Im Ältestenrat ist eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 30 Minuten vereinbart worden. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Und als Erste hat das Wort für die Fraktion DIE LINKE die Abgeordnete Frau Dr. Linke. Bitte schön, Frau Abgeordnete, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete! Die Landesregierung legt uns ein Gesetz zur Ersten Lesung vor, mit dem die Arbeit des Landesamtes für Gesundheit und Soziales zum Teil neu gestaltet werden soll. Grundlage, das haben wir eben gehört, dafür sind die Ergebnisse oder die Erkenntnisse aus der bisherigen Arbeit und die bereits eingeleiteten Maßnahmen im Rahmen der Zuordnung von Aufgaben bei der Landkreisneuordnung und auch – und das sei an dieser Stelle besonders herausgestellt – mit der damit verbundenen Überführung des Landesjugendamtes in den Kommunalen Sozialverband.
Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete, durch die geplante Novellierung des Gesetzes zur Errich
tung des Landesamtes soll die Dienstaufsicht künftig allein beim Ministerium für Soziales und Gesundheit, die Fachaufsicht, was sicher vernünftig ist, aber erweitert und an die jeweils zuständige oberste Landesbehörde übertragen werden, wobei eben das Landesjugendamt künftig zum Kommunalen Sozialverband, also kurz KSV, wechseln soll.
Lassen Sie mich noch kurz etwas zum KSV anführen, weil das hier jetzt eben in der Darlegung der Ministerin keine Rolle spielte. Der KSV hat sich in der Vergangenheit nicht als geeignete Organisationsform erwiesen. Das konnten wir erst gerade wieder in der letzten Sozialausschusssitzung hören. Wir wissen, der Kommunale Sozialverband ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts ohne Gebietshoheit und Dienstherrenfähigkeit. Die Verbandsversammlung ist oberstes Willensbildungsorgan und Beschlussorgan und setzt sich aus den Landräten und Oberbürgermeistern zusammen.
Der KSV ist also ein Gremium, das anders als das Landesjugendamt nicht direkt der Ministerin untersteht, es ist aber auch ein Gremium, das anders als die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe nicht den Landräten beziehungsweise den Oberbürgermeistern direkt untersteht. Weisungen, Aufträge können weder von den politisch Verantwortlichen, also von der Ministerin oder den Landräten und Oberbürgermeistern, noch von den gewählten Vertretern, also Landtag, Kreistag oder Bürgerschaft, erteilt werden.
Als Zusammenschluss der Landkreise und kreisfreien Städte unterliegt der KSV also keiner direkten parlamentarischen Einflussnahme oder Kontrolle durch gewählte Vertreter. Diese parademokratischen Strukturen des KSV sind es immer wieder, die bei den Betroffenen zu Unmut führen und auch insgesamt zu einer wenig überzeugenden Aufgabenerfüllung bei den bisherigen Tätigkeitsfeldern. Es ist also anzuzweifeln, dass die Übertragung der Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe an den KSV zu mehr Demokratie beziehungsweise zu einer verbesserten Umsetzung der landespolitischen Zielstellungen führen wird.
Gegenwärtig steht die Landesregierung, und das wissen wir nun gerade als Parlament, mit den ihr zugeordneten Landesbehörden im Fokus des Landtages und die Landesregierung wird durch uns kontrolliert beziehungsweise umfassend – das zeigt auch die Vielzahl der Berichte in dieser Sitzung – zur Rechenschaft verpflichtet. Landespolitische Schwerpunkte werden im Parlament gesetzt und sollen durch die Landesregierung und können auch durch die Landesregierung auf kurzem Wege zu den Landesbehörden umgesetzt werden. Andererseits kann die Regierung natürlich in diesem Vollzugsprozess gewonnene Erfahrungen auch dann wieder auf kurzem Wege in das Parlament einfließen lassen und damit also auch praxiswirksam werden lassen.
Die direkte Zuordnung der Landesjugendämter bei den Fachministern erlaubte bisher also eine effiziente Rückkopplung zwischen politischen Verantwortungsträgern und Verwaltung. Da nun aber der KSV weder die Rechte beziehungsweise die Pflichten einer Landesbehörde noch die einer kommunalen Institution hat, stattdessen aber ein neben dem Land und den Kommunen existierendes Gremium ist, stellt die Aufgabenübertragung an den KSV einen Verlust von demokratischer Mitwirkung und Kontrolle dar, wie er aber zur Veränderung der sozialpolitischen Situation im Land mit der größten Kinderarmut bundesweit, mit der höchsten Schulabbrecherrate
Ich sage es noch mal: Der Abbau demokratischer Strukturen, oftmals Deregulierung genannt, gepaart mit einem an den Defiziten von Kindern und Jugendlichen orientierten pädagogischen Ansatz, wie wir es ja hier immer wieder im Zusammenhang mit dem KiföG diskutiert haben, ist ein Weg zurück ins vorvergangene Jahrhundert.
Die Aufgaben, gerade wenn Sie es so nennen, Frau Ministerin, dass die Aufgaben dahin gehen sollen, wo sie für die Menschen am besten erledigt werden können, dann, müssen wir sagen, ist es bei den Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe eben nicht der KSV.
Und da bin ich wieder bei meinen Feststellungen zur Aushebelung der Demokratie. Diese Vorlage bringt eben mit der sogenannten Deregulierung oder mit dem Begriff des Bürokratieabbaus immer wieder einen Abbau von demokratischen Rechten, gerade derjenigen demokratischen Rechte, die sozial Benachteiligte brauchen.
Es wird also erforderlich sein, im Zuge der Anhörung auch dieses noch einmal zu hinterfragen. Wir haben wieder das Problem, dass uns ein Gesetz vorgelegt wird, das nur auf undemokratische Weise durch verkürzte Anhörungsverfahren dann in Kraft gesetzt werden kann, und das, wie gesagt, ist schon ein großer Nachteil für die Demokratie, für uns als Parlament und vor allem für die Betroffenen.
Meine Fraktion stimmt der Überweisung des Gesetzentwurfes in den Sozialausschuss zu. Wir plädieren auch dafür, es in den Innenausschuss, weil es kommunale Fragen berührt, und den Finanzausschuss zu überweisen. Wenn wir dafür plädieren, heißt das, dass ich es damit beantrage, sofern es noch nicht gesagt wurde.
Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der SPD der Abgeordnete Herr Heydorn. Bitte schön, Herr Abgeordneter.
Frau Ministerin, unsere Zustimmung haben Sie. Und wenn man jetzt, sagen wir mal, hermeneutisch an den Vortrag der LINKEN herangeht, kann man ja quasi sagen, auch die Zustimmung der LINKEN zu diesem Gesetzentwurf kann Ihnen sicher sein, weil Frau Dr. Linke hat sich hier mehr oder weniger deutlich zu ihrer Position oder der Position ihrer Fraktion zum KSV geäußert.
Und in diesem Gesetzentwurf wird ja gerade keine Frage des Kommunalen Sozialverbandes oder des Landesjugendamtes berührt, sondern es geht um Organisationserfordernisse für das Landesamt für Gesundheit und Soziales. Wenn man das ausdeutet, kann man ja nur zu dem Ergebnis kommen, da die Fraktion DIE LINKE quasi zu dem Gesetzentwurf nicht gesprochen hat, unterstellen wir an dieser Stelle, er findet ihre volle Zustimmung,
Auf der einen Seite geht es darum, bestimmte Verwaltungsaufgaben im Bereich der Bescheiderteilung, der Kontrolle und des Vollzuges zusammenzufassen. Die Ministerin hat es dargelegt. Es sind 13 Bereiche im Landesamt für Gesundheit und Soziales zusammengefügt worden, die an der Stelle ordentlich erledigt werden können und wo man heute konstatieren muss, dass das Thema Fachaufsicht auf der einen Seite, Dienstaufsicht auf der anderen Seite neu geregelt werden muss. Denn das war in der Vergangenheit so, dass sowohl die Fach- als auch die Dienstaufsicht sich das Ministerium für Gesundheit und Soziales und das ehemalige Arbeitsministerium geteilt haben. Das wird der zeitgemäßen Aufgabenerledigung nicht mehr gerecht, sodass es erforderlich ist, Entscheidungen zu treffen, wie will ich künftig das Thema Dienstaufsicht regeln und wie will ich das Thema Fachaufsicht regeln.
Der Gesetzentwurf macht jetzt Folgendes: Er sagt, die Dienstaufsicht macht das Ministerium für Soziales und Gesundheit und die Fachaufsicht macht die oberste Landesbehörde, deren Bereich von dem Verwaltungsvollzug, der im Landesamt für Gesundheit und Soziales wahrgenommen wird, tangiert ist. Das ist eine sinnvolle Regelung, also auf der einen Seite klare Neuorientierung der Zuständigkeiten und auf der anderen Seite eine straffe Bündelung der Verwaltungsaufgaben. Insofern ist das ein guter Gesetzentwurf und ich bitte Sie, der Überweisung – wie beantragt, in den Sozialausschuss – zuzustimmen. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der FDP der Abgeordnete Herr Grabow. Bitte schön, Herr Abgeordneter.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich glaube, viel mehr ist auch nicht zu sagen, als jetzt schon gesagt worden ist. Dieses Gesetz ist vonnöten. Die Kritik, die man haben kann, ist: Es ist vielleicht ein bisschen spät, vielleicht wäre es schön gewesen, das schon im Januar zu haben, um genug Zeit zu haben.
Bei der einen Frage, Herr Heydorn, das stimmt, Frau Linke ist ein bisschen abgewichen zum KSV. Aber das wird noch hier in diesem Hause irgendwann mal ein Problem werden.
Fakt ist, das Thema KSV wird Sie irgendwann noch mal beschäftigen, das ist einfach so. Da wird man sich als Land überlegen müssen, ob man sich nicht doch irgendwo noch mal Mitspracherecht beschaffen will oder zumindest versucht, in der Sache auch politische Inhalte vorgeben zu können. Denn im Endeffekt, in der Zukunft werden das sechs Landräte und zwei Oberbürgermeister sein und der Landtag wird viel draußen stehen. Ich glaube, das wollen wir alle nicht. Ein Stückchen Mitbestimmung des Landtages sollte uns das noch wert sein. Das ist eine Aufgabe, die Sie in der nächsten Legislatur haben. Insofern stimme ich der Überweisung zu.
Meine Frage wie vorhin auch ist, um das relativ schnell durchzubekommen, wenn wir da auch in diesem Falle im Ausschuss diese Anhörungsprotokolle bekommen könnten, falls es die gibt – ich weiß gar nicht, ob es hier welche gegeben hat –, dann würden wir uns auch freuen. Umso schneller können wir arbeiten. Vielleicht kann Ihr Haus mit mir mal kurz quergucken, umso schneller werden wir fertig. Auf jeden Fall sage ich meine Zuarbeit mit an.
Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der CDU der Abgeordnete Herr Rühs. Bitte schön, Herr Abgeordneter.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe natürlich eine vorbereitete Rede. Mein Kollege Heydorn hat mir jedoch fast jeglichen Stoff vorweggenommen. Ich kann mich seinen Worten nur anschließen. Ich beende meine Ausführungen und bitte um die Überweisung in die Fachausschüsse. – Vielen Dank.
Der Ältestenrat schlägt vor, den Gesetzentwurf der Landesregierung auf Drucksache 5/4216 zur federführenden Beratung an den Sozialausschuss zu überweisen. Wer stimmt für diesen Überweisungsvorschlag? – Danke schön. Die Gegenprobe. – Das ist nicht der Fall. Stimmenthaltungen? – Das ist auch nicht der Fall. Damit ist die Überweisung federführend in den Sozialausschuss beschlossen.
Im Rahmen der Debatte ist beantragt worden, den Gesetzentwurf der Landesregierung auf Drucksache 5/4216 zur Mitberatung an den Innenausschuss und an den Finanzausschuss zu überweisen. Wer stimmt für diesen Überweisungsvorschlag? – Danke schön. Die Gegenprobe. – Danke schön. Stimmenthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist der Überweisungsvorschlag zur Mitberatung bei Zustimmung durch die Fraktion DIE LINKE, ansonsten Ablehnung durch die Fraktionen der SPD, CDU, FDP und NPD abgelehnt.
Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 13: Beratung des Antrages der Fraktion DIE LINKE – Europäisches Programm „Europa für Bürgerinnen und Bürger“ unterstützen und weiter führen, Drucksache 5/4257.
Antrag der Fraktion DIE LINKE: Europäisches Programm „Europa für Bürgerinnen und Bürger“ unterstützen und weiter führen – Drucksache 5/4257 –
Die Fraktion DIE LINKE beantragt eine Auszeit wegen Beratungsbedarf für fünf Minuten. Wir setzen die Sitzung um 16.35 Uhr fort. Die Sitzung ist unterbrochen.