Karsten Neumann
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Der Kollege Prachtl ist gespannt, ich soll bei der Wahrheit bleiben. Das tue ich auch und möchte anfangen mit der letzten Sitzung unseres Rechts- und Europaausschusses. Mein Kollege Ritter stellte den Antrag, dass der Ausschuss doch seine Ausschussreise nach Brüssel machen möge. Der letzte Beschluss, eine Reise zu machen, war der Beschluss, nach Tallinn zu reisen.
Danach wurde das Büro geschlossen. Im Hinblick darauf haben wir den Antrag, nach Brüssel zu fahren, abgelehnt, um der Gefahr zu begegnen, dass dort vielleicht dasselbe passiert.
Aber Scherz beiseite, die Sache ist ernst, auch wenn sie sicherlich angesichts der Größe dessen, worüber wir hier reden, so gar nicht zu sein braucht. Ich will hier auch nicht den Untergang der Wirtschaft Mecklenburg-Vorpommerns an die Wand malen.
Man muss auch ganz klar sehen, dass die Landesregierung als Kompensation eine Präsentation des Landes Mecklenburg-Vorpommern in den drei Regionen in derselben Größenordnung vorschlägt wie die, die durch
Schleswig-Holstein zum gegenwärtigen Zeitpunkt gemacht wird. Also das Abendland wird sicherlich nicht untergehen. Nichtsdestotrotz ist es ein sehr bedauerlicher Vorgang, den, ich denke, alle, die wirtschafts- und auch gerade europapolitisch Verantwortung tragen hier in diesem Landtag und in den unterschiedlichen Fraktionen, im Wesentlichen gleich bewerten.
Die Frage, die wir nun zu stellen und zu beantworten hatten, war, ob die Kompensation, die angeboten wurde durch die Landesregierung, akzeptabel ist. Zähneknirschend haben die Koalitionsfraktionen dann gesagt, ja, wir akzeptieren wenigstens das Wenige, was wir bekommen haben,
sind aber der Auffassung, dass es noch lange nicht ausreicht.
Ansonsten gehen wir natürlich mutig, wie wir sind, davon aus, dass der Haushaltsgesetzgeber jederzeit die Möglichkeit hat, neue Entscheidungen zu treffen.
Deshalb lassen Sie mich dazu nur so viel sagen: Bei der letzten Debatte habe ich den Ministerpräsidenten zitiert und beim Wort genommen aus der ersten Debatte. Dieses Mal möchte ich das auch machen und ihn zitieren aus der 37. Sitzung am 12. Mai 2004. Er sagte dort, und dasselbe sage ich jetzt bezüglich der Beschlussempfehlung: „Wenn es nach mir ginge, würde ich empfehlen, den Antrag heute abzulehnen.“ – Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Kleine Verwirrungen können schon entstehen, wenn man gestern noch als Model und heute für den Ausschuss sprechen kann.
Es gibt übrigens viele Gemeinsamkeiten zwischen den Models und der Europapolitik. In Estland hat ein weltweit bekanntes Model für die Europawahlen kandidiert. Sie ist leider nicht in das Europaparlament gewählt worden.
Genauso kann ich Ihnen versprechen, ich werde nicht beruflich Model werden, sondern bei der Europapolitik bleiben.
Meine Damen und Herren, die europäische Strukturpolitik hat in den letzten 14 Jahren wesentlich zum Aufbau und zur Entwicklung von Mecklenburg-Vorpommern bei
getragen und dass sie dies auch zukünftig tut, dafür spricht sich der Landtag Mecklenburg-Vorpommern mit seiner heutigen Beschlussfassung aus.
Was für viele inzwischen selbstverständlich scheint, und zwar die Zurverfügungstellung von umfangreichen Fördermitteln aus dem EU-Haushalt, ist es aber längst nicht mehr. Ich zitiere kurz aus einem Interview mit Herrn Barnier als bisher zuständigen Kommissar, der auf eine entsprechende Frage antwortete: „Erwarten Sie keine Antwort darauf, was in ein oder zwei Jahren beschlossen wird. Übereinstimmung besteht gegenwärtig nur in dem Ziel, mit dem Binnenmarkt, dem Euro, mit der Wettbewerbsfähigkeit und der Erweiterung viermal Erfolg haben zu wollen. Doch der Euro kann nicht erfolgreich sein, wenn unser Binnenmarkt frakturiert ist. Unsere Wettbewerbsfähigkeit geht verloren, wenn nur die Hälfte unserer Mannschaft auf dem Spielfeld mitspielt. Darum brauchen wir eine neue Partnerschaft der Regionen, Partnerschaft als Vertrag, nicht als Blankoscheck.“
Selbstverständlich haben ja alle Kritiker der Förderpolitik Recht, die Fördermittel als zeitlich beschränkte Hilfsmaßnahmen sehen, jedoch ist der Zeitablauf nicht das entscheidende Kriterium. Notwendiges Kriterium für die Weitergewährung oder eben Abschaffung der Förderung muss es immer sein, ob die Förderung ihr Ziel erreicht hat. Dieses Ziel ist leider in Mecklenburg-Vorpommern bis heute noch nicht erreicht und braucht auch in absehbarer Zeit erhebliche Investitionen und Unterstützung.
Die Europäische Kommission hat mit ihrem dritten Kohäsionsbericht sehr eindrucksvoll dargestellt, wie und unter welchen Bedingungen die bisherige Strukturpolitik in den Mitgliedstaaten erfolgreich war, aber auch welche Defizite noch bestehen. Mit der Erweiterung der Europäischen Union werden diese Defizite um ein Vielfaches steigen und auch die Erwartungen an die gemeinsame Strukturpolitik werden rasant steigen.
Auch hier darf ich ein Beispiel von Herrn Barnier zitieren. Er sagte: „Im Dreieck zwischen North Yorkshire, French County in Frankreich und Hamburg, also auf 18 Prozent der Fläche der EU, leben 41 Prozent der EUBevölkerung, die über 48 Prozent des Reichtums und 75 Prozent des Forschungs- und Entwicklungspotentials verfügen.“ Diese Differenzen werden das künftige Europa noch stärker prägen, als es heute der Fall ist.
Die Europäische Kommission will den Erwartungen gerecht werden, indem die Strukturpolitik inhaltlich neu ausgerichtet wird und in der Durchführung wesentlich vereinfacht werden soll. Gerade letzterem Ziel soll beispielsweise die Einführung des Monofondsprinzips dienen, wodurch sich noch in der letzten Beratung im Rechtsausschuss eine im Vergleich zu sonstigen Verhältnissen schon fast hitzige Debatte entwickelte.
Im Ergebnis hat sich der Ausschuss jedoch entschieden, diese Frage erst dann wieder aufzugreifen, wenn die genaueren Bedingungen klar sind. Die heutige Stellungnahme, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, soll und kann nur den Grundstein legen für unser weiteres Ringen um den Erhalt und den besten Nutzen aus der europäischen Strukturpolitik für Mecklenburg-Vorpommern.
So kurz nach den Europawahlen ist es ein gutes Zeichen, wenn alle im Landtag vertretenen Fraktionen in dieser Frage zusammenstehen, denn selbstverständlich ist eine einstimmige Beschlussfassung auch im Rechts- und Europaausschuss nicht.
Das trifft zu.
Die Unterrichtung der Landesregierung weist sehr detailliert aus, wo die Konfliktlinien verlaufen, zwischen reichen und armen Mitgliedstaaten, alten und neuen EUMitgliedern, den reichen, in der Regel westlichen, und den ärmeren deutschen Bundesländern. Die Beratung und Beschlussempfehlung des Landtages ist ein deutliches Signal nach Brüssel und Berlin, dass wir uns in dieser Frage nicht parteipolitisch auseinander dividieren lassen. Es ist auch eine Aufforderung an uns, über unsere Parteistrukturen für mehr Verständnis, Fairness und Offenheit in dieser Frage zu werben,
was zugegebenerweise der PDS hier im Hause am leichtesten fallen dürfte.
Wir wenden uns mit diesem Beschluss in bewährter Weise an das Gomolka-Kindermann-Brie-Team und knüpfen damit an die gemeinsame Beratung des Europaausschusses mit unseren Abgeordneten in Brüssel an. Und wir werden uns mit unserem Beschluss an die anderen ostdeutschen Landtage in der Hoffnung wenden, um auch hier in dieser Frage einen parteiübergreifenden Konsens zu finden. Wir werden darüber hinaus, wie bereits auf der Konferenz in Danzig besprochen, die neu gegründete Partnerschaft der Parlamente im südlichen Ostseeraum nutzen, um auch hier auf der Grundlage der gemeinsamen Interessen und der Wahrung unterschiedlicher Auffassungen die besten Startbedingungen für die Entwicklung im Ostseeraum zu erkämpfen. Wir wollen und wir werden auf allen Ebenen jede Gelegenheit nutzen, um für den weiteren Ausbau europäischer Strukturpolitik zu werben.
Dieses liegt gerade im Interesse der reicheren Regionen innerhalb der Union, basiert doch Reichtum zum einen auf der gelebten Solidarität der letzten 40 Jahre als auch zum anderen auf der wirtschaftlichen Entwicklung durch den Beitritt neuer Mitgliedstaaten sowie auf der Erschließung neuer Märkte und der Öffnung und Liberalisierung des gesamten europäischen Marktes.
Im Namen des Europaausschusses bedanke ich mich bei den mitberatenden Ausschüssen für Arbeit und Bau, Umwelt, Landwirtschaft und Wirtschaft, die sich mit einer eigenen Stellungnahme eingebracht haben. Sicherlich war die Zeit viel zu kurz, um in die einzelnen Fragen tiefgründig einzusteigen und das politische Handlungsfeld des Landtages auch nur annähernd auszuloten.
Ich hoffe, dass sich die Unzufriedenheit mit der Kürze der zur Verfügung gestellten Zeit darin produktiv ausdrückt, dass die mitberatenden Ausschüsse sich im nächsten halben Jahr erneut den aufgeworfenen Problemen zuwenden.
So Leid es mir tut, liebe Kolleginnen und Kollegen, mit der heutigen Beschlussempfehlung findet die Diskussion weder hier in Mecklenburg-Vorpommern noch in Europa ihr Ende. Mit der Einigung über den Entwurf einer europäischen Verfassung vom letzten Wochenende sind die Rahmenbedingungen für die künftige Weiterentwicklung der Europäischen Union gesetzt, so unbefriedigend das für den einen oder anderen auch sein mag. Aber auf dieser Grundlage wird die Diskussion zur Finanzausstattung der Europäischen Union und damit zur Fortsetzung der europäischen Strukturpolitik nach 2006 erst richtig losgehen. Unmittelbar nach der Neukonstituierung der Europäischen Kommission dürften die viel konkreteren Verordnungsvorschläge auf dem Tisch liegen, auf deren Grundlage wir neu bewerten müssen, ob und wie weit die Interessen des Landes Mecklenburg-Vorpommern gewahrt sind.
Wie die unsrige wird durch die Kommission eine Vielzahl von Stellungnahmen zu berücksichtigen sein, wobei natürlich auch heute noch völlig offen ist, welche Auffassungen und welche Prioritäten sich im künftigen größeren Europa durchsetzen werden. Klar dürfte allerdings jedem sein, dass die Scheckheftpolitik der vergangenen Jahre zum Ausgleich von Interessenkonflikten heute nicht mehr funktionieren wird. Europa muss sich seinen Problemen stellen und diese endlich lösen! Wie auch jedes andere Bundesland müssen wir dafür sorgen, nicht unter die Räder zu kommen. Hieran müssen die Landesregierung und der Landtag mit all seinen Fraktionen gemeinsam arbeiten.
Wir werden noch viel zu tun haben.
Heute erreichte mich beispielsweise das Signal von Stavenhagen, unterzeichnet durch den Bürgermeister Herrn Bernd Mahnke und Herrn Voigt vom Ministerium für Wirtschaft des Landes Brandenburg, die zu Fragen der Konversion in Europa tagten und unter anderem vorschlugen, dass die Europäische Union im angemessenen Umfang Mittel zur Verfügung stellt, die es den konversionsbetroffenen Gemeinden, Unternehmen und anderen Akteuren gestatten, den Prozess der zivilen Umwandlung zügig voranzutreiben, analog des Verfassungsentwurfes für die Europäische Union, eine Agentur für Abrüstung, Konversion und zivile Friedensdienste einzurichten. Das ist einer der Vorschläge, von denen sicherlich noch viele im nächsten halben Jahr auf uns zukommen werden, der auch weiterhin unser Handeln und unsere Diskussion erfordert.
Wie diese Arbeit funktionieren kann und auch woran es noch hakt, das zeigt die Beratung der vorliegenden Beschlussempfehlung. Die Landesregierung hat ihr Positionspapier zur Zukunft der Strukturpolitik nach 2006 sehr zügig erarbeitet und es dem Landtag als Unterrichtung auf Drucksache 4/1167 sehr zeitnah zugeleitet. Auf der Grundlage dieser Unterrichtung war es uns möglich, schnell und auch konstruktiv zu einer Positionsbestimmung des Landtages zu kommen. Hier zahlt sich aber auch die Vorarbeit aus der gemeinsamen Sitzung mit dem Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit der Woiwodschaft Westpommern aus. Allen beteiligten Mitarbeitern der Landtagsverwaltung sage ich dafür unseren herzlichen Dank.
Darauf aufbauend wird es uns sicher in der kommenden Debatte gelingen, die Interessen des Landes Mecklenburg-Vorpommern noch effizienter und deutlicher zum Ausdruck zu bringen. Wir sagen aber auch ganz klar, dass es nicht egoistische Interessen sind, die uns bewegen, sondern dass es die herausragende Bedeutung der europäischen Strukturpolitik für die Bewältigung der sozialen und ökonomischen Anpassungsprozesse im Land Mecklenburg-Vorpommern und insbesondere in den neuen EU-Mitgliedstaaten ist, die uns die europäische Strukturpolitik unterstützen lässt.
Wir wollen, dass Europa sich weiterhin als politische Gemeinschaft der Aufgabe aus Artikel 158 des EG-Vertrages stellt, die Unterschiede im Entwicklungsstand der verschiedenen Regionen in der Europäischen Gemeinschaft zu verringern. Diese Aufgabe ist in Ostdeutschland noch nicht erfüllt und wird in Osteuropa noch gewaltige Anstrengungen erfordern. Deshalb brauchen wir und deshalb braucht Europa die Fortsetzung der Strukturpolitik auch nach 2006. – Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte in Anbetracht der kurzen Zeit, die mir zur Verfügung steht, darauf verzichten, die vorbereitete Rede hier zu halten, sondern ich möchte direkt auf das letzte Wort von Herrn Riemann eingehen.
Ich glaube, genau das ist der wichtige Punkt, nämlich die Frage: Wollen wir mit der Öffnung der Grenze so lange warten, bis alle Verkehrsprobleme gelöst sind? Oder wollen wir in Anbetracht des Umstandes, dass die Grenze fallen wird, jetzt dafür sorgen, dass die Verkehrsprobleme jetzt gelöst werden?
Ich glaube, der letzte Punkt, genau das ist der Punkt, wo wir übereinstimmen sollten. Und das ist aus meiner Sicht das, was ich hier Herrn Dr. Timm entgegenhalten will. Manchmal oder oft macht der Ton oder die Betonung die Aussage. Sie sagten zu Beginn Ihrer Rede, wir wollen schrittweise vorangehen. Das ist richtig. Ja, wir wollen schrittweise vorangehen. Ich will aber auch, dass wir vorangehen. Das von Ihnen aufgezeigte Regierungsabkommen zur Öffnung des Grenzüberganges in Garz ist von 1992!
Es ist inzwischen 14 Jahre alt!
Wir gehen seit 14 Jahren voran, aber kommen nicht an. Das ist das Problem, vor dem wir stehen. Und das ist das Problem, dem wir uns stellen müssen für die Bürgerinnen und Bürger in der Region, aber natürlich auch unter dem Gesichtspunkt, dass wir alle diese EU-Osterweiterung machen und gestalten wollen. Und da geht es eben nicht, wie Sie, Herr Timm, sagten, darum, leichtfertig, vorschnell oder unkontrolliert einen Pkw-Verkehr zuzulassen. Nein, darum geht es überhaupt nicht.
Der zuständige Rechts- und Europaausschuss hat sich schon vor meiner Mitgliedschaft in diesem Landtag mit diesem Thema befasst. Wir waren vor Ort, der Ausschuss war an der Grenze, wir haben Konferenzen abgehalten mit den Nachbarn, wir haben gesprochen mit der Verkehrsplanung im Kreis, wir haben mit Bürgermeistern gespro
chen, wir haben Tagungen durchgeführt, Konferenzen, Beratungen, Ausschussberatungen und, und, und. Im Ergebnis all dieser Beratungen sind wir hier gemeinsam zu einer Auffassung gekommen. Und jetzt erfahren wir, es wird ein Gutachten in Auftrag gegeben. Ja, ich freue mich auch über das sechste Gutachten.
Ich weiß nicht, ob es das sechste oder das vierte oder das zwölfte ist.
Wichtig ist es aus meiner Sicht, dass uns klar wird, auch wenn der 1. Mai diesen Jahres mit dem Beitritt der Republik Polen zur Europäischen Union etwas überraschend kam, dass wir heute wissen, über welche Übergangsfristen wir reden. Und ich habe die Angst, dass, wenn wir das bisherige Tempo der schrittweisen Problemlösung weiterführen,
dann auch die nächsten sieben Jahre verstrichen sein werden, ohne dass wir die notwendigen Vorbereitungen getroffen haben. Darum möchte ich bitten. Das ist, denke ich, auch das Wichtige in der Diskussion hier zu dieser Unterrichtung.
Einen zweiten Punkt hat der, ich weiß nicht, ob es der Marshall oder der Woiwode war, bei der Festsitzung des Sejmik der Woiwodschaft Westpommern, denke ich, sehr deutlich gemacht. Heute reden wir nicht mehr über die Öffnung von Grenzübergangsstellen, sondern heute müssen wir darüber reden, wie sich in der künftigen Region, im künftigen Großraum Stettin die verkehrlichen Anbindungen der Region Vorpommern gestalten.
Wenn wir tatsächlich wollen, dass unsere Unternehmen all die Chancen nutzen können, von denen wir dauernd reden, dann müssen wir ihnen die Möglichkeit geben, hinund zurückzukommen.
Ich kann mich noch sehr gut an ein Gespräch mit einer Unternehmerin aus Burg Stargard erinnern, die sagte: Ja, Herr Neumann, wir haben es versucht. Wir haben auch einen Partner gefunden. Es ging alles hervorragend. In Zusammenarbeit mit der Deutsch-Polnischen Wirtschaftsfördergesellschaft ist der Kontakt vermittelt worden, alles Klasse. Aber allein die Wartezeiten für die Lieferungen an der Grenze haben mir die ökonomische Rechnung kaputtgemacht. Und dann kann ich das europapolitisch für sinnvoll halten, wirtschaftspolitisch kann mich das alles überzeugen, wenn es sich schlicht und ergreifend zum Schluss nicht rechnet, kann ich es nicht durchziehen. Und das ist der Punkt, über den wir reden müssen.
Ich will in einem letzten Punkt in dem Zusammenhang erwähnen, was mir Sorgen macht oder andersherum, was für mich Vorbild ist: Die Zusammenarbeit zwischen den Ländern Brandenburg und Berlin und Stettin. Die Frage des Ausbaus der Verkehrsinfrastruktur zwischen dem Hafen Stettin und Berlin, im Binnengewässer, auf der Schiene und auf der Straße, das birgt für uns viele Chan
cen, aber eben auch die Gefahr, dass all die Verkehrsströme, all die wirtschaftliche Zusammenarbeit, die entsteht, schön an Vorpommern vorbeirauscht
oder nur durch dieses kurze Zipfelchen der Autobahn. – Danke schön.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Es mag scheinen, dass die jetzige Diskussion zu diesem Tagesordnungspunkt, zumal es um zwei Stellen geht, im Vergleich zu der Diskussion, die wir im Tagesordnungspunkt davor geführt haben, von eher geringer Bedeutung ist. Aber ich denke, man darf, und darauf haben alle zu Recht hingewiesen, die symbolische Bedeutung und auch die politische Bedeutung nicht unterschätzen und nicht messen am finanziellen Aufwand.
Zum finanziellen Aufwand nur ein Satz. Ein Kollege der SPD-Fraktion im Ausschuss der Regionen hat mal jemanden zitiert – ich weiß nicht, wer es war –, der gesagt haben soll: Alles, was man in der Politik mit Geld erreichen kann, ist billig erreicht, weil alle anderen Möglichkeiten in früheren Jahrhunderten genutzt wurden, wollen wir die nicht mehr nutzen. Und gerade im Bezug auf das Kooperationsbüro in Tallin muss man schon sagen, wenn man alle Berichte der Landesregierung beispielsweise zur Zusammenarbeit im Ostseeraum sieht, zur Erweiterung der Europäischen Union ist für das Geld, das eingesetzt wird, der Erfolg sehr groß und die Wirksamkeit sehr groß.
Wir wollen den Ministerpräsidenten beim Wort nehmen, wie er es auf der 35. Sitzung am 31. März 2004 zum Thema „Kooperationsbüro in Tallin“ gesagt hat, indem er ausführte, was er hier noch einmal bestätigte: „Fest steht, meine Damen und Herren Abgeordnete, die Instrumente ändern sich, die Inhalte und Ziele … aber ändern sich nicht.“
Und genau diese Frage wollen wir im dafür zuständigen Rechts- und Europaausschuss diskutieren, nämlich wie wir angesichts der neuen Situation, ja, auch angesichts der finanziellen Situation des Landes Mecklenburg-Vorpommern, aber vor allen Dingen im Hinblick auf die neue Situation mit dem Beitritt der osteuropäischen Staaten zur Europäischen Union, wie wir hier Inhalte und Ziele der Europapolitik des Landes Mecklenburg-Vorpommern weiterhin umsetzen wollen. Deshalb beantrage ich im Namen der Koalitionsfraktionen die Überweisung des Antrages in den Rechts- und Europaausschuss. – Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es besteht kein Zusammenhang zwischen der Kürzung der Mittel im Büro in Tallin und dem Thema Vermögensabschöpfung, das wir jetzt behandeln. Es gibt, denke ich, hier im Hause keine unterschiedlichen Auffassungen in der Sache zu dem Anliegen des Antrages. Denn bei dem zugegebenermaßen durchaus reißerisch benannten Projekt „Geldjäger“ handelt es sich um eine wichtige Angelegenheit. Natürlich kann man argumentieren, nehmt euch mit diesem Projekt nicht so wichtig. Angesichts der in den letzten Jahren wachsenden Wirtschaftskriminalität und auch angesichts der zunehmenden Korruption zeigt sich letztlich die Machtlosigkeit und Begrenztheit eures polizeilichen, strafrechtlichen und finanzadministrativen Instrumentariums.
Die kleinen Eierdiebe fängt man, die großen Gauner lässt man laufen und sie können schließlich auch noch die ergaunerte Beute in aller Ruhe genießen. So urteilt jedenfalls nicht selten der Volksmund. Und wem fallen da nicht gleich auch ganz hehre und hohe Namen von Bankmanagern und Spitzen von Großunternehmen ein, die vor Gericht stehen und standen? Wer denkt dabei heute nicht an Betrugs- und Finanzskandale unglaublichen Umfangs, an kriminelle Verfilzungen von Politik und Verbrechen, insbesondere in Form von Korruption und Veruntreuungen,
schließlich an die anscheinend nie aufhörenden Ketten von Parteispendenskandalen und so weiter und so fort?
Natürlich ist es so gesehen begründet und stellt eine Binsenwahrheit dar, wenn man sagt, ein solches Projekt „Geldjäger“ allein vermag diesen Sumpf nicht trockenzulegen. Dazu bedürfte es einer gesamtgesellschaftlichen Strategie und vor allem auch gravierender Änderungen in der Politik, der öffentlichen Moral sowie im Rechtsbewusstsein. Denn es ist ja so, dass der Verfall und die schleichende Erosion der Werte, Spielregeln und Normen in Wirtschaft und Politik nicht plötzlich aus heiterem Himmel nahezu als Naturkatastrophe über uns gekommen sind und von einem Tag auf den anderen ein solches Ausmaß angenommen haben, dass strikte Schranken aufgerichtet werden müssten.
Es ist doch wohl mehr als skandalös, wenn beispielsweise ein namenhafter Spitzenmanager – der Name und die Sache sind gebührend durch die Presse und die Medien gegangen – es sich leisten kann, öffentlich zu erklären, in der Bundesrepublik Deutschland würde man für Dinge belangt und angeklagt, wofür man woanders einen Orden bekäme.
Im Fall Strauß Junior wird man sich vermeintlich mit der Staatsanwaltschaft und dem Gericht zu einem Deal verständigen. Das heißt, der Täter lässt einen Teil der Beute fallen, rettet den Rest und bekommt Strafmilderung, ja sogar Bewährung. Und Herrn Landowski wird man wohl mit einiger Sicherheit, ja, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit überhaupt nicht mehr auf der Anklagebank zu sehen bekommen. Vermeintlich stochert der Berliner Untersuchungsausschuss noch ein bisschen im Nebel und dann wird Ruhe einkehren.
Das heißt, die Geldjägerei ist natürlich von begrenzter Wirkung, wenn nicht eine schonungslose Transparenz und Kontrolle der Wirtschaft hergestellt werden kann und wenn nicht auch die Politik ebenso durchschaubar und rechenschaftspflichtig wird. Wer jagt in dieser Gesellschaft eben nicht nach Geld?
Bemerkenswerte Gedanken äußert in diesem Zusammenhang bereits vor einigen Jahren der Hamburger Kriminologe Professor Fritz Sack: „Niemand redet von der kriminogenen Potenz des Reichtums, seiner Entstehung …, seiner Verwendung sowie seiner Wirkung. Systematische und regelmäßige Berichte über Formen der Bereicherung, über den ,leistungslosen‘ Erwerb von Anwartschaften und Zugriffsansprüchen auf das Bruttosozialprodukt, über ,unverdiente‘ Vermögenszuwächse, über die Subkultur der flinken und feuchten Mark – ich denke, solche Berichte würden Fundgruben kriminologischer Erkenntnisse und kriminalpolitischer Handlungsalternativen sein. Freilich, auch ohne das genaue und strafrechtlich relevante Wissen um diese ökonomischen und Reichtum schaffenden Zusammenhänge lässt sich eine weit verbreitete Überzeugung ausmachen, dass nämlich die Richtung des weithin beklagten schwindenden Rechtsbewusstseins in der Gesellschaft … von oben nach unten statt von unten nach oben verläuft.“
Dies alles ist aus unserer Sicht bei diesem Antrag als Hintergrund in Erwägung zu ziehen und mit zu bedenken. Nein, meine Damen und Herren, insbesondere die Wirtschaft ist natürlich nicht nur Opfer von Straftaten, sie ist auch genauso Täter. Deshalb ist das Projekt „Geldjäger“
praktisch und rechtspolitisch von grundlegender Bedeutung, aber auch nur ein erster Schritt. Rechtspolitisch ist es ein adäquates Mittel. Unabhängig von der Strafe soll der Verbrecher dort getroffen werden, wo es ihn besonders schmerzt – am Geldbeutel, der oft ein Konto ist. Es soll klargestellt werden, dass sich Verbrechen nicht lohnen, keinen Vorteil bringen. Und das Prinzip, rechtswidrig erlangtes Vermögen aufzuspüren, zu ermitteln und sicherzustellen, gilt für ausnahmslos alle Straftaten, wenn auch einschlägige Verbrechen, in denen es um Vermögen und Geld geht, im Vordergrund stehen – Wirtschaftsverbrechen, organisierte Kriminalität, Betäubungsmittelkriminalität, Korruption, Zuhälterei, um nur die vordergründigsten zu nennen. Dieses Prinzip gilt flächendeckend bei allen Staatsanwaltschaften.
Ferner ist rechtspolitisch bedeutsam, dass durch die Geldjägerei vor allem den Interessen der Opfer entsprochen wird. Der übergroße Teil des erjagten Geldes und Vermögens muss selbstverständlich den Geschädigten und Opfern zurückgegeben werden. Aber aus dem Teil, der der Staatskasse zufließt, weil beispielsweise die Geschädigten im Einzelnen nicht festgestellt werden können, werden Opfer entschädigt und wird auch zu einem guten Teil die Arbeit von Opferverbänden finanziert. Und das ist richtig so. Dieser Weg muss noch konsequenter fortgesetzt werden.
Ich denke, dass es angezeigt ist, dass der Landtag bekundet, was er von diesem Projekt hält, und dass er es nämlich positiv beurteilt und für personell, materiell, aber eben auch verfahrensrechtlich ausbauwürdig erachtet. Und es ist aus unserer Sicht auch zweckmäßig, dass das Justizministerium über den Fortgang des Projektes im Rechts- und Europaausschuss berichtet, wir gemeinsam im Ausschuss über die Fortsetzung und Ausbaumöglichkeiten diskutieren. Ich bitte den Landtag um Zustimmung zum Antrag. – Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir setzen heute gewissermaßen die Diskussion von gestern von der Aktuellen Stunde fort, denn auch in dem vorliegenden Antrag geht es um die Auswirkungen der EU-Osterweiterung auf Mecklenburg-Vorpommern, nur eben in einem sehr speziellen Umfeld. Die europäische Förderpolitik im Zeitraum 2000 bis 2006 neigt sich dem Ende zu und steht zugleich vor gewaltigen Herausforderungen. Mit dem Beitritt der neuen Mitgliedsstaaten zur Europäischen Union verändern sich nicht nur die Herausforderungen an die innere Organisation und an die Verfasstheit der Europäischen Union, sondern auch an deren finanzielle Leistungsfähigkeit.
Nachdem die Europäische Kommission Anfang Februar dieses Jahres ihre finanzielle Vorausschau veröffentlichte, legte sie eine Woche später, am 18. Februar 2004, den dritten Kohäsionsbericht nach. Im Kern enthält dieser die Vorschläge der Kommission, wie es mit der europäischen
Strukturpolitik nach 2006 weitergehen kann und nach ihrer Auffassung weitergehen soll. Bereits mit dem zweiten Kohäsionsbericht hatte die Kommission hierzu Vorschläge und Varianten ausgearbeitet, die in einem umfangreichen Diskussionsprozess zu den nunmehr vorliegenden Vorschlägen führten.
Die Kommission regt hierzu nun eine Diskussion an und möchte diese gern bis zum Sommer dieses Jahres abschließen, um ein reibungsloses In-Kraft-Treten der neuen Förderprogramme zum 01.01.2007 gewährleisten zu können. Die von der Kommission vorgelegte Reform stellt die Grundlagen für ihre nächsten Vorschläge bezüglich der neuen Regelung der Strukturfonds dar und bildet den Auftakt zu einer großen Debatte, die im Ministerrat, im Europäischen Parlament genauso wie im Wirtschafts- und Sozialausschuss als auch im Ausschuss der Regionen stattfinden wird.
So soll beispielsweise mit einem Forum über wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt am 10. und 11. Mai allen betroffenen Akteuren Europas die Möglichkeit geboten werden, an den Überlegungen zur Zukunft der Kohäsionspolitik in der erweiterten Union teilzunehmen. In diesen Prozess muss sich auch der Landtag MecklenburgVorpommern einbringen. Für das Land Mecklenburg-Vorpommern hat diese eine nicht zu unterschätzende Bedeutung. Insgesamt standen nach dem Operationellen Programm für die Förderperiode 2000 bis 2006 aus eben diesen Strukturfonds EFRE, EAGFL/A, also Ausrichtung, und ESF in Mecklenburg-Vorpommern rund 2,45 Milliarden Euro Strukturfondsmittel zur Verfügung. Das sind durchschnittlich 350 Millionen Euro pro Jahr, was beispielsweise im Jahr 2001 fünf Prozent des Landeshaushaltes ausmachte.
Und zugleich knüpft hiermit der Landtag an seine Überlegungen und Beschlüsse aus der 3. Legislaturperiode an. Bereits in seinem Beschluss auf Drucksache 3/1672 vom 7. Dezember 2000 hat sich der Landtag MecklenburgVorpommern mit dem Thema befasst und die Landesregierung aufgefordert, die Weiterentwicklung der Strukturfonds und der Gemeinschaftsinitiative zu beobachten sowie dem Landtag Mecklenburg-Vorpommern darüber zu gegebener Zeit zu berichten.
Meine Damen und Herren, der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Europäischen Parlamentes, Elmar Brock, hat vor kurzem die politische Situation in der Europäischen Union in Bezug auf den Verfassungsentwurf sehr krass, aber vielleicht auch zutreffend sinngemäß so formuliert: Die Regierungschefs sind die Monarchen von heute. Wenn sie nicht den Mut aufbringen, in dieser historischen Situation einen Schritt vorwärts in Richtung politische Integration zu gehen, bedeutet dieser Stillstand unweigerlich zwei Schritte zurück.
Wir sollten als Landtag Mecklenburg-Vorpommern unseren Teil dazu beitragen, auch innerhalb Deutschlands in der Diskussion nicht nur auf den uns betroffenen Haushaltsaspekt hinzuweisen, sondern unser Ja zu einer fortschreitenden Integration der Europäischen Union auch in dieser Frage mit allen Konsequenzen zu vertreten. Diese politische Grundüberzeugung teilen wir im Übrigen mit vielen Regionen und regionalpolitisch Verantwortlichen in Europa.
Diese gemeinsame Überzeugung kann eben auch eine Basis für die Zusammenarbeit mit unseren Partnerparlamenten in Westpommern, aber auch in Schleswig-Hol
stein oder Südschweden sein. Diese gemeinsame Grundüberzeugung zur Zukunft der Strukturpolitik sollte auch Thema der gemeinsamen Tagung der Parlamente in Danzig Ende des Monats sein. Selbstverständlich kann man dabei nicht außer Acht lassen, dass wir im Ringen um die finanziellen Mittel dieser Strukturpolitik Konkurrenten sind. Wenn es aber wie heute darum geht, die Strukturpolitik überhaupt auch zukünftig zu erhalten, sollten sich genügend Gemeinsamkeiten finden, um hier gemeinsam zu handeln und sich gemeinsam politisch zu artikulieren.
Dies gilt umso mehr für die Formulierung eines gemeinsamen Standpunktes mit den ostdeutschen Ländern, wird allerdings schon innerhalb Deutschlands eine gehörige Portion Standfestigkeit erfordern. Deshalb möchte ich an dieser Stelle unserem Ministerpräsidenten ausdrücklich für seine klaren Worte danken und würde mich freuen, wenn er und die Landesregierung in ihrem Werben um den Erhalt der Strukturpolitik auch für die ostdeutschen Länder die Unterstützung des gesamten Parlamentes finden würden.
Meine Damen und Herren, der Rechts- und Europaausschuss wird sich bemühen, die Landesregierung in dieser Arbeit im Rahmen seiner Möglichkeiten zu unterstützen und dem Landtag bis zum Sommer diesen Jahres eben eine detaillierte Stellungnahme vorzulegen, mit der wir uns dann in die europaweite Debatte einbringen können. Dies wäre nicht nur eine wichtige Unterstützung unserer Landesregierung, sondern auch für die Stellungnahme als Mitglied unserer Mitglieder im Ausschuss der Regionen wichtig, die durch die Europäische Kommission unmittelbar in den Diskussionsprozess eingebunden sind.
Deshalb sind die mitberatenden Ausschüsse nicht nur in ihrem eigenen Interesse gefordert, sehr schnell im Zusammenwirken mit den Ministerien gemeinsame Positionen in ihren Fachbereichen zu erarbeiten und dadurch eine qualitativ hochwertige Stellungnahme zu entwerfen. Das Protokoll der Beratung des Rechts- und Europaausschusses vom 18. März, an dem intensiv gearbeitet wird und das hoffentlich auch rechtzeitig fertig gestellt ist, kann hierfür eine gute Grundlage bilden, genauso wie die Ihnen kürzlich zugegangene Veröffentlichung des Umweltministeriums über die Strukturfondsperiode von 2000 bis 2006, die einen sehr guten und überschaubaren Überblick über die Auswirkungen der Strukturpolitik in Mecklenburg-Vorpommern gibt.
Wenn wir uns gemeinsam das Ziel stellen, die Landtagssitzung im Juni zu erreichen, müssen die mitberatenden Stellungnahmen bis zum 6. Mai beim Rechts- und Europaausschuss vorliegen.
Auch wenn dieser Zeitraum äußerst kurz bemessen ist, so sollte es uns doch aufgrund der enormen Bedeutung des Themas und mit Hilfe des bis zum Ende dieses Monats vorliegenden Berichtes der Landesregierung gelingen, eine solche Stellungnahme zu erarbeiten.
Ich beantrage im Namen der Antragsteller die federführende Überweisung in den Rechts- und Europaausschuss sowie die mitberatende Überweisung in den Wirtschaftsausschuss, den Umweltausschuss, den Landwirtschaftsausschuss und – irgendeiner war es noch –
in den Finanzausschuss. Entschuldigung! Natürlich in den Finanzausschuss, denn es geht ja um unseren Haushalt. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!
Sehr geehrter Herr Petters, die Zeit für Diskussionen, die uns zur Verfügung steht, ist, denke ich, aufgezeigt worden. Ich glaube, einen wichtigen Aspekt haben Sie in Ihrer Rede schlicht unterschlagen. Der dritte Kohäsionsbericht ist ein Vorschlag der Kommission. Ein Vorschlag der Kommission ist noch lange kein Gesetz. Diese Kommission wird es im Übrigen bald nicht mehr geben, weil wir am 13. Juni 2004 Europawahlen haben, danach wird es eine neue Kommission geben. Diese Kommission hat einen Vorschlag unterbreitet, der nicht nur auf einhellige Zustimmung gestoßen ist. Es tut mir Leid, wenn ich Ihnen das so sagen muss, aber das Bundesland Bayern sieht das alles ganz anders. Und um es ganz deutlich zu sagen: Dieser Vorschlag der Kommission ist noch lange nicht umgesetzt und wird garantiert noch in vielen Punkten Veränderungen erfahren.
Ich darf Ihnen noch einmal ganz deutlich sagen – die Konsequenz des Vorschlages der Kommission, eine Woche vorher ist die finanzielle Vorausschau aufgezeigt worden –, völlig klar ist, dass diese Aufgaben und dieser Vorschlag der Kommission nicht umgesetzt werden können, wenn der finanzielle Beitrag der Mitgliedsstaaten zur Europäischen Union gesenkt wird. Ich darf Sie nur daran erinnern, dass es eine ganze Reihe von Bundesländern auch in der Bundesrepublik Deutschland gibt, die sagen, in der Regel nicht PDS- und SPD-geführt und auch nicht umgekehrt, sondern dass insbesondere das Bundesland Bayern sehr wohl sagt: Wir brauchen diese Förderung nicht, sie ist viel zu teuer und wir können sie uns nicht mehr leisten. Auf diese Konsequenz muss man ganz deutlich hinweisen und sich engagieren, Herr Petters, und sich nicht hinstellen und so tun, als sei das kein Thema. Das ist ein Thema von vielen Aktiven, die dafür sorgen wollen, dass diese Umverteilung anders geschieht als bisher.
Es geht nicht allein um Haushaltspolitik. Bereits die Debatten im Vorfeld des dritten Kohäsionsberichtes zeigten deutlich, dass eine Reihe von Mitgliedsstaaten, aber auch einzelne Bundesländer gerne die Gelegenheit nutzen würden, um die Strukturpolitik in Europa insgesamt in Frage zu stellen. Allen Mitgliedsstaaten ist und war klar, dass der Beitritt von zehn weiteren Staaten, die in der Regel weit unter dem Durchschnitt des Bruttoinlandsproduktes der Europäischen Union liegen, nicht wie die Deutsche Einheit aus der Portokasse bezahlt werden kann.
Wenn man sich das Ziel stellt, auch unter diesen Bedingungen die Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse in ganz Europa herzustellen – und nichts anderes bedeutet Konvergenz –, dann sind hierzu gewaltige Anstrengungen der Europäischen Union notwendig. Deshalb widmet sich der dritte Kohäsionsbericht der Darstellung der aktuellen Lage und der Tendenzen in den Regionen. Übrigens, Herr
Petters, er widmet auch der Auswertung der bisherigen Strukturpolitik einen sehr umfangreichen Raum. Sie werden dort all Ihre Kritiken, die Sie aufgeführt haben, wiederfinden und – und das ist eben der Unterschied zu Ihrer Meinung, Herr Petters – die Europäische Kommission macht Vorschläge, wie genau diese Fehler behoben werden können. Und auch deshalb müssen wir uns mit dem Thema beschäftigen. Hierbei ist es beispielsweise wichtig festzuhalten, dass die Strukturfondsmittel zwar nur in einen Teil der Regionen in der Europäischen Union fließen, jedoch ihre Auswirkungen auf die gesamte E u r o p ä i s c h e Union entfalten. Auch das ist sehr deutlich dargestellt worden.
Der Bericht versucht auch Antworten zu finden auf die Herausforderungen, die sich aus der wirtschaftlichen Entwicklung ergeben. So ist es zu begrüßen, wenn hervorgehoben und dargestellt wird, wie sich wirtschaftspolitische, beschäftigungspolitische und sozialpolitische Maßnahmen gegenseitig verstärken, dass die Stärkung des Humankapitals zunehmend an Bedeutung gewinnt und auch die soziale und kulturelle Infrastruktur eines Landes von entscheidender Bedeutung ist, da sie Entscheidungen über die Ansiedlung von Investitionen und neuen Betrieben zunehmend beeinflussen wird. Dies gelte insbesondere für wissensbasierte Aktivitäten, die nicht standortgebunden sind, da sie nicht auf die Nähe zu Rohstoffen und großen Absatzmärkten angewiesen sind.
Der Kohäsionsbericht erlaubt ebenso allen Akteuren – und so auch Herrn Petters – einen eindrucksvollen Blick über den eigenen Tellerrand hinaus. So findet sich beispielsweise die Feststellung, dass der allgemeine Trend zur Übertragung der Zuständigkeit für öffentliche Dienstleistungen auf die regionale und lokale Ebene nicht mit der Beschaffung entsprechender finanzieller Mittel zur Finanzierung dieser Dienstleistungen einhergeht. Auch dies scheint jedenfalls kein typisch deutsches Problem zu sein, denn als Ausnahme hiervon wird nur Italien benannt, wo die Zuständigkeit für die Einnahmebeschaffung zunehmend auf die Regionen übertragen wird, ohne dass im Gegenzug die regionalen Transferleistungen verstärkt werden.
Der Rechts- und Europaausschuss konnte sich in seiner gemeinsamen Beratung mit dem Ausschuss des Sejmiks der Woiwodschaft Westpommern am 18. März einen Eindruck – und auch das ist von Ihnen, Herr Petters, offensichtlich noch nicht wahrgenommen worden – über die hohe Qualität der Verwaltung und die Verwendung der Strukturfondsmittel durch die Verwaltung des Landes Mecklenburg-Vorpommern machen. Denn hier werden sie verwaltet, hier werden sie vergeben durch unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Wirtschaftsministerium, im Landwirtschaftsministerium, im Arbeitsministerium. Es ist nicht das ferne Brüssel, was dort irgendetwas macht.
Die Sachkompetenz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in unseren Landesämtern und in der Landesregierung, glaube ich, ist hier nicht zu bezweifeln.
Es ist gelungen, die Qualität der Strukturfondsmittelverwendung in Mecklenburg-Vorpommern erheblich zu steigern und damit die Effektivität des Einsatzes dieser Mittel zu erhöhen. Wenn zum Beispiel die Umsetzung des Europäischen Sozialfonds – und auch das ist einer Ihrer Denkfehler, Herr Petters, es ist eben nicht nur Wirtschaftsför
derung, sondern beispielsweise auch der Europäische Sozialfonds – durch das Arbeitsmarkt- und Strukturentwicklungsprogramm des Arbeitsministeriums dieses Landes nach einer externen Evaluierung durch die Europäische Kommission als Best Praxis eingestuft wird, als beste Praxis, und somit europaweit als gute Erfahrung verbreitet wird, zeugt dies von der hohen Qualität der Arbeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Ministerien bei der Verwendung von europäischen Mitteln.
Dafür gilt allen Kolleginnen und Kollegen der besondere Dank des Landtages.
Meine Damen und Herren, mit der Erweiterung der Europäischen Union steigt die Bevölkerungszahl von 380 auf 454 Millionen in der EU der 25 und auf 485 Millionen in der EU der 27 Mitgliedsländer. Auch wenn die zukünftigen Mitgliedsstaaten ein dynamischeres Wachstum als die heutige EU – 4 Prozent zu 2,5 Prozent – bezeichnen, fällt das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf um 12,5 Prozent mit dem 1. Mai diesen Jahres und dem Beitritt von zehn neuen Mitgliedsländern sowie um 18 Prozent, wenn Rumänien und Bulgarien beitreten und die Europäische Union dann 27 Länder umfasst. Damit steigt die Anzahl der Menschen, die in Ländern mit weniger als 90 Prozent des durchschnittlichen Inlandsproduktes leben, also im Bereich des Ziels Konvergenz, von 84 auf 123 Millionen. Der Entwicklungsabstand der Regionen, also die Differenz innerhalb Europas, verdoppelt sich. Wenn heute der Durchschnitt der aktuellen Ziel-1-Regionen bei 69 Prozent des EU-Bruttoinlandsproduktes liegt, liegt er in den neuen Mitgliedsstaaten bei 46. Damit stellt sich die Frage, wie diese gewaltige Herausforderung bewältigt werden soll.
Der vorliegende dritte Kohäsionsbericht geht davon aus, dass die gegenwärtige Grenze der Mitgliedsbeiträge der Mitgliedsstaaten von 1,24 Prozent des Bruttoinlandsproduktes auch zukünftig nicht überschritten werden soll. Die Kommission schlägt vor, den gegenwärtigen Finanzrahmen trotz dieser Herausforderungen nicht zu überschreiten. Doch selbst dieses enorme Unterfangen geht eben einigen Mitgliedsstaaten nicht weit genug. Wenige Wochen bevor diese gewaltige Erweiterung der Europäischen Union ansteht, fordern die Finanzminister eine Senkung der Beiträge und konterkarieren damit die gesamte Politik der Europäischen Union seit 1994 in Bezug auf die Erweiterung der Europäischen Union. Wenn gleichzeitig die Wiedereinführung nationalstaatlicher Strukturpolitik gefordert wird, kommt dies einer Renationalisierung der Wirtschaftspolitik gleich, die nur und ausschließlich den wohlhabenden Ländern nützt und der Europäischen Union eine wesentliche Basis entzieht. Diese Basis ist nämlich festgelegt. Und auch da empfehle ich Ihnen einen Blick hinein in den Artikel 158 des EG-Vertrages in der Fassung von Nizza, der festlegt, ich zitiere: „Die Gemeinschaft entwickelt und verfolgt weiterhin ihre Politik zur Stärkung ihres wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts, um eine harmonische Entwicklung der Gemeinschaft als Ganzes zu fördern. Die Gemeinschaft setzt sich insbesondere zum Ziel, die Unterschiede im Entwicklungsstand der verschiedenen Regionen und den Rückstand der am stärksten benachteiligten Gebiete oder Inseln, einschließlich der ländlichen Gebiete, zu verringern.“
So harmlos und verständlich das Anliegen einiger Finanzminister der Mitgliedsstaaten klingt, so verheerend ist jedoch die Konsequenz. Wenn sich die Europäische
Union nicht mehr diesem Ziel, nämlich der Herstellung vergleichbarer Lebensverhältnisse in ganz Europa, stellt, wird Europa wieder auf einen einheitlichen Markt reduziert und damit die Legitimation als politisches Modell entzogen.
Die PDS-Fraktion im Landtag Mecklenburg-Vorpommern – wie die PDS insgesamt – steht zu diesem Modell. Für uns kann es ein Europa nur als soziales, friedliches, solidarisches und demokratisches Europa für alle Mitgliedsländer geben. Dies liegt auch in unserem Interesse und im Interesse des Landes Mecklenburg-Vorpommern. Deshalb werden wir uns der Aufgabe stellen und auch Partner außerhalb Mecklenburg-Vorpommerns für diesen Kampf suchen und finden. Wenn die CDU-Fraktion meint, dieses Thema sei ein Nichtthema zum gegenwärtigen Zeitpunkt, dann verschläft sie die Politik der Europäischen Union ab 2007 nämlich jetzt.
Ich möchte die Gelegenheit nutzen, um tatsächlich die Chance zu erkennen, dass Herr Petters sich intensiv mit dem Thema befasst. Ich denke, es ist unbenommen, dass die Mitglieder des Wirtschaftsausschusses und der anderen mitberatenden Ausschüsse an den Beratungen des Rechts- und Europaausschusses teilnehmen. Ja, das haben wir immer so gehandhabt.
Ich habe schon angesprochen, dass Sie auch das Protokoll unserer Ausschusssitzung vom 18. März 2004 erhalten werden. Diese Ausschusssitzung befasste sich über ungefähr fünf Stunden mit der Strukturfondsmittelverwendung hier im Land Mecklenburg-Vorpommern mit sehr interessanten, sehr ausführlichen Darstellungen aus den einzelnen Ministerien, die wir trotz der umfangreichen Zeit aber abbrechen mussten, weil das Feld tatsächlich so weit ist. Das Feld fängt nun einmal weder beim Wirtschaftsministerium an, noch hört es dort auf. Es geht eben auch um den Bereich Landwirtschaft – ganz wesentlich und ganz entscheidend für dieses Land. Es geht auch um Fischerei und es geht auch um den Europäischen Sozial
fonds, also die Verwendung der Mittel im Arbeitsministerium.
All diese Themen sind für dieses Land existentiell. Sie müssen vertreten werden durch dieses Land gegenüber der Diskussion hier in der Bundesrepublik Deutschland, darauf hat der Minister hingewiesen, aber eben auch gegenüber den europäischen Institutionen. Ich darf darauf hinweisen, weil die Frage kam, Herr Petters, der Kohäsionsbericht ist seit dem 19. Februar, also einen Tag nachdem er veröffentlicht wurde, für jede Bürgerin und jeden Bürger über das Internet möglich. Also auch hier hat jeder, der es will, die Möglichkeit, sich in diese Debatte einzubringen. Das ist, denke ich, das Wichtige, dass wir uns einbringen als Land Mecklenburg-Vorpommern in die Debatte.
Meine große Bitte ist: Ich möchte, dass wir unsere Stellungnahme zu einem Zeitpunkt abgeben, wo wir noch die Chance haben, wenigstens gehört zu werden, und dieser Zeitpunkt läuft mit dem Sommer dieses Jahres ab. Deshalb ist es wichtig, denke ich, sich nicht gegenseitig in den Ausschüssen in dieser Diskussion zu blockieren oder in Streitigkeiten zu verfallen, wer darf sich denn nun mit dem Thema beschäftigen und wer nicht. Es dürfen sich alle Ausschüsse mit diesem Thema befassen.
Wichtig ist aber, dass wir eine Stellungnahme dieses Parlamentes hinbekommen in einer zugegebenermaßen relativ kurzen Zeit. Da baue ich auf die Zusammenarbeit mit dem Kollegen Born, denn ich weiß, bei diesem Thema ist auch er in der Lage, einmal den juristischen Teil seines Hirns – sicherlich der überwiegende – ein bisschen abzuschalten
und gemeinsam zu einer politischen Erklärung zu kommen. Die brauchen wir nämlich jetzt.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will auch gleich den Kollegen Walther zitieren – er steht in dem Thema, na ja gut, er ist ja ortsnah –,
der gesagt hat, er kennt eine Speisekarte in seiner Region, die auf Polnisch geschrieben ist. Ich habe ihn gebeten, diese mir zuzuschicken. Und er hat darauf verwiesen, dass zumindest der Tierpark in Ueckermünde in polnischer Sprache ausgezeichnet ist und heute auch in der Nachbarstadt Szczecin den Ruf genießt, nicht nur der größte oder der einzige, sondern auch der schönste Tierpark zu sein, den die Stadt Szczecin hat. Das ist ein Stück Normalität geworden mit Hilfe von engagierten Leuten vor Ort, die gesagt haben, wir konzentrieren uns hier einmal auf ein Thema, auf einen Bereich mit Fördermitteln, die es ermöglicht haben, diese Idee auch umzusetzen, und dann auf die technischen und tatsächlichen Möglichkeiten, dass Schulen aus Szczecin ihren Unterricht dort auf deutscher Seite wahrnehmen und durchführen. Das ist eines der Beispiele, die ganz deutlich zeigen, wie mit Engagement der Leute vor Ort, mit einer überzeugenden Idee und mit einer Partnerschaft, die tatsächlich auf Vertrauen beruht, konkrete Projekte vor Ort stattfinden sollen und können.
Solche Projekte haben wir eine ganze Reihe im Land Mecklenburg-Vorpommern und ich denke, gerade vor dem 1. Mai diesen Jahres und vor dem Beitritt gilt diesen vielen hier ungenannten Personen der Dank dieses Hauses, dieses Parlamentes, denn sie können das tatsächlich in der Realität tun, was wir – in Anführungsstrichen – auf den roten Teppichen immer nur so erzählen.
Dafür der Dank und die Feststellung, dass es eben eine ganze Reihe von Bürgerinnen und Bürgern in diesem Land gegeben hat, die zumindest einen Punkt begriffen haben: Der Beitritt Polens zur Europäischen Union am 1. Mai wird kommen, völlig egal, ob wir uns darauf vorbereiten, ob wir uns nicht darauf vorbereiten, ob wir dafür sind oder ob wir dagegen sind. Er wird kommen. Er wird Realität werden. Und in einer solchen Situation sollte die Frage nicht mehr gestellt werden, ob, sondern nur noch die Frage gestellt werden, wie, wie umfangreich und wie konzentriert die Landesregierung und der Landtag sich in dieser Situation einbringen. Ich danke der Präsidentin, die schon aufgelistet hat, dass es eine ganze Reihe von Aktivitäten des Landtages Mecklenburg-Vorpommern gab und immer noch gibt. Ich bin sehr stolz darauf, dass wir als Parlament unsere Aufgabe in diesem Zusammenhang sehr frühzeitig erkannt haben und dass schon meine Vorgänger, wenn ich das einmal so sagen darf, hier sehr fleißig waren.
Eine Besonderheit hat allerdings der 1. Mai diesen Jahres. Ich will es einmal mit einem Feld benennen, von dem ich wenig Ahnung habe. Wenn es sich vor dem 1. Mai mehr um das Training handelte, ist am 1. Mai der Start, der Start für einen langen, nicht nur sportlichen Wettkampf, sondern für kulturelle Angleichung, für wirtschaftlichen Wettkampf, aber auch für die Chancen von wirtschaftlicher Kooperation.
Ich habe als Mitglied des Landtages bei meinem ersten Besuch auf polnischer Seite von einem polnischen Unter
nehmer folgendes Sprichwort gelernt: „Wenn du einen Konkurrenten hast, biete ihm eine Partnerschaft an.“ Das war der Grund und das ist die Motivation vieler Wirtschaftsunternehmen auf deutscher und polnischer Seite, eben die Partnerschaft zu suchen, die Partnerschaft auszuloten, weil sie eben wissen, dass es nun einmal Dinge gibt, die kann der polnische Unternehmer besser als der deutsche, und der polnische Unternehmer weiß genauso, dass es Dinge gibt, die kann der deutsche Unternehmer wesentlich besser als er. Die Stärken zusammenzufassen und gemeinsam die Chancen des Beitrittes zu nutzen sollte aller Ziel sein.
Und wenn wir hier feststellen, dass wir am 1. Mai nun einen Grund zum Feiern haben, ist das richtig. Aber der 1. Mai stellt an uns auch eine Frage, nämlich ganz klar die Frage: Was haben wir in den letzten Jahren erreicht, um uns, unser Land auf diesen Beitritt vorzubereiten? Wie weit sind wir tatsächlich in der Partnerschaft mit den polnischen Kollegen gekommen? Wie belastbar ist diese Partnerschaft inzwischen geworden? Und da, kann ich sagen, haben wir in den letzten Wochen leider erfahren müssen, dass eben heute ein Besuch eines Staatssekretärs aus einem Ministerium dieses Landes reicht, um das einzureißen, was Kuessner, Helmrich und mein Kollege – das ist natürlich jetzt peinlich –,
der Kollege Kreuzer mit ihren Händen in jahrelanger Arbeit aufgebaut haben. Das ist der Unterschied und das ist die Dramatik der Situation. Jetzt müssen wir hier ganz klar Farbe bekennen. Wir müssen zeigen, wie ernst wir all die politischen Reden genommen haben und wie ernst wir sie uns selber nehmen.
Wenn ich mich heute informieren will über meinen polnischen Partner, dann klicke ich die Seite www.infopolen.de. an wie viele andere auch. Aber ich weiß eben auch, dass diese Seite durch die deutsch-polnische Wirtschaftsfördergesellschaft aufgebaut und betrieben wurde, deren Ende wir im Übrigen entgegensehen, und das, muss ich sagen, verstehe, wer will. Wir können zum gegenwärtigen Zeitpunkt hier sicherlich viel feiern. Aber wenn die Botschaften wie die Botschaft zur deutsch-polnischen Wirtschaftsfördergesellschaft genauso wie die Botschaft zu dem Büro des Landes Mecklenburg-Vorpommern in Tallinn jetzt hinausgehen, ist es doch klar, dass die Frage, die ich benannt habe, hier von vielen beantwortet wird: Nein, ihr habt eben vielleicht nicht genug getan. – Danke.
Kollege Riemann, ich will aus dem „Focus“-Beitrag einen Punkt herausstreichen, den Sie jetzt nicht genannt haben,
nämlich die ganz klare Benennung dessen, wie Deutschland bereits heute Gewinner dieses Beitrittes ist, und zwar im Umfang von, Herr Kollege Müller nannte die Zahl, 0,8 Prozent des BIP, man kann es aber auch umrechnen auf 77.000 deutsche Arbeitsplätze. Schon heute sind 77.000 deutsche Arbeitsplätze dadurch gesichert, dass die Handelsbilanz zwischen Deutschland, Polen, Ungarn und anderen Beitrittsländern eben nicht ausgeglichen ist, sondern ein Defizit herrscht. Und dieses Defizit macht 77.000 deutsche Arbeitsplätze aus. Im Umkehrschluss: Rund 150.000 polnische sowie ungarische Arbeitslose gehen auf unsere Kosten. Auch das muss man ganz klar mal benennen. Und dieses Außenhandelsdefizit steigt, es steigt von 1996 mit 10 Milliard e n Euro bis 2000 auf 18 Milliarden Euro und es steigt weiter. Wir müssen also auch, denke ich, wenn wir in Partnerschaft denken, uns der Probleme des Partners annehmen. Die Europäische Kommission hat berechnet, dass selbst, wenn das Wirtschaftswachstum weiterhin in diesem Maße bestehen bleibt und weiterhin zwei Prozent über dem EU-Durchschnitt jedes Jahr – Jahr für Jahr – liegt, Polen 59 Jahre braucht, bis der Durchschnitt der Europäischen Union erreicht ist. Das heißt, wir dürfen nicht die Augen davor verschließen, dass unser Nachbar Probleme hat, die wir ihm, denke ich, überhaupt nicht neiden.
Und wir müssen uns auch die Frage stellen lassen, inwieweit denn Europa auf den Beitritt vorbereitet ist. Die Präsidentin sprach es kurz an. In der Diskussion um die Verfassung und im Verfassungsentwurf hat sich gezeigt, wie angesichts des historischen Beitrittes dann doch der kleinliche Kampf, das gegenseitige Augenaushacken beginnt, wenn es eben um die Neuverteilung von finanziellen Ressourcen geht. Und davor dürfen wir auch nicht die Augen verschließen. Ja, Kollege Riemann, das wird passieren. Und dann wird die Frage auch an uns hier in Mecklenburg-Vorpommern gestellt sein, inwieweit wir bereit sind, hier unseren Beitrag zu leisten.
Europa ist auch nicht friedlich. Ich bin schon erstaunt, dass es viele Diskussionen auslöst, inwieweit denn Grenzlandförderprogramme finanziell gefördert werden können, aber der Beitritt zur NATO ist voll finanziert. Schon heute
gibt die Republik Polen mehr Geld aus für die Aufrüstung und für Militär als zu Zeiten des Warschauer Vertrages.
Wir müssen auch sagen, dass Europa sozial nicht vorbereitet ist, genauso wenig wie sein Nachbarland. Und wir müssen ein Interesse daran haben – da gebe ich der Präsidentin völlig Recht –, dass es in Polen eben nicht zu sozialen Verwerfungen in Größenordnungen kommt. Wenn wir heute eine Arbeitslosigkeit von 20 Prozent haben, wissen die meisten von uns, die in Polen waren, dass das wirklich eine geschönte Zahl ist.
Wenn wir uns ansehen, was im Landwirtschaftssektor passieren wird, wissen wir doch auch aus unseren Erfahrungen hier in Ostdeutschland, was das heißt für den Arbeitsmarkt, welche gewaltigen Herausforderungen da auf unseren Nachbarn zukommen. Und da wird, so sehr sich das ähnelt mit dem Beitritt der ehemaligen DDR zu Europa – die letzte Erweiterung übrigens, ein bisschen kleiner als die heutige –, genau dasselbe im wirtschaftlichen Bereich passieren, nur immer minus alle westdeutschen Transferleistungen, minus Sozialsystem, minus Arbeitsamt, ABM, SAM et cetera.
Und das ist die Situation, vor der unsere Nachbarn stehen. Europa ist immer noch nicht demokratisch. Das Europäische Parlament kämpft immer noch um seine Rechte, um die demokratische Legitimation. Und die Bürgerinnen und Bürger, gerade in den jungen Demokratien, die jetzt beitreten, empfinden das wesentlich schmerzlicher als die alten Mitgliedsländer. Und wenn am 1. Mai Polen beigetreten ist, müssen wir uns eben auch die Frage stellen, warum am 2. Mai Leszek Miller als Regierungschef abtritt. Eine ganze politische Partei in unserem Nachbarland ist zerstört worden in diesem Prozess
und hat nämlich diese sozialen Schwierigkeiten, die auf das Land zukommen, nicht bewältigt, auch nicht mit Hilfe der Europäischen Union.
Wir haben die Chancen des Beitrittes definiert, wenn 8 0 Prozent des deutschen Außenhandels mit den Beitrittsländern auf Polen, die Tschechische Republik und Ungarn entfallen. Platz 10 hat Polen errungen hier im Außenhandel mit Deutschland. Diese Chancen zu nutzen ist aber vor allen Dingen auch eine Herausforderung an uns und an unsere Partnerschaft mit unseren polnischen Kolleginnen und Kollegen.
Wir werden sicher nicht die große Politik bewegen. Wir machen mehr das, was wichtig ist im Kleinen, das gegenseitige Verständnis tatsächlich zu fördern. Und da bin ich, Herr Ministerpräsident, gern bereit, auf Ihr Angebot einzugehen, darüber nachzudenken, wie können wir angesichts dieser Situation oder wie müssen wir unsere bisherige Zusammenarbeit umsteuern. Bisher ist mir leider bei diesem Umsteuern nur klar geworden, wo wir wegsteuern, aber wohin wir dann umsteuern, das ist noch offen und wird, denke ich, eine wichtige Debatte auch in diesem Landtag sein müssen. – Danke schön.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren!
Herr Kollege Ankermann, wir werden Sie an die Argumentation sicherlich gegebenenfalls wieder erinnern. Weil es ist natürlich klar, dass es sich hier um ein rechtspolitisches Thema dreht, das die Bürgerinnen und Bürger in diesem Lande sehr wohl interessiert und wo es, denke ich, angemessen sein dürfte, dass auch der Landtag Mecklenburg-Vorpommern sich mit diesem Thema befasst,
zumal es ja wesentlich weiter geht, Herr Kollege Ankermann, als nur die Frage der staatsrechtlichen Zuständigkeit für das Gesetzgebungsverfahren.
Und an den Punkt möchte ich anknüpfen. Der Kollege Sellering hat es aufgeführt, dass es natürlich „unsere“ Richter sind, die Rechtsanwälte des Landes Mecklenburg-Vorpommern und die Staatsanwälte des Landes Mecklenburg-Vorpommern, die das Verfahren umsetzen. Und wir haben hier in vielen Punkten es eben nicht allein mit der Frage zu tun, wie die rechtliche Ausgestaltung, das rechtliche System der Befragung von Opfern, von Tätern, wie das Verfahren organisiert ist, sondern wir haben sehr viel auch damit zu tun, wie das Gespür der handelnden Personen für diese Frage ausgeprägt ist, wie sehr die Bereitschaft da ist, sich hier tatsächlich dem Opfer zuzuwenden.
Und dazu hat der Justizminister die Rechte der Opfer von Verfahren während des Strafprozesses hier aufgelistet. Aber wir haben es mit mehreren anderen Stufen zu tun. Und ich fange einmal bei der ersten Stufe an, nämlich bei all den Opfern von Straftaten, die niemals zu einem Verfahren kommen, bei all den Straftaten in diesem Land, die unangezeigt und unaufgeklärt bleiben, weil eben die Menschen zu wenig Vertrauen haben in die Justiz, weil sie eben den Eindruck gewinnen in einem großen Feld von Alltagskriminalität, dass eben gar nicht diese Straftaten zur Anzeige kommen. Da beginnt aus meiner Sicht Opferschutz, nämlich Mut zu machen, diesen Weg tatsächlich zu gehen. Und in diesem Verfahren nach der Anzeige einer Straftat, wer ist es dann, wer ist dann die handelnde Person, die sagt, ja, Opfer, du hast Rechte? Dann sind es nämlich die Staatsanwälte, die eigentlich in den Verfahren, über die wir reden, gerade den Opfern Mut und Vertrauen geben müssten, indem sie ihnen sagen, liebes Opfer, du stehst nicht allein, ab sofort steh ich an deiner Seite und kämpfe dafür, dass der Straftäter bestraft wird. Und da stellt sich aus meiner Sicht für uns im Land Mecklenburg-Vorpommern sehr wohl die Frage: Wie sind die Staatsanwaltschaften dazu in der Lage? Wie sind sie nicht nur personell dafür ausgestattet, sondern eben auch verfahrensmäßig aufgestellt, genau eine solche Arbeit wahrzunehmen?
Und da, denke ich, stellt sich mit dem Gesetzentwurf der Bundesregierung die Frage, wie natürlich die strafpolitische Diskussion sehr wohl auch an uns als Landtag, an uns als politisch Verantwortliche, hier über all diese Felder nachzudenken und in unserer Diskussion Wege aufzuzeigen, wie die Rechte der Opfer von Straftaten gestärkt werden können, und zwar in allen Verfahrensschritten, bis hin zu den Schritten nach dem Verfahren, nämlich in dem
Vollzug von Urteilen, in der Vollstreckung in der Justizvollzugsanstalt, bis hin zu dem Tag der Entlassung der Straftäter, wo sich erneut die Frage stellen muss, wie sind Opfer informiert oder wie werden Opfer davon in Kenntnis gesetzt.
All diese Fragen müssen aber eines in der strafpolitischen Diskussion aus meiner Sicht vornan stellen. Ich bin dem Justizminister sehr dankbar, dass er das gemacht hat. Ich will das einmal mit meinen Worten sagen. Eines muss auch klar sein, die Stärkung der Rechte von Opfern von Straftaten darf zu keinem Zeitpunkt zu Lasten der verfahrensmäßigen Sicherstellung in dem Verfahren gehen, also nicht Stärkung der Rechte der Opfer zu Lasten der Rechte von Beschuldigten im Verfahren. Das geht nicht. Ich will hier zitieren den Bundesverfassungsrichter Winfried Hassemer, der diesbezüglich einmal schrieb, ich zitiere: „Der Strafprozess ist diejenige Veranstaltung in Gesellschaft und Staat, in welcher die Menschenrechte wie nirgendwo sonst auf dem Spiel stehen. … Der Strafprozess“, so stellt er fest, „ist eine Veranstaltung im öffentlichen Interesse, welche nach den persönlichen Interessen der Beteiligten in der Regel nicht fragt.“ Zitatende.
Wir haben ein Tatstrafrecht und ein Verletzungsstrafrecht, das in der verfahrensmäßigen Ausgestaltung zu gewährleisten hat, dass hier die Rechte von Opfern und Tätern im Verfahren gewahrt werden, und das möglichst umfassend.
Wir sind gespannt, wie die Institution des Opferanwaltes sich weiterentwickelt. Hier ein Punkt, der aus meiner Sicht völlig klar ist. Wenn die finanziellen Regelungen für die Beiordnung eines Opferanwaltes eben nicht adäquat zu denjenigen sind für den Täteranwalt, dann hat das alles keine Aussicht auf Erfolg.
Es ist völlig klar, wenn wir diesen Schritt ernsthaft wollen und auch der Gesetzgeber ihn ernsthaft will, muss gewährleistet sein, dass diejenigen, die es ausführen sollen, das auch tun können und im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit auch zu tun in der Lage sind.
Der Gesetzentwurf hat eben genau aus unserer Sicht diesen Pferdefuß, nämlich in der Aussage, es entstünden im Prinzip keine Kosten. Natürlich ist die Beiordnung eines Rechtsanwaltes als Beistand, sind Nebenklagen und erweiterte Informationsrechte ganz einfach nicht zum Nulltarif zu haben. Nichtsdestotrotz sollte gerade das eine Aufgabe auch hier im Land sein, hier in der Justizverwaltung sein, genau diese Informationsrechte dann auch umzusetzen.
So weit kurz und bündig zu dem Gesetz. Ich denke, dass es wenig Sinn macht, die einzelnen Bestimmungen des Gesetzes durchzugehen. Wichtig ist vor allem, dass auch wir als Landtag etwas dafür tun, dass in der Öffentlichkeit die grundsätzliche rechtspolitische Linie wahrgenommen wird, dass Opfer von Straftaten den Beistand und die tätige Hilfe der Gesellschaft erfahren müssen und sie auch real erfahren sollen.
Dies ist aber nicht allein Aufgabe von Polizei und Justiz, sondern Aufgabe der gesamten Gesellschaft, der Eltern, der Schule, in der Universität, im Betrieb, in der Gewerkschaft, die Politik vor Ort und in Berlin.
Und ein letztes Wort: Sehr geehrter Herr Kollege, Sie wissen ja, dass mein juristisches Seminar noch nicht so lange her ist. Ich kann Ihnen verraten, dass unter der Überschrift „Opferrechte“ es jedenfalls zu meiner Zeit keine Vorlesung gab. – Danke.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Minister sprach es bereits an, dieser Antrag versteht sich als Aufforderung in der Resozialisierungsarbeit, in den Strafvollzugsanstalten unseres Landes und auch außerhalb dem Ehrenamt besondere Aufmerksamkeit zu widmen. In diesem Sinne soll auch das Konzept zur weiteren Gestaltung des Strafvollzuges im Land Mecklenburg-Vorpommern von 2001 fortgeschrieben werden. Schon dieser Umstand zeigt ganz deutlich, dass wir natürlich nicht am Beginn einer Debatte stehen. Aktuell und dringend wird das Thema „Ehrenamtliche Tätigkeiten bei der Resozialisierung von Straftätern“ jedoch leider oft erst dann, wenn es um leere
Haushaltskassen und einzuleitende Sparmaßnahmen geht.
Die Ressourcen sind bekanntlich für soziale Rehabilitationen innerhalb der Mauern und außerhalb derselben knapp, noch knapper als bislang. Und das ist eines der Probleme, mit denen wir nicht nur hier im Land, sondern vor allen Dingen in vielen Kommunen auch akut und aktuell beschäftigt sind. Wir werden besonders darauf aufpassen müssen – und der Landtag sollte es gezielt kontrollieren –, dass uns nicht die ehrenamtliche Tätigkeit, wie woanders, in diesem Bereich wegbricht.
Wir haben einerseits gewiss viel Geld in Haftanstalten in den letzten Jahren investiert. Auch in die therapeutischen Abteilungen ist viel Geld gesteckt worden in völlig richtiger Weise. Wir kennen die Zahlen, aber auch die Resozialisierungsarbeit kostet andererseits Geld. Sie darf angesichts der Haushaltslage nicht unter die Räder kommen. Wenn dies passiert, betrifft es mehr und mehr ganz bestimmte Gruppen, wie gering qualifizierte Jugendliche, Menschen ohne Ausbildung und Ausländer. Daran dürfte kein Zweifel bestehen.
Dass trotzdem noch ehrenamtliche Sozialarbeit stattfindet, dafür muss man besonders den Verbänden, Vereinen und den Kirchen sowie den Bürgerinnen und Bürgern herzlich danken, die im Ehrenamt tätig sind und sich um Straftäter und Gefährdete kümmern.
Ich denke da beispielsweise stellvertretend an den Landesverband „Straffälligenhilfe“, der in den letzten Jahren eine Reihe wichtiger Projekte durchgeführt und auch eine wichtige Koordinierungsfunktion geleistet hat. Auch in der Schul- und Berufsausbildung in den Vollzugsanstalten leisten Verbände und Vereine genauso wie die Beschäftigten und Leitungen seit vielen Jahren eine unersetzbare Tätigkeit, vielfach ehrenamtlich und oft mit sehr viel Einfühlungsvermögen und Einfallsreichtum.
Meine Damen und Herren, Entlassenenhilfe und Straffälligenhilfe unterliegen immer etwas der Gefahr, durch die institutionelle und personelle Trennung im Bereich des Strafrechts fallweise betrachtet zu werden, indem nämlich im Konkreten lediglich der Fall X oder Y abgehandelt wird. Natürlich ist Resozialisierungsarbeit immer konkret. Aber ich glaube dennoch, wir brauchen ein übergeordnetes politisches Bewusstsein, dass eine durchgehende Betreuung erforderlich ist, die im konkreten Fall während der Entlassungsvorbereitung einsetzt und den entlassenen Gefangenen danach lebenspraktische Hilfen vermittelt und erweist. Der Zweck der Sozialarbeit ist eine planmäßige und durchgehende Betreuung der Angeschuldigten und Verurteilten vom Beginn der Untersuchung bis zum Abschluss des Vollzugsverfahrens und einer möglicherweise folgenden Nachbetreuung unter Einbeziehung der Familien und des sozialen Umfeldes.
Natürlich wäre es eine Wunderlehre, streicht man einerseits das Geld zusammen und fordert zugleich von der Straffälligenhilfe, sie müsse aus weniger Geld mehr Qualität hervorzaubern. Diese Gleichung geht wohl nicht auf. Freilich kann manches durch Verknüpfung und Vernetzung der sozialen Hilfen vor allem für straffällige Jugend
liche und junge Erwachsene zu einem ganzheitlichen Ansatz verbessert werden. Kürzung sozialer Leistungen, dazu zählen die Straffälligenhilfe, aber eben auch die vielen Bereiche, die daran hängen. Ich sage nur mal das Stichwort Schuldnerberatung. Dies führt jedenfalls nicht zu mehr Qualität. Und so ist es eine Gesamtaufgabe für die Landesregierung, die sich hier stellt, und nicht allein die des Justizministers.
Da ist es völlig abwegig, etwa zu sagen, das Ehrenamt und die freiwillige Straffälligenhilfe befänden sich in einer Legitimationskrise. Nein, an Resozialisierungsarbeit führt kein Weg vorbei. Wenn wir vorhin über Opferschutz geredet haben, müssen wir an diesem Punkt auch ganz klar sagen, die Resozialisierung der Straftäter ist Opferhilfe,
und zwar in dem Sinn, dass sie zukünftige Opfer und zukünftige Straftaten verhindern soll, nicht zuletzt und nicht nur deshalb vor allen Dingen in Paragraph 2 des Strafvollzugsgesetzes als Vollzugsziel definiert.
Wir haben alles in allem eine gewiss recht stattliche Liste von mitwirkenden Verbänden und Vereinen im Rahmen des Strafvollzugs. Ein breites Spektrum an Resozialisierung und Hilfe wird abgedeckt. Dennoch kann man, denke ich, insgesamt mit der Zahl der ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer nicht zufrieden sein. Und da sollten wir uns schon tiefere Gedanken machen, wo die Hemmnisse liegen.
Woran liegt es, wenn in der Unterrichtung der Landesregierung vom 11. Februar dieses Jahres zum bürgerschaftlichen Engagement festgestellt werden muss, dass die Beiordnung ehrenamtlicher Bewährungshelfer in Mecklenburg-Vorpommern nur selten erfolgt? Woran liegt es? Dann wird dort gesagt, dass in den sechs Haftanstalten des Landes 33 Bürger in Anstaltsbeiräten tätig sind. Die Frage ist natürlich, inwieweit die Anstaltsbeiräte – und es sind ja einige Kollegen, die es konkret betrifft – tatsächlich in der Lage sind, Resozialisierungsarbeit zu leisten. Schließlich heißt es in der Unterrichtung, eine landesweite Regelung für Vollzugshelfer gebe es in MecklenburgVorpommern nicht. Die Johanniter sollten demnach ab 2004 Vollzugshelfer gewinnen. Wir wissen nicht und haben es jetzt auch noch nicht gehört, inwieweit das erfolgreich war.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, abschließend zwei Sätze aus einer Schrift des Greifswalder Kriminologen Professor Frieder Dünkel. Ich zitiere: „Der Rechtsund Sozialstaat“, so Professor Dünkel, „muss sich auch und vor allem im Umgang mit denjenigen beweisen, die sich in besonderem Maße schuldig gemacht haben. Es gibt in einem dem Rechts- und Sozialstaatsprinzip verpflichteten Gemeinwesen keine andere Wahl, als auch diesen Menschen eine realistische Chance der Wiedereingliederung zu geben, in ihrem Interesse, aber vor allem im Interesse der Gesellschaft und des Schutzes potentieller Opfer vor Rückfallkriminalität. Insofern ist der abwechselnd Winston Churchill, Georg Orwell oder Fjodor Dostojewski zugeschriebene Satz richtig: ‚Den Stand der Zivilisation erkennt man bei einem Blick in ihre Gefängnisse.‘“
Zum Schluss aber noch eine deutliche Ansage und ein deutliches Signal:
Wir sollten uns auch nicht der Gefahr ergeben zu sagen, ehrenamtliche Arbeit könne die professionelle Arbeit in irgendeiner Weise ersetzen. Sie kann sie immer nur ergänzen, aber nicht ersetzen. – Schönen Dank.
Vielen Dank, Frau Präsidentin, für die Geduld.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Landesgesetzgeber der ersten Legislaturperiode dieses Landtages hat einen Gesetzentwurf der damaligen Landesregierung vom 07.04.1994 auf Drucksache 1/4315 bestätigt, der schon damals den Paragraphen 29 Sparkassengesetz über die Auflösung einer Sparkasse wie folgt begründete, ich zitiere: „Der Auflösung von Sparkassen kommt keine praktische Bedeutung zu, weil stets die Vereinigung nach § 28 als sinnvollerer Weg vorzuziehen ist. Gleichwohl muß das Gesetz diesen Fall regeln. Dies geschieht in Übereinstimmung mit dem Sparkassenrecht der anderen Bundesländer.“
Dieser Punkt des Gesetzentwurfes blieb auch mit der Beschlussempfehlung und dem Bericht des Finanzausschusses vom 21.06.1994 auf Drucksache 1/4607 unverändert. Die damalige Vorsitzende des Ausschusses und Berichterstatterin sowie heutige Finanzministerin Frau Keler konnte sich sicherlich genauso gut wie alle anderen Kollegen im Parlament nicht vorstellen, dass es eines Tages eine kreisfreie Stadt geben könnte, die freiwillig auf eine Bank verzichten
und eben nicht diesen sinnvolleren Weg beschreiten will. Und so ist es auch zu erklären, dass die Sparkassen nach dem Sparkassengesetz des Landes MecklenburgVorpommern als öffentlich-rechtliche Kreditinstitute durch den Landesgesetzgeber so konstituiert wurden, dass die Kreise diese Aufgaben im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung wahrnehmen dürfen. Auch um diesen Begriff der kommunalen Selbstverwaltung drehen sich heute die Auseinandersetzungen.
Unsere Antwort in dem vorliegenden Änderungsgesetz lautet wie folgt: Wenn ein Kreis tatsächlich auf diese Aufgabe verzichten will und trotz Wegfall der Gewährträgerhaftung ab 2005, die ja das Risiko auch für den Kreis verringert, auf seine Verantwortung und damit seine Gestaltungsmöglichkeiten für die Kreditwirtschaft in seinem Gebiet verzichten will, dann soll er dies dürfen. Ja, mit dem vorliegenden Gesetzentwurf stärken wir in dieser Beziehung die kommunale Selbstverwaltung, denn wir eröffnen den Kommunen einen Weg, die tatsächlich diese kommunale Selbstverwaltungsaufgabe nicht mehr ausführen wollen.
Aber wir sagen auch ganz klar, dass hieraus keine Verwaltung und keine Kommune einen Gewinn ziehen darf, dass es nach dem gegenwärtigen Gesetz, nach diesen Bedingungen, gesetzgeberischer Wille ist, den Bestand öffentlich-rechtlicher Kreditinstitute auch für die Zukunft zu gewährleisten, um das Geld der Anlegerinnen und Anleger zu schützen.
Wir werden in den Diskussionen zum Dritten Änderungsgesetz und auch in der Folgezeit sicherlich die Fragen zu beantworten haben, wie sich das Sparkassenwesen und wie sich öffentlich-rechtliche Kreditinstitute in der Zukunft in Mecklenburg-Vorpommern behaupten können, wie der gesetzgeberische Auftrag des Sparkassengesetzes durch ein öffentlich-rechtliches Kreditinstitut, beispielsweise das Konto für jedermann, unter der Überschrift genauso zu sichern, wie die Kreditgewährung für den einheimischen Mittelstand und die Versorgung mit Bankdienstleistungen in der Fläche auch in der Zukunft umgesetzt werden kann.
Und diese Botschaft ist klar. Wir halten an dem gesetzgeberischen Auftrag fest. Wir, der Gesetzgeber, werden nicht weichen und stehen zu unserer Verantwortung gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern in Stralsund genauso wie in Nordvorpommern und im gesamten Mecklenburg-Vorpommern. Sparkassen werden nicht dem Gewinnmaximierungsinteresse der Anteilseigner deutscher Großbanken geopfert werden, sondern weiterhin mit dem Geld aus der Region für die Region die Funktionsfähigkeit der Wirtschaft, des öffentlichen und des privaten Lebens auch dann noch sicherstellen, wenn die Privatbanken versagen. Auf dieser Grundlage entstand
übrigens das erste Sparkassengesetz, jedenfalls die gesetzgeberischen Grundlagen, als Notverordnung des Jahres 1932. Es wird auch in finanziellen Notzeiten des Jahres 2004 als überzeugendes und wirtschaftlich vernünftiges Konzept bestehen bleiben.
Ich möchte für die Beratung dieses Gesetzes eine Empfehlung mit auf den Weg geben. Der Landtag hat am 21.06.1994 mit dem Gesetzentwurf auch eine Entschließung verabschiedet, deren Umsetzung wir prüfen und vielleicht auch diese Entschließung noch einmal fassen sollten. Es wurde nämlich folgender Text angenommen, ich zitiere: „Den Gewährträgern der Sparkassen wird empfohlen, aus dem ihnen nach § 27 Abs. 5 des Sparkassengesetzes zugeführten Bilanzgewinn der Sparkassen, die Tätigkeit von unabhängigen Schuldnerberatungsstellen zu unterstützen.“
Ich bitte die Finanzministerin schon jetzt, über die Umsetzung dieser Entschließung auch im Ausschuss zu berichten, und fordere die Schuldnerberatungsstellen auf, mit dieser und vielleicht unserer neuen Erschließung, das kommunale und soziale Engagement der Sparkassen und ihrer Träger auch in Zukunft einzufordern. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf geht es uns nämlich auch um den Erhalt der Sparkassen für diesen und andere soziale, kulturelle und sportliche Zwecke in Mecklenburg-Vorpommern.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Vorsitzende der Stralsunder CDU-Fraktion bezeichnete den Beschluss des Dezembers als das gefundene Elixier der Bewohner eines kleinen gallischen Dorfes, das sich gegen das übermächtige Rom zur Wehr setzt, und der Oberbürgermeister stellte erschüttert fest, dass offensichtlich in Schwerin die PDS regiere. Zu beiden Punkten möchte ich hier nur feststellen: Egal, wer in Schwerin regiert, solange es die Vernunft und solange es das Recht
und die Demokratie sind, ist mir persönlich nicht bange. Und als Stralsunder fühle ich mich nicht wie in dem berühmten gallischen Dorf, sondern teile eher die Berühmtheit der Stadt Schilda, und schon gar nicht den Stolz einer Weltkulturerbe- und Hansestadt. Die Bürgerinnen und Bürger Stralsunds haben jedoch gezeigt, dass sie mehr Hansestädter als Gallier sind, und der Landtag wird zeigen, dass das Recht und die Vernunft stärker als Eigennutz sind.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich beantrage die Überweisung des Gesetzentwurfes der Fraktionen der PDS und SPD federführend an den Finanzausschuss und mitberatend an den Innenausschuss sowie an den Wirtschaftsausschuss. Ich würde mich freuen, wenn wir nach den Beratungen in den Ausschüssen einstimmig über alle Fraktionen hinweg erklären: Sparkassen haben eine Zukunft und diese werden wir sichern!
Sicherlich wird in diesem Gesetzentwurf noch das eine und andere Detail zu beraten sein, aber ich denke, die Antragsteller sind in vielen Punkten hier offen. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit und vielen Dank für die vielfältige
und parteiübergreifende Unterstützung im Interesse Stralsunds und aller Sparkassen im Land. – Danke.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Was hat die Bürgerschaft der Hansestadt Stralsund beschlossen? Ich möchte das einmal zitieren, da es offensichtlich Irritationen gibt. Sie hat unter der Überschrift „Sachantrag gemäß § 22 Kommunalverfassung M-V“, so war es in der Tagesordnung ausgeschrieben, veröffentlicht und beschlossen:
Erstens. „Angesichts der Veränderungen durch die anstehende Gebietsreform in M/V“, also das ist der Anlass, die anstehende Gebietsreform,
institut und der Verkauf aller bzw. wesentlicher Vermögenswerte der SHS an einen sonstigen Erwerber.“
Zweitens. Herr Kollege von Storch, im Rahmen der Prüfung sollen „in einem für derartige Transaktionen üblichen Bietungsverfahren Angebote möglicher Erwerber eingeholt und gegebenenfalls verhandelt werden“ und der Bürgerschaft und dem Verwaltungsrat der SHS zur endgültigen Entscheidung vorgelegt werden. Das heißt, es geht hier mitnichten um Nachdenken, Gutachten einholen oder sonst etwas, sondern es geht um die Einleitung eines Bietungsverfahrens. Und wie das abläuft, das ist erstens genau beschrieben und zweitens wissen das die Stralsunderinnen und Stralsunder aus der Privatisierung des Krankenhauses. Das bedeutet nämlich, dass in einem Raum der Deutschen Bank in Berlin, einem so genannten Datenraum, die Geschäftsgeheimnisse, die Bilanzen et cetera der Sparkasse ausgestellt und den möglichen privaten Bietern
und Investoren zur Verfügung gestellt werden, damit diese ein Angebot abgeben können. Und um das abgeben zu können, muss ich natürlich wissen: Was kaufe ich denn da? Darum geht es und so weit geht der Beschluss. Das ist der Grund, weshalb man in diesem Punkt völlig zu Recht sagen muss: Schon dieser Prüfauftrag muss gestoppt werden! Das ist übrigens auch Inhalt des Bürgerbegehrens gewesen, schon diese Prüfung zu verhindern.
Ich glaube, dass dieser Blick in den Beschluss ein ausreichender Beleg dafür ist, dass hier detailliert und populistisch der Versuch unternommen worden ist, die Privatisierung einer Sparkasse als bloßen Eigentümerwechsel zu tarnen. Das ist sie nämlich nicht, weil die Sparkasse kein Eigentum der Stadt ist, das hat die Finanzministerin schon ausgeführt. Im Zusammenspiel mit all den Informationen, die im Dezember und im Januar an die Öffentlichkeit drangen, den Reaktionen der Kanzlei Hengeler und Mueller – im Übrigen keine Stralsunder Kanzlei – das Wirtschaftsberatungsunternehmen Deutsche Bank Consult sowie einer Investmentbank und nicht zuletzt dem Bundesverband der Privatbanken wird klar, es geht und es ging hier niemals um Stralsund.
Zu dem von Ihnen angeführten IWF-Gutachten, Herr Kollege von Storch, das den ostdeutschen Sparkassenverband dazu gebracht hat, zu sagen, IWF habe gesagt, dass das System gut ist, Daten, Fakten, Argumente des Bundesverbandes deutscher Banken zum selben Gutachten, die zum gegenteiligen Ergebnis kommen, die hier also den Eindruck vermitteln,
die IWF würde dringend darauf rekrutieren, dass dieses System abgeschafft werden muss, da heißt es in der Zusammenfassung des Bundesverbandes der Privatbanken, wie gesagt, dass ein marktgesteuerter Suchprozess eingeleitet werden soll, das gelte vor allem für die öffentliche Rechtsform von Landesbanken und Sparkassen. Hier seien die rechtlichen Grundlagen für die Umwandlung dieser Institute in Aktiengesellschaften zu schaffen. Um private Investoren zu gewinnen, sei eine Anpassung der Institutssicherungssysteme für öffentliche Banken erforderlich, das Regionalprinzip im Geschäft der Sparkassen müsse abgebaut werden und letztendlich sollten die öffentlichen Institute privatisiert werden. Das sind ganz
klar das Ziel und der Auftrag. Und deshalb haben nahezu 7.000 Bürgerinnen und Bürger Stralsunds die sehr kurze 6-Wochen-Frist nach Paragraph 20 Kommunalverfassung trotz Weihnachten und Neujahr genutzt, um ein Bürgerbegehren zu unterstützen, das einen Bürgerentscheid über die Zukunft der Sparkassen fordert.
Im Übrigen hat bereits die PDS-Fraktion in der Beratung der Bürgerschaft im Dezember einen Antrag eingebracht, um zu sagen, wenn der Oberbürgermeister der Meinung ist, was er ja erklärt hat, dass die Stralsunderinnen und Stralsunder seine Auffassung teilen, dann lasst uns doch beschließen, dass wir selber sagen, wir wollen einen Bürgerentscheid über diese Frage. Auch dieser Antrag ist mit der Mehrheit abgelehnt worden, weil man eben genau diese Diskussion und dieses gemeinsame Nachdenken nicht will.
Dieses Bürgerbegehren fand im Übrigen eine gleich große Resonanz von Brüssel über Bayern bis Nordvorpommern und Rügen wie die Pläne des Oberbürgermeister, nur war die bundesweite mediale Resonanz zugegebenermaßen nicht gleichgewichtig. Und doch sagen diese Unterschriften unter der Überschrift „Hände weg von meiner Sparkasse“, dass eben auch nicht die Stralsunderinnen und Stralsunder bereit sind, auf ihre Sparkasse zu verzichten, dass die Bürgerinnen und Bürger nicht auf das Versprechen von 50 Millionen für Schulen und Kindertagesstätten hereinfallen, dass sie sich keine Kommune vorstellen können, in der sie zu 100 Prozent von der Gnade – oder dort heißt es Geschäftspolitik – einer Privatbank abhängig sind.
Ich möchte zu Ihrem Punkt, Herr Kollege, zur Not der Kommune, etwas sagen: So sehr ich Ihre Argumentation unterstützen würde und so schwer es mir sicherlich fällt, das zugeben zu müssen, aber die Finanzpolitik in der Hansestadt Stralsund kann sich nun wirklich sehen lassen. Wir haben trotz der ganzen Situation immer noch einen ausgeglichenen Haushalt, weil in dieser Hansestadt Stralsund viele Anstrengungen unternommen worden sind, zugegebenermaßen nicht PDS-geführt, um den Haushalt zu konsolidieren, damit wir hier vernünftig dastehen. Das erkenne ich, und zwar auch als Oppositionspolitiker, dort in dieser Stadt an. Es ist eben gerade in Stralsund nicht die Notlage gewesen, die irgendein verantwortungsbewusstes Mitglied der Bürgerschaft dazu gebracht hat, auf eine solche Idee zu kommen, wie es gern vermittelt wird.
Entschuldigung, den Zwischenruf habe ich jetzt nicht verstanden.
Und genau das ist die Frage, die wir uns als Landesgesetzgeber stellen müssen und deren Antwort zugegebenermaßen erst einen Teil, Herr Kollege, der notwendigen Antworten bietet, die Ihnen heute mit dem Dritten Änderungsgesetz auf dem Tisch liegen.
Die PDS-Fraktion ist verhandlungsbereit, auch über die von Ihnen angesprochenen Punkte noch einmal nachzudenken. Im Gegensatz zur Annahme des Gesetzes im Jahre 1994 wird diesmal die PDS-Fraktion diesem Vorgehen aber grundsätzlich zustimmen. – Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen!
Sehr geehrter Herr Justizminister! Zu Ihrer letzten Bemerkung, die freudige Zurkenntnisnahme, es gäbe keine Fragen mehr: Sie wissen selbst, dass dem nicht so ist. Ich denke, es tun sich eine ganze Reihe von schwerwiegenden Fragen in dem Zusammenhang auf, die hier im Rahmen der Debatte im Landtag nicht zu beantworten sein werden, die auch – und das möchte ich hinzufügen – nicht durch ein Gericht zu beantworten sein werden, auch nicht durch ein Bundesverfassungsgericht zu beantworten sein werden, denn wir politisch Verantwortlichen, wir werden diese Fragen zu beantworten haben, nämlich genau die, die der Kollege Ankermann, der jetzt gar nicht mehr da ist –
ach so –, gestellt hat. Er sagte, der Antrag der CDU gehe darauf hinaus, die Strafprozessordnung einer modernen Gesellschaft anzupassen. Und genau das ist die Frage: Wie sieht diese moderne Gesellschaft aus? Wie soll denn die moderne Gesellschaft aussehen, wie soll die Gesellschaft aussehen, in der wir, ich, meine Kinder, meine Enkel aufwachsen?
Natürlich ist es nicht so, wie der Kollege Ankermann versuchte zu vermitteln, dass die Bevölkerung so denkt – die Bevölkerung in Anführungsstrichen –, als sei es der logische Schritt, über ein Neugeborenen-Screening jeden Neugeborenen zu analysieren, die Gendaten zu erfassen und damit bei jeder Gelegenheit den Zugriff auf potentielle Täter zu haben –, in Verbindung mit dem deutschen Melderecht, denke ich, ein durchaus praktikabler, praktisch möglicher, technisch möglicher Weg. Es ist auch gewünscht vom Justizminister, das haben wir hier gehört. Und wer bei der Ausschusssitzung in Rostock mit dabei war, hat vielleicht bemerkt, dass auf meine Frage an den dort leitenden Professor, der uns die Genanalyse dargestellt hat, seine Augen aufgeleuchtet haben: Ja, Herr Neumann, genau das ist es, was wir spätestens in 20 Jahren auch haben werden. Ich sage ganz klar: Ich will es nicht heute, ich will es nicht morgen, ich will es nicht in 10 oder 20 Jahren.
Und, Herr Kollege Ankermann, Sie vermitteln das Bild der verstaubten StPO von 1877, ohne zu erwähnen, dass genau diese Rechtsgrundlagen, über die wir hier heute reden und die Sie verschärfen wollen, eingeführt worden sind mit einem Gesetz des Bundesgesetzgebers aus der 13. Legislaturperiode.
Und es ist damit ganz klar ein Gesetzentwurf, der damals seitens der SPD und auch der PDS abgelehnt wurde, und es ist ein Gesetz – darüber sprach der Justizminister schon –, das vor dem Bundesverfassungsgericht landete. Hier beispielsweise nur ein Auszug des Bundesverfassungsgerichts zu der vorsorglichen Beweisbeschaffung, also zu der Frage, ob von verurteilten Straftätern diese Genanalyse angefertigt und gespeichert werden darf. Zu dieser Frage sagt das Bundesverfassungsgericht: „Dies verstößt auch nicht gegen das Übermaßverbot. Sie knüpft an eine vorangegangene Verurteilung des Betroffenen wegen einer Straftat von erheblicher Bedeutung an und setzt die auf bestimmte Tatsachen gestützte Prognose voraus, dass gegen ihn künftig weitere Strafverfahren wegen Straftaten von erheblicher Bedeutung zu führen sein werden.“
Das heißt, das Bundesverfassungsgericht hat die Fragen, die hier aufgeworfen sind, schon ganz klar beantwortet, nämlich dass eine Ausweitung dieses Kataloges eben – relativ eindeutig jedenfalls – gegen das Übermaßverbot verstoßen dürfte. Dieser Katalog nach 2 c des DNA-Gesetzes enthält zurzeit 41 Straftaten, Straftatbestände, und das geht von der Bildung terroristischer Vereinigungen über die Entziehung Minderjähriger, besonders schwere Fälle des Diebstahls, Erpressungen bis hin zum räuberischen Angriff auf Kraftfahrer, Vollrausch und Körperverletzungen im Amt – nur einmal so, um die Spannbreite zu nennen der gegenwärtigen Rechtslage, aufgrund derer die genetischen Daten erfasst werden dürfen.
Und welche Situation haben wir denn? Wir haben es doch gehört: Gegenwärtig sind 250.000 Personen erfasst in dieser Datei in Deutschland, 250.000 Personen und 50.000 Spuren. Als Beispiel wird Großbritannien genannt. Ich fand eine Zahl von vor ungefähr fünf Jahren, da waren in dieser Datenbank in Großbritannien sieben Millionen