie der Argumentation wahrscheinlich nicht zugehört.)

Das fand ich insgesamt in den Ausführungen, die Sie dazu gemacht haben, ein bisschen seltsam.

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Was fanden Sie denn seltsam? Da müssen Sie schon sagen, was.)

Aber langer Rede kurzer Sinn, wir werden natürlich Ihrem Gesetzentwurf nicht zustimmen, wir haben uns auf einen anderen Weg begeben und den werden wir umsetzen. Ich bin sehr gespannt auf das Ergebnis, was dabei herauskommt, und wie dann gegebenenfalls auch die Verhandlungen mit unserem Koalitionspartner sein werden. Schauen wir mal! – Danke.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der BMV der Abgeordnete Herr Dr. Manthei.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die BMVFraktion wird den Antrag ablehnen. Das aktive Wahlrecht sollte wie das passive Wahlrecht an den Eintritt der Volljährigkeit geknüpft bleiben und der erfolgt nun mal mit 18 Jahren.

(Vizepräsidentin Dr. Mignon Schwenke übernimmt den Vorsitz.)

Man muss sich auch die Frage stellen: Warum werden 16 Jahre vorgeschlagen und nicht etwa 15 Jahre? Der Vorschlag, 16 Jahre, ist im Grunde willkürlich. Im Antrag heißt es, es sind keine Gründe ersichtlich, warum das Wahlrecht hier beschränkt wird für 16-Jährige, aber Sie bringen auch keine überzeugenden Gründe, warum 16Jährige wählen sollen und nicht etwa 15-Jährige.

Schon Willy Brandt hatte 1969 gefordert, dass nach einer Absenkung des Wahlalters auch die Volljährigkeit angepasst werden müsse. 1970 war das aktive Wahlrecht auf 18 Jahre abgesenkt worden und daraufhin in der Folge 1975 die Volljährigkeit auch.

Jede Mutter, jeder Vater und überhaupt jeder an der Erziehung von Jugendlichen Beteiligte weiß, dass Jugendliche mit zunehmendem Alter auch Pflichten übernehmen müssen. Das ist weitgehend mit Eintritt der Volljährigkeit ein wichtiger Aspekt für das Demokratieverständnis. Demokratische Mitsprache bedeutet nicht nur das Ausüben von Rechten, sondern auch, Verantwortung für das Gemeinwesen zu übernehmen. In unserer Rechtsordnung gibt es tatsächlich ein abgestuftes System, in dem einzelne Altersstufen jeweils eine bestimmte rechtliche Bedeutung haben. Hierbei wird mit zunehmendem Alter der Entwicklung eines jungen Menschen Rechnung getragen.

(Zuruf von Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE)

Nicht ganz korrekt war die Wiedergabe mit der vollen Verantwortung im Strafrecht. Wir haben nur die Strafmündigkeit, mit 14 Jahren gibt es noch weitere Abstufungen, aber grundsätzlich ist für alle Minderjährigen die Zustimmung des Sorgeberechtigten notwendig. Das ändert sich dann erst mit dem 18. Geburtstag. Man muss sich also die Frage stellen, weshalb ein 16-Jähriger die Reife haben soll, ein Parlament zu wählen, nicht aber eine vertragliche Verpflichtung einzugehen. Das Parlament ist immerhin ein Gesetzgebungsorgan und damit eine der drei staatlichen Gewalten.

Damit sind wir beim Argument der Ungleichbehandlung im Vergleich zu den Kommunalwahlen. Bei den Kommunalvertretungen geht es eben nicht um ein staatliches Gebilde wie bei einem Bundesland oder einem Bundesstaat, sondern es geht um zwei unterschiedliche Sachverhalte. Die können unterschiedlich oder müssen auch unterschiedlich behandelt werden. Eine Kommunalvertretung ist nur ein Teil der Verwaltung.

Letztlich sollte das Absenken des Wahlalters auch nicht als Argument für eine höhere Wahlbeteiligung herhalten, denn dadurch erhöhe ich nicht die Beteiligung der volljährigen Wähler an den Wahlen. Und das sollte das Ziel insgesamt sein, dass man für mehr Wahlbeteiligung sorgt bei den volljährigen Wählern, aber das nicht dadurch

kompensieren will, dass man mehr jüngeren Wählern das Wahlrecht einräumt. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der BMV)

Danke, Herr Abgeordneter.

Das Wort hat für die Fraktion der CDU der Abgeordnete Ehlers.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich muss ja bei einigen Anträgen der LINKEN hier im Landtag immer staunen, bei dem aber ganz besonders, denn alle meine Vorredner von SPD bis AfD haben es mir eigentlich schon vorweggenommen: Wir haben uns – und der Minister hat es gesagt – in der Koalitionsvereinbarung auf ein sehr klares Verfahren miteinander geeinigt. Wir machen eine Volksbefragung zu dem Thema, in der wir diese Frage, Wahlalter 16, stellen werden. Und da hätte ich von Ihnen erwartet – Sie stellen sich ja sonst gern als die lupenreinen Basisdemokraten bei jedem Thema hin –, dass Sie dann auch den Mumm haben, dieses Ergebnis abzuwarten, und hier nicht hektisch über den Ecktisch das Thema im Landtag einbringen und wir...

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Nachdem Frau Drese so vorgeprescht ist.)

Ja, das scheint jetzt das neue Motto zu sein, zu allem, was irgendwo SPD-Minister fallen lassen,

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Na, nicht irgendwo!)

wir haben ja morgen noch mal einen Antrag zu dem Thema,

(Zuruf von Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE)

wird versucht, die SPD hier vorzuführen. Das müssen Sie mal unter sich klären, LINKE und SPD, da will ich mich gar nicht einmischen, aber das scheint die neue Masche zu sein, die SPD ein Stück weit hier vorzuführen. Das kann man alles machen, hilft uns aber bei der konkreten Frage in der Sache auch nicht weiter.

Die Position der CDU-Fraktion ist klar. Ich hätte jetzt auf die alten Reden meines Vorgängers Andreas Texter aus der vergangenen Wahlperiode verweisen können. Da haben wir das umfangreich diskutiert, da waren Sie noch im Einklang mit den GRÜNEN und auch mit ein paar Sozialdemokraten. Jetzt stehen Sie bei dem Thema relativ allein auf weiter Flur. Wir haben uns als CDUFraktion – denn man sollte sich ein bisschen anhören, was die Leute zu dem Thema denken, Sie wissen ja, was jetzt kommt, wir haben dazu in der vergangenen Wahlperiode eine repräsentative Umfrage nicht nur zu der Frage, aber auch zu dieser durchgeführt – umgehört,