Protocol of the Session on January 30, 2003

Die dritte Frage habe ich jetzt nicht verstanden.

Wäre dann nicht doch in Anbetracht dieses langfristigen Gesamtkonzeptes einer der ersten Ansätze, die Anzahl der Ministerien auch im Hinblick dieser langfristigen Strukturen zu überprüfen?

Vielen Dank.

Herr Abgeordneter Thomas, zur ersten Frage nach dem Jahrhundertwerk.

Ich möchte schon erreichen, dass wir in der Entwicklung der Verwaltungsstrukturen dauerhafte Strukturen etablieren, möglichst über ein Jahrhundert andauernde Strukturen etablieren, wobei ich fest überzeugt bin, dass das vor uns liegende Jahrhundert eine immense Bewegung erzeugt, die wir in MecklenburgVorpommern nachzuvollziehen haben, auch bei der Entwicklung der Verwaltung. Und es könnte sein, dass wir heute noch nicht genau wissen, was in 20 Jahren hier für dieses Land erforderlich ist. Aber der Anspruch, dieses Jahrhundert im Ganzen ins Auge zu fassen, den haben wir beide gemeinsam.

Zweiter Punkt. Sie sprechen größere Strukturen und damit, ich sage mal, eine Föderalismusdiskussion an. Ich würde gerne Ihre Vorschläge genauer prüfen. Am besten wäre es, Sie bringen es zu Papier und leiten uns das mal zu. Daraus lässt sich vielleicht eine Diskussion machen.

(Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Eckhardt Rehberg, CDU: Bloß nicht!)

Herr Thomas, schreiben Sie uns das mal auf und dann gehen wir der Sache mal in der Tiefe nach.

Die dritte Frage, ob es nun doch noch am Schluss möglich ist, Ministerien sofort zu verkleinern, ist im Grunde durch diese Debatte beantwortet. – Ich bedanke mich.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der PDS – Dr. Margret Seemann, SPD: Ach, hatte er das immer noch nicht verstanden?)

Danke schön, Herr Innenminister.

Es liegen weiter keine Wortmeldungen vor. Ich schließe die Aussprache.

Der Abgeordnete Walther hat gemäß Paragraph 88 unserer Geschäftsordnung um das Wort für eine persönliche Bemerkung gebeten. Bitte, Herr Abgeordneter.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Werter Herr Rehberg! Ich möchte ausdrücklich darauf hinweisen, dass beim Zitat der „Haff-Zeitung“, welches Sie bei der Einbringung verwendet haben, folgender journalistische Fehler nachweislich ist: Die zitierte Überschrift des Artikels „Ringstorff gegen weniger Ministerien“ ist eine freie Erfindung des Redakteurs gewesen. Ich kann gerne bei Bedarf die Originalpresseerklärung vorlegen. Kenntlich hatte der Redakteur dies aber als Zitat meiner Person gemacht. Es hat danach eine Aussprache zu diesem Fall gegeben, während der ich ihn auf rechtliche Konsequenzen im Wiederholungsfall aufmerksam gemacht habe. Die Zitate im textlichen Teil der Pressemitteilung wurden richtig wiedergegeben.

(Eckhardt Rehberg, CDU: Das ist doch gut.)

Ich verwehre mich daher dagegen, dass ich mit den Worten „Ringstorff gegen weniger Ministerien“ zitiert werde, und entziehe Ihnen hiermit das Recht, dies weiterhin zu tun.

(Heiterkeit bei Eckhardt Rehberg, CDU: Der hat wirklich noch nicht mal einen Blick in die Verfassung geworfen.)

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der CDU auf Drucksache 4/164. Wer dem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Gegenprobe. – Danke. Enthaltungen? – Damit ist der Antrag der Fraktion der CDU auf Drucksache 4/164 mit den Gegenstimmen der Fraktion der SPD, der Fraktion der PDS bei Zustimmung der Fraktion der CDU abgelehnt.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 13: Beratung des Antrages der Fraktionen der SPD und PDS – Föderalismus voranbringen – Länderkompetenzen stärken, Drucksache 4/47, hierzu Beschlussempfehlung und Bericht des Rechts- und Europaausschusses, Drucksache 4/172. Hierzu liegt Ihnen ein Änderungsantrag der Fraktionen der SPD, CDU und PDS auf Drucksache 4/195 vor.

Antrag der Fraktionen der SPD und PDS: Föderalismus voranbringen – Länderkompetenzen stärken – Drucksache 4/47 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Rechts- und Europaausschusses – Drucksache 4/172 –

Änderungsantrag der Fraktionen der SPD, CDU und PDS – Drucksache 4/195 –

Das Wort zur Berichterstattung hat zunächst der Abgeordnete und Ausschussvorsitzende Herr Krumbholz von der Fraktion der SPD.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Werte Kolleginnen und Kol

legen! Wir haben eben gesehen, dass man sich über die Struktur der öffentlichen Verwaltung ganz vortrefflich streiten kann. Föderalismus ist da eher ein sachlich trockenes Thema, was eigentlich nicht mal bei ausgewiesenen Staatsrechtlern glühende Augen hervorruft, aber trotzdem ist es ein Thema, was enorm wichtig ist.

Meine Damen und Herren, Ihnen liegen die Beschlussempfehlung und der Bericht des Rechts- und Europaausschusses auf Drucksache 4/172 vor, die auf die Föderalismusdiskussion in Deutschland eingehen, jedoch durch die Beratung im Ausschuss noch wesentliche inhaltliche Ergänzungen erfahren haben. Lassen Sie mich daher an dieser Stelle kurz den Beratungsverlauf im Rechts- und Europaausschuss erläutern. Die Beratungen zur Föderalismusdiskussion hat der Ausschuss zum Anlass genommen, dem Landtag wesentliche Aussagen zum europäischen Verfassungskonvent zu empfehlen. Die Idee einer europäischen Verfassung ist nicht neu. Jahrzehntelang sind in unterschiedlichen Gremien unterschiedliche Entwürfe über eine Verfassung für Europa diskutiert und beraten worden. Gescheitert ist das Projekt in der Vergangenheit immer wieder an grundsätzlicher Ablehnung in den Ländern, die ein anderes Verfassungsverständnis als wir haben, und auch an einem fehlenden Willen, grundlegende Integrationsfragen festzulegen.

Nunmehr schaut die Situation jedoch anders aus. Nachdem der Europäische Rat in Laeken Ende 2001 den Europäischen Konvent eingesetzt hat mit der Aufgabe, dass dieser bis März 2003 eine europäische Verfassung vorbereiten soll, die dann 2004 auf einer Regierungskonferenz formell verhandelt und abschließend vom Europäischen Rat verabschiedet werden soll, wird mit großer Kraft an einem Verfassungstext gearbeitet. Zahllose Repräsentanten, Gremien und Initiativen nutzen diesen Prozess, um ihre Interessen zu formulieren und einzubringen. Die Arbeit des Verfassungskonvents ist wichtig, da ansonsten dem Integrationsprozess in Europa Stillstand drohen würde.

Wenn nun die Beratungen im Rechts- und Europaausschuss zum Föderalismusantrag genutzt wurden, um auch Aussagen zur europäischen Verfassung, genauer genommen zum Wertebezug in der Präambel des Verfassungsvertrages der EU zum Prinzip der Subsidiarität bis auf die Ebene der kommunalen Selbstverwaltung, sowie Aussagen zur Funktion des Ausschusses der Regionen zu machen, so geschah dies vor dem Hintergrund, dass der Ausschuss genau wie der Konvent der Deutschen Länderparlamente eine enge Verknüpfung sieht zwischen der Problematik der Ausgestaltung des deutschen Föderalismus und der Ausgestaltung der Rahmenbedingungen, die durch die Europäische Union gesetzt werden. Bevor der Kollege Neumann als weiterer Berichterstatter hierauf näher eingehen wird, möchte ich zum Abschluss noch erläutern, warum die Beschlussempfehlung auch Aussagen zum Wertebezug in der Präambel in der europäischen Verfassung vorsieht.

In der Sitzung des Rechtsausschusses habe ich es so formuliert: Wir haben und wir sind eine europäische Währungsgemeinschaft, wir sind eine europäische Wirtschaftsgemeinschaft. Was uns fehlt, ist eine europäische Wertegemeinschaft, wo die Werte der einzelnen Völker zusammen definiert und auch zusammen festgeschrieben werden und dann allgemein bindend sind. Ausgangspunkt war die Initiative des schleswig-holsteinischen EUAusschusses an die norddeutschen Europaausschüsse

mit dem Ziel, den Forderungen der Kirche in Deutschland gegenüber dem EU-Konvent Nachdruck zu verleihen.

Nach einer Anhörung von Sachverständigen der evangelischen und katholischen Kirchen hat der Rechts- und Europaausschuss diese Initiative gerne aufgegriffen, da die Frage in der Identifizierung mit einer Verfassung in Europa entscheidend von der Präambel abhängig ist. Alle Menschen und alle Völker müssen sich in ihr wiederfinden können. Die Aussöhnung zwischen den Völkern hängt meines Erachtens nach eng mit der europäischen Entwicklung zusammen. Und wer könnte besser berufen sein, wenn nicht wir, die ermessen können, was Einheit, Freiheit und Demokratie bedeuten, um eine Aussage zu treffen, dass auch eine europäische Verfassung kein Selbstzweck ist, sondern wichtige Wertvorstellungen beachten muss.

In unserer Verfassung hat unser Land hierzu Entscheidendes ausgesagt, nämlich dass menschliches Tun begrenzt ist. Deshalb war es unserem Ausschuss auch wichtig, dass die Initiative von Schleswig-Holstein aufgegriffen und eine Aussage zum Transzendenzbezug gegeben wird. Wenn nun der Landtag nach dieser Aussprache über die Beschlussempfehlung und den Bericht des Rechtsausschusses beschließt, so gibt er unserer Präsidentin ein Votum in die Hand, die Sichtweise des Hauses zur Föderalismusdiskussion in der Konferenz der Präsidentinnen und Präsidenten einzubringen. Der Beschluss richtet sich auch an den Vorsitzenden des Europäischen Konvents sowie an dessen deutsche Mitglieder und Beobachter, die sicherlich auch, wie der Vorsitzende der deutschen Bischofskonferenz und der Vorsitzende des Rates der EKD, diesen Beschluss mit Interesse zur Kenntnis nehmen werden.

Vor dem Hintergrund möchte ich mich bei den Mitgliedern im Rechts- und Europaausschuss für die sachlichen und konstruktiven Beratungen bedanken, die durch die engen Terminsetzungen in Bezug auf die Konferenz der Präsidentinnen und Präsidenten, aber auch durch den Verfassungskonvent gesetzt wurden. Die vorliegende Beschlussempfehlung ist eigentlich eine Beschlussempfehlung geworden, an der alle Fraktionen mitgewirkt haben und in der alle Fraktionen sich auch wiederfinden. – Ich bedanke mich.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, Dr. Ulrich Born, CDU, und Angelika Gramkow, PDS)

Danke, Herr Krumbholz.

Ebenfalls das Wort zur Berichterstattung hat nun der Abgeordnete Herr Neumann von der Fraktion der PDS.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Reihen haben sich gelichtet. Sicherlich war die erste Diskussion so nervenaufreibend, dass viele Kollegen jetzt erst mal eine Pause brauchen. Aber eigentlich geht es genauso nervenaufreibend weiter, nur eben als gemeinsames Anliegen aller drei Fraktionen. Deshalb werte ich das mal positiv.

Ein gerade in Parlamentsreden oft zitiertes Sprichwort besagt: „Was lange währt, wird gut“. Dass etwas so schnell geht wie die Beratung zu dem vorliegenden Antrag, bedeutet aber nicht gerade das Gegenteil, wie die vorliegende einstimmig angenommene Beschlussemp

fehlung des Rechts- und Europaausschusses belegt. Ein Schnellschuss ist es sehr wohl, aber einer, der trotzdem genau trifft.

Ich möchte mich vorab bei allen Kollegen des Ausschusses und bei den Sachverständigen für die äußerst intensive und zielgerichtete Diskussion dieses Antrages und der Änderung bedanken. Der Rechts- und Europaausschuss hat in dieser Diskussion drei Anliegen zusammengebunden:

zum einen die Ausrichtung des vorgelegten Antrages der SPD und PDS auf eine grundlegende Stellungnahme zu den Themen des geplanten Konventes der Präsidentinnen und Präsidenten sowie der Fraktionsvorsitzenden der deutschen Länderparlamente,

zum Zweiten das Schreiben des schleswig-holsteinischen Landesparlamentes mit der Bitte, uns in geeigneter Form dem dortigen Beschluss zur Rolle der Kirchen und Religionsgemeinschaften in Europa anzuschließen,

und zum Dritten die Ausformung der allgemein gehaltenen Bezugnahme des Antrages auf die europäische Verfassungsdiskussion.

Der Rechts- und Europaausschuss hatte die bereits vor der Dezembersitzung des Landtages anberaumte nichtöffentliche Sachverständigenanhörung von Vertretern der Kirchen und Religionsgemeinschaften auf der Grundlage des schleswig-holsteinischen Anliegens genutzt, um diesen Zusammenhang deutlich zu machen und eine Verknüpfung aller drei Anliegen herzustellen. Dies war sicherlich ein ungewöhnliches Verfahren. Dass dies allerdings gelungen ist, zeigt die Einlassung des Sachverständigen Herrn Crone, Leiter des Erzbischöflichen Amtes in Schwerin. Er führte in seinem Eingangsstatement aus, dass die nähere Beschäftigung mit allen drei Anliegen für ihn die Gemeinsamkeit und den Dreh- und Angelpunkt der Föderalismusdiskussion deutlich werden ließ, die Frage nach der Identität der Menschen in der Europäischen Union.

Bei der Föderalismusfrage geht es darum, wie man nationale Identität in einem größer werdenden Europa bewahren will. Wenn die Union sich das Ziel gestellt hat, die nationale Identität ihrer Mitgliedsstaaten zu achten, dann gehöre dazu neben den verfassungsmäßigen und politischen Strukturen auch die regionale und kommunale Selbstverwaltung wie der europaweit unterschiedlich ausgestaltete Status der Kirchen und Religionsgemeinschaften.

Durch den bereits angesprochenen Transzendenzbezug in der Präambel einer künftigen Verfassung sollten auf der einen Seite diejenigen in den Blick genommen werden, die sich auf christliche Fundamente beriefen, als auch diejenigen, die keine Christen seien. Dies sei letztendlich auch eine Frage der Ausformulierung der Präambel. In der sich anschließenden Diskussion des Ausschusses wurden sowohl die Präambel der polnischen Verfassung als mögliches Modell als auch die unterschiedlichen theologischen Sichtweisen, die sich in den Mitgliedsstaaten auch noch unterscheiden, auf bereits bestehende Präambeln beleuchtet. Deutlich wurde hierbei die gemeinsame Auffassung, dass all die Diskussionen nur dann Sinn machen, wenn in der Präambel die Völker und Menschen der EU als Akteure benannt werden, da eine wertebasierte Bezugnahme von Staaten undenkbar sei. Die neue Ver

fassung muss ihre Legitimation aus der Autorität der Völker beziehen und nicht wie bisher als Vertrag zwischen den Staaten ausgestaltet werden, wenn es wirklich eine Verfassung werden soll.

(Vizepräsident Andreas Bluhm übernimmt den Vorsitz.)

Der Ausschuss diskutierte einen entsprechenden Vorschlag von Mitgliedern des Konventes, der neuen Verfassung nationale Erwägungsgründe voranzustellen, um daran anschließend die gemeinsamen europäischen Werte zu benennen. Leider sage ich das so, weil die Zeit im Ausschuss nicht ausreicht, um hier eine gemeinsame Stellungnahme für den Vorschlag zu unterbreiten, auch wenn nicht wenige Sachverständige und Mitglieder diesen Gedanken im Grunde unterstützenswert fanden.

Die Bezugnahme auf die gemeinsamen Werte der Wahrung der Menschenwürde und der Grundrechte war im Ausschuss hingegen völlig unstrittig, wie die europäischen Ziele der Förderung von Frieden und Versöhnung, Gerechtigkeit, Solidarität, Subsidiarität und Nachhaltigkeit. Ebenso schloss sich der Ausschuss einstimmig der Forderung nach der Achtung des Status der Kirchen und Religionsgemeinschaften an, die diese nach den nationalen Regelungen genießen.