Protocol of the Session on September 16, 2010

(Zuruf von Marc Reinhardt, CDU)

Nicht nur, dass Sie darstellen, das Grundgesetz wurde schon für kleinere Sachen geändert. Das finde ich wirklich maßgeblich Ihre Politik jetzt dokumentierend, wie Sie es auch im Bund machen. Wenn es gesetzlich passt, mache ich eben eine Grundgesetzänderung. Auch die Sache, in welcher Art und Weise Sie Freiwilliges Ökologisches, Soziales, Kulturelles, Demokratisches Jahr in den Wehrersatzdienst einfügen beziehungsweise zusammenbringen möchten, ist weit entfernt von Gut und Böse.

(Vincent Kokert, CDU: Oh ja!)

Ich sage ganz eindeutig, dass der Zivildienst in Deutschland

(Zuruf von Marc Reinhardt, CDU)

in der Zwischenzeit schon als etwas angesehen wird, was völlig selbstverständlich ist. Und was viel schlimmer ist, der Zivildienst wird angesehen, als ob er die Aufgabe hätte, hier in Deutschland Sozial- und Gesundheitswesen am Leben zu erhalten.

(Hans Kreher, FDP: Richtig.)

Diese Aufgabe hatte der Zivildienst nie und nimmer und überhaupt nicht. Das hat sich dazu ausgeweitet, weil wir in ganz Deutschland in allen Bundesländern, vielleicht auch durch ähnliche Sozialhilfefinanzierungsgesetze, wie wir hier gestern beschlossen haben,

(Harry Glawe, CDU: Auweia!)

nicht auskömmlich finanziert sind, dass die Vereine, die Verbände, die Träger nach anderen Wegen suchen müssen.

(Udo Pastörs, NPD: Eine Frage der Wehrgerechtigkeit. – Harry Glawe, CDU: Unglaublich, was hier wieder zusammengewürfelt wird! Das ist nicht zu fassen!)

Richtig. Es geht ums Geld. Und da würfeln wir alles zusammen, Herr Glawe, wenn Sie es auch nicht hören wollen.

(Zurufe von Harry Glawe, CDU, und Marc Reinhardt, CDU)

Demzufolge muss ich dann feststellen, wenn dieses Jahr im März 47.400 Zivildienstleistende hier in Deutschland arbeiteten, dagegen nur 32.600 Personen im Wehrdienst, kann man schon sehen, was das für eine Verschiebung war. Frau Schwesig hat darauf aufmerksam gemacht, dass selbst da schon Probleme waren, alle Stellen zu besetzen, die eigentlich besetzt werden sollten. Die Träger haben ganz eindeutig gesagt, dass sie auf andere Möglichkeiten nicht zurückgreifen können, weil die Zivildienstleistenden für sie willige und vor allen Dingen auch billige Arbeitskräfte sind. Das ist kein Satz von mir. Der ist entnommen von Zeitungsartikeln. Darauf gehe ich gleich näher ein.

(Zuruf von Vincent Kokert, CDU)

Wie sieht es aus mit der Bezahlung von Zivildienstleistenden? Da müssen wir feststellen, sie bekommen in den ersten drei Monaten 9,41 Euro pro Tag, nicht pro Stunde. Sie bekommen ab dem vierten Monat 8,41 Euro, also durchschnittlich 10 Euro am Tag. Wenn wir allein schauen, was eine Pflegekraft hier in MecklenburgVorpommern verdient, im Osten verdient, stellen wir fest, Mindestlohn Ost: 7,50 Euro, West: 8,41 Euro, nicht pro Tag, sondern pro Stunde.

Natürlich sind das, und darauf hat Frau Schwesig aufmerksam gemacht, Einnahmen für den Staat, für die Rentenkasse zum Beispiel, um da mal hinzuführen. Es sind also billige, willige Arbeitskräfte, die bei Weitem nicht mehr so eingesetzt werden, wie es eigentlich mal geplant war. Sie sollen nämlich arbeitsmarktpolitisch neutral eingesetzt werden.

Das ist das eine. Und zum anderen sollen sie eingesetzt werden über die normalen Aufgaben hinaus. Was ist „über die normalen Aufgaben hinaus“? Sie können gern in den entsprechenden Internetseiten nachschlagen, wo Zivildienstleistende sich darüber beschweren, nicht dass sie arbeiten müssen, sondern dass sie im ganz normalen Alltag der Einrichtungen integriert sind und dass es ohne sie gar nicht geht. Also nichts mit Arbeitsaufgaben obendrauf zusätzlich, sondern Aufgaben, die in den allgemeinen Arbeitsalltag reingehören.

(Vizepräsident Hans Kreher übernimmt den Vorsitz.)

Die Kosten und diese ganze Darstellung lässt natürlich jetzt ganz genau sehen, warum Träger so fürchterlich entsetzt darüber sind, dass die Zivildienstleistenden a) nur noch sechs Monate da sind – die Diskussion hatten wir voriges Jahr – und b), dass sie nun ganz wegfallen sollen. Aber die Lösung, dass diese billigen Arbeitskräfte nicht mehr da sind, dass ein adäquater Ausgleich geschaffen werden muss und dass wir deshalb ein soziales Pflichtjahr einführen, ist völlig verkehrt. Das sagt Ihnen unsere Fraktion ganz deutlich. Sie ist falsch.

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Warum? Warum, Frau Müller?)

Und die Stärkung der sozialen Freiwilligendienste ist genau das, was auch wir favorisieren. Ob das nun das Soziale Jahr ist, ob das das Kulturelle, Ökologische, Demokratische Jahr ist, ist dabei ganz egal, denn diese Freiwilligendienste haben wir eingeführt, damit die Jugendlichen auch eine Findungsphase haben können, wo sie sich dafür entwickeln können, was sie wirklich einmal machen wollen. Das ist überhaupt nicht verkehrt,

(Zuruf von Vincent Kokert, CDU)

wird aber freiwillig gemacht und demzufolge ist es für die Stellen, wo das freiwillige Jahr absolviert wird, auch ein wahrer Reichtum für die Jugendlichen für diese Stellen.

(Harry Glawe, CDU: Das freut mich.)

Diese Argumentation, die übrigens auch die Diakonie hatte, dass sie der festen Überzeugung sind, dass das Freiwillige Soziale Jahr vieles kompensieren kann, was durch den Zivildienst ausfällt, aber nicht alles, sollte doch für uns wirklich Anlass sein, zu überlegen, wie freiwillige Jahre zu unterstützen sind.

Und da bin ich ganz oft bei Frau Schwesig – auch unsere Fraktion –, indem sie ja gesagt hatte, nehmen wir das Geld, was für den Zivildienst gegeben wird, stärken wir damit die freiwilligen Jahre für die jungen Leute, helfen wir ihnen damit, ihren Weg zu finden in ihr künftiges Leben. Und machen wir nicht das, was Herr Reinhardt hier gerade gesagt hat, was wir nicht wollen. Wir lassen sie zwölf Monate irgendwo arbeiten, wo sie eigentlich gar nicht sein wollen, und dann haben wir ihnen wieder die Zeit weggenommen. Und sie gehen zum Studium,

(Zuruf von Marc Reinhardt, CDU)

ohne dass sie vorher das Jahr gemacht haben, was sie wirklich interessiert hat.

Unsere Auffassung also ganz klipp und klar: Die freiwilligen Jahre müssen gestärkt werden, sie sind zu unterstützen für das …

(Harry Glawe, CDU: Die freiwilligen Jahre?)

Ja, freiwilligen Jahre, einmal kulturell, einmal ökonomisch, einmal Justiz, einmal Demokratie, einmal sozial, das sind bei mir verschiedene Momente,

(Stefan Köster, NPD: Und einmal national.)

die man auch dann als Jahre im Plural bezeichnen kann.

(Harry Glawe, CDU: Ja, ja.)

Also das wäre die Lösung, die wir hier anstreben sollten. Einen Zivildienst – der in der Zwischenzeit längst die Art und Weise verloren hat, die er eigentlich haben sollte nach der Definition der Aufgabe – durch ein Zwangsjahr zu ersetzen, ist nicht richtig, ist nicht gerecht, ist grundgesetzwidrig, widerspricht der Europäischen Menschenrechtskonvention

(Vincent Kokert, CDU: Jo.)

und widerspricht auch sehr vielen demokratischen Kräften quer durch alle Parteien. DIE LINKE ist für die Stärkung der Dienste, der Freiwilligendienste und auf keinen Fall für die Einführung eines Zwangsjahres. – Danke.

Danke, Frau Müller.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Köster von der Fraktion der NPD.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Dienst für die Gemeinschaft befindet sich in der politischen Diskussion, so wie am heutigen Tag hier im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern. Fraglich ist allerdings, ob die Vorschläge zur Einführung einer allgemeinen Dienstpflicht für Männer und Frauen wirklich ernst gemeint sind oder es sich, wie so häufig bei Ihnen, wieder nur um einen vorzeitigen Wahlkampferguss handelt.

Die NPD begrüßt allerdings letztlich die geplante Einführung eines allgemeinen Dienstjahres, dient dieses Pflichtjahr doch dazu, der eisigen Kälte Ihrer egoistischen Ellenbogengesellschaft zu begegnen und endlich wieder Stück für Stück die Volksgemeinschaft als eine raumorientierte, ökologische und sozialverpflichtende Gemeinschaftsordnung wiederherzustellen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD)

Wir halten es für zwingend notwendig, dass junge Frauen und Männer die Möglichkeit erhalten, Gemeinsinn zu erleben und dem Gemeinwohl zu dienen. Ein Pflichtdienstjahr würde zudem die Persönlichkeitsentwicklung der jungen Frauen und Männer unterstützen. Hinzu kommt, dass unser Land endlich an die guten Erfahrungen mit den dem Gemeinwohl dienenden Diensten anknüpfen kann.

Es verwundert daher nicht, dass sich vor allem die Lobbyistenpartei FDP gegen ein Dienstjahr ausspricht. Die FDP steht für uns Nationalisten stellvertretend für all jene, die die staatliche Ordnung abschaffen oder zumindest weitgehend reduzieren wollen, um dennoch bei jeder kommenden Gelegenheit staatliche, also Steuergelder abzugreifen. Zu befürchten ist es aber, dass die jungen Frauen und Männer allerdings weniger dem Gemeinwohl, sondern wirtschaftlichen Interessen dienen sollen, also statt Dienst am und fürs Volk zu leisten, von sogenannten Sozialverbänden ausgenutzt werden, damit diese wiederum weniger Fachkräfte einstellen müssen. Dieses ist ja in dieser Parteiendiktatur die Regel. Ein am Volkswohl ausgerichtetes Dienstjahr kann jedoch den Zusammenhalt in unserem Volk wieder wachsen lassen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD)

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau Tegtmeier von der Fraktion der SPD.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die SPD-Fraktion wird den Antrag der FDP ablehnen, aber nicht etwa, weil wir uns der zuletzt vertretenen Meinung anschließen oder auch weil ich dem Kollegen Reinhardt hier vollumfänglich beipflichten möchte,...

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Ich sprach von dem Abgeordneten Reinhardt, nicht von der CDU-Fraktion.

... ganz im Gegenteil.