Protocol of the Session on December 14, 2007

Meine Damen und Herren, seit Einführung des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt, der für viele Menschen verheerenden Hartz-IV-Gesetze, werden für Bezieher von Transferleistungen die Kosten für die Unterkunft und die Heizung übernommen, auch wenn man sich darüber streiten könnte, ob dieses angemessen erfolgt. Fest steht: Seither reduzierte sich die Anzahl der Empfängerhaushalte für Wohngeld deutlich. So lag 2006 die Anzahl in unserem Land bei rund 30.600, während es 2004 noch 116.000 und damit fast viermal

so viel Haushalte waren. Und es werden jährlich immer weniger Anspruchsberechtigte. Wohngeldempfänger sind also in der Minderheit, und das, obwohl deren Anteil in unserem Land weit mehr als doppelt so hoch wie im Bundesdurchschnitt ist.

Mit Hartz IV und der damit verbundenen Neuregelung im Wohngeldrecht sollte das Wohngeld auf seine eigentliche Zielgruppe konzentriert werden. Diese Zielgruppe sind Haushalte mit geringem Einkommen, jedoch oberhalb der Bedürftigkeitsschwelle der Sozialhilfe und damit oberhalb des Existenzminimums. Laut Wohngeld- und Mietenbericht 2006 sollten insbesondere Erwerbstätige mit geringem Einkommen, Familien mit Kindern, Rentner, Rentner außerhalb der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung sowie Erwerbslose mit Arbeitslosengeld I im Wohngeld verbleiben.

Die Realität sieht aber anders aus. Die soziale Struktur der Wohngeldempfänger hat sich deutlich verändert. So beträgt der Anteil der Erwerbstätigen landesweit nicht einmal mehr ein Drittel. Nur noch knapp zehn Prozent sind Arbeitslosengeld-I-Empfänger und über die Hälfte sind Rentner, die das Wohngeld beziehen. Dazu gehören rund 275.000 Haushalte, die bundesweit nur aus dem einen Grund zu Hartz-IV-Empfängern werden, weil sie mit Wohngeld schlechtergestellt sein würden. Deshalb fordern wir deutlich mehr Wohngeld und als neue Qualität im Wohngeldrecht die Einbeziehung der Heizkosten in die zuschussfähige Miete beziehungsweise in den Lastenzuschuss.

Angesichts der exorbitant gestiegenen und weiter steigenden Energiepreise gibt es dazu gar keine Alternative oder Sie nehmen in Kauf, dass noch mehr Haushalte in Hartz IV abgedrängt werden. 35.000 sogenannte Aufstocker leben allein in unserem Land. Das sind Menschen, die trotz Vollzeitarbeit so wenig verdienen, dass sie Anspruch auf ergänzende Arbeitslosengeld-II-Leistungen haben. Absurd ist, dass einerseits ihr verfügbares Haushaltseinkommen nicht ausreicht, um neben den Lebenshaltungskosten auch die Kosten für ein angemessenes Wohnen aufzubringen, andererseits überschreiten sie aber die derzeit im Wohngeldrecht geltenden viel zu niedrigen Einkommensgrenzen und sind deshalb nicht anspruchsberechtigt. Um den Empfängerkreis für Wohngeld auszudehnen, ist eine spürbare Anhebung der Einkommensgrenzen notwendig. Wohngeld muss wieder den Stellenwert erhalten, für den es 1961 in der Bundesrepublik eingeführt wurde. Es soll einkommensschwache Haushalte von Wohnkosten entlasten, indem ein Zuschuss gezahlt wird, und dies muss oberhalb des Existenzminimums erfolgen.

Den Empfehlungen der Bundesratsausschüsse unter Federführung des Ausschusses für Städtebau, Wohnungswesen und Raumordnung sollte bei der Anhebung der Einkommensgrenzen und bei einer angemessenen Anpassung der Wohngeldleistungen gefolgt werden. Darüber hinaus müssen die Heizkosten mit einbezogen werden. DIE LINKE sagt: Ohne Wenn und Aber muss mit der Wohngeldnovelle eine Leistungsverbesserung einhergehen! Wir erwarten, dass Sie, meine Damen und Herren von der Regierungskoalition, das mittragen. Deshalb bitte ich um getrennte Abstimmungen zu den Punkten I und II.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Danke schön, Frau Lück.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 45 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat der Minister für Verkehr, Bau und Landesentwicklung Herr Dr. Ebnet.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das Wohngeldgesetz ist ein Bundesgesetz und es steht im Moment im Bundestag zur Novellierung an, es wird dort beraten. Vorgestern wurde dazu eine Anhörung durchgeführt. Ich denke, die Ergebnisse dieser Anhörung müssen ausgewertet werden. Die Partei DIE LINKE hat hier ähnliche Forderungen in den Landtag eingebracht, wie sie auch von ihr im Bundestag eingebracht wurden. Ich meine, im Bundestag sind sie auch richtig platziert.

Die veränderte Bedeutung des Wohngelds wurde von Frau Lück eben schon erwähnt und unterstrichen. Wir hatten tatsächlich 2004 im Land 115.000 Wohngeldempfänger, jetzt sind es noch 30.000. Das hat aber nichts mit einer Kürzung des Wohngeldes zu tun, sondern mit einer Neuregelung für die meisten Leistungsempfänger, die jetzt ihre Leistung für die Wohnung im Rahmen von Hartz IV erhalten.

(Regine Lück, DIE LINKE: Das wissen wir auch.)

Die Struktur der Wohngeldempfänger hat sich ebenfalls verändert. 51 Prozent der Wohngeldempfänger sind heute Rentner. Aber das heißt noch nicht, dass das Wohngeld zu einer Restgröße werden darf, sondern es ist weiterhin für die betroffenen Personen wichtig und muss erhalten und fortentwickelt werden.

Meine Damen und Herren, es trifft aber nicht zu, dass hier eine reine Verwaltungsvereinfachung der Inhalt dieser Gesetzesnovelle im Bundestag wäre, denn es fi ndet auch eine wesentliche Leistungsverbesserung statt. Es geht hier nicht um die allgemeine Anhebung des Wohngeldes, sondern es geht um die Beseitigung einer, wie ich glaube, eklatanten Ungerechtigkeit im Rahmen des Wohngeldes. Stellen Sie sich Folgendes vor: Sie haben zwei Personen, die haben jeweils ein identisches Einkommen, sie zahlen die gleiche Miete, aber der eine wohnt in einem Neubau und der andere in einem Altbau. Der im Altbau bekommt weniger Wohngeld als der in einem Neubau. Das ist schwer verständlich und sozial nicht begründbar. Das ist nur aus der Historie einmal begründbar gewesen, dass die Mieten in Altbauwohnungen niedriger waren als in Neubauwohnungen, aber das trifft heute nicht mehr zu. Ich denke, es ist gut und richtig, dass diese Ungerechtigkeit innerhalb des Wohngeldsystems beseitigt wird. Das ist aus meiner Sicht die vordringliche Aufgabe.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der SPD)

Und das wird für einen Teil der Wohngeldempfänger zu einer wesentlichen Verbesserung der Wohngeldleistungen, nämlich für diejenigen, die in Altbauwohnungen leben. Und zufällig, es ist wirklich zufällig, entspricht diese Leistungsverbesserung insgesamt – im Landeshaushalt kann man es ablesen – etwa einer durchschnittlichen Anhebung von etwa 15 Prozent beim Wohngeld. Damit wäre die Forderung der LINKEN auf einem anderen Weg erfüllt.

Aber die Frage, die sich natürlich stellt, ist immer die: Ist ein Glas halb voll oder ist es halb leer? Klar ist, dass das Wohngeld weiterhin der Novellierung, der Überarbeitung und gegebenenfalls auch der Anpassung bedarf. In diesem Schritt, der jetzt gegangen werden soll, fi nden aber eine wesentliche Verbesserung und eine Beseitigung von Ungerechtigkeiten statt. Ich denke, dieser Schritt sollte von allen gemeinsam gegangen werden. Und wenn ich die Frage stelle, ist das Glas nun halb voll oder ist es halb leer, so lautet meine Antwort: Es ist halb voll und deshalb sollten wir diesen Schritt auch gehen. – Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der SPD)

Danke, Herr Minister.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Stein von der Fraktion der CDU.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Erst einmal zum Wasser.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Haben Sie gestern Weihnachtsfeier gehabt? – Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und FDP)

Nein, ausnahmsweise nicht. Die habe ich heute Abend erst noch vor mir, deshalb bin ich jetzt noch ein bisschen vorsichtig. – Danke.

Wie immer, wenn ich nach Minister Ebnet hier ans Mikro treten darf, ist eigentlich nicht mehr allzu viel zu sagen.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Oh!)

Seit über 40 Jahren werden in der Bundesrepublik bei Bedarf Wohnkosten durch das Wohngeld bezuschusst. Für viele Menschen unseres Landes ist diese Leistung des Sozialstaates unverzichtbar. Ich glaube, da sind wir uns auch alle einig.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Ihr Vorgänger hat mehr gesagt.)

Dennoch muss klar festgestellt werden, und Frau Linke hat das ja eigentlich auch umfassend erläutert, dass...

(Gabriele Měšťan, DIE LINKE: Das war Frau Lück! Das war Frau Lück!)

Entschuldigung, Frau Lück war es, genau.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: So viel Zeit muss sein!)

Die beiden Namen verwechsele ich manchmal, das muss ich zugeben, nicht optisch, aber einfach die Namen. Es tut mir leid.

Es wurde also von Frau Lück klar dargelegt, dass mit der Hartz-IV-Gesetzgebung das Wohngeld umfassend berührt worden ist. Das Wohngeld wurde auf einen Kernbereich von Leistungsempfängern zurückgeführt, und zwar im Wesentlichen auf Menschen mit niedrigem Einkommen beziehungsweise überwiegend niedriger Rente. Durch die Vollkostenübernahme für das Wohnen bei ALG-II-Empfängern im Rahmen der Grundsicherung ist hier ein großer Teil der Wohngeldempfänger entfallen. Gerade hier wird wieder einmal deutlich, dass Sie, meine Damen und Herren der Linkspartei, in der vergangenen Legislatur alle Möglichkeiten hatten, um die mit der Hartz-IV-Gesetzgebung verbundenen Neuregelungen zu verhindern oder zu verändern.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Wer hat Ihnen denn das aufgeschrieben?! – Gabriele Měšťan, DIE LINKE: Sind wir hier im Bund?)

Schon damals wurde Ihnen der Spagat zwischen der Regierungsverantwortung einerseits und den Demonstrationen gegen die Hartz-IV-Gesetzgebung andererseits nicht abgenommen.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Na, dann sollten Sie sich mal ganz genau erkundigen!)

Und gerade aus diesem Grunde, das werden Sie sicherlich verstehen, werden wir auch den vorliegenden Antrag Ihrer Fraktion ablehnen.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Mecklenburg- Vorpommern hat sich im Bundesrat enthalten. Haben Sie das nicht zur Kenntnis genommen? – Zurufe von Gabriele Měšťan, DIE LINKE, und Irene Müller, DIE LINKE)

Und mal ganz nebenbei bemerkt, dieser Spagat ist vielleicht auch Ausdruck Ihres Wahlergebnisses gewesen, weil verbogene Politik nun mal nicht gewählt wird.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Ich glaube, wir haben nicht so viel verloren an Wählerstimmen wie Sie. – Zuruf von Regine Lück, DIE LINKE)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das Ziel der Bundesregierung – das kann man auch überall nachlesen – ist es, den Verwaltungsaufwand im Vollzug zu vermindern und Abläufe zu vereinfachen. Wohngeldmittel sollen in Zukunft effi zienter eingesetzt werden können. Hier wird also gleichzeitig, und das ist ja unser aller Anliegen, ein Beitrag zum Bürokratieabbau geleistet.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Mit dem Bürokratieabbau geht es auch immer hin und her. Mal wird Demokratie abgebaut, mal nicht.)

Im Einzelnen sieht der Gesetzentwurf unter anderem folgende Änderungen – ich will nicht alle vorlesen – vor, dass erstens der wohngeldrechtliche Haushalsbegriff fortentwickelt werden soll, das heißt, alle Mitglieder einer Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft sollen künftig in diesen nach dem Mittelpunkt ihrer Lebensbeziehung einbezogen werden. Dadurch entfällt – Bürokratieabbau – die für die Verwaltung äußerst kompliziert durchzuführende Verwaltungsrechnung.

Der Verzicht auf unterschiedliche Baualtersklassen wurde ebenfalls von Frau Lück schon erwähnt.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Er hat’s! Er hat’s!)

Auch hier ist natürlich ganz maßgeblich nicht nur der Bürokratieabbau zu berücksichtigen, sondern auch eine Vereinfachung in der Behandlung der unterschiedlichen Antragstellungen. Und ganz nebenbei, gerade in Ostdeutschland, gerade am Beispiel von Rostock oder unserer Städte generell in Mecklenburg-Vorpommern, es ist schon ein Unterschied, ob man einen relativ einheitlichen Sanierungsstand hat, wie wir es gerade hier haben oder wie in den alten Bundesländern, wo dann doch über mehrere Jahrzehnte ein unterschiedlicher Standard vorzufi nden ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Bundesrat hat in seiner Stellungnahme eine Vielzahl von Anregungen eingebracht. Sie werden im weiteren Verfahren – der

Minister erwähnte es – ihre entsprechende Berücksichtigung fi nden. Die von Ihnen hier aufgeworfenen Forderungen vermengen nach unserer Ansicht das Wohngeldgesetz mit den Hartz-IV-Regelungen. Sie tun hier so, als ob die Anhebungen der Wohngeldzahlungen in Gänze in unserem Land nicht stattgefunden hätten. Klar herauszustellen ist, dass die Hartz-IV-Empfänger die sogenannten Kosten der Unterkunft, einschließlich der Heizkosten, außerhalb des Wohngeldgesetzes erstattet bekommen.

(Irene Müller, DIE LINKE: Irgendwie habe ich das Gefühl, er hat den Antrag gar nicht gelesen.)

Wieder einmal versuchen Sie, meine Damen und Herren der LINKEN, den Menschen vorzuschwindeln, dass Sie die einzige Partei mit einem sozialen Gewissen sind.