Der Jugendstrafvollzug muss zwei Elemente haben, ein abschreckendes, Respekt einfl ößendes in der ersten und dann erst ein resozialisierendes in der zweiten Haftphase. Wenn diese Mischung nicht stimmt, droht ein Misserfolg,
(Irene Müller, DIE LINKE: Herr Andrejewski, so ein Deutschland hatten wir schon mal. – Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)
Es hat jetzt das Wort für die Fraktion DIE LINKE die Abgeordnete Frau Borchardt. Bitte, Frau Abgeordnete.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin sehr froh darüber, dass wir uns darüber einig sind, dass wir uns über die Irrwege der Herren, die hier laufend begangen werden in diesem Parlament, nicht all zu lange aufhalten. In meiner Einbringung habe ich bereits zum Ausdruck gebracht, dass es in diesem Gesetzgebungsverfahren in erster Linie darum gehen muss, die besten Konzepte zu fi nden. Und nachdem, was ich hier in der Debatte alles gehört habe, kann ich nur sagen: Ein Stück weit Aufgeschlossenheit stünde Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen der Regierungsfraktionen, gut zu Gesicht.
Ich möchte in diesem Zusammenhang auch auf die Kritik von Herrn Nieszery zu sprechen kommen. Am Montag – das hat er heute ja noch einmal wiederholt – war in der Pressemitteilung zu lesen, dass der Entwurf meiner Fraktion hinsichtlich der Finanzierung nicht so klar und eindeutig formuliert sei, wie der der Landesregierung. Herr Professor Dr. Methling hat Ihnen im Gesetzentwurf der Landesregierung gezeigt,
Noch unklarer geht es aus meiner Sicht nicht. Wenn man auf der einen Seite festschreibt, dass wir Sozialtherapeuten fi nanzieren wollen – und im Haushalt stehen sie sicherlich drin –, aber darüber keine Aussage getroffen wird, dann ist das unredlich. Außerdem, aber darauf
möchte ich im Weiteren gar nicht eingehen, stünden die Pfl ichten, so Herr Nieszery, und die Eigenverantwortung der Jugendlichen im Entwurf der Landesregierung stärker im Vordergrund. Dies sei der bessere Weg für eine straffreie Zukunft nach der Haft. So weit die Pressemitteilung. Aber wie gesagt, das hatten wir schon wiederholt. Dazu kann ich nur sagen, bei der Formulierung der Finanzierung haben wir bewusst auf konkrete Angaben verzichtet.
Es mag vielleicht anschaulicher sein, wenn die Landesregierung in ihrem Entwurf beispielsweise vier zusätzliche Planstellen für die Einrichtung und den Betrieb der sozialtherapeutischen Abteilung als zu erwartende zusätzliche Aufwendungen ausweist. Ich betone aber ausdrücklich: Sie irren sich gewaltig, wenn Sie meinen, damit wäre der Finanzbedarf abschließend beschrieben, denn auf eine Haushaltsverträglichkeit kommt es – und darauf legen wir sehr viel Wert – gerade nicht an. Das Bundesverfassungsgericht hat uns dies eindeutig ins Stammbuch geschrieben. Demnach hat der Gesetzgeber dafür Sorge zu tragen, dass der Jugendstrafvollzug fi nanziell so ausgestattet wird, dass das Vollzugsziel erreicht werden kann. Deswegen hat meine Fraktion mit Bedacht davon Abstand genommen, gegenwärtig die genauen Mehrkosten zu benennen. Wir erwarten grundsätzlich Mehrkosten, und zwar eine Kostensteigerung für die personelle und sachliche Ausstattung. Ob die von der Landesregierung bereitgestellten Mittel ausreichend sein werden, kann heute nicht bewertet werden. Sie müssen gegebenenfalls dem Bedarf angepasst werden. Allein darauf kommt es an.
Meine Damen und Herren, ich halte es für bedenklich, wenn Sie, Frau Justizministerin und die Koalitionsfraktionen, so gerne und häufi g betonen, wir legen den Jugendstrafgefangenen mehr Pfl ichten auf, das sei alles besser für die spätere Eingliederung. So schreiben Sie in Ihrem Entwurf: „Die Gefangenen sind verpfl ichtet, an der Erreichung des Vollzugsziels mitzuwirken.“ Ich frage mich, was konkret sollen die Jugendlichen aus dieser Mitwirkungspfl icht denn alles ableiten? Was sollen Sie denn konkret tun? Dies lässt sich aus einer allgemein formulierten Pfl icht nicht erklären.
Fachleute halten im Übrigen eine derartige Regelung für verfassungsbedenklich und verweisen auf Artikel 2 Absatz 1 und Artikel 1 des Grundgesetzes. Erschwerend kommt hinzu, dass Sie sogar eine Sanktionsmöglichkeit im Gesetz festgelegt haben. Sie wollen, dass Disziplinarmaßnahmen angeordnet werden können, wenn sich Gefangene rechtswidrig und schuldhaft Aufgaben entziehen. Eine Sanktion an eine pauschale Mitwirkungspfl icht zu knüpfen scheint mir nicht gerichtsfest zu sein. Aber nicht nur aus rechtlichen, auch aus fachlichen Gründen halten wir ein Mitwirkungsrecht für angezeigt. Gerade weil Jugendstrafgefangene in vielen Fällen eine erhebliche Reifeverzögerung und zum Teil lange Karrieren erfolgloser autoritärer Erziehungsversuche hinter sich haben, ist es umso wichtiger, diesen Kreislauf zu durchbrechen und stattdessen Methoden anzuwenden, die die Bereitschaft zur Mitwirkung fördern.
Meine Damen und Herren, in Wirklichkeit lässt der Entwurf der Landesregierung an vielen Stellen Eindeutigkeit und Klarheit vermissen. Es fehlen genaue Angaben zur
Wohngruppengröße. Wir begrenzen die Größe auf acht Personen, und zwar bewusst. Diese Größe ist in der Fachwelt anerkannt. Es fehlen konkrete Angaben zur Mindestgröße des Haftraumes. Wir schreiben eine Bodenfl äche von mindestens zehn Quadratmetern vor. Auch das ist eine Forderung von Experten. Es fehlen genaue Festlegungen zum Entlassungsmanagement. Im Regierungsentwurf steht lediglich festgeschrieben, dass die Anstalt möglichst frühzeitig mit außervollzuglichen Einrichtungen zusammenarbeiten soll.
Nun kann man sicherlich immer auf die Jugendstrafvollzugsanstalt Neustrelitz verweisen, aber es ist doch nicht Ausgangspunkt, welche Situation wir im Augenblick vorfi nden. Es kann sich morgen oder übermorgen ganz anders darstellen, nämlich durch die Belegung. Und da brauchen wir bestimmte Festschreibungen von Größen. Diese kann man nur im Gesetz regeln und nicht in irgendeiner Weise beliebig festlegen. Dies ist uns, wie gesagt, viel zu unverbindlich. Wir konkretisieren den Beginn: Spätestens sechs Monate vor dem voraussichtlichen Entlassungszeitpunkt muss diese Zusammenarbeit erfolgen. Sie werden nicht überrascht sein, wenn ich sage, das ist eine Forderung von Fachleuten.
Meine Damen und Herren, Sie sehen, die Ihnen vorliegenden Entwürfe unterscheiden sich in einer Vielzahl von Festlegungen. Wir meinen, im Entwurf der Landesregierung sind einige mit nicht unerheblichen rechtlichen und fachlichen Bedenken behaftet. Dennoch, und da wiederhole ich mich gern, gehen wir unvoreingenommen in die Ausschussberatungen und werden um die besten Konzepte streiten. Ich denke, wir, die demokratischen Fraktionen des Landtages, sind alle aufgefordert, einen modernen und innovativen Strafvollzug in MecklenburgVorpommern zu installieren, einen Jugendstrafvollzug, der die Jugendlichen befähigt, künftig in sozialer Verantwortung ein Leben ohne Straftaten zu führen, und, ich füge bewusst hinzu, einen Jugendstrafvollzug, der natürlich auch die Aufgabe hat, die Allgemeinheit vor Straftaten zu schützen.
Denn, ich glaube, auch da sind wir einer Meinung, eine erfolgreiche Resozialisierung ist der beste Schutz der Allgemeinheit vor weiteren Straftaten. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Der Ältestenrat schlägt vor, den Gesetzentwurf der Landesregierung auf Drucksache 5/807 zur federführenden Beratung an den Europa- und Rechtsausschuss und zur Mitberatung an den Finanzausschuss sowie an den Sozialausschuss zu überweisen. Wer für diesen Überweisungsvorschlag stimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke schön. Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist dieser Überweisungsvorschlag bei Zustimmung der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und FDP sowie Gegenstimmen der NPD angenommen.
Weiterhin schlägt der Ältestenrat vor, den Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 5/811 zur federführenden Beratung an den Europa- und Rechtsausschuss und zur Mitberatung an den Finanzausschuss sowie an den Sozialausschuss zu überweisen. Wer für diesen Überweisungsvorschlag stimmt, den bitte ich um
das Handzeichen. – Danke. Die Gegenprobe. – Danke. Enthaltungen? – Damit ist diesem Überweisungsvorschlag bei Zustimmung der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und FDP sowie Ablehnung der Fraktion der NPD zugestimmt worden.
Meine Damen und Herren, ich rufe damit auf den Tagesordnungspunkt 7: Erste Lesung des Gesetzentwurfes der Landesregierung – Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Landespfl egegesetzes, Drucksache 5/808.
Gesetzentwurf der Landesregierung: Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Landespfl egegesetzes (Erste Lesung) – Drucksache 5/808 –
(Dr. Armin Jäger, CDU: Oh schade! – allgemeine Heiterkeit – Dr. Armin Jäger, CDU: Nur Mut, Herr Minister!)
Meine Damen und Herren! Das Thema, zu dem ich hier im Landtag sprechen möchte, hat insgesamt eine erfreuliche Wendung genommen. Wir haben in den letzten Monaten häufi g über das Landespfl egegesetz gesprochen. Ich habe Ihnen schon mehrfach gesagt, dass wir das Thema intensiv bearbeiten. Ich habe Ihnen versichert, dass wir das Gesetz zeitgerecht verlängern werden. So weit sind wir jetzt. Wir bringen hiermit den vorliegenden Entwurf zur Änderung des Landespfl egegesetzes ein. Damit wird das Pfl egewohngeld für fünf Jahre verlängert bis Ende 2012. 8 Millionen Euro sind dafür im Haushaltsplan eingestellt. Es werden außerdem die weiteren Fördertatbestände des Landespfl egegesetzes verlängert. Tagespfl egeeinrichtungen erhalten einen pauschalen Zuschuss zu den Investitionskosten. Es ist auch weiterhin möglich die Einzelförderung von Tagespfl egeinrichtungen und Pfl egeheimen, das bleibt erhalten. Und ebenso, das ist ein wichtiger Punkt, wollen wir die Möglichkeit haben ambulante Pfl ege zu fördern, und zwar exemplarisch zu fördern. Dafür sollen 1,5 Millionen Euro zur Verfügung stehen.
Ich halte das für wichtig, weil wir mit Einzelprojekten, die wir speziell unterstützen, auf die pfl egerische Versorgungsstruktur im Land einwirken wollen. Wir können zum Beispiel durch Tageseinrichtungen oder Wohngemeinschaften insbesondere für Demenzkranke neue Hilfen schaffen. Ich glaube, dass es gerade in dem Bereich wichtig ist und es dem Wunsch der Menschen entspricht, wenn wir ambulante Angebote machen, damit die Menschen möglichst lange selbstbestimmt in der eigenen vertrauten Umgebung leben können. Ein Nebeneffekt, der für uns als Land sicherlich nicht ganz unbedeutend ist, ist, dass diese Art der Pfl ege, die für die Menschen solange es geht positiver ist, für uns in vielen Fällen auch
Diese Stärkung des häuslichen Bereichs entspricht auch der Intention der geplanten Reform der Pfl egeversicherung auf Bundesebene. Die dort vorgesehenen Veränderungen zielen alle auf die Stärkung des Grundsatzes, den wir bei uns in der Koalitionsvereinbarung haben: Ambulant vor stationär!
Da sind insbesondere zu nennen im Bund: Erhöhung der Leistungsbeträge im häuslichen Bereich, Stärkung der Tagespfl ege, Schaffung von Pfl egestützpunkten und auch die Einführung eines Fallmanagements. Insgesamt, denke ich, sind das Überlegungen, die uns weiterhelfen werden. Ich bin davon überzeugt, dass das Landespfl egegesetz eine gute Grundlage dazu ist, für uns hier im Land Mecklenburg-Vorpommern die Versorgungsstrukturen entsprechend den Bedürfnissen der Menschen wohnortnah weiter ausbauen zu können und gute Bedingungen zu bieten. – Vielen Dank.
Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 30 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Werter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete! Da haben wir es nun – den Entwurf des Landespfl egegesetzes, so, wie es fortgeführt werden soll, ab dem Jahre 2008. Unsere Fraktion hat seit März 2007 schon darauf hingewirkt, dass man sich bitte im Ministerium darüber Gedanken machen möchte, wie fortgeschrieben wird. Wir wussten und Sie auch, dass dieses Gesetz eine wichtige Grundlage dafür ist, wie zum Beispiel Pfl egewohngeld weitergezahlt wird, wie Förderungen stationär, teilstationär weitergezahlt werden, wo Prioritäten gesetzt werden und so weiter und so fort. Wir hatten auch mehrmals darauf aufmerksam gemacht, dass wir deshalb so penetrant an diesem Gesetz dranbleiben, weil wir die Erfahrung machen mussten, dass der Minister Sellering im Dezember 2006 einen Erlass unter die Menschheit gebracht hatte, welcher ab 1. Januar 2007 galt und im Endeffekt hervorbrachte, dass Menschen von Kürzungen beziehungsweise sogar Streichungen des Pfl egewohngeldes betroffen waren, die dementsprechenden Formulare nicht ausgefüllt waren, Angehörige und Betroffene davon überhaupt nichts wussten, bis 1. Februar alles vonstatten gegangen sein musste und ein einziges Chaos herrschte. Formell und haushaltstechnisch scheint hier jetzt alles in Ordnung.
Wir fi nden es sehr gut, dass zum Beispiel in der Fortführung und in der Fortschreibung des Gesetzes nach wie vor acht darauf gegeben wird, dass ambulant vor stationär kommt. Aber wie sieht die Zeitschiene für dieses Gesetz aus? Ich muss es auch hier sagen, heute wird das Gesetz eingebracht und am 12.12.2007 soll es in die Zweite Lesung. Wir haben uns zum Glück schon im Sozial ausschuss darüber unterhalten, wie die Terminkette bei uns sein muss, da eine öffentliche Anhörung unumgänglich erscheint. Wie sieht es aber für die Ein