Grunde müssen wir ganz nachdrücklich verlangen, dass schnellstens die Allgemeinverfügung ausgesprochen wird, denn nach dem Aussprechen der Allgemeinverfügungen haben die Krankenkassen und Pflegegeldkassen noch sechs Monate, ein halbes Jahr Zeit, mit der Einrichtung voranzugehen. Andere Länder haben es bereits, wir sind dringend dran. Den Änderungsantrag der FDP lehnen wir ab, inhaltlich ist das nicht nachzuvollziehen. Die Dinge, die da gefragt werden, sind erstens gesetzlich geregelt und zweitens durchs Land schon dargestellt, danke.
Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 45 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Als Erste hat ums Wort gebeten die Ministerin für Soziales und Gesundheit des Landes Frau Schwesig. Bitte schön, Frau Ministerin, Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete! Der Bundesgesetzgeber hat die Einrichtung von Pflegestützpunkten ermöglicht und ich halte diese Stützpunkte für sehr sinnvoll. Wir müssen uns in der Pflege vernetzen, um noch effektiver zu arbeiten. Ich kann das auch volkstümlicher ausdrücken: Ja, wir wollen unabhängige Informationen und Hilfe aus einer Hand.
Die Entscheidung, ob in den Ländern Pflegestützpunkte errichtet werden, liegt bei den Fachministerien, in Mecklenburg-Vorpommern in meinem Haus. Was tun wir, um die Idee von den Pflegestützpunkten umzusetzen? Auf der Grundlage der neuen Regelung haben die Kommunen, Pflegekassen und das Sozialministerium sich an einen Tisch gesetzt, um den Aufbau von Pflegestützpunkten voranzutreiben.
Der Entwurf einer Allgemeinverfügung liegt vor. Ich will Ihnen die wichtigsten Punkte skizzieren: In jedem Landkreis, jeder kreisfreien Stadt entsteht mindestens ein zentral gelegener Pflegestützpunkt. Im ländlichen Bereich sollen Pflegestützpunkte Beratung anbieten, die mobil vor Ort anzutreffen ist. Träger sozialer Beratungsstellen sollen sich an den Stützpunkten beteiligen. Spätestens nach einem Jahr wird untersucht, ob und wie die Stützpunkte funktionieren, um eventuell nachzusteuern.
Gegenwärtig stimmen wir eine Rahmenvereinbarung zur Errichtung von Pflegestützpunkten mit den Pflegekassen und den kommunalen Spitzenverbänden ab. Diese Vereinbarung beschäftigt sich mit der Organisation, Ausstattung, Finanzierung und Qualität der neuen Stützpunkte. Mein Ziel ist es, die Allgemeinverfügung schnell zu erlassen und Rahmenvereinbarungen abzuschließen.
Die Mittel, mit denen der Bund die Projekte anschieben will, stehen bis zum 30. Juni 2011 bereit. Wir reden hier von bis zu 50.000 Euro je Stützpunkt, wenn sich die Kommunen an den Pflegestützpunkten beteiligen.
Lassen Sie mich zum Abschluss noch ein paar Sätze zum Pflegestützpunkt Wismar verlieren. Er ist eine Art Sonderfall. Es handelt sich um ein allein vom Bund finanziertes Modellprojekt, das Ende 2008 ausgelaufen ist.
Diesen Stützpunkt führt derzeit die Allgemeine Ortskrankenkasse Mecklenburg-Vorpommern weiter. Wenn die Allgemeinverfügung in Kraft getreten ist, soll er zu einem regulären Pflegestützpunkt für die Hansestadt Wismar umgewandelt werden.
Mein Fazit passt in einen Satz: Die Arbeit für den Aufbau von Pflegestützpunkten ist mit allen Beteiligten in vollem Gange, wir sind in dieser Frage auf gutem Wege. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der CDU die Abgeordnete Frau Schlupp. Bitte schön, Frau Abgeordnete.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Reform der Pflege zum 1. Juli 2008 brachte und bringt spürbare Verbesserungen. Besonders Familien, die Angehörige sowie altersverwirrte und geistig behinderte Menschen pflegen, erhalten mehr Leistungen und mehr Unterstützung. Mit individueller Beratung und neuen Strukturen wird die Pflege stärker auf die Bedürfnisse von Pflegebedürftigen, Angehörigen und Pflegekräften ausgerichtet. Qualitätsstandards und strenge Prüfungen führen zu transparenteren und besseren Pflegeleistungen. Die Reform ist somit eine gute Reform für Pflegebedürftige, Angehörige und Pflegekräfte. Mit ihr wird Deutschland den Anforderungen einer modernen Pflege gerecht.
Um die verbesserten Leistungen finanzieren zu können, stieg der Pflegebeitragssatz ab diesem Zeitpunkt um 0,25 Prozentpunkte auf 1,95 Prozent. Kinderlose zahlen 2,2 Prozent. Im Gegenzug sind bereits zum 1. Januar 2008 die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung gesunken. Der neue Satz reicht aus heutiger Sicht aus, die Leistungen der Pflegeversicherung bis etwa 2014/2015 zu finanzieren.
Und die Pflegereform war zwingend notwendig. Bereits heute erhalten viele Menschen ambulante und stationäre Leistungen der Pflegeversicherung. Seit ihrer Einführung im Jahr 1995 sind die Leistungen bisher nicht verändert worden. In den nächsten Jahren wird es aber viel mehr ältere Menschen geben. Der Pflege- und Betreuungsbedarf wächst also. Dieser Entwicklung musste die Pflegeversicherung angepasst werden. Nur so wird auch in Zukunft eine gute Pflege gewährleistet.
Die Kernpunkte der Pflegereform sind ein Anspruch auf umfassende Pflegeberatung. Das heißt, falls sich ein Bundesland dafür entscheidet, richten die Pflegekassen wohnortnahe Pflegestützpunkte ein, für diese gibt es eine Anschubfinanzierung. Die Länder können aber auch vorhandene Anlaufpunkte nutzen und stärken. Pflegebedürftige und Angehörige, auch Privatversicherte finden so Rat und Hilfe unter einem Dach.
Außerdem haben Pflegebedürftige und deren Angehörige ab 2009 gegenüber ihrer Pflegekasse einen Anspruch auf individuelle und umfassende Pflegeberatung. Sogenannte Fallmanager helfen, die optimale Versorgung zu organisieren, zum Beispiel bei der Suche nach einem geeigneten Pflegeheim, einer Tagesbetreuung, einem Anbieter für „Essen auf Rädern“ oder Angeboten der Altenhilfe.
Ein weiterer Kernpunkt sind verkürzte Fristen. Anträge auf Leistungen der Pflegeversicherung werden in
kürzester Zeit entschieden, im Normalfall innerhalb von fünf Wochen, bei Schwerkranken innerhalb einer Woche. Die Vorversicherungszeit wird von fünf auf zwei Jahre verkürzt.
Es gilt das Prinzip „ambulant vor stationär“. Individuelle und koordinierte Pflegeberatung stärkt die ambulante Pflege. Menschen sollen so lange wie möglich selbstbestimmt in ihrer vertrauten Umgebung leben können. Gefördert werden deshalb auch betreute Wohnformen und Wohngemeinschaften, in denen Pflegebedürftige zusammenleben. Sie können zum Beispiel in Zukunft Betreuungsleistungen gemeinsam abrufen und bezahlen, also poolen. Zum Beispiel eine Senioren-WG legt ihr Geld zusammen und teilt sich eine Pflegekraft.
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die Angehörige pflegen, können eine bis zu 6-monatige Freistellung von der Arbeit in Anspruch nehmen. In der Zeit bleiben sie sozialversichert, beziehen aber kein Gehalt. Ausgenommen von dieser Regel sind Kleinbetriebe mit 15 oder weniger Beschäftigten. Daneben gibt es für akute Fälle Anspruch auf unbezahlte, kurzfristige Freistellung bis zu zehn Tagen.
Zudem steigen die finanziellen Leistungen der Pflegeversicherung. Auch die Leistungen für Demenzkranke und Behinderte wurden verbessert. Der zusätzliche Betreuungsbetrag für Menschen mit erheblich eingeschränkter Alterskompetenz wird im ambulanten Bereich von bisher 460 Euro auf bis zu 2.400 Euro jährlich, abhängig vom Betreuungsbedarf, angehoben.
Darüber hinaus wird die Versorgung altersverwirrter Menschen in Heimen deutlich verbessert. Es gibt besondere Betreuungsangebote wie zum Beispiel sogenannte Betreuungsassistenten. Sie kümmern sich speziell auch um soziale Bedürfnisse wie beispielsweise Spaziergänge und Vorlesen. Dafür werden 200 Millionen Euro zusätzlich zur Verfügung gestellt.
Die Qualität der Pflege verbessert sich durch Transparenz und ein besseres Pflegemanagement. Krankenkassen und Pflegeeinrichtungen sind verpflichtet, verbindliche Standards für die Pflegequalität zu vereinbaren. Es gibt ebenfalls strenge Qualitätsprüfungen. So werden ab 2011 ambulante und stationäre Pflegeeinrichtungen einmal im Jahr unangemeldet geprüft. Die Prüfberichte werden in einer verständlichen Sprache veröffentlicht.
Es werden Anstrengungen von Pflegeeinrichtungen gefördert, mit aktivierender Pflege und Rehabilitation gute Pflegeergebnisse zu erzielen. Bereits mit dem Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der Gesetzlichen Krankenversicherung besteht ein Rechtsanspruch auf Leistungen der medizinischen Rehabilitation. Engagierte Bürgerinnen und Bürger sollen künftig besser in vernetzte Versorgungsangebote eingebunden werden und eine Schulung durch die Pflegekasse bekommen können. Das betrifft niederschwellige Angebote wie zum Beispiel Betreuungsgruppen, Tagesbetreuung oder Helferinnenkreise zur Entlastung von pflegenden Angehörigen.
In Mecklenburg-Vorpommern, das haben wir schon gehört, befindet sich der Pilotstützpunkt in der Hansestadt Wismar. Der Aufbau der Pilotpflegestützpunkte, das haben wir ebenfalls gehört, wird mit einer Projektförderung von 30.000 Euro je Stützpunkt unterstützt. Und wie die Ministerin ausgeführt hat, ist auch kurzfristig mit der entsprechenden Verordnung zu rechnen, sodass in unserem Land wirklich viel in Sachen Pflege und Umset
zung der Pflegereform und Pflegeberatung passiert. Und von daher, denke ich, ist auch Ihnen deutlich geworden, spätestens nach den Ausführungen der Ministerin, dass Ihr Antrag überflüssig ist. Von daher werden wir ihn ablehnen.
Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der FDP der Abgeordnete Herr Grabow. Bitte schön, Herr Abgeordneter.
Sehr geehrte Herr Präsident! Ich kann es relativ kurz machen. Frau Schlupp hat das ja sehr umfangreich ausgeführt, Frau Ministerin hat eine ganze Menge gesagt. Ich will einfach nur an vier Stellen anknüpfen. Die Verhandlungen laufen. Wer sich ein bisschen anstrengt, kann das Protokoll bekommen aus dem Sozialministerium, wo die einzelnen Vertragspartner verhandeln. Ich habe nur vier Sachen:
Ich glaube, dass die Beratung wichtig ist, dass nicht so viele Menschen in Altenheimen landen, sondern mehr zu Hause gepflegt werden. Ich glaube, da sind wir konsensfähig und es gibt keinen, der etwas anderes behaupten wird. Ich glaube, da sind wir alle einer Meinung. Wovor ich Angst habe, ist, dass im Augenblick die Finanzierung ja auf zwei Säulen aufgeteilt ist, auf die Pflegekasse und auf die Kommune. Hier habe ich einfach Angst, wir wissen alle, die wir kommunalpolitisch aktiv sind, die Haushaltskassen der Kommunen sind auch nicht unendlich. Die Frage ist, wie statten wir die Kommunen in Zukunft aus. Das ist die eine Sorge, die ich habe. Ich hoffe, dass Herr Deiters vom Städte- und Gemeindetag aufpasst und das in den zukünftigen Runden, wo es um die Finanzierung für Kommunen geht, ein Punkt sein wird.
Der zweite Punkt ist, dass, wenn Pflegestützpunkte eingerichtet werden, man wirklich aufpasst, wo gibt es vorhandene Strukturen, und nicht jetzt etwas von oben drüberstülpt, wo vorhandene Beratungsstrukturen kaputt gemacht werden. Das wäre schade, weil da Einiges entstanden ist und das sollte man auch mit einbinden.
Ich glaube, zur Neutralität der Beratungsstellen ist hier einiges gesagt worden. Ich glaube, da sind wir dafür und die FDP wird den Antrag auch ablehnen. – Danke.
Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der SPD der Abgeordnete Herr Heydorn. Bitte, Herr Abgeordneter.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Wir haben ja zu diesem Thema Pflegestützpunkte schon eine ganze Menge gehört. Frau Schlupp hat dankenswerterweise umfänglich ausgeführt, welche Verbesserungen das Pflegeweiterentwicklungsgesetz zum 01.01.2009 sonst noch gebracht hat. Da sind ja nicht nur die Pflegestützpunkte. Aber man kann natürlich mal die Frage stellen: Wer hat es erfunden, Herr Koplin? Wer hat sie erfunden, die Pflegestützpunkte? Die SPD, die SPD hat es erfunden.
(Unruhe bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Torsten Koplin, DIE LINKE: Das ist eine ganz andere Frage.)
Ja, deswegen wird Sie das nicht wundern, dass wir hier heute natürlich vorne stehen und sagen, also Pflegestützpunkte sind heute unser Thema. Und wir hätten uns gewünscht, wenn auf der Bundesebene das Thema Pflegestützpunkte so geregelt worden wäre, dass alle Länder nach einem einheitlichen Verfahren derartige Pflegestützpunkte zu initiieren gehabt hätten. Das ist nicht passiert.
Sie wissen, in einer Koalition mussten wir Kompromisse machen, das mussten wir auch mit Ihnen. Das ist uns manchmal schwergefallen,