Gottfried Timm
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Last Statements
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren!
Herrn Schubert sei Dank, dass wir erneut über die polizeiliche Arbeit reden können, sie hat es auch verdient.
Vor allem möchte ich herausstellen, meine verehrten Damen und Herren, dass die Arbeitsmoral ja auch irgendwas zu tun haben muss mit den Arbeitsergebnissen.
Bei den Arbeitsergebnissen haben wir ja nun zur Kenntnis nehmen können, dass die Arbeitsergebnisse der Poli
zei von 1998 bis 2006 erheblich gesteigert werden konnten.
1998 war die Landespolizei in den Kennziffern Schlusslicht in Deutschland, jetzt ist sie weit besser als der Durchschnitt. Und wir haben …
Herr Dr. Jäger!
Wir haben vor,
die Polizei zu einer der besten Polizeien in Deutschland zu machen. Auf dem Wege sind wir.
Dass Sie das nun stört, bedauere ich.
Ich hätte mich gefreut, wir würden an diesem Strang auch gemeinsam in die gleiche Richtung ziehen.
Das tun wir nicht. Ich bedaure es.
Die Landespolizei, meine Damen und Herren, unterhält für die Gewährleistung der inneren Sicherheit, um ihre Arbeit also auszufüllen, insgesamt 347 Liegenschaften. Eine Handvoll hat Herr Schubert benannt.
Von diesen 347 Liegenschaften befinden sich 87 Liegenschaften im Landesbesitz. Sie werden, wie Herr Riemann ja weiß, bewirtschaftet durch den Betrieb für Bau und Liegenschaften, BBL abgekürzt. Die übrigen 260 Liegenschaften sind Mietobjekte, bei denen nicht das Land Mecklenburg-Vorpommern der Eigentümer ist, sondern Eigentümer ist entweder ein Privatmann oder ein Privater,
es kann ja auch eine juristische Person sein oder eine Frau, oder aber eine Kommune. Das kann auch sein. Dabei handelt es sich um 129 Objekte für die Unterbringung von Dienststellen, also 129 Mietobjekte, wo das Land nicht Eigentümer ist, und 131 Objekte für sonstige Einrichtungen, Sportstätten, Schießplätze und so weiter. Die jüngste Polizeiliegenschaft, die neu gebaut und ihrer Bestimmung übergeben werden konnte, ist das Landeskriminalamt in Rampe.
Das ist toll. Es gibt auch andere Sachen, die toll sind,
aber das mögen Sie verkennen.
Einige von Ihnen waren jedenfalls in Rampe, Herr Dr. Jäger, auch dabei
und konnten sich von den hervorragenden Arbeitsbedingungen und der Arbeitsmoral der Polizei überzeugen.
Weiterhin haben wir mit Blick auf die Gebäude, die in Landesbesitz sind, gute polizeiliche Arbeitsbedingungen, wie schon genannt, in Pasewalk, in Neustrelitz bei Herrn Körner, in Schwerin zum Beispiel auf dem Dreesch,
in Anklam – das ist auch schon genannt worden –,
Boizenburg, Grevesmühlen. Na dann breche ich das hier ab, Sie können sich selbst davon überzeugen, und will auf einen anderen Punkt hinweisen, meine Damen und Herren.
Anders – und das ist jetzt ein Punkt, bei dem wir nicht mit Augenzwinkern diskutieren – als in anderen Bereichen der Landesverwaltung bin ich als Innenminister sehr froh darüber, dass wir bei der Polizei keine Fehlinvestitionen in 16 Jahren Investitionstätigkeit festzustellen brauchen. Das sage ich deshalb, weil die demografische und die finanzielle Zukunft des Landes auch die Entwicklung der Landespolizei sehr tangiert.
In der kommunalen und in der Schulstruktur beispielsweise müssen topsanierte, aber leere Gebäude beklagt werden. Bei der Polizei glücklicherweise nicht und das ist schon mal etwas auf der Habenseite. Wir haben seit 1991 circa 90 Millionen Euro in die Baumaßnahmen der Landespolizei fließen lassen – in diese, ich rede jetzt gar nicht von den Mietobjekten,
da gibt es auch etliche weiterhin sanierte. Dabei sind solche großen Baumaßnahmen wie das Polizeizentrum in Schwerin, aber auch kleine Bauunterhaltungsmaßnahmen. Ich weiß auch, Herr Schubert, von Wolgast und von Demmin – das wird ja heute noch drankommen –,
von Rostock oder von Wismar.
Unser Ziel ist es, meine Damen und Herren, bis zum Auslaufen der Solidarpaktmittel die gesamte Unterbringungssituation der Polizei durchsaniert zu haben.
Da sind wir uns im Kabinett vor allem auch mit Frau Keler, Herr Ringguth, vollständig einig.
Entscheidend ist aber, meine Damen und Herren, für die polizeiliche Arbeit nicht, wie viel Dienststellen die Polizei hat, sondern entscheidend ist, wie mobil sie im Lande unterwegs ist.
Präsenz in der Fläche ist nicht identisch mit Präsenz an bestimmten Lokalitäten. Und deswegen ist unser Ziel die Präsenz in der Fläche. Wir werden intensiv prüfen, ob die Landespolizei überhaupt die 347 Liegenschaften zur Gewährleistung der inneren Sicherheit in MecklenburgVorpommern braucht.
Nochmals: Wir wollen in absehbarer Zeit alle Liegenschaften sanieren,
aber wir wollen keine Fehlinvestitionen haben.
Und, meine Damen und Herren von der CDU, sollten wir uns von kostenintensiven Liegenschaften verabschieden können, werden wir dieses tun.
Gut. Vielen Dank. Da bin ich schon mal sehr zufrieden.
Meine verehrten Unionsfreunde, der Antrag, den Sie gestellt haben,
ist deswegen überflüssig. So, und nun will ich es Ihnen begründen.
Denn das Ziel, nämlich einen flexiblen Mitteleinsatz herbeizuführen, wird mit dem geltenden Haushaltsrecht bereits erreicht.
Herr Riemann wird es bestätigen. Ich denke, in so einer Sitzung wie heute – ich weiß gar nicht, ob es Ihre letzte Rede sein wird oder die vorletzte,
schauen wir mal – sollte man wenigstens bei den Sachverhalten bleiben dürfen.
Ich weiß allerdings auch, dass die Idee dieses Antrag e s – da war ich sogar dabei – kürzlich bei einer GdPDemonstration hier vor dem Schloss geboren wurde,
aber die entscheidende Frage ist immer, bringt es etwas, vor allem, bringt es eine Verbesserung.
Am Ende bitte, Herr Schubert, wenn ich mit der Rede fertig bin.
Vor allem ist die Frage die: Bringt es einen zusätzlichen Euro?
Und da sage ich Ihnen, es bringt nichts,
denn der Landtag hat als Haushaltsgesetzgeber beschlossen, dass finanzielle Mittel flexibel eingesetzt und dringende Bedarfe entsprechend realisiert werden können,
und zwar durch einen speziellen Haushaltsvermerk im Wirtschaftsplan des Betriebes für Bau und Liegenschaften (BBL). Die Bauunterhaltungsmittel werden seit dem Haushaltsplan 2006/2007 für alle Investitionsbereiche, so auch für die Polizei, global veranschlagt. Das ist Wille des Landtages, besonders wohl auch des Finanzausschusses. Eine erneute Separation würde demnach genau das Gegenteil von dem erreichen, was gewünscht wird, nämlich die Flexibilität im Hinblick auf baufachliche Realisierungsziele wieder einschränken.
Meine Damen und Herren, ich kenne natürlich auch die teilweise schwierigen Arbeitsbedingungen bei der Polizei in bestimmten Dienststellen. Diese müssen wir und diese werden wir Zug um Zug verbessern,
aber auch nicht überstürzt, Herr Riemann, sodass wir später leere Polizeigebäude oder leere Teile von Polizeigebäuden beklagen müssen.
Jetzt geht es darum, verantwortlich und mit Augenmaß die Steuergelder in die öffentliche Infrastruktur zu investieren.
Viel Zeit haben wir nicht mehr, das wissen wir,
aber die Balance müssen wir wahren. Und dabei sind wir auf einem guten Weg.
Ich bedanke mich für den Tagesordnungspunkt. – Vielen Dank.
Entschuldigung, Herr Schubert, es war nicht so gemeint.
Mir ist, Herr Schubert, beides bekannt. Wir haben Polizeistationen geschlossen und anderswo auch welche eröffnet.
Warum? Hier erinnere ich an unser Gespräch auf dem Polizeiboot auf dem Schweriner See,
das ist eine Woche her, da haben wir an der Reling gestanden und miteinander die Dinge ausgetauscht.
Hier erinnere ich an die vielen Gespräche der Polizeirevierleiter und der Polizeiinspektionsleiter in den Amtsausschüssen, zum Beispiel auch in Anklam-Land, zu der Frage, wo wollen die Bürgermeister Sprechstunden und Polizeistationen in der Fläche einrichten. Und da gibt es Schließungen und Neueröffnungen. So ist das eben. Das ist mir bekannt.
Ich gestatte eine zweite Frage.
Welche Schließung?
Wenn Polizeistationen geschlossen, verlagert, anderswo eröffnet werden, geschieht das immer einvernehmlich mit den Amtsausschüssen. Das ist die Grundbedingung dabei,
weil wir erreichen wollen, dass die Kontakte zwischen Bürger und Polizei mit den Gemeinden festgelegt werden, auch die Sprechzeiten zum Beispiel.
Also es ist keine Schließung vorgenommen worden?
Ich gucke mir das gerne an, Herr Schubert. Wenn ich Sie richtig verstehe, ist keine Schließung vorgenommen worden, …
… aber ich gucke mir das gerne in den Akten noch mal an.
Danke schön.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Landesregierung hat seit 1998 im Bereich der inneren Sicherheit eine Doppelstrategie verfolgt. Doppelstrategie heißt, Repression und Prävention gleichermaßen, Repression heißt, hart und konsequent bei der Verfolgung von Straftaten vorzugehen, und Prävention heißt, umsichtig und verantwortlich bei der gesamtgesellschaftlichen Vorbeugung von Straftaten gemeinsam mit vielen Trägern vorzugehen. Und wenn ich das einmal über die letzten Jahre hinweg sagen darf, im Grundsatz waren wir uns in dieser Doppelstrategie bei den Maßnahmen, die wir hier entwickelt haben, im Parlament fraktionsübergreifend immer einig. Bei der Prävention waren wir uns einig, dass der Präventionsfonds mindestens erhalten und gelegentlich in den Haushaltsjahren auch aufgestockt werden konnte. Kein anderes Bundesland hat wie wir in Mecklenburg-Vorpommern einen eigenen Fonds, den ein Landesrat für Kriminalprävention bewirtschaften kann, bei der Repression ebenso. Auch die Verschärfung von Rechtsvorschriften im SOG ist ein Akt der Repression, jedenfalls ein gesetzgeberischer Akt, bei dem wir uns im Grundsatz, abgesehen von Einzelfragen, auch immer einig waren.
Diese Doppelstrategie hat sich ausgezahlt. Die Quote der aufgeklärten Fälle durch die Polizei konnte seit 1998 kontinuierlich angehoben werden. Die Kriminalitätsbelastung ist kontinuierlich gesunken. 1998 lag die Aufklärungsquote bei 43,1 Prozent. Damals, im Jahre 1998, war die Landespolizei damit das Schlusslicht in Deutschland. Alle anderen Länderpolizeien hatten eine höhere Aufklärungsquote als die von Mecklenburg-Vorpommern. Heute haben wir knapp 60 Prozent erreicht, exakt 59,2. Damit sind wir bereits deutlich besser geworden als der Durchschnitt in Deutschland. Bei der Kriminalitätsbelastung ist es vergleichbar: 1998 über 11.000 Fälle auf 100.000 Einwohner, heute sind es weniger als 10.000,
exakt 9.200. Das ist eine deutlich sinkende Tendenz. Hinzu kommen die Maßnahmen zur Personal- und Organisationsentwicklung für dieses Jahrzehnt 2000 bis 2010.
All das zusammengenommen zeigt den Leistungswillen der Polizei. Die Landespolizei hat sich vorgenommen, am Ende dieses Jahrzehntes zu den Besten in Deutschland zu gehören. Inzwischen, wie ich sagte, gehört sie schon zu den überdurchschnittlich Guten, zu den Besten noch nicht ganz. Aber wir sind auf dem Wege dorthin und wir schaffen das auch.
Deswegen möchte ich als Innenminister für die Landespolizei besonders dem Innenausschuss und seinem Vorsitzenden Herrn Friese für die konstruktive und kritische Beratung herzlich danken, die wir in vielerlei Hinsicht durchgeführt haben. Auch die Beratung zu diesem SOG zählt dazu. Die Verbesserung der Videoüberwachungsmaßnahme für die Landespolizei, nämlich die Schaffung der Aufzeichnungsmöglichkeit, ist eine wesentliche Verbesserung der polizeilichen Arbeit. Aufzeichnungsmöglichkeit heißt, dass für die Strafverfolgung die Bilder sofort ausgewertet und angewandt werden können. Das konnten sie vorher nicht, weil wir ja keine machen konnten. Insofern ist diese Videoüberwachungsmöglichkeit mit Aufzeichnungsmöglichkeit eine Neuerung im SOG, wofür die Polizei dankt.
Zweitens haben wir die präventive Telekommunikationsüberwachung eingeführt. Bisher war es möglich, Telekommunikationsüberwachungsmaßnahmen nur zur Strafverfolgung durchzuführen. Auch mit diesem polizeilichen Instrument ist es zukünftig möglich, präventiv zu arbeiten, das heißt, Strafverfolgungen, besondere Ereignisse, Anschläge und OK-Planungen im Vorfeld bereits aufzudecken und damit zu unterbinden. Mit dieser Maßnahme hat die Polizei ein modernes Instrument, das sie vorher nicht hatte.
Weiterhin bekommt die Polizei durch die Gesetzesänderung ein Kfz-Kennzeichenlesesystem, ein automatisches Überwachungsverfahren, das im fließenden Verkehr eingesetzt werden kann. Das ist eine große Erleichterung für die Polizei zum Beispiel bei gezielten Fahndungen an Verkehrsschwerpunkten, bei plötzlich einberufenen Großversammlungen oder Großveranstaltungen, zum Beispiel von Rechtsextremisten. Das alles wird durch dieses Instrument besser überwachbar.
Erwähnen möchte ich auch die Rasterfahndung. Hier hat der Innenausschuss die jüngste Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes aufgegriffen. Der Innenausschuss hat den Begriff der „konkreten Gefahr“ in das SOG eingeführt. Das war von der Rechtsprechung aus Karlsruhe her auch erforderlich. Dafür herzlichen Dank! Insofern werden wir mit dem SOG die jüngste Rechtsprechung bereits berücksichtigen und die Polizei kann diese in ihrer Arbeit anwenden.
Ich darf für die Polizei sagen, dass die Gesetzgebung – also Sie mit Ihrer heutigen Beschlussfassung – auf die technische Entwicklung reagiert, die ja auf der anderen Seite bei denen, die wir im Bereich der Kriminalität bekämpfen wollen, auch angewandt wird. Insofern hat die Polizei mit diesen Rechtsgrundlagen eigentlich so etwas Ähnliches wie die Waffengleichheit, denn wenn sie diese nicht hätte, hätte sie auch bestimmte technische Möglichkeiten nicht, um Fahndungen oder Einsätze durchzuführen.
Meine Damen und Herren, mit diesen Möglichkeiten verbessert sich die Einsatzfähigkeit der Polizei weiter. Die
Doppelstrategie wird auf neuem und höherem Niveau weiterverfolgt, und zwar hart und konsequent bei der Verfolgung von Straftaten, Umsicht und gesamtgesellschaftliche Einbindung bei der Prävention und bei der vorbeugenden Verbrechensbekämpfung. In diesem Sinne danke ich Ihnen für die konstruktive Beratung und empfehle dem Landtag, dem Beschluss des Innenausschusses zuzustimmen. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit diesem Informationsfreiheitsgesetz vollzieht sich zwischen Bürger und Staat im Land Mecklenburg-Vorpommern ein Paradigmenwechsel.
Ja, Herr Ringguth, das ist so. Wovon ich überzeugt bin, will ich Ihnen gerne sagen. Ich habe bis vor Kurzem Ihre Meinung vertreten, beispielsweise auch im letzten Jahr bei einem Kongress, den Herr Neumann hier im Hause, also im Parlament, durchgeführt hat. Meine Meinung hat sich geändert während der Arbeit an diesem Gesetzentwurf. So etwas soll es ja auch geben.
Ich will Ihnen sagen, warum. Bisher war der Bürger Bittsteller der staatlichen Verwaltung gegenüber und musste darlegen, warum er eine bestimmte Frage beantwortet haben möchte, und zwar konnte er das ohnehin nur, wenn er Betroffener war. Neu ist jetzt, dass der Bürger einen Rechtsanspruch hat, wenn er in die Verwaltung geht, und die Auskunft verlangen darf. Er muss es gar nicht mehr begründen. Er darf die Frage stellen. Und das ist der Paradigmenwechsel, den ich persönlich – und ich halte das im Vergleich der modernen Demokratien, die wir in Europa haben, für einen sehr modernen Standpunkt – für richtig halte. Der Bürger hat einen Rechtsanspruch auf staatliche Information.
Ich glaube, das kehrt das Verhältnis von Bürger und Staat um und stellt es vom Kopf auf die Füße.
Meine Damen und Herren! In Zukunft, oder wenn das Gesetz in Kraft ist, kann zum Beispiel ein Bürger aus dem Amtsbereich Röbel/Land, Herr Ringguth, in die transparente Verwaltung Röbel/Land gehen und verlangen, dass er Auskünfte erhält, zum Beispiel, und das ist schon gesagt worden, über Gewerbegebiete und Planungen et cetera pp.
Ich war in Skandinavien in Verwaltungen. Da gibt es auch baulich und optisch ganz transparente Verwaltungsgebäude. Die Verwaltungskultur dort ist eine andere als bei uns in Deutschland. Deswegen sage ich, mit diesem Informationsfreiheitsgesetz begibt sich Deutschland – der deutsche Staat ist ein föderaler Staat – auf den Weg in ein modernes Staatsverständnis, bei dem das Verhältnis Bürger/Staat umgekehrt wird. Das geht nicht von einem Tag zum anderen. Die Verwaltungskultur kann auch eine andere werden, zumindest kann und hoffentlich auch werden wird.
Natürlich gibt es in unserem Informationsfreiheitsgesetz auch Einschränkungen beim Informationsverlangen des Bürgers. Diese Einschränkungen können Sie nachlesen. Immer dann, wenn es um den Schutz öffentlicher Belange oder der Rechtsdurchsetzung geht oder um den Schutz der behördlichen Entscheidungsprozesse, auch der politischen Entscheidungsfindungen, um den Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen oder vor allem auch um den Schutz von einzelnen personenbezogenen Daten, immer dann gibt es natürlich ein schutzwürdiges Interesse der Verwaltung gegenüber einem bestimmten Vorgang. Das soll auch so bleiben. Das sind Ausnahmeregelungen, die wiederum manch einem auch zu weit gehen. Das sei einmal dahingestellt, Ausnahmeregelungen, die sinnvoll sind. Im Übrigen, wie gesagt, gibt es diesen Rechtsanspruch und den halte ich für richtig. Insofern bitte ich um Zustimmung, auch aus Ihren Reihen, Herr Ringguth, zu diesem Gesetzentwurf. – Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Am 9. Juni dieses Jahres wird die Fußballweltmeisterschaft in Deutschland eröffnet. „Die Welt zu Gast bei Freunden“ ist das Motto, unter dem sich Deutschland als gastfreundliches, weltoffenes und sportbegeistertes Land präsentieren wird.
Drei Wochen vor Beginn der Spiele hat auch die CDUFraktion gehört, dass man für die sichere Durchführung der Fußballweltmeisterschaft ein Sicherheitskonzept benötigt. Guten Morgen, meine Damen und Herren von CDU, könnte man hier fast sagen.
Ich nehme allerdings heute gerne die Gelegenheit, auch hier im Hohen Haus auf das Sicherheitskonzept zur Fußballweltmeisterschaft hinzuweisen. Bereits im Jahr 2001, also vor fünf oder vor sechs Jahren inzwischen fast, hat die Innenministerkonferenz mit der Erarbeitung eines nationalen Sicherheitskonzeptes für die Fußballweltmeisterschaft 2006 begonnen. Federführend war das Bundesland Nordrhein-Westfalen, auch die Justizministerkonferenz war dabei. Folgende Leitlinien sind entwickelt und auch sehr differenziert umgesetzt worden:
Die Polizei wird den Charakter der Fußballweltmeisterschaft als freundliche und tolerante Spiele durch ihre Sicherheitskonzeption unterstützen. Sicherheit allerdings hat oberste Priorität. Präventive Maßnahmen wirken darauf hin, dass dem Gefahrenpotenzial bereits beim Entstehen konsequent entgegengetreten wird. Störer werden frühzeitig aus dem Verkehr gezogen. Deshalb sind die Grenzkontrollen verschärft. Die Zusammenarbeit mit den Veranstaltern und mit der Öffentlichkeit genießt höchste Aufmerksamkeit. Meine Damen und Herren, wir wollen friedliche Sportwettkämpfe. Jeder Gewalt wird konsequent und entschlossen entgegengetreten.
Bei der Weltmeisterschaft werden insgesamt 64 Spiele stattfinden. Alle Spiele sind ausverkauft, das sind rund drei Millionen Besucher, die in den Stadien sein werden. Die Spiele selbst finden an zwölf Orten statt. Zur Durchsetzung des nationalen Sicherheitskonzeptes wird die gesamte Polizei in Deutschland im Einsatz sein. Deshalb ist auch eine Urlaubssperre beim Bund und in allen Bundesländern erlassen worden. Außerdem sind darüber hinaus in den Vorrundenspielen circa 300 Polizeibeamte aus anderen Staaten bei uns in der Bundesrepublik eingesetzt.
Ich selbst, meine Damen und Herren, Herr Ritter, habe in der letzten Woche neun Landesbeamte, hoch motivier
te Polizisten, aus unserem Bundesland verabschiedet, die im Lagezentrum der WM 2006 eingesetzt werden.
Meine Damen und Herren, wir wissen, dass es eine große Nachfrage nach Teilnahme an Übertragungen auf Großbildleinwänden gibt. Bei uns in Mecklenburg-Vorpommern sind an 17 Orten bis zu 26 Veranstaltungen geplant. Diese Public-Viewing-Veranstaltungen werden eine große Zahl von Besuchern, auch Touristen, auch aus dem Ausland, insbesondere möglicherweise auch aus Polen, anziehen. Die Landespolizei sieht in der Absicherung dieser Veranstaltungen im eigenen Bundesland ihre Kernaufgabe im Rahmen der nationalen Sicherheitskonzeption.
Wir haben den Landkreisen und den kreisfreien Städten einen von der Innenministerkonferenz entwickelten Leitfaden übergeben, der für die Genehmigung entsprechender Veranstaltungen Auflagen definiert. Dazu zählen Einfriedung des Veranstaltungsbereiches, Beschränkung der Besucherzahl, Zugangskontrollen, um das Mitführen von Feuerwerkskörpern, Hieb- und Stichwaffen, Schusswaffen
und anderen gefährlichen Gegenständen zu unterbinden, Einsatz von so genannten Wellenbrechern bei Veranstaltungen mit mehr als 10.000 Besuchern, Verkaufsverbot von Getränken in Glasflaschen oder Gläsern, bei besonderen Lagen Verbot des Alkoholausschankes und vieles mehr, wie zum Beispiel die Freihaltung von Rettungswegen. Diese Mindeststandards wurden mit den Ordnungsbehörden durch die Polizei fortlaufend erörtert. Ich persönlich habe im November 2005 und auch in der letzten Woche diese Angelegenheit mit den Landräten und Oberbürgermeistern im Einzelnen durchgesprochen.
Meine Damen und Herren, Sie sehen, dass wir bereits seit dem Jahr 2001 die nationale Sicherheitskonzeption zur Fußballweltmeisterschaft 2006 erarbeiten. Ihren Antrag, meine Damen und Herren von der Opposition,
drei Wochen vor Beginn der Spiele brauchen wir nicht. Unsere Arbeit ist konzeptionell beendet. Jetzt geht es um die Umsetzung. Ich bin mir sicher, dass wir tolerante, friedliche, weltoffene und begeisternde Spiele erleben. Die Polizei, meine Damen und Herren, hat dafür die Voraussetzungen geschaffen und wird ihre Arbeit gemeinsam mit den Ordnungsbehörden erfolgreich durchführen. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Seit 1998, seitdem hier die Regierungskoalition aus SPD und Linkspartei.PDS besteht, verfolgen wir eine humane Ausländerpolitik. Die Entscheidung nach Paragraf 60a Aufenthaltsgesetz, für die togoischen Asylbewerber einen befristeten Abschiebestopp zu erlassen, reiht sich in die übrigen Entscheidungen unserer humanitären Ausländerpolitik ein. Deswegen will ich auch noch einmal kurz daran erinnern, Herr Ringguth.
Wir haben zum Beispiel in der 3. Legislaturperiode durch die Gemeinschaftsunterkunftsverordnung die sogenannten Dschungelheime aufgelöst. Wir haben die Anhebung der sozialen Standards in den Unterkünften durchgesetzt. Wir haben die Umstellung von Sach- auf Geldleistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz vollzogen. Wir haben die äußerst engen Residenzpflichten der Asylbewerber gelockert. Wir haben eine Härtefallkommission hier im Lande eingesetzt und haben immer wieder bei diesen Vorhaben, vorsichtig gesagt, die Kritik der Opposition hinnehmen müssen.
Das mag sein, dass Sie dazu andere Einstellungen, andere politische Ziele verfolgen. Aber Herr Ringguth, hinter den Kulissen habe ich persönlich immer den Eindruck, dass gerade Sie als Partei mit dem „C“ in Ihrem Kürzel durchaus in vielen, vielen Einzelfällen unsere Politik für richtig halten. Deswegen meine ich, man sollte nicht öffentlich einen künstlichen Schlagabtausch machen zu humanitären Fragen, bei denen wir uns hoffentlich alle einig sind oder jedenfalls sein müssten.
Die Entscheidung nach Paragraf 60a des Aufenthaltsgesetzes, diesen Abschiebestopp zu erlassen, haben wir, wie gesagt, aus diesen humanitären Aspekten heraus gefällt. Aber ich sage auch, dass ich als zuständiger Minister längere Zeit darüber nachgedacht habe, ob diese Entscheidung getroffen werden soll. Vor allem die Situation in den anderen 15 Bundesländern stand mir dabei vor Augen – Sie haben auf die übrigen Länder bereits hinge
wiesen, Herr Kollege Ringguth –, denn bei uns in der Bundesrepublik Deutschland leben derzeit 12.000 Togoer, davon 800 in Mecklenburg-Vorpommern.
Wir mussten feststellen, dass die Aufklärung des Verbleibs eines nach Togo zurückgeführten Asylbewerbers aus Mecklenburg-Vorpommern nicht zweifelsfrei durchgeführt werden konnte. Das Bundesaußenministerium hat erklärt, dass jedem Einzelfall in Togo konkret bis zum letzten Punkt sozusagen, bis dorthin, wo er sich jeweils aufhält, nachgegangen wird und auch nachgegangen werden kann. Dieses ist in diesem Einzelfall des Asylbewerbers aus Mecklenburg-Vorpommern nicht gelungen. Deshalb haben wir eine Klausel angewandt, die entsprechend der föderalen Aufgabenverteilung zwischen Bund und Ländern den Ländern zugestanden wird. Das ist der asylpolitische Spielraum jedes einzelnen Bundeslandes, den wir hier angewandt haben und auf den auch die Bundesregierung ausdrücklich hingewiesen hat.
Ich will aus einem Schreiben zitieren, das der Staatssekretär Altmaier aus dem Bundesinnenministerium an Herrn Kollegen Ritter geschrieben hat mit Datum vom 27. Februar 2006, übrigens Mitglied Ihrer Partei, CDU. Er schreibt unter anderem: „Gemäß Paragraf 60a Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes können die obersten Landesbehörden aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmten Staaten für längstens sechs Monate ausgesetzt wird.“ Damit hat Herr Altmaier im Grunde genommen Paragraf 60a des Aufenthaltsgesetzes zitiert.
Herr Ringguth, ich sage es deswegen, weil die föderale Struktur in Deutschland, über die wir in Berlin gerade in dieser Woche sehr intensiv debattieren, um sie zu reformieren, den Ländern bereits heute Spielräume einräumt, die es in Zentralstaaten nicht gibt.
Insofern gibt es nur eine relative Bundeseinheitlichkeit in der Verwaltungspraxis, weil die Länder eigene Spielräume nutzen können. Dazu sind wir als Landesregierung, aber auch der Landesgesetzgeber da. Sonst können wir gleich zumachen und sagen, die Musik spielt in Berlin und nach der Melodie tanzen wir. Aber genau das machen wir nicht.
Ich habe immer die Meinung vertreten, dass in humanitären Fragen und ganz besonders in humanitären Einzelfragen eigentlich ein öffentlicher, manchmal auch ein bisschen herbeigeredeter Schlagabtausch nichts nützt, keinem nützt, schon gar nicht den Betroffenen. Auch in Ihrer Diktaturbroschüre, Herr Ringguth, zu der wir in der letzten Sitzung schon eine Diskussion begonnen haben, haben Sie hierzu nichts gesagt – zum Glück, weil ich glaube, es lohnt sich gar nicht, darüber Meinungsverschiedenheiten zu verbreiten, die es vielleicht gar nicht gibt. Aber deswegen sollten wir, meinetwegen auch im Innenausschuss, uns die Einzelfälle noch mal angucken.
Wenn man mal das letzte Jahr analysiert, haben wir im ersten Halbjahr 2005, in sechs Monaten, einen Asylbewerb er nach Togo zurückgeführt, im zweiten Halbjahr 2005 elf. Nun können Sie mir die Frage stellen: Wie viele sind von diesem Abschiebestopp in diesem Jahr betroffen? Ich sage es Ihnen einfach so: zwischen ein und elf Personen. Das sind also immer nur Einzelfälle, möglicherweise ist es der Durchschnitt, dann sind es eben sechs. Ich sage noch mal, wegen dieser sechs sollten wir die Dinge so betreiben, wie sich das für die Personen gehört, und nicht unnötig in der Öffentlichkeit eine Diskussion erzeugen, die eigentlich niemandem nützt.
Deswegen haben wir entsprechend den Handlungsspielräumen, die wir als Bundesland haben, verantwortlich und mit Augenmaß diesen Paragrafen angewandt und die entsprechende Entscheidung getroffen. Allerdings sind wir, wie den Gesetzen des Bundes und der Länder sowie unseren eigenen Vorschriften zu entnehmen ist, auch selbst an Bestimmungen gebunden. Nicht alle Wünsche des Flüchtlingsrates, der Linkspartei und vieler weiterer interessierter Seiten in dieser Diskussion sind erfüllbar. Ich sage noch einmal, wir nutzen unseren Spielraum mit Augenmaß, verantwortlich und immer zugunsten humanitärer Einzelfälle und ich hoffe, dass wir in diesem Hohen Hause dazu keine grundsätzlichen Meinungsverschiedenheiten haben. – Vielen Dank.
Mit Ihnen, Herr Abgeordneter Caffier, geht auch die Landesregierung davon aus, dass das verfassungsrechtlich verankerte plebiszitäre Instrument des Volksbegehrens ein hohes und schützenswertes Gut darstellt. Um gerade diesem Instrument des Volksbegehrens volle Entfaltung zu verleihen, bedarf es im verstärkten Maße der Stärkung des Vertrauens der Öffentlichkeit in die unparteiische und gemeinwohlorientierte Amtsführung der Beamten. Nur so kann sichergestellt werden, dass das Ergebnis des Volksbegehrens auf einem freien Meinungsbildungsprozess für oder gegen die Inhalte beruht.
Der Landeselternrat Mecklenburg-Vorpommern, Herr Riemann, hatte dem entgegen den Versuch unternommen, über Angestellte der Schulträger aktiv das Volksbegehren unterstützen zu lassen. Dies hat mein Haus zum Anlass genommen, gegenüber den kommunalen Schulträgern allgemein auf die Rechte und Pflichten der Angestellten und Beamten im öffentlichen Dienst hinzuweisen. Diese unterliegen dem Gebot der Mäßigung und Zurückhaltung mit Blick auf eine politische Betätigung. Für Beamte konstatiert dieses der Paragraf 57 des Landesbeamtengesetzes, für Arbeitnehmer gilt dies gleichermaßen. Dabei hindert Paragraf 57 Absatz 3 des Landesbeamtengesetzes den Beamten nicht, in privaten Gesprächen oder in der Öffentlichkeit eine politische Meinung zu vertreten.
Das Gebot der Mäßigung und Zurückhaltung bei der politischen Betätigung soll sicherstellen, dass das Vertrauen der Öffentlichkeit in die unparteiische und gemeinwohlorientierte Amtsführung der Beamten keinen Schaden nimmt. Dazu zählt zum Beispiel auch der Aufruf der Teilnahme an Unterschriftenaktionen mit politischer Zielrichtung. Das bloße Auslegen der Eintragungslisten stellt dagegen keinen Verstoß gegen die Neutralitätspflicht dar.
Herr Caffier, Mecklenburg-Vorpommern hat einen Innenminister, der seiner Fürsorgepflicht für die Bediensteten nachkommt.
Dann bitte ich Sie einmal, Herr Abgeordneter Caffier, im Landesbeamtengesetz, dem Sie damals im Landtag zugestimmt haben, Paragraf 57 nachzulesen,
und vielleicht den Rechtsanwalt Dr. Jäger einmal zu bitten, diesen Paragrafen hinsichtlich der Neutralitätspflicht der Beamten
und des öffentlichen Dienstes insgesamt auszulegen. – Ich bedanke mich.
Nein, Herr Caffier, also ich sage Ihnen das gern noch einmal. Es geht um zwei verschiedene Fragen. Die eine Frage ist: Kann zum Beispiel in den Kommunalverwaltungen, sagen wir einmal in einem Amt, eine Liste für ein Volksbegehren ausgelegt werden? Ja oder Nein? Das entscheiden im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung das Amt selbst oder die Gemeinden des Amtes. Und wenn diese mit Ja entscheiden, dann haben natürlich die Mitarbeiter dieses Amtes die Liste auszulegen. Sie haben aber dem Volk nicht mitzuteilen, ob sie darin unterschreiben müssen. Das gebietet die Neutralitätspflicht. Und diesen feinen Unterschied mögen Sie, wenn Sie, wie gesagt, den Paragrafen 57 des Landesbeamtengesetzes nachlesen, auch verstehen.
Ich ahnte nicht, dass das Thema so interessant ist. Ich bitte um Entschuldigung.
Wir meinen, davon ausgehen zu können, dass die Initiatoren des Volksbegehrens über die grundsätzliche Bedeutung und die Rolle der Bedeutung von Volksbegehren insgesamt selbst informiert sind und wir auch die Bedeutung deswegen akzeptieren und anerkennen, indem sie selbst dieses Volksbegehren einleiten und durchführen.
Ich unterstelle jetzt mal auch gerade den Kommunalverwaltungen in Mecklenburg-Vorpommern, dass diese über die Rolle und Bedeutung von Volksbegehren informiert sind und hier keinen Nachhilfeunterricht des Innenministeriums brauchen.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der ehemalige Bun
deskanzler Willy Brandt hat einmal gesagt: „Wenn wir morgen sicher leben wollen, müssen wir heute für Reformen sorgen.“
Das war in den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts. Heute, zu Beginn des 21. Jahrhunderts, in einer Zeit, in der sich mit hoher Dynamik um uns herum mehr verändert als je zuvor, gilt dieses Wort von Willy Brandt ganz besonders. Hinter uns liegt das umfassendste Gesetzgebungsverfahren, das unser Bundesland Mecklenburg-Vorpommern je erlebt hat.
Herr Müller hat es hier als Vorsitzender des Sonderausschusses schon dargestellt.
Allein zum Verwaltungsmodernisierungsgesetz sind durch die Regierung und durch das Parlament über 1.100 Stellungnahmen eingearbeitet worden.
Nehmen wir noch das Landesorganisationsgesetz, das Personalübergangsgesetz,
die vier Gesetze zur Reform der oberen Landesverwaltung und die Änderung der Kommunalverfassung zur Reform der Ämterstruktur hinzu, sind es noch weitaus mehr.
Betrachten wir den Entwurf des Verwaltungsmodernisierungsgesetzes, der vor Ihnen auf dem Tisch liegt – ich habe gezählt, Herr Müller: 140 Änderungsanträge im parlamentarischen Verfahren haben das Gesetz deutlich besser gemacht, hinsichtlich der Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung durch weitere Aufgabenübertragungen in den eigenen Wirkungskreis, hinsichtlich der Funktionalreform durch eine deutlich größere Aufgabenverlagerung auf die Kreise, zum Beispiel bei der Straßenbauverwaltung –
deswegen hat die Landesregierung ihren entsprechenden Gesetzentwurf bereits selbst für erledigt erklärt –, hinsichtlich der zukünftigen Umsetzung und Akzeptanz der Reform, durch verbesserte Mitbestimmung der Mitarbeiter und durch einen auf drei Jahre verlängerten Kündigungsschutz.
Dieser Blick zurück zeigt, meine Damen und Herren, die umfassenden Beteiligungen in den Anhörungsverfahren haben sich gelohnt. Sie alle, Parlamentarier und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Verfahren, haben in der Arbeit, die vor den Kulissen und hinter den Kulissen nötig war, sehr viel geleistet. Ich danke Ihnen sehr dafür.
Vor uns steht nun die Entscheidung zu einer Neuaufstellung des Landes Mecklenburg-Vorpommern. Ich bin mit vielen anderen davon überzeugt, nur auf diesem Weg können wir die Zukunft für unser Land gewinnen. Wir brauchen weniger Bürokratie. Mit dieser Verwaltungsreform lösen wir insgesamt 126 Behörden in MecklenburgVorpommern auf. Außerdem haben wir durch die Deregulierungsgesetze, die Kollege Sellering vorgelegt hat, viele bürokratische Vorschriften abgeschafft oder vereinfacht.
Über 1.400 Vorschriften sind untergesetzlich abgeschafft worden.
Wir brauchen mehr Leistung. Durch die Bildung von fünf leistungsstarken und großen Kreisen, die als Bündelungsbehörde umfassende Planungs-, Entscheidungs-, Vollzugs- und Kontrollaufgaben wahrnehmen, schaffen wir das Verwaltungsverfahren aus einer Hand. Langwierige Abstimmungen zwischen Kreisen, unteren staatlichen Behörden und oberen staatlichen Behörden entfallen, Doppelstrukturen und Parallelstrukturen werden der Vergangenheit angehören. Der Landrat hat die Verfahren in seiner Hand, zum Beispiel bei potenziellen Investoren.
Wir schaffen mehr Bürgernähe. Die örtliche Verwaltung, also das Amt beziehungsweise das Rathaus, ist für den Bürger die Anlaufstelle. Verwaltungswege werden kürzer. In der Testregion Westmecklenburg liegen hierzu bereits positive Erfahrungen vor.
Wir schaffen eine kostenarme Verwaltung. Mit der neuen Struktur sind wir in der Lage, über 10.000 Personalstellen beim Land – sozialverträglich, wohlgemerkt – abzubauen.
Der entsprechende Bedarf bei den Kommunen, Herr Ringguth, liegt bei 5.000 Stellen, wie wir letzte Woche diskutiert haben und Vergleiche mit den finanzschwachen Flächenländern im Westen zeigen. Mit dieser Reform ist die Einsparung von über 15.000 Stellen, die notwendig ist,
möglich und zugleich wird die Leistungskraft der Verwaltungen in Mecklenburg-Vorpommern für die Bürger gestärkt. Und wir schaffen mehr kommunale Selbstverwaltung.
Die Kreistage erhalten zukünftig mehr Aufgaben, als sie heute haben.
Zwar haben...
Es stimmt, Sie können es gerne nachlesen, Herr Dr. Jäger.
Zwar haben wir...
Dann lesen Sie den Gesetzentwurf!
Zwar haben wir zahlenmäßig weniger Kommunalpolitiker in den Kreistagen, weil wir nicht zwölf,
sondern zukünftig fünf Kreistage haben. Diese haben aber deutlich mehr Kompetenzen, wie allein –
und nun sage ich Ihnen das auch, wenn Sie es nicht gelesen haben sollten – die zusätzlichen Aufgabenzuordnungen bei der Raumordnung zeigen oder auch bei den Haushaltssatzungen schlechthin,
bei den Musikhochschulen, bei den Volkshochschulen oder bei der Schulentwicklungsplanung.
Kein ehrenamtliches Kreistagsmitglied in Deutschland, meine Damen und Herren, hat in Zukunft mehr zu sagen als dasjenige aus Mecklenburg-Vorpommern.
Die Stärkung und die Stärke der kommunalen Selbstverwaltung ist also nicht an der Anzahl aller Kreistagsmitglieder abzulesen, sondern daran, worüber diese in Zukunft zu entscheiden haben,
und das ist Politik. Das ist die reine Kommunalpolitik, Herr Dr. Jäger, von der Sie ja immer sagen,
wir hätten nichts mehr zu entscheiden.
Meine Damen und Herren! Mit der vor uns stehenden Entscheidung über die Neuaufstellung unseres Landes auf seine Zukunft hin geht es um die Existenzfrage. Das hat Herr Ministerpräsident Ringstoff schon gesagt. Damit meine ich nicht in erster Linie die Frage, ob es um eine Länderfusion geht, etwa im norddeutschen Raum. Bei der Wiedervereinigung im Jahre 1990 sind auch viele unrealistische Hoffnungen mit im Spiel gewesen. Egal ist erst einmal, ob wir aus Schwerin oder Hamburg regiert werden.
Entscheidend für den Bürger, für die Menschen in unserem Lande, für diejenigen, die hier im Gebiet Mecklenburg-Vorpommerns leben, ist, dass die Gemeinden, die Kreise und die Landesverwaltung so effizient und so effektiv wie möglich mit den Steuergeldern in der Verwaltung umgehen, damit politisches Handlungsspiel für die Gestaltung der tatsächlichen Lebensverhältnisse und Lebensfragen bleibt. Jeder Euro, den wir in der Verwaltung sparen, kommt der Bildung für unsere junge Genera
tion, der sozialen Infrastruktur, der Wirtschaftsförderung und der inneren Sicherheit zugute. Das ist das eigentliche Ziel der Verwaltungsreform, über die wir heute entscheiden.
Ich bitte in diesem Hohen Hause um Ihre Zustimmung, meine Damen und Herren.
Ich freue mich, dass wir von Anfang an bei den Gewerkschaften, bei der Wirtschaft und bei vielen anderen, zum Beispiel bei Städten, Gemeinden und beim Städte- und Gemeindetag,
bei Wissenschaftlern, bei einzelnen Landräten und sogar auch bei einzelnen Kreistagsmitgliedern so tatkräftige Unterstützer hatten.
Natürlich gibt es wie bei jeder Reform auch bei dieser Reform Gegner.
Das zeigt nicht zuletzt die heutige Demonstration vor dem Schloss.
400 waren angemeldet. Es mögen auch 400 gewesen sein.
So viel zu der Frage, wie viele es denn waren.
Die Demokratie lebt vom Meinungsstreit.
Fragen Sie mal Herrn Molkentin, wer da mit wem geredet hat, Herr Dr. Jäger!
Wenn aber, meine Damen und Herren, die CDU in so einer Situation von Diktatur der Mehrheit spricht,
in einer Situation, in der Wirtschaft und Gewerkschaften gemeinsam, was ja nicht jeden Tag vorkommt, und mit großer Mehrheit auch die Bürgerinnen und Bürger in diesem Land für diesen Weg
der Entbürokratisierung und der Verwaltungsreform einstehen, ist dieses Wort von der Diktatur der Mehrheit nicht zu akzeptieren.
Meine Damen und Herren, Mehrheiten gibt es und es kann sie auch nur in einer Demokratie geben.
In der DDR, als Sie, meine Damen und Herren von der CDU gemeinsam mit der SED regiert haben,
da gab es eine Diktatur.
Frau Präsidentin,...
Wir sind bei einem Wort,...
Meine verehrten Damen und Herren, den Begriff „Diktatur der Mehrheit“ habe ich aufgegriffen, weil er uns in den letzten Tagen von Mitgliedern der CDU vorgehalten wurde.
Ich möchte nun fortfahren.
Es gab in der DDR eine Diktatur,
das war eine Diktatur der Minderheit, meine Damen und Herren von der CDU, und diese hatte Angst vor der Mehrheit.
Darüber sollte auch ein Herr Seidel als ehemaliges Ratsmitglied in einer stillen Stunde einmal gründlich nachdenken,
bevor er sich selbst mit solchen Aussagen disqualifiziert.
Ich hoffe, Sie verwenden dieses Wort nicht wieder.
Meine Damen und Herren, ich selber erlebe in vielen Bürgerversammlungen, dass die Menschen in unserem Bundesland bei allen Kontroversen in vielen Einzelfragen diesen Weg der Entbürokratisierung für richtig halten. Stellvertretend für alle, die uns konstruktiv und kritisch auf diesem Weg begleitet haben, darf ich aus der Stellungnahme der Landeshauptstadt, die hier quasi vor den Toren des Landtages liegt, zitieren.
Da heißt es: „Die Landeshauptstadt Schwerin unterstützt die mit dem Gesetzentwurf angestrebte umfassende Verwaltungsreform, da nur durch eine deutliche Verringerung des Verwaltungsaufwandes auf allen Ebenen öffentlicher Verwaltung in M-V die in Anbetracht der demografischen und finanziellen Entwicklung des Landes und seiner Gebietskörperschaften erforderlichen Effizienzsteigerungen zu erreichen sind.“ So viel aus der Stellungnahme der Landeshauptstadt.
Ich gehe davon aus, meine verehrten Damen und Herren, dass nach der Verabschiedung und bei der Umsetzung der Reform alle beteiligten Seiten Schritte unternehmen, die uns zusammenführen und für die Menschen, für die wir als Landespolitiker da sind, die Ziele der Reform zu erreichen helfen.
Ein Hauptproblem in der Bundesrepublik Deutschland insgesamt ist die schwerfällige und leider auch teure staatliche Verwaltung.
Nicht zufällig ist Deutschland, Herr Dr. Jäger, im Wirtschaftswachstum, bei der Arbeitslosigkeit, im Vergleich der Bildungsabschlüsse und bei der Staatsverschuldung im europäischen Vergleich weit hinten gelandet. Das war nicht immer so. Was die Föderalismusreform zwischen Bund und Ländern auf den Weg bringt, bringt die Verwaltungsreform bei uns im Land auf den Weg.
Und ein Blick in andere Länder zeigt, dieses Problem wird überall in den Bundesländern angegangen.
Wir müssen die strukturellen Voraussetzungen dafür schaffen, dass Deutschland wieder eine dynamische, lebendige und im europäischen Vergleich vorbildliche Entwicklung nehmen kann, so, wie es einmal war: Made in Germany.
Und das, meine Damen und Herren, müssen wir für unser Bundesland selbst tun, denn dazu sind wir in diesem Landtag gewählt.
Angesichts unserer eigenen demografischen, finanziellen und strukturellen Rahmenbedingungen – und hier meine ich vor allem die Siedlungsstruktur in MecklenburgVorpommern, die in keinem anderen deutschen Bundesland so dünn ausfällt wie bei uns –
hilft es nicht, wenn wir etwa von Baden-Württemberg oder von Schleswig-Holstein abschreiben würden.
Mecklenburg-Vorpommern ist ein besonderes, ein eigenständiges und ein eigenes Land.
Wir Politiker haben die Aufgabe und dafür auch die Werkzeuge,
diese Entwicklung zu gestalten. Das ist ja gerade die Besonderheit und das ist ja auch der Zweck des föderalen Deutschlands im Vergleich zu europäischen Zentralstaaten,
dass es in den Ländern, Herr Dr. Jäger, Parlamente gibt, die für das jeweilige Land, in dem es gewählt ist, die eigenen landespolitischen Geschicke in die Hand nehmen.
Die Einheit Deutschlands besteht auch in seiner Vielfalt,
da gibt es keinen Widerspruch.
Trotzdem hat Mecklenburg-Vorpommern einen Landtag, zu dem auch die Opposition zählt, meine Damen und Herren.
Im Jahre 1990 dachten viele bei uns in den neuen Bundesländern, wir müssen so werden wie die Länder im Westen. Für uns stand besonders Schleswig-Holstein Pate.
Heute müssen wir erkennen, wir haben unseren eigenen Weg zu finden und diesen auch zu gehen. Vielleicht ist das schwieriger,
aber es ist die Voraussetzung für eine Identifikation der Menschen, die hier in diesem Land mit seiner Zukunft leben.
Meine Damen und Herren, die einzelnen Bereiche der Verwaltungsreform sind überwiegend nicht umstritten.
Niemand beklagt, dass wir mit viel Energie die E-Government-Vorhaben voranbringen,
dass Verwaltungswege kürzer werden.
Auch das die Verwaltung bürgernäher wird, wird durchweg für richtig gehalten.
Die falsche Behauptung, dass in Zukunft jeder Bürger, ob jung oder alt, einen Computer braucht, wird nicht weiter erhoben.