Protocol of the Session on September 26, 2018

Wir müssen die Fluchtursachen bekämpfen und zugleich den Schlepperbanden, den Menschenhändlern ihr Geschäft lahmlegen. So werden wir Menschen retten.

Und zum Schluss: Hören wir endlich auf, die Begriffe zu vermischen. Wir reden hier zuallermeist nicht von Flüchtlingen, sondern wir reden von einer illegalen Masseneinwanderung, einer Migration historischen Ausmaßes.

(Zurufe von der SPD und der LINKEN)

Lassen Sie mich hierzu zum Schluss Tony Abbott zitieren:

"Es ist doch als Regierungschef meine Pflicht, meinem Land zu erlauben, dass es seinen eigenen Charakter bewahrt. Der ungebremste Zustrom von kaum integrierbaren Fremden zerstört auf lange Frist die Identität Europas."

Zitatende. – Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Das Wort bekommt nun der Abgeordnete Dr. Flocken.

Sehr verehrte Frau Präsidentin, sehr verehrte Volksvertreter! Seenotrettung ist die Hilfe für Menschen in Seenot, ob durch Unfall, Sturm, Maschinenschaden, Leichtsinn. Das war so bei der Gründung der nationalen europäischen Rettungsgesellschaften und ist auch bei der internationalen Search-and-Rescue-Übereinkunft SAR von Hamburg 1979 noch heute gültig. Eines konnte sich damals keiner vorstellen: dass ein Ensemble aus kommerziellen Reiseveranstaltern im Hochpreissegment, deren Kunden sowie Geschäftspartner aus der Zulieferbranche der Asylindustrie auf See ein gefährliches, zu oft tödliches Theaterstück aufführen, in dem die geplante Übergabe der Passagiere an andere Schiffe für die Weiterfahrt als Seenotrettung dargestellt wird. Ein solches Umsteigen, wenn auch ein gefährliches Manöver, ist keine Seenotrettung. Wer das Geschehen auf dem Mittelmeer Seenotrettung nennt, der verwechselt das Theaterstück mit der Realität. Der denkt, die Notsituationen seien ungeplant.

(Christiane Schneider DIE LINKE: Un- mensch!)

Die Illusion gehört zum Theater.

Also nehmen wir an, es wäre so. Es würde sich um echte Notfälle handeln. Den besagten Pull-Effekt der Gutmenschen auf den Schiffen gäbe es gar nicht, wie Herr Dr. Wolf beschrieben hat. Also nehmen wir einmal an, der Afrikaner wüsste nichts davon, wie auch, ohne Handy und Internet, er würde losmarschieren, getrieben allein von Gewalt und Hunger, bis zur libyschen Küste, würde dort einen treffen, der ihm die Überfahrt für einige Tausend Dollar anbietet. Also los mit Sprit für zwei Dutzend Meilen. Zufällig, wirklich rein zufällig, würden sie flugs auf die Aquarius treffen, die die Passagiere übernimmt und in Italien auf die Reise nach Deutschland schickt. Sie meinen, das kann doch keiner glauben? Ja, da haben Sie wohl recht.

(Zuruf von Heike Sudmann DIE LINKE)

Aber als Gutmensch muss man fest dran glauben, um die Wellness in warmen Moralinpackungen zu genießen. Für jedes Schiff, das stampft und schleppt, ein Linker, der den Michel neppt. 50 000 kommen in diesem Jahr über Libyen. 50 000, das schaffen die Anhänger und Wähler der Hamburger LINKEN und vielleicht der GRÜNEN zusammen allein. Dafür brauchen sie weder Zwangsgelder der Bürger noch große Worte in der Bürgerschaft.

Wie das? Laut einer Umfrage für das "Hamburger Abendblatt" wollten schon vor drei Jahren 17 Prozent der befragten Hamburger einen Asylbewerber bei sich zu Hause aufnehmen. Bei fast 1 Million Haushalten wären das 160 000. Angenommen, bei LINKINNEN und GRÜNINNEN ist die Bereitschaft doppelt so hoch wie bei anderen, dann wären das 80 000 Privatunterkünfte bei ihnen. Lässt Platz für einige Ausfälle.

Fremden Privatunterkunft geben, es geht. Vier Monate habe ich das selbst gemacht für eine asiatische Fachkraft. Man kann auch bürgen.

(Heiterkeit bei den GRÜNEN – Sabine Boeddinghaus DIE LINKE: Ach ja, für eine asiatische Fachkraft!)

Genau.

Also, sehr verehrte LINKINNEN und GRÜNINNEN, es soll doch nicht heißen, ich kenne die Weise, ich kenne den Text, ich kenne auch die Herren Verfasser, sie trinken heimlich Wein und predigen öffentlich Wasser. Nur nicht knausern.

Die Aquarius-Gruppe, jedenfalls das deutsche Kontingent, kann Ihre Fraktion mit links schaffen. Geben Sie dem Wort "Wir schaffen das" eine neue Bedeutung, gehen Sie mit einem guten Beispiel voran.

(Dr. Anjes Tjarks GRÜNE: Heinrich Heine würde vor Scham in den Boden sinken! Das ist wirklich unfassbar, was Sie hier erzäh- len!)

Und wenn Sie sich dazu nicht heranbändigen können, dann hier noch ein Vorschlag. Bringen Sie die Afrikaner in den beliebten tunesischen Touristenhotels unter, die viele Deutsche im Urlaub schätzen gelernt haben. Das ist günstiger und komfortabler als in hiesigen Unterkünften. Hat nur einen Haken: Die deutsche Asylindustrie wird Sie nicht mehr liebhaben und vielleicht nicht mehr wählen. Aber Sie wären nicht die Kollaborateure einer faschistischen Invasion.

(Zurufe von den GRÜNEN: Oh, oh!)

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Zuruf: Unsinn ist das, was Sie erzählen!)

Meine Damen und Herren! Das Wort bekommt nun Frau Schneider für jetzt drei Minuten.

Meine Damen und Herren! Die aktuelle Nachricht lautet, Malta hat der Aquarius gestattet, in Malta, in La Valletta anzulegen. Die Aquarius hat 58 Menschen aus Seenot gerettet und an Bord, und ich finde es ein super Zeichen, wenn die drei Bürgermeister, die diese Pressemitteilung heute herausgegeben haben, den Bundesminister auffordern und sagen, die

Bundesrepublik übernimmt diese 58 Geretteten, denn das ist eine Bedingung von Malta. Und Hamburg beteiligt sich und Bremen beteiligt sich und Berlin beteiligt sich an der Aufnahme dieser 58 Leute.

(Beifall bei der LINKEN und bei Mareike En- gels und Anna Gallina, beide GRÜNE)

Ich glaube aber, das ist dann einer weiteren Debatte vorbehalten, dass die Möglichkeiten, die Städte und Kommunen und die auch Stadtstaaten haben, bei Weitem noch nicht ausgeschöpft sind. Ich will nur kurz darauf hinweisen, dass Berlin gerade ein Landesaufnahmeprogramm verabschiedet hat – es ist auch ein bisschen symbolisch – für 100 Jesidinnen und Jesiden, sozusagen auf eigene Rechnung außerhalb jedes Kontingents. Da gibt es eine Menge Möglichkeiten, darüber wollen wir aber heute nicht streiten.

Wir werden den Antrag der SPD annehmen, denn wir wollen, dass heute etwas erreicht wird. Wir werden natürlich unseren Antrag aufrechterhalten, aber wir werden uns dem Antrag der SPD nicht verschließen. Wir sehen darin eine gute Entwicklung, das möchte ich ausdrücklich sagen. Wir werden einen Punkt nicht annehmen, das will ich kurz begründen, und zwar den Punkt 1.6. Zwar ist die EU-Mission Sophia an Seenotrettung beteiligt, auch wenn sie eigentlich nie darauf ausgelegt war, aber die Kritik an der Operation, insbesondere an der Kooperation mit der libyschen Küstenwache, hat jüngst neue Nahrung erhalten. Schon im Mai konstatierte ein geheimer Bericht des Europäischen Auswärtigen Dienstes gravierende Sicherheitsmängel in Libyen. Ein weiterer Bericht Ende Juli belegte massive Menschenrechtsverletzungen. Obwohl diese Berichte allen Mitgliedsstaaten zugehen, fehlte bislang eine offizielle Bestätigung der Zustände durch die Bundesregierung. Aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der LINKEN geht jetzt aber hervor, dass sie über die Verbrechen in Libyen informiert ist, über die illegalen Haftanstalten, über die Gewaltanwendung der sogenannten libyschen Küstenwache, über die Zusammenarbeit dieser Einheiten mit Akteuren der organisierten Kriminalität im Land. Und die Operation Sophia arbeitet halt mit der libyschen Küstenwache zusammen.

Auch möchte ich darauf hinweisen, dass ein Suchflugzeug der Sea-Watch vor einer Woche von einem drastischen Fall unterlassener Hilfeleistung berichtet. Ein in Seenot geratenes Schlauchboot mit über 80 Menschen an Bord sei von der italienischen Seenotrettungsleitstelle, der libyschen Küstenwache und von einem vorbeifahrenden Handelsschiff über Stunden ignoriert worden. Erst auf mehrfaches Drängen der Sea-Watch-Besatzung hätten libysche Einheiten die Menschen aufgegriffen und zurück nach Libyen gebracht. Eine Kooperation mit dieser Küstenwache verbietet sich unse

(Dr. Ludwig Flocken)

res Erachtens. Andere humanitäre staatliche Anstrengungen zur Seenotrettung befürworten wir natürlich, aber wir werden diesem Punkt 1.6 nicht zustimmen.

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Schumacher hat das Wort für die SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Menschen aus Seenot zu retten ist nicht kriminell. Menschen aus Seenot zu retten ist Pflicht.

(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und ver- einzelt bei der LINKEN)

Jeder Seemann und jede Seefrau hat nach internationalem Seerecht die Verpflichtung, jedem in Seenot geratenen Menschen unverzüglich Hilfe zu leisten. Völkerrechtliche Grundlage ist das Internationale Übereinkommen zur Seenotrettung aus dem Jahr 1979. Die Koordinierung dieser Rettungseinsätze hat durch ein Maritime Rescue Coordination Centre zu erfolgen. Diese Koordination zu verweigern ist somit völkerrechtswidrig.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Die Kriminalisierung der Seenotrettung durch bestimmte Regierungen verurteilen wir aufs Schärfste. Jeder Staat hat sich an das Völkerrecht zu halten, dies gilt besonders für die Mitgliedstaaten in der Europäischen Union. Alle Länder sind aufgefordert, Menschen, die in Seenot waren, anlanden zu lassen. Nach der Anlandung muss allerdings die Frage gestellt werden, welchen rechtlichen Status der aus See gerettete Mensch hat. Wir sprechen heute über Flüchtlinge, die aus dem Mittelmeer gerettet wurden. Die Rechtsgrundlage innerhalb der Europäischen Union ist eindeutig. Jeder Flüchtling hat sich in ein ausländerrechtliches Verfahren zu begeben, hier gelten die vereinbarten Dublin-Regeln. Nach diesen Regeln ist der Staat für Flüchtlinge zuständig, in dem er oder sie Europa erstmals betritt. Diese Regeln sind geltendes Recht.

Nun wissen wir alle, dass diese Regeln aus den 1990er-Jahren stammen

(Dirk Nockemann AfD: Deswegen nicht an- gewandt werden!)

und der heutigen Situation in den Anrainerstaaten im Mittelmeer bei Weitem nicht gerecht werden. Diese Regeln sind aus unserer Sicht schlicht unsolidarisch.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Doch zur Wahrheit gehört auch, dass ein Bundesland wie Hamburg diese Regeln nicht außer Kraft setzen kann. Eine solidarische Verteilung von Flüchtlingen innerhalb der Europäischen Union be

darf neuer Regelungen. Hier ist die Bundesregierung gefordert, zusammen mit den europäischen Partnern, neue und vor allen Dingen bessere Vereinbarungen zu treffen. Denn nur zusammen in Europa können wir eine gerechte Verteilung von Flüchtlingen erreichen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Herr Westenberger bekommt noch einmal das Wort für die CDU-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Nun haben wir zwei unterschiedliche Ansätze, wie diese Debatte geführt wird. Der von der AfD ist, je höher wir den Zaun machen, desto weniger Flüchtlinge gibt es. Ein Zirkelschluss und ein Trugschluss, der politisch seinesgleichen sucht. Und in das gleiche Horn trötet so ein bisschen, muss ich sagen, auch DIE LINKE, wenn sie sagt, je mehr wir aufnehmen, desto mehr lösen wir auch die Probleme von Vertreibung und Flucht in den Ursprungsstaaten.

(Sabine Boeddinghaus DIE LINKE: Das hat keiner gesagt!)