Dann habe ich noch eine Frage, die mit dem Text der Begründung zu tun hat. Ich lese mal aus dem Antrag der Regierung vor: „Die Alfried-Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung hat in bester Innenstadtlage der Hansestadt Greifswald … in der Entfernung eines Steinwurfs vom Hauptgebäude der Universität, vom Dom und vom Rathaus, …“ – hier beende ich das Zitat. Die erste Frage ist, ich glaube, selbst Jürgen Schult wird es nicht schaffen, vom Standort dieses Kollegs bis zum Hauptgebäude zu werfen.
Und die zweite Frage ist: Warum eigentlich soll dieses Kolleg Steine werfen auf die wichtigsten Gebäude der Stadt?
(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS und Heinz Müller, SPD – Peter Ritter, PDS: Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen.)
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nach einem Jahrzehnt Deutscher Einheit ist der Verlauf der einstmals scharf umrissenen Grenze kaum noch zu erkennen, kaum noch zu sehen. Die Deutschen sind damit beschäftigt, sich in der Gestaltung der Zukunft in Richtung Europa zu bewegen. Andere suchen nach ihren Wurzeln in unserem Bundesland, finden sie und werden wirksam für die Entwicklung unseres Landes. Ich bedanke mich wie meine Vorredner bei Herrn Professor Beitz für dieses Engagement.
„Stiftungen bauen Brücken“ – Thema der Ausstellung, die hier im Hause zu sehen war. Inhalt ist das Wirken von Stiftungen über mehr als ein Jahrtausend und speziell des Verbandes Deutscher Stiftungen seit 1948.
Wenn diese Verbindungen, diese Wurzeln zu Visionen führen, die man vermitteln möchte, mit denen man wirken möchte in seinem Land, aus dem die Wurzeln stammen, in dem man sie wiedergefunden hat, und das in einer Weise dann für uns wirksam und zu erfahren sein wird in Richtung Europa, in Richtung Ostseeregion, in Richtung Förderung der Geisteswissenschaften, an einem Standort mit Tradition, das vermittelt, dass dieser Standort auch einer mit Zukunft bei dem Geber ist.
Aus diesem Grunde gibt es eigentlich nur noch die Formalie, dass wir den Antrag überweisen und im Bildungsausschuss und Finanzausschuss noch einmal beraten müssen. Wir stimmen diesem Antrag in den Ausschüssen nach der entsprechenden Diskussion wahrscheinlich zu. Heute bleibt mir nur, Ihnen die Überweisung ans Herz zu legen. Ich gehe davon aus, dass das einstimmig der Fall sein wird. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Der Ältestenrat schlägt vor, den Antrag der Landesregierung auf Drucksache 3/1209 zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Bildung, Wissenschaft und Kultur und zur Mitberatung an den Finanzausschuss zu überweisen. Wer stimmt für diesen Überweisungsvorschlag? – Danke. Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist der Überweisungsvorschlag einstimmig angenommen.
Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 12: Beratung des Antrages der Fraktionen der SPD und PDS – Fachkräftemangel in IT- und Ingenieurberufen, Drucksache 3/1224.
Antrag der Fraktionen der SPD und PDS: Fachkräftemangel in IT- und Ingenieurberufen – Drucksache 3/1224 –
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Gesamtzahl der Ingenieurstudenten ist zwischen 1993 und 1999 um rund 23 Prozent zurückgegangen. Bei den Studienanfängern in diesem Bereich ist der Eindruck noch gravierender. Zwischen den Studienjahren 1994 und 1999 beträgt der Rückgang rund 28 Prozent. Eine ähnliche Entwicklung ist im Bereich Mathematik/Naturwissenschaften zu verzeichnen. Die Gesamtzahl der Studierenden ging hier zwischen 1993 und 1999 um 27.000 zurück.
Besonders gravierend ist der Mangel im Bereich der Informatiker, auch wenn die Zahl der Studienanfänger in dieser Disziplin in den letzten Jahren stetig gestiegen ist. Besonders eindrucksvoll ist der Anstieg der Studienanfänger von 15.070 im Jahr 1996 auf 22.181 im Jahr 1998. Dennoch entspricht dieser Anstieg bei weitem nicht dem Bedarf der Industrie. Die Zahl der Absolventen betrug 1998 6.617 gegenüber einem aktuellen Bedarf von 75.000.
Die Beteiligung in Mecklenburg-Vorpommern bei „Jugend forscht – Jugend experimentiert“ weist eine erschreckende Bilanz auf. Haben sich 1997 noch 100 Jugendliche an dem Wettbewerb beteiligt, waren es 1999 nur noch 63. Im Bereich Technik ging in dem Wettbewerb die Zahl von zehn Arbeiten auf eine einzige im vergangenen Jahr zurück.
Meine Damen und Herren! Mir scheint, die zugegebenermaßen spektakuläre Greencard-Initiative unseres Bundeskanzlers hat inzwischen auch den Letzten wachgerüttelt. Es besteht ein breiter Konsens darüber, dass dringender Handlungsbedarf besteht, Fachpersonal auszubilden und zu qualifizieren. Und es wird gehandelt. Das belegen zahlreiche Initiativen von Wirtschaft und Politik, wie Projekte der Bundesregierung „Jedem Schüler ein Laptop“ oder „Per Mausklick in die Zukunft“ sowie die „Initiative D 21“ oder das Projekt „Neue Medien in der Bildung“ oder die Ingenieurinnenkampagne von Bildungsministerin Bulmahn.
Auch im Land tragen zahlreiche Aktivitäten dem Rechnung, wie zum Beispiel die Multimediakonzeption, die Lehrstellenoffensive 2000, deren Programme besonders auf die Förderung von Multimedia, von neuen Berufen, aber auch Medien-, Automobil- und Verfahrenstechnik und die Förderung von Mädchen ausgerichtet sind. Die Berufsausbildung mit Abitur für landwirtschaftliche Berufe ist ebenso zu begrüßen wie der Modellversuch an der Fachhochschule in Stralsund, der das Ingenieurstudium mit einer stärkeren Praxisorientierung ermöglicht. Nicht zu vergessen die Informatikkampagne der Landesregierung, die eine Bekämpfung des eklatanten Nachholbedarfs bei kleinen und mittleren Unternehmen in Bereichen wie elektronischer Handel, in der Internetpräsentation und Computervernetzung zum Ziel hat.
Internet und Computer müssen an jeder Schule ebenso selbstverständlich sein wie Mathe, Deutsch, Fremdsprachen und Naturwissenschaften, Musik, Zeichnen und Sport. Dazu gehören aber auch Lehrer, die bereit sind, ihr Wissen von gestern zu aktualisieren, um in der Lage zu sein, die Schüler auf die Anforderungen von morgen vorzubereiten, zu interessieren und zu begeistern.
Um den ansteigenden Kräftebedarf zu decken – europaweit fehlen bis zum Jahr 2002 1,6 Millionen Fachkräfte –, sollen auch ausländische Spezialisten zu uns kommen, so selbstverständlich wie auch junge Fachkräfte aus Deutschland im Ausland berufliche Erfahrungen machen und einbringen. Und genau das ist der Punkt, der Zündstoff gibt für populistische Angst- und Neidkampagnen. Deutschland hatte bis 1933 einen weltweiten Ruf als Mekka der hervorragenden Talente aus Wissenschaft, Medizin und Kunst. Offenheit und Toleranz und gegenseitige Bereicherung waren selbstverständlich, bis das Klima durch die nationalistische Politik der Nazis vergiftet wurde.
Heute fahren unsere Minister durch die ganze Welt und werben gezielt für den Wirtschaftsstandort Deutschland beziehungsweise Mecklenburg-Vorpommern. Sie aber, meine Damen und Herren von der CDU, wollen – so, wie es scheint – zwar die Investitionen, das Kapital, das Know-how, aber nicht die Menschen. Und das geht nicht.
Sind wir doch ehrlich und sagen, dass kein ausländischer Spezialist Arbeitsplätze wegnimmt, sondern im Durchschnitt vier bis fünf Arbeitsplätze schafft! Wenn für jeden ausländischen Spezialisten, der in unser Land kommen soll, nur ein zusätzlicher Ausbildungsplatz geschaffen wird, dann ist die Diskussion um die Inder ein Gewinn für unsere Kinder. Sind wir doch furchtlos und behandeln hochqualifizierte Migranten nicht wie Sozialfälle, sondern lassen sie während ihres Aufenthalts in Deutschland ihr Wissen und Können zum persönlichen und gesellschaftlichen Nutzen einbringen! So können Vorbehalte gegenüber den Einwanderern in der Bevölkerung abgebaut werden, wie eine Studie des Forschungsinstituts für die Zukunft der Arbeit belegt. Sind wir doch mutig und sagen, dass wir in Deutschland wieder ein Mekka für die Besten der Welt sein wollen! Leben wir Offenheit, Toleranz und Mitmenschlichkeit so selbstverständlich wie Fußballvereine und Künstlergruppen! Jede Krise bringt nicht nur Gefahren, sondern auch neue Chancen. Nutzen wir sie für eine positive Entwicklung unseres Landes! Ich bitte Sie um die Zustimmung zu dem vorliegenden Antrag. – Danke.
Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 60 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist es so beschlossen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Es heißt, der Sünder kehrt regelmäßig an den Ort seiner unrühmlichen Taten zurück.
(Sylvia Bretschneider, SPD: Kommen Sie deswegen immer wieder nach Schwerin, oder was? – Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der SPD)
dass sich gerade Bundeskanzler Schröder zum ersten Mal auf der CeBit in Hannover zur so genannten Greencard äußerte.
Und, Frau Beyer, es gibt Gründe, warum es in Deutschland weniger Informatikstudenten gibt. Es gibt aber auch Gründe, warum es in CDU-geführten Bundesländern wie Baden-Württemberg heute 4.600 Informatikstudenten gibt, 1997 dagegen nur 2.200. In Niedersachsen haben wir eine völlig gegenläufige Entwicklung und der Grund ist darin zu suchen, dass die Schröder-Regierung in Hildesheim 1996 die Studiengänge Informatik und Wirtschaftsmathematik auflöste. Das ist die Realität. Zitat aus der Begründung der damaligen Landesregierung in Hannover: „Um es deutlich zu sagen, wir können uns in Niedersachsen nicht länger leisten, ein Überangebot an Informatikstudiengängen vorzuhalten.“ Im Übrigen habe die vorherige CDU-Landesregierung „leider zu viele Informatikstudienplätze geschaffen“.
stellt sich vor wenigen Wochen auf der CeBit hin und fordert – ja, wie viel fordert er? –, 75.000, 45.000 fehlende Informatikfachleute aus dem Ausland zu holen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Baden-Württemberg hat das anders gelöst und hat seine Ausbildungsplätze in den letzten drei Jahren verdreifacht.
Wie glaubwürdig, Herr Eggert, ist eigentlich Politik auch in Mecklenburg-Vorpommern? Das Kultusministerium ist seit 1994 SPD-geführt. Und was wurde 1997 mit dem Informatikstudiengang in Wismar, in Ihrer Heimatstadt, gemacht? Darüber können wir auch noch mal extra debattieren! Das heißt: Wer hat denn hier die Entwicklung verschlafen?
Und der gleiche Schröder, der geht auf die CeBit, faselt von fehlenden IT-Fachleuten und weiß gar nicht, was ITFachleute sind.
(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Aber wir sind doch hier in Mecklenburg-Vorpommern, oder was? – Heike Lorenz, PDS: Das ist doch egal.)