Protocol of the Session on April 6, 2017

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Schwenke! Also ich glaube, wir halten erst mal gemeinsam fest, dass es uns darum gehen soll und muss, die Zuckerfabrik, die einzige, die wir noch in Mecklenburg-Vorpommern haben, und auch Schleswig-Holstein gehört dazu, möglichst zu erhalten, aber ich sage auch sehr klar, nicht um jeden Preis. Der Landkreis Vorpommern-Greifswald als untere Wasserbehörde und das StALU Vorpommern als Genehmigungsbehörde haben gegenwärtig gegenüber der Zuckerfabrik erklärt, dass von der Teichwirtschaft als Teil der Abwasseranlage keine Gefährdung beziehungsweise Gefahr für das Grundwasser und/oder das Oberflächenwasser ausgehen darf – auch diese Teiche müssen diesem Anspruch genügen – und dem, wo das aufgrund der Beschaffenheit der gespeicherten Wässer möglich wäre, mit Maßnahmen nach dem Stand der Technik und unter Beachtung des allgemeinen Gebotes der Verhältnismäßigkeit Rechnung getragen werden muss.

Die Antragsunterlagen für die geplanten Änderungen, die entsprechende Aussagen enthalten müssen, liegen gegenwärtig leider noch nicht vor. Nach erfolgter Einreichung werden diese Antragsunterlagen – im Übrigen auch im Rahmen des Gesamtinvestitionsprogramms, an diesem Standort sollen ja über 60 Millionen Euro investiert werden – im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung selbstverständlich ausgelegt.

Danke schön.

Frage 2:

10. Gibt es im Genehmigungsverfahren zur Erweite

rung der Zuckerfabrik Anklam Auflagen, die sicherstellen, dass die Vorgaben der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie zum Verschlechterungsverbot und zum Verbesserungsgebot für den betroffenen Grundwasserkörper und die Peene eingehalten werden?

Ich habe ja eben schon angedeutet, dass die Unterlagen noch nicht vollständig vorliegen beziehungsweise keine genehmigungsfähigen Unterlagen vorliegen. Bereits mit der Unterrichtung über die voraussichtlich beizubringenden Unterlagen gemäß den Bestimmungen der 9. BImSch-Verordnung, des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, vom 10.04.2014 hat das StALU Vorpommern als Genehmigungsbehörde die Vorlage eines gewässerökologischen Gutachtens als zwingend erforderlich für die Abarbeitung der Belange der Wasserrahmenrichtlinie übermittelt. Diese Anforderungen wurden zwischenzeitlich um die Notwendigkeit

der Übergabe eines hydrologischen Gutachtens ergänzt. Beide Dokumente müssen Teil der Antragsunterlagen sein, um unter anderem die Prüfung der Umweltverträglichkeitsprüfung des Vorhabens überhaupt vorzunehmen. Nach erfolgter Einreichung der Antragsunterlagen werden die zuständigen Fachbehörden bei der Prüfung natürlich auch diese Unterlagen mit einbeziehen.

Also unterm Strich, die Unterlagen liegen noch nicht vor, es hat da noch mal intensive Gespräche gegeben, von den Fachbehörden her, und ich gehe davon aus, dass jetzt unverzüglich diese Unterlagen auch vorgelegt werden.

Eine Nachfrage: Unverzüglich, sagen Sie. Wann rechnen Sie denn damit, dass die Genehmigungsunterlagen tatsächlich auf dem Tisch liegen?

Also aufgrund der Erfahrungen mit dem Unternehmen nehme ich zur Kenntnis, dass man jetzt intensiv daran arbeitet und sich auch der Gesamtsituation bewusst ist. Ich bin davon ausgegangen, dass tatsächlich Ende April die Unterlagen vollständig vorliegen werden. Ob das gelingt, ist nicht meine Aufgabe, sondern ist Aufgabe des Unternehmens.

Vielen Dank.

Wir sind damit am Ende der heutigen Fragestunde.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 15: Beschlussempfehlung und Bericht des Petitionsausschusses gemäß Paragraf 10 Absatz 2 des Gesetzes zur Behandlung von Vorschlägen, Bitten und Beschwerden der Bürger sowie über den Bürgerbeauftragten des Landes Mecklenburg-Vorpommern, auf Drucksache 7/435.

Beschlussempfehlung und Bericht des Petitionsausschusses (1. Ausschuss) gemäß § 10 Absatz 2 des Gesetzes zur Behandlung von Vorschlägen, Bitten und Beschwerden der Bürger sowie über den Bürgerbeauftragten des Landes Mecklenburg-Vorpommern (Petitions- und Bürgerbeauftragtengesetz – PetBüG M-V) – Drucksache 7/435 –

Das Wort zur Berichterstattung hat der Vorsitzende des Petitionsausschusses Manfred Dachner.

(Minister Dr. Till Backhaus: Wo ist die rote Jacke?)

Es ist noch nicht Sommer.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Ich freue mich, Ihnen mit der Drucksache 7/435 die erste Sammelübersicht dieser neuen Wahlperiode übermitteln zu können. Wie Sie wissen, prüft der Petitionsausschuss regelmäßig und gründlich jede einzelne Eingabe und kommt dann zu einem Beschluss. Bevor diese Eingabe endgültig abgeschlossen werden kann, bedarf es der Zustimmung des Plenums, also Ihrer Zustimmung, und Sie werden auch in der nächsten Zeit in der neuen Wahlperiode regelmäßig, vielleicht alle drei, vier Monate, eine sogenannte Sammelübersicht bekommen, wo alle

Eingaben aufgeschlüsselt sind, natürlich mit den nötigen Beschlussempfehlungen.

Die Ihnen heute vorliegende Sammelübersicht umfasst den Berichtszeitraum vom 01.07.2016 bis zum 28.02.2017. In dieser Zeit hat der Petitionsausschuss 105 Petitionen sachinhaltlich bearbeitet und hat Ihnen natürlich dazu auch Beschlussempfehlungen vorbereitet. 35 oder 34 dieser Petitionen schlagen wir Ihnen vor, sachlich nicht zu behandeln, weil gemäß Paragraf 2 des Petitions- und Bürgerbeauftragtengesetzes keine Einwirkungsmöglichkeit der Landesregierung und natürlich auch keine Einwirkungsmöglichkeit des Parlaments zugrunde liegt. Zum Beispiel handelt es sich hier um Beschwerden gegen Gerichtsurteile. Wie Sie wissen, ist die Behandlung dieser Petitionen nicht möglich, weil wir sonst in die Unabhängigkeit der Gerichte eingreifen. Das Gleiche trifft natürlich auch zu für Verfahren in zivilrechtlichen Prozessen, die wir nicht als Petition bearbeiten können. 16 weitere Petitionen empfiehlt Ihnen der Petitionsausschuss an den Deutschen Bundestag beziehungsweise zuständigkeitshalber an die Landtage zu übermitteln.

Wie Sie oft hören, hat der Petitionsausschuss nicht nur die Funktion des Kontrollierenden, sondern sozusagen auch die eines Seismografen, indem wir nämlich feststellen, wie die Menschen reagieren auf unsere politischen Vorhaben und Entscheidungen. Sollten wir da Unzulänglichkeiten feststellen, besteht unter anderem die Möglichkeit, dass der Petitionsausschuss diese Petitionen an die Landesregierung und an die Fraktionen überweist, und zwei dieser Petitionen möchte ich Ihnen gerne aus dieser Sammelübersicht noch etwas näher darstellen.

Mehrere Petenten beschweren sich darüber, dass eine Fläche als Windpark ausgewiesen ist. Auf dieser Fläche sollen 15 Windkraftanlagen errichtet werden in einer Höhe von 200 Metern. Diese Fläche des Windparks ist nicht in dem gültigen geplanten Raumentwicklungsprogramm enthalten, auch als Windeignungsgebiet nicht ausgewiesen, und soll also mit einem sogenannten Zielabweichungsverfahren – „sogenannten“ lasse ich mal weg –, mit einem Zielabweichungsverfahren umgesetzt werden. Außerdem haben wir festgestellt, dass nicht alle ausgewiesenen Eignungsgebiete vollständig ausgebaut sind. Der Petitionsausschuss kam deshalb zu der Auffassung, dass die mit dem Regionalen Raumentwicklungsprogramm vermittelte Rechtssicherheit bei der Umsetzung einer solchen Größenordnung einer Anlage mittels einer Zielvereinbarung nicht mehr gegeben ist. Deshalb schlagen wir Ihnen bei dieser Petition vor, diese an die Landesregierung zurückzugeben oder zu überweisen zur Überdenkung oder noch mal zur Beurteilung.

In einer weiteren Petition beschwert sich ein Petent darüber, dass er eine Kurabgabe entrichten muss. Er ist Reiseleiter, fährt fast täglich über die Insel Usedom durch mehrere Gemeinden und in jeder Gemeinde muss er die volle Kurtaxe entrichten. Darüber beschwert er sich natürlich und die Stellungnahme des Innenministeriums lautet, ja, das ist entsprechend des Kommunalabgabengesetzes und der Kurordnung – oder so ähnlich heißt es zumindest – total rechtmäßig und ist auch so vorgesehen. Auf den Hinweis, dass natürlich auch in anderen Gemeinden es möglich ist, dass eine Gemeinde die Kurtaxe der anderen Gemeinde anerkennt, weil ja die Reisenden nur eine Stunde durchfahren und die Mittel, die für die Kurabgabe benötigt werden, wie zum Beispiel bei Heilbädern, Trinkanlagen, die Reinigung von Stränden

und Parks, zwar notwendig sind, aber es kommt nicht darauf an, dass diese genutzt werden, sondern allein die Kostenabgabe, also aus der Kurabgabensatzung heraus, ist eben notwendig. Aufgrund dieser verschiedenen Praktiken in verschiedenen Gemeinden hat dann das Innenministerium die Rechtsaufsicht beauftragt, sich dieser Sache anzunehmen, und auch hier schlagen wir Ihnen vor, diese Petition an die Landesregierung zu überweisen, diesen Prozess weiterhin zu begleiten und im Auge zu behalten.

Also ich wollte damit sagen, mit diesen beiden Petitionen, dass der Petitionsausschuss oftmals oder sogar meistens über komplexe Themen zu beraten hat, und zwar mit ganz spezifischen gesetzlichen Regelungen, und dass es nicht immer für jeden einzelnen Abgeordneten im Petitionsausschuss ganz einfach ist, genau diese Vielfältigkeit und Komplexität zu durchschauen. Dazu bedarf es einer hohen Anstrengung. Ich danke allen Abgeordneten im Ausschuss, gerade in dieser neuen Wahlperiode, die sich sehr schnell zusammengefunden haben und im Interesse der Bürger gute Lösungen suchen, auch wenn wir nicht immer einer Meinung sind. Ich danke natürlich ganz besonders dem Ausschusssekretariat mit Frau Berckemeyer, die diese komplizierten Sachverhalte für uns vorbereiten, sodass wir zu einer guten sachlichen Lösung kommen.

Sie haben also die Beschlussempfehlung und den Bericht gelesen und Sie kennen die Probleme der Bürgerinnen und Bürger. Ich darf noch mal erwähnen, dass diese Beschlussempfehlung, die Ihnen vorliegt, durch den Petitionsausschuss einstimmig angenommen wurde. Ich bitte Sie ebenfalls um Zustimmung zu diesem Beschluss. – Danke schön.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD und Vincent Kokert, CDU)

Vielen Dank, Herr Ausschussvorsitzender.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 60 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat zunächst die Abgeordnete Frau Berg für die Fraktion der CDU.

Guten Morgen, Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Verehrte Gäste! Herr Dachner hat für unseren Ausschuss bereits die wichtigen Eckdaten genannt. Dem ist sehr wenig hinzuzufügen. Was ich gerne noch einmal in den Fokus rücken möchte, ist die Tatsache, neben diesem Zeitraum haben wir auch für das gesamte vergangene Jahr schon Zahlen vorliegen, und danach hat sich die Petitionsfülle, die Anzahl, im Vergleich zu 2015 vervierfacht.

Das allein ist schon eine Tatsache, die uns zu denken geben sollte. Hinzu kommt, dass von diesen 1.600 – ich rede jetzt vom gesamten vergangenen Jahr – sich die Hälfte mit Windkraftanlagen, mit Windeignungsgebieten insbesondere, beschäftigt hat. Wir haben jetzt mit dem Urteil des Verwaltungsgerichtes zur Kenntnis nehmen müssen, dass die beiden Regionalen Planungsverbände noch einmal planen müssen. Man könnte sagen, schlimm, das ist mit mehr Arbeit verbunden, man kann

aber auch sagen, es ist die Chance, aus dem, was sich nun ergeben wird, eventuell auf die Bedenken der Bürger mehr einzugehen. Das ist Sache der Regionalen Planungsverbände, ich weiß, aber ich weiß, dass da ganz viel in unserem Land zu tun sein wird. Selbst als Mitglied eines Planungsverbandes und demzufolge mit einigen dieser Probleme vertraut glaube ich, wir haben dort noch viel zu tun.

Ansonsten kann ich für mich konstatieren, für mich persönlich, in dieser kurzen Zeit seit vergangenem September – Herr Dachner hat es gesagt, wir haben ja durch die neue Zusammensetzung oder er hat durch die neue Zusammensetzung des Petitionsausschusses mit neuen Kollegen gearbeitet –, für mich war es sehr interessant und sehr aufschlussreich, weil mit dieser Fülle der Themen, der Vielfalt der Themen und auch mit dieser Menge habe ich nicht gerechnet. Und aus diesem Grunde herzlichen Dank allen Kollegen im Ausschuss, unserem Ausschussvorsitzenden sowieso, aber auch den Kollegen im Büro, die es verstanden haben, uns gute Unterstützung zu geben, damit wir hoffentlich die richtigen Entscheidungen immer getroffen haben. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Vielen Dank.

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau Larisch für die Fraktion DIE LINKE.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe KollegInnen! Meine Damen und Herren! Sieben Monate, 683 Eingaben – wir könnten sagen, die Menschen beteiligen sich, sie wirken mit, sie wollen gestalten und sie wissen auch, an wen sie sich wenden können. Das ist einerseits sehr, sehr gut. Aber es gab allein 445 Eingaben zur Kinder- und Jugendhilfe, und das möchte ich rausgreifen.

Wenn wir uns eine Petition anschauen, da geht es um die Finanzierung der Kinderbetreuung im Land. Immer wieder diskutieren wir darüber, in den Gemeinden, in den Städten, in den Landkreisen und im Land, gestern auch gerade wieder. Das KiföG ist ständiger Begleiter in Gesprächen mit Eltern und Trägern, viel Verwaltungsaufwand in manchen Landkreisen und Städten, und, wir wissen das alle, es warten Eltern und Träger manchmal bis zu acht Monate auf Bescheide und Geld. Städte, die selbst noch Träger in Kitas sind, schicken mittlerweile VollstreckungsbeamtInnen zu Eltern, die Landkreise heben die Arme hoch und sagen, mehr als arbeiten können wir auch nicht – was tatsächlich stimmt.

Tagesmütter leben gleich ganz von diesen Betreuungsgeldern, machen nachts ihre Abrechnungen und sind manchmal nicht einmal mehr in der Lage, pünktlich ihre Krankenkassenbeiträge zu bezahlen, weil einfach kein Geld auf ihrem Konto ist. Vielleicht sollten Sie, sehr geehrte Frau Ministerin, einmal mit dem Hauptzollamt reden. Dort ist es den BeamtInnen schon sehr, sehr unangenehm, immer wieder Tagespflegepersonen aufzusuchen. Das liegt an dem enormen Verwaltungsaufwand, den kaum noch jemand zeitnah bewältigen kann. Und dann, anstatt diese Petition der Landesregierung zur Einsicht und Berücksichtigung zu übergeben, wird sie abgeschlossen und den Eltern wird erklärt, wie schrittweise entlastet wird, in 2018 und in 2019.

Die Weiterentwicklung des KiföG ist in jeder Hinsicht dringend nötig. Das hat Ihnen meine Kollegin Jacqueline Bernhardt gestern, im März, im Januar und all die Jahre zuvor immer wieder erklärt und Lösungen aufgezeigt. Wir als Fraktion DIE LINKE hätten erwartet, dass diese Petition von der Regierung beachtet wird und als Baustein für die Änderung des KiföG steht.

Und wenn wir schon bei Bearbeitungszeiten sind: Jobcenter, Gerichte, Stadtverwaltungen – ganz häufig richteten sich Eingaben gegen die unendlich lange Bearbeitungszeit. Das steht eindeutig für zwei Dinge: zu viel Bürokratie und zu wenig Personal. Die Menschen, die Anträge stellen, haben dafür kein Verständnis. Sie sind in Not, sonst würden sie ja keinen Antrag stellen. Wer einen Antrag stellt, erhält irgendwann einen Bescheid.

Sehr viele Bescheide sind tatsächlich nicht wirklich falsch, aber sehr unverständlich. Darauf bezog sich eine nicht geringe Zahl von Petitionen. Wer seinen Bescheid nicht versteht, falsch interpretiert, legt Widerspruch ein, klagt, beschwert sich und wird oft richtig wütend oder zieht sich ganz in sich zurück. Natürlich, wer in einer Verwaltung arbeitet, wer die Bescheide erlässt, der weiß ja, was gemeint ist, weil sie/er ist der Profi. Bescheide müssen aber schon seit zwölf Monaten auf Anweisung des Bundessozialministeriums in einfacher und bei Bedarf in leichter Sprache gefertigt werden, eben gerade, damit die Menschen sich eigenständig um ihre eigenen Belange kümmern können und nicht ständig auf Begleitung und Beratung angewiesen sind.

Ich kann so einen Bescheid verstehen, auch zweideutige Formulierungen. Würde man mir aber eine Beschreibung zum Bau eines Autos hinlegen, nun, es wäre, wenn ich fertig bin, wahrscheinlich ein Gartenhaus.

(Heiterkeit vonseiten der Fraktion DIE LINKE – Jochen Schulte, SPD: Das ist eine Leistung.)

Ich kann kein Auto bauen und ich bin darin auch nicht ausgebildet. Ich habe das nicht gelernt. So geht es den meisten Menschen. Die Bescheide enthalten Fachbegriffe, die die meisten Menschen nicht verstehen. Versteht denn eigentlich niemand, dass es die Würde eines Menschen verletzt, wenn sie oder er sich zum Teil dumm vorkommt? Facharbeiter/-innen sind nämlich sehr kluge und sehr intelligente Menschen, aber wenn es um Amtsschreiben geht, dann behandelt man sie wie Nichtfachleute, und das kann man sehr häufig in den verzweifelten, erbosten und ausführlichen Petitionen lesen.

Auch der Bereich Migration ist Bestandteil der Petitionen gewesen, und immer wieder auch hier: Wir verstehen die Bescheide nicht und warum wird das so gemacht? Barrierefreiheit, Selbstbestimmung ist ein Recht der Menschen. Das beinhaltet auch, Entscheidungen verständlich zu erklären, Bescheide individuell zu erlassen. So viele Frustrationen könnten vermieden werden in den Behörden, bei den Menschen und es würde Kosten sparen.

Nehmen wir einmal die Petition Nummer 53, sie liegt Ihnen vor. Eine Schulklasse empfindet, dass ein Dokumentationszentrum für die Opfer der Diktaturen nicht ausreichend dem Thema angemessen ausgestattet und beschildert ist. Dass hier offenbar ein Missverständnis als Grundlage für das Empfinden dargelegt wird, was auch besprochen wurde, ist tatsächlich so, und es ist der Sanierung geschuldet gewesen. Dennoch, die Schüler und

Schülerinnen wollen und sollen lernen. Sie bemängeln etwas und die zuständige Behörde nimmt es nicht auf. Auch hier: Fachleute wissen, was sie zeigen wollen, wo sie langgehen müssen, was die Beschilderung bedeutet. Es geht um den Eindruck, den die Besucherinnen und Besucher haben, denn diese wollen ja erst Fachleute werden. Wünschenswert wäre, diese Hinweise gelegentlich aufzugreifen, nicht mit den Fachaugen zu schauen, sondern einfach auch mal mit Gästeaugen. Das können wir als Abgeordnete auch tun, wenn wir einfach mal wieder unsere Landeseinrichtungen, unsere Museen, Theater, Gedenkstätten besuchen, vielleicht fällt uns dann auch etwas auf. Eingaben und Petitionen sind ein demokratisches Recht der Mitwirkung, der Mitgestaltung. Diese Schulklasse hat das getan und das ist tatsächlich ein gutes Zeichen.