Protocol of the Session on November 19, 2008

Und ein zweites Thema ist, wir haben eben von 184 Betten auf 244 Betten erhöht. Damit haben wir mehr Angebote im Land und andererseits sind die Fallzahlen etwa gleich geblieben. Ob man nun von über 2.914 oder

über knapp 3.000 Fällen im Jahr spricht, der Unterschied ist so gering. Von daher ist nicht davon auszugehen, dass im Land geriatrische Rehabilitation nicht funktioniert. Natürlich muss man sagen, es gibt auch einen gewissen Mehrbedarf und einen Bedarf an Betten, der da ist. Und diese Betten werden nicht gefüllt durch Fälle. Das ist die einfache arithmetische Rechenart. Aber Grundlage von allem ist eben die Diagnosestellung durch einen Arzt, der Antrag eines Arztes, dann der MDK und dann sozusagen anschließend die Aufnahme und dann die Behandlung. Dann entscheidet tatsächlich, wie es vorhin auch vorgetragen wurde, das Prinzip „Reha vor Pflege“. Und dann muss man entscheiden, wie geht’s weiter in der Häuslichkeit, wie geht’s weiter eventuell im Pflegeheim. Von daher sind auch in Mecklenburg-Vorpommern alle Rahmenbedingungen okay. Also vom Grunde her ist es klar, aber ich gebe zu, wir müssen in dieser Frage weiter diskutieren und wir brauchen auch einen Geriatrieplan, der die zukünftigen demografischen Entwicklungen berücksichtigt. Und da ist doch einiges, denke ich, auch an Arbeit zu leisten.

Die ersten Diskussionen haben auf dem 8. Krankenhaustag stattgefunden. Dort wurde über Demografie geredet und dort wurde auch über einige Probleme in der Geriatrie gesprochen. Allerdings habe ich da nicht gehört, dass dieser erlauchte Kreis sich dafür eingesetzt hat, dass die Rehabilitationskliniken in Tessin, Greifswald und Neubrandenburg in den Krankenhausplan aufgenommen werden sollen. Die Finanzierung ist ja durch die Gesetzgebung des Bundes jetzt geregelt. Von daher erschließt sich mir dieser Sinn nicht. Im Übrigen, an die FDP gerichtet: Der Landtag ist nicht das Entscheidungsgremium, lieber Kollege Ausschussvorsitzender Grabow. Den Punkt 4 können wir hier nach meiner Ansicht gar nicht beschließen, deswegen können wir auch Ihrem Antrag nicht zustimmen, denn …

(Zuruf von Ralf Grabow, FDP)

… die Entscheidung fällt bei den Planungsbeteiligten am Ende durch Letztentscheidungsrecht des Ministers oder der Ministerin in diesem Falle.

(Ralf Grabow, FDP: Sie sind einzeln. Sie können aber dem ersten zustimmen, aber in den anderen Punkten dann.)

Herr Kollege, der Punkt 4 kann so nicht angenommen werden. Ihr Antrag ist eigentlich ein bisschen wieder dem Zufallsprinzip geschuldet. Dem können wir also nicht zustimmen.

Im Übrigen sind wir weiter daran interessiert, dass eine vernünftige Debatte zur Versorgung der älteren Generation, speziell auch der geriatrischen Rehabilitation, im Land Mecklenburg-Vorpommern stattfindet.

Nichtsdestotrotz können wir heute Ihrem Antrag so nicht zustimmen, da wir schon weiter sind, als Sie uns sozusagen vormachen wollen. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU)

Vielen Dank, Herr Glawe.

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau Müller von der Fraktion DIE LINKE.

Werte Frau Landtagspräsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen!

Ja, Herr Glawe, das wäre schön, wenn wir weiter wären als unser Antrag, aber das sind wir eben leider nicht. Eigentlich haben Sie es selbst bestätigt, dass wir es nicht sind, denn Sie sprachen selbst von einem Geriatrieplan, der dringend in Mecklenburg-Vorpommern gebraucht wird.

Und um einige Verwirrungen hier von vornherein gleich rauszunehmen, da Herr Grabow die punktmäßige Abstimmung für beide Anträge gefordert hatte, sage ich noch mal, wir möchten bitte, dass der Antrag der LINKEN in den Einzelpunkten abgestimmt wird. Und, Herr Grabow, ich darf vielleicht noch mal wiederholen, das Gleiche will die FDP.

(Ralf Grabow, FDP: Danke.)

Demzufolge war sein Einwurf, Herr Glawe, völlig richtig. Dann können Sie ja wenigstens dem Punkt 3 zustimmen, wenn Sie den Punkt 4 nicht darstellen wollen und nicht verfolgen können.

(Harry Glawe, CDU: Sie müssen für uns nicht mitdenken! Wir können auch selbst denken. – Zurufe von Dr. Armin Jäger, CDU, und Ralf Grabow, FDP)

So ist das nun mal: Zuhören ist auch eine Tugend, die manch einer nicht kann.

(Michael Roolf, FDP: Aber nicht bei Herrn Glawe.)

Ich verlese hier noch mal mit voller Absicht die Definition von Geriatrie: Geriatrie ist die Medizin für ältere Menschen, besonders auf den Gebieten der inneren Medizin, der Orthopädie, der Neurologie und der Psychiatrie. Und in diesem Zusammenhang, Frau Schwesig, hat uns das Altenparlament schon mehrmals darauf aufmerksam gemacht in seinen Beschlüssen, dass sie von uns fordern, dass wir dementsprechende Maßnahmen ergreifen, damit im Sinne von alten Menschen die Geriatrie, die geriatrische Reha, besser angeboten wird, von allein angeboten wird, damit – und das ist wichtig – auch Menschen im hohen Alter menschenwürdig und selbstständig leben können, so gut sie es vermögen und so gut es ihnen die Reha wieder ermöglicht.

Und es ist deshalb schon lange ein sehr wissenschaftlich umstrittenes Argument, dass man von der Primärerkrankung ausgeht. Es ist auch deshalb umstritten, weil eine Primärerkrankung bei älteren Menschen immer im Zusammenhang mit dem gesehen werden muss, was sie denn schon haben. Meistens ist es so, dass sie schon was haben. Wissen Sie, Frau Schwesig, es gilt eigentlich genauso wie bei Menschen mit Behinderungen. Auch da fragt man doch nicht, was die Primärbehinderung war. Man fängt nicht an, einem Menschen, der Lese-Rechtschreib-Schwäche hat, wenn er zwischendurch erblindet, nun erst mal die Punktschrift beizubringen, um sich dann wieder um die Lese-Rechtschreib-Schwäche zu kümmern. Das wäre ja völlig wider jeden Sinn. Und genauso ist das bei älteren Menschen auch.

Es wurde hier schon viel gesagt, was Reha bedeutet. Vielleicht ist mal ein Blick auf die Internetseite des Bundesgesundheitsministeriums gut, weil gerade auf dieser Seite zur Reha sehr interessante Dinge stehen, und zwar zur Rehabilitation in seiner wirklichen Realität und Wirkung und nicht in althergebrachten Denk

strukturen, dass Rehabilitation irgendwas wäre, was hinter der Behandlung hintendrauf gesetzt wird. Es wird nichts obendrauf gesetzt, es gehört zum Gesamtplan der Behandlung dazu. Es ist wissenschaftlich bewiesen, dass Menschen, die die geriatrische Reha in Anspruch nehmen durften, zu 80 Prozent wieder in die Häuslichkeit zurückkönnen nach einer Akuterkrankung. Und deshalb ist es so wichtig und deshalb wird das vom Altenparlament auch immer wieder gefordert, dass ältere Menschen geriatrische Reha bekommen, nicht nur, wenn sie es verlangen, und darauf sind vielleicht die 85 Prozent zurückzuführen, die bewilligt werden. Wir müssen uns aber auch begucken die vielen Prozente, die gar nicht erst bewilligt werden, weil nach althergebrachter Denkweise wegen der Primärerkrankung die Menschen irgendwo hinkommen, aber nicht in ihre spezifische Rehaeinrichtung.

Ein anderes Thema möchte ich hier noch ansprechen, weil es hier noch gar keine Relevanz hatte. Was passiert mit Menschen, die in Pflegeheimen, Seniorenheimen, Altenheimen sind und nach akuter Krankheitsbehandlung auch einen Anspruch auf geriatrische Reha hätten? Es ist ganz einfach nicht wie Recht und auch nicht rechtlich, dass Menschen, die schon in Pflegeheimen sind, nach der Akutbehandlung ins Pflegeheim zurückkommen. Pflegeheim heißt nicht: abgeschoben werden. Pflegeheim heißt nicht: still, sauber, satt. Pflegeheim heißt auch nicht: Da ist sowieso schon Pflege. Ein bisschen mehr drauf oder weniger drauf ist ja nicht so schlimm. Pflegeheim heißt auch – und auch Seniorenheim und auch Altenheim –, dass die relative Selbstständigkeit, die jeder ältere Mensch noch hat, erhalten werden soll, solange nur irgend möglich. Dazu gehört auch, dass geriatrische Reha so angeboten wird, dass ein älterer Mensch, der in sein Heim, in seine Wohnung zurückkommt, nach wie vor Dinge tun kann, die er vielleicht vor der Akuterkrankung auch getan hat. Gerade das 5. Altenparlament hat auf dieses Problem intensivst hingewiesen. Wir wissen ganz genau, wir haben in Pflegeheimen, in Altenheimen, in Seniorenheimen kein geriatrisch ausgebildetes Rehapersonal, das ist gar nicht ihre Aufgabe. Sie pflegen, sie versorgen, sie betreuen, sie geben keine Rehabilitation. Und deshalb dürfen wir nicht diese Menschen allein lassen und davon ausgehen, dass es irgendwie schon mal wieder gehen wird. Sie haben genauso Anspruch.

Frau Schwesig, Sie sprachen von den fünf Arbeitsgruppen, die im Zusammenhang mit dem letzten Altenparlament, mit dem 5. Altenparlament, gebildet worden sind und ihre Arbeit tun. Eine Nachfrage von mir beziehungsweise zwei Nachfragen von mir im vergangenen Jahr zu den fünf Arbeitsgruppen ergaben leider nur, dass sie arbeiten, dass sie begonnen haben zu arbeiten, aber nicht, wie weit sie denn schon wären.

Ihre Aussage, dass mit einem Geriatrieplan nicht vor Ende 2009 zu rechnen ist, finde ich beschämend.

Frau Müller, Sie haben noch eine Minute Redezeit.

Wir wissen seit Langem, dass die geriatrische Versorgung hier im Land Mecklenburg-Vorpommern angekurbelt werden muss, dass mit den Menschen gesprochen werden muss, dass moderiert werden muss mit den Ärzten, mit den Krankenkassen, wie sie die Dinge zu sehen haben.

Ich bitte sehr darum, die Ergebnisse des Altenparlamentes, die Ergebnisse der Arbeitsgruppen und die Ergebnisse wissenschaftlicher Untersuchungen schnell zusammenzuführen – die Menschen, die mit Geriatrie zu tun haben, einmal vom Beruf her, einmal von ihrer Betroffenheit her – und zu einem Geriatrieplan zu kommen. Herr Glawe sagte, die Rahmenbedingungen sind da. Da mögen Sie recht haben, Herr Glawe. Tun wir jetzt auch was dafür, dass die Menschen, die es brauchen, von diesen Rahmenbedingungen …

(Harry Glawe, CDU: Da ist Frau Ministerin ja bei. Da braucht sie noch ein bisschen Zeit zu. Da gehört auch Qualität rein.)

Sie hatten schon Zeit!

Ich bitte darum, unsere Anträge getrennt abzustimmen. – Danke.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Vielen Dank, Frau Müller.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Köster für die Fraktion der NPD.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Vergreisung zahlreicher Landstriche in unserem Land führt zu massiven Einschnitten in vielen Bereichen. Der Anteil der Senioren nimmt stark zu.

Um wieder eine gesunde Altersstruktur zu erhalten, ist die Politik gefordert. Die Politik ist dabei ebenfalls in der Pflicht, für die Generation der Rentnerinnen und Rentner, die schließlich unsere Heimat nach dem verlorenen Krieg wieder aufgebaut haben, einen lebenswerten Ruhestand sicherzustellen. Anhand der ganzheitlichen Ausrichtung der Politik ist erkennbar, ob auch die Lebensleistung der Senioren Anerkennung findet.

Das Rostocker Zentrum für Demografischen Wandel geht davon aus, dass sich die Altersstruktur im Jahr 2020 in Mecklenburg-Vorpommern gegenüber 1992 dramatisch geändert haben wird. Abwanderung und der Geburtenrückgang nach der Teilvereinigung werden die jungen Jahrgänge zahlenmäßig stark schrumpfen lassen. Diese Entwicklung wird sich, so das Rostocker Zentrum, stark auf das mittlere Alter der Mecklenburger und Pommern auswirken. Innerhalb von 30 Jahren wird dieses mittlere Alter vermutlich um 15 Jahre ansteigen und erreicht somit ein Niveau, welches für die gesamte Bundesrepublik erst für das Jahr 2050 erwartet wird. Und gleichzeitig verliert unser Land, dieses muss auch einmal ganz deutlich hier gesagt werden, ein Fünftel der Einwohner.

Die Zunahme von Senioren fordert natürlich eine Verbesserung der medizinischen Betreuung der älteren Generation. Geriatrie bedeutet also nichts anderes als Altersheilkunde, dieses zum besseren Verständnis für die Bürgerinnen und Bürger im Land. Und hier treten für viele Probleme im Bereich des Gesundheitswesens auf, die auch für fast keinen mehr nachvollziehbar sind. Bis zu 80 Prozent der Patienten, die eine geriatrische Rehamaßnahme in Anspruch nehmen, könnten laut Medienberichten zuvor vor einer vollständigen Pflegebedürftigkeit bewahrt werden. Doch sollen diese Maßnahmen von den Krankenkassen häufig aus Kostengründen abgelehnt werden. Die Patienten im Gesundheitswesen sind offenbar nur ein Kostenfaktor. Diese Haltung tritt immer deutlicher zutage. Dieses, verehrte Vertreter der Block

fraktionen, ist das Ergebnis Ihrer Politik, die wir Nationalisten aus tiefstem Herzen ablehnen.

Sie stehen für eine menschenfeindliche Politik und für eine Politik des Aussterbens. Sie haben sich mit der Vergreisung in unserem Land abgefunden. Dieses wird ja auch durch Ihre Kürzung, zum Beispiel im Bereich der künstlichen Befruchtung, sehr deutlich.

(Gelächter bei Abgeordneten der Fraktion der CDU – Dr. Armin Jäger, CDU: Das ist ja lächerlich.)

Ihre Seniorenpolitik ist aber ebenso menschenfeindlich. Sie ermöglichen es weder den Alten, den Lebensabend im Kreise der Familien zu verbringen, noch lassen Sie den Bürgern unabhängig des Alters und der Gesundheit die Gesundheitsversorgung so zukommen, die zur Gesundung oder Linderung des Leidens benötigt wird. Stattdessen ist Ihre Politik gänzlich an finanziellen und wirtschaftlichen Interessen ausgerichtet.

Die NPD-Fraktion hält den Antrag der LINKEN für richtig und wir stimmen ihm zu.

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau Tegtmeier von der Fraktion der SPD.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Es wurde bereits viel Wichtiges zum Thema geriatrische Rehabilitation gesagt, jedoch ist das Thema so wichtig, dass ich dazu auch noch einige Ausführungen machen möchte. Es ist nicht nur so wichtig heutzutage, sondern natürlich mit Blick in die Zukunft wird das ein Thema, das uns noch wesentlich mehr und häufiger auch an dieser Stelle beschäftigen wird.

Geriatrie ist eine medizinische Fachrichtung, die angesichts der demografischen Entwicklung, und das trifft nicht nur auf Mecklenburg-Vorpommern zu, sondern das kann man sogar weltweit sagen, rasch an Bedeutung gewinnt. Nach Aussagen des Verbandes der Leitenden Krankenhausärzte werden bis zum Jahr 2020 40 Geriater gebraucht, um das jetzige Niveau von einem Geriater pro 5.000 Menschen zu halten. Zum Jahresende 2003 waren in Mecklenburg-Vorpommern 18 Prozent der 75- bis 85-Jährigen auf ambulante oder stationäre Pflege angewiesen.

Zum Vergleich: Der Bundesdurchschnitt liegt bei circa 14 Prozent. Bei den über 85-Jährigen lag der Anteil der Pflegebedürftigen in Mecklenburg-Vorpommern nahezu 10 Prozentpunkte über dem Bundesdurchschnitt. Dazu kommt, dass geriatrische Patienten besonders gefährdet sind und neben einem akuten Behandlungsbedarf immer auch einen Rehabilitationsbedarf haben.