Protocol of the Session on July 4, 2008

Dem Antrag werden folgende Sätze angefügt:

‚Die Landesregierung wird beauftragt, dem Landtag bis Juli 2009 ihre bisherigen Aktivitäten darzustellen, die die Gesundheitswirtschaft in Mecklenburg-Vorpommern befördert und unterstützt haben. In dieser Darstellung ist detailliert aufzuzeigen, wann und in welchem Umfang welche Projekte und Initiativen warum unterstützt worden sind. Diese Darstellung soll zugleich Grundlage sein, um einen entsprechenden Maßnahmenkatalog für weitere Ausrichtungen in diesem Bereich abzuleiten.‘“

Das ist der gleiche Text, es ist nur das Datum geändert worden.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Richtig. Das haben wir gemerkt.)

Aus formellen Gründen muss ich das machen. – Danke.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP)

Zur Geschäftsordnung, Herr Holter, bitte.

Herr Präsident! Bei aller Hochachtung, Herr Grabow, aber einen solchen Antrag, den Sie jetzt vortragen – mündlich! –, und dann eine Zustimmung oder eine Beurteilung Ihres Antrages, also das geht einfach nicht.

(allgemeine Unruhe)

Er hat den Antrag zurückgezogen und einen neuen Antrag vorgelesen.

(allgemeine Unruhe)

Ich halte das für ein falsches Vorgehen.

(Harry Glawe, CDU: Das ist korrekt. – Toralf Schnur, FDP: Gucken Sie in die Geschäftsordnung!)

Also, wenn Sie jetzt den Geschäftsordnungsantrag stellen, Herr Holter, nach Paragraf 93 den Antrag schriftlich auszuteilen …

Genau. Ich stelle den Antrag, dass das ausgeteilt wird, dass wir uns dazu verhalten können.

Dann werden wir nach der Mittagspause die Abstimmung dazu abschließen.

Ich unterbreche die Sitzung für 40 Minuten. Wir setzen um 13.10 Uhr fort mit der Abstimmung über den entsprechenden Antrag.

Unterbrechung: 12.32 Uhr

Wiederbeginn: 13.13 Uhr

Meine Damen und Herren, wir setzen die unterbrochene Sitzung fort.

Wir kommen zur Abstimmung.

Inzwischen liegt Ihnen der mündlich vorgetragene Änderungsantrag der Fraktion der FDP auf Drucksache 5/1662 vor, über den ich zunächst abstimmen lasse. Wer dem Änderungsantrag der Fraktion der FDP auf Drucksache 5/1662 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Danke. Die Gegenprobe. – Danke. Enthaltungen? – Damit wurde dem Änderungsantrag der Fraktion der FDP auf Drucksache 5/1662 bei Zustimmung der SPD-Fraktion, der CDU-Fraktion und der FDPFraktion sowie Ablehnung der Fraktion DIE LINKE und der NPD zugestimmt.

Meine Damen und Herren, wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Antrag selbst. Wer dem Antrag der Fraktionen der CDU und SPD auf Drucksache 5/1585 mit den soeben beschlossenen Änderungen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Danke. Die Gegenprobe. – Danke. Enthaltungen? – Danke. Damit ist dem Antrag der Fraktionen der CDU und SPD auf Drucksache 5/1585 mit den soeben beschlossenen Änderungen bei Zustimmung der Fraktion der SPD, der CDU, der FDP sowie Ablehnung der Fraktion DIE LINKE und der NPD zugestimmt worden.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Das wird die Welt erschüttern, dieser Antrag!)

Meine Damen und Herren, ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 33: Beratung des Antrages der Fraktion DIE LINKE – Telekom-Abhörskandal verurteilen, unverzüglich Konsequenzen ziehen, Datenschutz stärken, Drucksache 5/1528.

Antrag der Fraktion DIE LINKE: Telekom-Abhörskandal verurteilen, unverzüglich Konsequenzen ziehen, Datenschutz stärken – Drucksache 5/1528 –

Das Wort zur Begründung hat die Abgeordnete Frau Borchardt von der Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir debattieren heute einen Antrag meiner Fraktion zum Telekom-Abhörskandal. Bereits vor einem Monat hätte sich der Landtag zu diesem hochbrisanten und aktuellen Thema positionieren können. Angesichts der Schwere der Vorwürfe gegen die Deutsche Telekom und vor allem angesichts des Ausmaßes an Verfassungsbrüchen und Gesetzesverstößen hätte

sich der Landtag nach unserer Überzeugung mit diesem dringenden Thema auch befassen müssen. Aber die Koalitionsfraktionen waren anderer Meinung, sie sahen sich außerstande, vor einem Monat klar und deutlich Stellung zu beziehen. Aus welchen Gründen jedoch blieb ihr Geheimnis. Auf eine Gegenrede zur Dringlichkeitsbegründung meiner Fraktion wurde gänzlich verzichtet. Zumindest an dieser Stelle, meine Kolleginnen und Kollegen von SPD und CDU, hätten Sie das Wort ergreifen sollen. Ich halte es für keinen guten parlamentarischen Stil, wenn man sein Abstimmungsverhalten nicht einmal begründen kann beziehungsweise will.

Meine Damen und Herren, der Telekom-Abhörskandal geht auf zahlreiche unzulässige Überwachungen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Konzerns Mitte der 90er-Jahre zurück. Ende 1996 befürchtete man in der Telekom-Zentrale, Hacker würden versuchen, in das zentrale konzerninterne Datennetz einzudringen. Dieser Verdacht, der sich bis heute nicht bestätigt hat, reichte aus, um eine der größten Affären in Politik und Wirtschaft loszutreten, denn – und damit beginnen die ungeheuerlichen Vorgänge – die Telekom entschied sich nicht, den Verdacht den zuständigen staatlichen Stellen zu melden. Nein, die Telekom hatte sich entschieden, die Angelegenheit selbst in die Hand zu nehmen. Auf Anweisung vom Management wurden telefonische Überwachungen durchgeführt. Ob und inwiefern Vorstandsmitglieder beteiligt waren, ist bislang unklar.

Bezeichnend für die Anmaßung staatlicher Kompetenzen durch die Telekom ist der Umstand, dass im dafür vorgesehenen Formularfeld der Name einer Telekom-Abteilung eingetragen wird. Üblich ist hier der Vermerk der zuständigen Staatsanwaltschaft. Dies hat auch seinen triftigen Grund. Artikel 10 im Grundgesetz schützt das Fernmeldegeheimnis. Kein Wort darf mitgeschnitten oder belauscht werden. Die Ausnahme regelt das Telekommunikationsgesetz, das unter anderem eine richterliche Anordnung vorsieht. Die Rechtslage ist insofern eindeutig und die strengen Voraussetzungen für eine Telefon überwachung verstehen sich eigentlich auch von allein.

Die Telekom setzte sich darüber hinweg, rechtliche Bedenken gegen Überwachungsmaßnahmen wurden vom Tisch gewischt. Und was erschwerend hinzukommt: Auch im Nachhinein hat die Telekom gegen Recht und Gesetz verstoßen. Weder erfolgte eine Meldung an die Bundesnetzagentur, an das zuständige Bundesinnenministerium oder an den betrieblichen Datenschutzbeauftragten, geschweige denn an die Betroffenen, von denen im Übrigen auch kein Einziger einer Straftat überführt wurde.

Meine Damen und Herren, die illegalen Abhörmaßnahmen bei der Telekom sind auch keine Einzelfälle. Nach Angaben der „WirtschaftsWoche“ vom 23. Juni dieses Jahres erfolgten illegale Abhörmaßnahmen in über 120 Fällen. Über die Dunkelziffer mag ich nicht nachdenken. Die Bahn AG ist in ähnliche Schlagzeilen geraten. Nachdenklich sollte uns die Aussage des ehemaligen Telekom-Sicherheitschefs Hans-Jürgen Knoke, nachzulesen bei „Spiegel online“ vom 3. Juni 2008, machen. Ich zitiere: „Schauen Sie mal in andere Dax-Unternehmen. Das ist gang und gäbe. Da waren wir nicht die einzigen.“ Zitatende.

Auch in Mecklenburg-Vorpommern kam es in der Vergangenheit zu Gesetzesverstößen. Der Rostocker Oberbürgermeister ließ Telefon- beziehungsweise Proto

kolldaten von Gesprächen zwischen Mitarbeitern der Stadtverwaltung und der Journalisten auswerten. Das Verfahren gegen die Verwaltungsspitze ist noch nicht abgeschlossen. Auch bei den Stadtwerken Neubrandenburg gab es einen ähnlichen Fall. Am Ende wurde der Geschäftsführer verurteilt.

Meine Damen und Herren, Sie sehen, wir reden also heute nicht nur über den aktuellen Telekom-Skandal, es geht um ein grundsätzliches Verständnis für den Datenschutz. Seit Jahren können wir die zunehmende Tendenz beobachten, dass datenschutzrechtliche Belange zunehmend dem vermeintlichen Sicherheitsbedürfnis geopfert werden.

Und ich möchte an dieser Stelle zitieren aus dem „Behörden Spiegel“: „Der private Überwachungsstaat“. Zitat: „,Staat im Staate‘, das gibt es nun öffentlich zu bestaunen. Allerdings nur als Teilansicht, denn was bei Telekom und Bahn zumeist legal, aber auch kriminell ‚spioniert‘ wurde, gibt es auch im Handel, der Finanzwirtschaft und der Informations- und Kommunikationsbranche selbst. Und immer verwischt die Grenze zwischen Erlaubtem und Verbotenem. Datenschutz ist eine stumpfe Waffe, ein zu häufig als überflüssiges Hindernis angesehenes Relikt. Es bleibt aber längst nicht bei der Informationsbeschaffung, der Auswertung folgen auch Konsequenzen. Dies sind Handlungen ohne das Licht der Öffentlichkeit, effizienter und wirkungsvoller als eben eine Einschaltung staatlicher Stellen wie Polizei und Justiz.“ Zitatende. Und eine Unterschrift darunter ist: „Sicherheit in einer Parallelgesellschaft“.

Die Diskussionen um Vorratsdatenspeicherung, Videoüberwachung oder Onlinedurchsuchungen sind nur einige weitere Stichworte für die Datensammelwut. Es reicht nicht nur aus, bei Bekanntwerden solcher eklatanten Rechtsverstöße diese zu verurteilen und zu erklären, wie schlimm das alles doch sei. Nein, wir müssen einen Schritt weiter gehen. So reicht es natürlich nicht, dass sich der Konzernchef René Obermann bei den betroffenen entschuldigen will. Wir brauchen vielmehr ein gesellschaftliches Klima, das Misstrauen und flächendeckenden Überwachungsdruck abbaut.

In diesem Zusammenhang möchte ich auch den Vorsitzenden der Polizeigewerkschaft Konrad Freiberg hier zitieren: „Konzernherren benehmen sich so, als ob sie sich über den Rechtsstaat stellen wollen. Dieses Bewusstsein in den Unternehmen muss sich ändern.“ Ich füge hinzu, das betrifft Wirtschaft und Politik gleichermaßen, denn die Politik ist es, die gesetzliche Grundlagen schafft.

Meine Damen und Herren, ich bin gespannt auf die Debatte hier im Landtag und hoffe, dass Sie unserem Antrag zustimmen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Danke, Frau Borchardt.

Meine Damen und Herren, im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 45 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Um das Wort hat zunächst gebeten der Innenminister des Landes Mecklenburg-Vorpommern. Herr Caffier, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Wie wir den Medien in den letzten Wochen entnehmen konnten, hat die Telekom offenbar in unzulässiger Weise Gespräche ihrer Mitarbeiter mit Journalisten überwacht. Das Wort vom „Datenschutz“ oder wie in der Überschrift Ihres Antrages „Abhörskandal“ macht deshalb die Runde. Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz fordert die striktere Einhaltung von Gesetzen beziehungsweise die Schaffung neuer Vorschriften. Das ist sein gutes Recht, mehr noch, das ist seine Aufgabe. Verwaltungstechnisch formuliert heißt das, es ist sogar seine Zuständigkeit.

Mit dem Antrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 5/1528 soll jetzt der Landtag mit dem Thema befasst werden und damit, das muss ich gestehen, tue ich mich sehr schwer. Zum einen liegt es daran, dass es um die Auslegung oder Änderung von Vorschriften des Bundesdatenschutzgesetzes geht. Wie gesagt, fordert der Bundesbeauftragte neue Maßnahmen, liegt das im Rahmen seiner Zuständigkeiten. Bekanntermaßen haben aber weder Landtag noch Landesregierung erwähnenswerte Gestaltungsräume, wenn Maßnahmen aus der ausschließlichen Bundesgesetzgebung in Rede stehen. Zum anderen: Ich bezweifle, dass es bis jetzt konkrete Untersuchungen zu der Frage gibt, wie weit TelekomMitarbeiter oder Journalisten aus Mecklenburg-Vorpommern in die Vorgänge involviert sind. Die Aufgabe der Abgeordneten dieses Hauses liegt doch darin, sich um die Belange der Einwohner unseres Bundeslandes zu kümmern, und nicht darin, Zustände anzuprangern, die irgendwo anders in der Bundesrepublik Deutschland und noch dazu außerhalb der Landeszuständigkeit bestehen.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Rostock und Neubrandenburg liegen in M-V. – Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Sicherlich haben alle Bürger ein Recht darauf, dass diese Vorgänge vollständig aufgeklärt werden und die rechtsstaatlichen erforderlichen Maßnahmen ergriffen werden.

(Udo Pastörs, NPD: Nach dem Motto: „Uns interessiert nur so viel, was wir bis zur Kirchturm- spitze sehen können“, das ist zu kurz gedacht.)

Aber welcher Ermittlungsbehörde dient es, wenn der Landtag des Bundeslandes Mecklenburg-Vorpommern die Vorgänge zu einem Verfahren, welches im Übrigen noch gar nicht abgeschlossen sein dürfte, schon jetzt verurteilt?

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch in inhaltlicher Hinsicht überzeugt mich der Antrag nicht. Bekanntermaßen regelt das Bundesdatenschutzgesetz das sogenannte Zweckbindungsprinzip, will heißen, dass personenbezogene Daten nur zu dem Zweck weiterverarbeitet werden dürfen, zu dem sie erhoben worden sind. Flankiert werden diese gesetzlichen Vorschriften durch eine höchstrichterliche Rechtsprechung, die gerade in letzter Zeit die Belange des Schutzes des Bürgers vor einer unzulässigen Weiterverwendung seiner personenbezogenen Daten nachhaltig stärkt. Mit anderen Worten: Das Bundesdatenschutzgesetz enthält ausreichende Schutzvorkehrungen gegen unzulässigen Datenmissbrauch, sodass ein Änderungsbedarf vorerst nicht erkennbar ist.