Protocol of the Session on December 14, 2007

Wieder einmal versuchen Sie, meine Damen und Herren der LINKEN, den Menschen vorzuschwindeln, dass Sie die einzige Partei mit einem sozialen Gewissen sind.

(Zuruf von Regine Lück, DIE LINKE)

Ich habe Ihnen nicht vorgeworfen, dass Sie es gesagt haben. Ich stelle nur fest, dass das immer wieder ein Grundtenor Ihrer Anträge ist, uns vorzuhalten, wir hätten alle kein soziales Gewissen, sondern Sie seien die Einzigen, die das hier in diesem Parlament tragen und vortragen würden.

(Gabriele Měšťan, DIE LINKE: Na wir sind nun mal die Partei der sozialen Gerechtigkeit. Das werden Sie noch begreifen. Wenn es so ist, dann muss man es auch so sagen.)

Sie hätten für diesen Antragsinhalt allerdings eintreten können und müssen, als Sie hier Regierungsverantwortung gehabt hatten.

(Regine Lück, DIE LINKE: Wenn Sie zustimmen, haben Sie ja ein soziales Gewissen. – Gabriele Měšťan, DIE LINKE: Ich frage Sie noch einmal: Sind wir hier im Bundestag? – Irene Müller, DIE LINKE: Im Bund?)

Und aus diesen vorgenannten Gründen lehnt meine Fraktion den vorliegenden Antrag selbstverständlich ab. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der CDU)

Danke schön, Herr Stein.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Grabow von der Fraktion der FDP.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die FDP-Bundestagsfraktion hat bereits in der letzten Legislaturperiode ihre Forderung zu einer Novellierung des Wohngeldgesetzes deutlich gemacht.

(Zuruf von Irene Müller, DIE LINKE)

In einem Antrag forderten die Liberalen, das Wohngeld zu erhöhen, die Zielgenauigkeit des Wohngeldes zu verbessern und die Bürokratie zu verringern, die mit der Bereitstellung von Wohngeld für Mieter und – nicht zu vergessen – auch für Wohneigentümer verbunden ist. Wenn es nach uns gegangen wäre, hätten die Mieter schon seit dem 01.01.1999 ein höheres Wohngeld in der Geldbörse gehabt. Doch dieser Zeitpunkt zur Erhöhung des Wohngeldes ist seinerzeit von SPD und Grünen mieterfeindlich verpasst worden. Die Reform des Wohngeldgesetzes steht damit immer noch aus. Der nun Ende November 2007 in Erster Lesung im Bundestag behandelte Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Wohngeldes war zwischen den Regierungsparteien

im Koalitionsvertrag vereinbart und damit keine große Überraschung. Allerdings überraschte der Inhalt schon, denn die Koalitionsparteien hatten sich nicht nur darauf verständigt, das Wohngeldgesetz zu entschlacken und zu vereinfachen, sondern es sollte auch durch die materiellen Verbesserungen des Wohngeldes auf die in den letzten Jahren erheblich gestiegenen Wohnkostensteigerungen, insbesondere durch die extrem gestiegenen Energiekosten, reagiert werden.

Ich will die Kostensteigerungen seit 2001 noch einmal nennen, damit klar ist, dass es hier nicht um Bagatellbeträge geht. Die Kosten für Strom sind um 23,8 Prozent, für Gas um 30,3 Prozent und für Öl um 53,3 Prozent gestiegen. Das führt im Extremfall dazu, dass die Betriebskosten die Kaltmiete weit übersteigen und das Wohngeld damit seine Wirkung komplett verfehlt. Es ist also einerseits zu loben, dass mit dem Entwurf Erleichterungen und Vereinfachungen geschaffen wurden, zum Beispiel durch den Wegfall der für die Höhe des Wohngeldes maßgeblich differenzierten vier Baualtersklassen oder durch die Klarstellung wohnungsrechtlicher Begriffe sowie die Abgrenzung zu Transferleistungen für ALG-IIEmpfänger. Andererseits wird aber die tatsächliche Mietkostenentwicklung nicht berücksichtigt. Das entspricht nicht dem eigentlichen Anliegen des Wohngeldes.

(Vizepräsident Andreas Bluhm übernimmt den Vorsitz.)

Der Berliner Koalitionsvertrag beschreibt dieses Anliegen, indem er besagt, dass das Wohngeld der sozialen Absicherung des Wohnens diene. Ich teile diese Auffassung, fi nde aber ebenso wie meine Berliner Kollegen im Entwurf keine entsprechende Umsetzung. Die Bundesregierung hat zwar im Wohngeld- und Mietbericht 2006 sowie in einer Antwort auf die Frage der Fraktion der FDP im Bundestag, der Grünen und der LINKEN daraus richtig erkannt, dass die Belastungen für Geringverdiener mit einem Wohngeldanspruch insbesondere durch die warmen Betriebskosten extrem gestiegen sind. Sie hatten diese Erkenntnis aber nicht in erforderlichem Maße in den vorliegenden Entwurf einfl ießen lassen. Zum Beispiel macht allein der Wegfall der Baualtersklassen ein Anheben der Höchstbeträge nicht entbehrlich.

Ich meine, es ist nicht hinnehmbar, dass Bezieher von Arbeitslosengeld II Unterkunftskosten und Heizkosten fast vollständig vom Staat ersetzt bekommen, während Besitzer von Wohngeld nur Zuschuss zur Grundmiete bekommen. Wir als Liberale möchten gern eine Einzelabstimmung und werden den ersten Punkt nicht mittragen, den zweiten ja. – Danke.

Danke schön, Herr Abgeordneter.

Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der SPD die Abgeordnete Frau Tegtmeier.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Es hat natürlich auch etwas Gutes, wenn man in der Reihe ziemlich weit hinten dran ist. Dann kann man sich viele Dinge sparen, die man eigentlich gern vorgetragen hätte.

Der uns vorliegende Antrag der Fraktion DIE LINKE kommt sehr spät. Auf der Bundesebene werden alle Ihre Forderungen bereits umfänglich diskutiert und ich stelle fest, dass sie auch in sehr guter Gesellschaft sind. Nicht nur der Deutsche Mieterbund stellt diese Forderungen,

sondern auch der Deutsche Städte- und Gemeindebund hat es im Großen und Ganzen in der Anhörung der Bundestagsausschüsse am 12. Dezember, also vorgestern, vorgetragen. Die Konsequenz daraus beziehungsweise die Auswertung – der Minister Ebnet sagte es schon – steht allerdings noch aus. Gleichwohl, der Deutsche Städte- und Gemeindebund hat natürlich eine etwas andere Intention in der Richtung, weil er in seiner Begründung auch feststellt, dass seit der Einführung des Arbeitslosengeldes II zunehmend Haushalte, die über Erwerbseinkommen verfügen – und das sagte Frau Lück auch schon –, aus dem Wohngeldbezug in den fi nanziell attraktiveren Bezug von SGB-II-Leistungen gewechselt sind, was natürlich bedeutet, dass da die kommunale Ebene an der Finanzierung beteiligt ist.

(Regine Lück, DIE LINKE: Das ist der Punkt.)

Welchen Anspruch Wohngeld erfüllen soll, hat Frau Lück, aber auch Herr Stein vorhin noch einmal ausführlich dargestellt. Und es ist auch richtig, Frau Lück, damit das Wohngeld seine Leistungsfähigkeit behält – und auch das sagt der Wohn- und Mietbericht des Bundes von 2006 aus –, muss es wegen der Einkommens- und Mietentwicklung in regelmäßigen Abständen überprüft und gegebenenfalls angepasst werden. Das ist bis 1990 im Abstand von jeweils drei bis vier Jahren auch geschehen, danach erst wurde mit der Leistungsnovelle vom 1. Januar 2001 die Leistungsfähigkeit wieder merklich erhöht. Auch wurde ausführlich darauf eingegangen, welche tiefgreifenden Änderungen im Jahr 2005 erfolgt sind, deren Ziel es ausdrücklich war, eine klare Trennung der Zuständigkeiten für die Unterkunftskosten der Transferleistungsempfänger und der Haushalte ohne Transferleistungen zu erreichen.

Und, Frau Lück, wenn Sie aus dem eben erwähnten Bericht zitieren, sollten Sie aber auch nicht verschweigen, dass dieser Bericht zu der Schlussfolgerung kommt, dass die höheren gesamten Mieten vor allem auch eine Folge höherer Wohnfl ächennachfragen sind. Dieser Bericht weist aus, dass die Mietbelastungsquote der Mietzuschussempfänger von Wohngeld im Jahr 2005 bundesweit mit 40,6 merklich niedriger als 2004 mit 43,8 Prozent war. Demgegenüber ist die Mietbelastung nach Wohngeld allerdings bundesweit leicht von 30,7 auf 31,6 Prozent angestiegen.

(Regine Lück, DIE LINKE: Wir können das nach Einkommensgruppen analysieren. Für Hartz-IV-Empfänger trifft das nicht zu.)

Das liegt dem Bericht zufolge daran, dass bei den im Durchschnitt höheren Einkommen der verbliebenen Wohngeldbezieher das Wohngeld einen geringeren Entlastungsgrad leistet. Zur Evaluierung des Wohngeldrechtes wurde übrigens von der Bauministerkonferenz eine Bund-Länder-Projektgruppe eingesetzt, die im Juni 2006 ihre Ergebnisse in einem Abschlussbericht vorgelegt hat. Die Ergebnisse, also die Novellierungsinhalte, die angestrebt waren, wurden Ihnen auch schon mehrfach hier vorgetragen. Die Anhebung des Wohngeldes gehörte nicht dazu.

Und, Frau Lück, wenn Sie von den Ausschüssen des Bundesrates und den Empfehlungen bezüglich der Anhebung des Wohngeldes berichten, dann dürfen Sie allerdings auch nicht verschweigen, dass der Bundesrat selbst dem nicht gefolgt ist. Der Bundesrat selbst hat die Empfehlungen seiner Ausschüsse nicht aufgenommen

und die Stellungnahme, die Empfehlung an den Bundestag weist das nicht aus.

(Angelika Gramkow, DIE LINKE: Dann sagen Sie auch, warum, und wer das war! Das ist auch nur die halbe Wahrheit. – Birgit Schwebs, DIE LINKE: Die halbe Wahrheit ist auch ’ne ganze Lüge.)

Der Bundestag wird sich in seiner Anhörung auch mit diesen Forderungen befassen. Ich habe vorhin schon gesagt, diese Forderungen sind nicht aus der Welt. Ich will nur klarstellen, dass der Bundesrat selbst diese Forderungen seiner Ausschüsse nicht aufgenommen und nicht weitergegeben hat.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Deswegen muss man nachhelfen, Frau Tegtmeier. Das ist nun mal ein Beschluss.)

Und was die Berücksichtigung der Heizkosten angeht, so entspricht das dem Novellierungsansatz überhaupt nicht. Die Berücksichtigung der Heizkosten wäre praktisch eine direkte Abkehr vom bisherigen System und das kann man auf der anderen Seite auch daran sehen, dass auf Bundesebene gerade in Bezug auf die Entwicklung von Heizkosten andere Aktivitäten angestoßen werden. Wenn man im Bundesbauministerium sieht, dass nach dem am 27. November vorgestellten CO2-Gebäudereport jetzt große Bestrebungen angelaufen sind, die Kosten für die Heizwärme ganz deutlich zu reduzieren, um damit einen Beitrag zur Entlastung von Mietern, aber auch vor allen Dingen natürlich zur Entlastung der Umwelt anzustoßen, denke ich mal, ist das ein Prozess, der in eine ganz andere Richtung weist.

(Irene Müller, DIE LINKE: Das nutzt doch aber den Leuten nicht, die heute hier wohnen.)

Ich kann mich hier nach den Ausführungen nur meinen Kollegen von der CDU anschließen

(Helmut Holter, DIE LINKE: Schlimm genug.)

und zum Ausdruck bringen, dass wir Ihren Antrag nicht mittragen werden.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der SPD – Irene Müller, DIE LINKE: Ist das aber traurig.)

Danke schön, Frau Abgeordnete.

Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der NPD der Abgeordnete Andrejewski. Bitte, Herr Abgeordneter.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Was immer die neue Wohngeldnovelle letztendlich bestimmen wird, nützt gar nichts, wenn sich die Verwaltungspraxis nicht ändert. Das Wohngeld gehört zu den Sozialleistungen, über deren Anspruchsvoraussetzung in der Bevölkerung die größte Verwirrung herrscht. Die Antragsformulare sind hoch kompliziert und wirken nicht nur abschreckend, sie sind es auch. Das sind halbe Steuererklärungen. Damit kommen die Leute noch schlechter zurecht als mit Hartz IV. Hilfe seitens der Behörden oder Aufklärung fi nden nicht statt. Die Bescheide enthalten häufi g keinerlei nachvollziehbare Begründung. Es heißt einfach nur: Sie erhalten kein Wohngeld, weil Sie die Voraussetzungen nicht erfüllen. Keine Berechnung, keine Hinweise, nichts – bumm, dann sitzt man da. Die Wohngeldstellen mauern und der Staat denkt nicht im Traum daran, etwa Informationskampag

nen durchzuführen, damit die Leute ihre Rechte kennenlernen. Das Motto lautet: Die besten Rechte sind unbekannte Rechte, die keiner in Anspruch nimmt. Das ist auch ein Grund dafür, dass die Anzahl der Berechtigten und der Inanspruchnehmer sinkt.

Sachlich ist es natürlich mehr als geboten, dass Geringverdiener in höherem Maße unterstützt werden. Bezieher von Niedriglöhnen, die gerade so über den Arbeitslosengeld-II-Sätzen liegen, haben ein noch schwereres Leben als reine Hartz-IV-Empfänger. Deren Dasein ist hart, aber einfach. Sie haben keine Arbeit, verdienen häufi g nichts dazu und müssen auch kein Wohngeld beantragen, sodass die Behörden nicht allzu viel zu berechnen haben.

(Zuruf von Angelika Gramkow, DIE LINKE)

Mit ein bisschen Glück und wenn die Software nicht spinnt oder übereifrige Sozialermittler nicht mal eben die Leistung kürzen, kommen die Bezüge einigermaßen regelmäßig. Aber Kleinverdiener, die mal etwas mehr oder etwas weniger verdienen, bei denen die Heizkosten mal höher oder mal niedriger sind und die in einem Monat mal Anspruch auf Auffüllung haben durch Hartz IV oder Wohngeld, im nächsten nicht und im übernächsten in anderem Ausmaß, die haben es schwer. Die Sozialbehörden sind davon überfordert und die Berechtigten haben neben ihrer berufl ichen Tätigkeit auch noch jede Menge Papierkram zu erledigen. Das ist zermürbend. Dringend notwendig sind daher nicht nur effektive Hilfe, sondern Vereinfachung, einfache gesetzliche Regelungen, einfache Formulare und einfache behördliche Abläufe.

Dabei sollte man auch die vielen kleinen Selbstständigen im Auge behalten, die, was ihr Einkommen angeht, häufi g nichts anderes sind als Hartz-IV-Empfänger mit Laden. Viele sind auch Aufstocker und vielleicht in diese Lage geraten, weil sie der mehr als fahrlässigen Parole der rot-roten Regierung „Einfach anfangen“ Folge geleistet haben. Was wäre eigentlich, wenn Hunderttausende dieser Gewerbetreibenden bundesweit plötzlich sagen würden, einfach aufhören, einfach den ganzen Kram hinschmeißen?

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD – Zuruf von Helmut Holter, DIE LINKE)

Diesen Gedanken hegen viele von ihnen, sie fragen sich wirklich jeden Morgen, warum sie das noch machen.

Ich darf an die schwere psychologische Fehlleistung erinnern, die sich die Hartz-IV-Strategen geleistet haben, als sie Sozialhilfe und Arbeitslosenhilfe zusammenlegten und dann Bauklötze staunten, als sich viel mehr Anspruchsberechtigte meldeten, als sie gedacht hatten. Sie hatten nicht bedacht, abgehoben und volksfern, wie sie waren und noch sind, dass viele Bürger zu stolz gewesen waren, Sozialhilfe zu beantragen, um nicht als Sozialfälle zu gelten. Diese psychologische Barriere fi el, als sich das Ganze Arbeitslosengeld II nannte. Was wird geschehen, wenn all die am Existenzminimum herumkrebsenden kleinen Selbstständigen ihren Stolz vergessen und tatsächlich einfach aufhören. Dann wird diese Republik erbeben.

Bevor es dazu kommt, würde ich an Ihrer Stelle schleunigst etwas unternehmen, auch in Gestalt günstiger Wohngeldregelungen. Deswegen stimmen wir dem Antrag zu.