Protocol of the Session on September 26, 2018

Da kann ich gut an den Kollegen Kienscherf anknüpfen, denn wir sind bereits seit Jahren ein sicherer Hafen für viele Geflüchtete, in dem sie nicht nur Zuflucht, sondern eben auch Zukunft finden. Die Hamburgerinnen haben bei der Seebrücke-Demo zu Tausenden gezeigt, dass sie genau ein solches Hamburg wollen, und sie wissen, wovon sie reden, denn unsere Willkommenskultur, unsere Integrationskultur ist unsere gemeinsame politische Kultur in dieser Stadt, und viele in Hamburg sind zu Recht stolz darauf.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

Wir werden heute beschließen, dass der Senat dem Bundesinnenministerium mitteilt, dass Hamburg selbstverständlich im Rahmen einer bundesweiten Vereinbarung bereit ist, gerettete Menschen aus dem Mittelmeer aufzunehmen. Und wir werden auch das Bundesinnenministerium auffordern, sich aktiv für eine humanitäre Zwischenlösung einzusetzen. Denn, lieber Max, das ist das, worum es jetzt gehen muss. Die großen europäischen Lösungen, die wir uns alle wünschen, sind sehr schwer zu erreichen, aber wir können nicht einfach so lange achselzuckend daneben stehen, bis wir die perfekte Lösung haben. Wir brauchen humanitäre Zwischenlösungen. Wir brauchen dringend Bewegung.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

Denn mit der Aquarius ist tatsächlich das letzte verbliebene Schiff einer NGO Opfer dieser Kriminalisierungskampagne Italiens geworden und in der Folge bedeutet das, dass schlicht weiter noch mehr Menschen sterben werden.

Ich möchte noch an einer Stelle, bei aller Unterschiedlichkeit, die wir hier im Hause haben, an Sie appellieren, denn ich glaube, wenn es um Menschlichkeit geht, sitzen wir in ganz Europa und der Welt letztendlich im gleichen Boot. Deswegen appelliere ich an Sie: Streiten Sie gemeinsam politisch für ein Europa, das zusammenhält, und für eine Welt, in der eben kein Mensch untergeht.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und ver- einzelt bei der LINKEN)

Jetzt werden noch einige einwenden und sagen, wir könnten ja nicht jeden retten, und das ist wahrscheinlich auch so. Aber ich finde, es muss unser Anspruch sein, es zumindest gemeinsam zu versuchen.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

Für die FDP-Fraktion bekommt nun Herr Jarchow das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich denke, es ist schon viel Richtiges gesagt worden, vor allen Dingen über die Wichtigkeit dieses Themas. Dass uns das alle berührt in besonderem Maße, versteht sich, glaube ich, von selbst. Man kann natürlich darüber streiten, ob es wirklich in der Zuständigkeit dieses Hauses liegt, hier Entscheidendes zu ändern.

Ein Thema zur Aktuellen Stunde anzumelden, das auch noch in Form eines Antrags vorliegt und von den Kollegen der LINKEN momentan durch sämtliche Parlamente getrieben wird, ist sicherlich speziell, aber vielleicht ist es durchaus einmal notwendig, dass wir uns über diese Themen unterhalten. Ich bin nur der Meinung, dieses Thema ist so ernst, ich weiß nicht, ob man es wirklich in einer Aktuellen Stunde hinreichend behandeln kann.

Lassen Sie mich aber eines vorweg sagen, was für mich völlig klar, völlig unzweideutig ist: Die Pflicht zur Seenotrettung ist ein Gebot der Humanität, und daran gibt es nichts zu deuten. Und diese zu gewährleisten, das erwarten wir. Das erwarten wir von der Bundesregierung, und das erwarten wir von der EU.

(Beifall bei der FDP, der SPD, den GRÜNEN und vereinzelt bei der CDU)

Der Senat der Freien und Hansestadt Hamburg hat hier sicherlich weniger Einfluss, auch wenn wir uns dem gar nicht entgegenstellen, was auch in dem Antrag der Kollegen der SPD und der GRÜNEN gefordert wird.

Hamburg hat mehr als 50 000 Geflüchtete aufgenommen und wird dies weiter tun. Dies begrüßen wir ausdrücklich. Die Politik muss daran arbeiten, dass Flüchtlinge künftig nicht all ihre Ersparnisse zusammennehmen, um sich auf von korrupten Schleppern organisiertem, lebensgefährlichem Weg nach Europa zu machen. Und das Ganze in der irrigen Absicht, dass sie hier alle unterkommen werden.

Es gehört aber auch zur Humanität, dies klar auszusprechen, es gibt ein Recht auf Asyl, und das sollten wir unangetastet lassen.

(Beifall bei der FDP, der SPD und den GRÜ- NEN)

(Anna Gallina)

Es gibt gleichzeitig aber kein Recht auf Einwanderung nach Europa oder in irgendein anderes Land. Das muss man den Leuten deutlich machen.

(Beifall bei Daniel Oetzel FDP und bei Dr. Alexander Wolf AfD)

Nun zu dem in der Sache aus unserer Sicht interessanteren Zusatzantrag der Koalitionsfraktionen, aus dieser Debatte heraus noch eine konkrete Initiative zu initiieren. Auch dieser bewegt sich beim Beschlussteil des Petitums weit jenseits der realen Zuständigkeiten dieses Hauses oder des Senats, aber er ist wenigstens so konkret formuliert, dass eine Stoßkraft nicht von vornherein völlig ausgeschlossen erscheint. Vielleicht kann diese Deklaration die Bundesregierung motivieren, den offenen Bruch vom Völkerrecht durch andere europäische Regierungen offen anzusprechen,

(Beifall bei der FDP, der SPD und den GRÜ- NEN)

anstatt, wie manche Regierungsmitglieder, den offenen Schulterschluss mit deren verantwortlichen Ministern zu suchen. Eine Zustimmung scheint uns hier absolut sinnvoll, auch bei den weiterhin beantragten Ersuchen an den Senat sind nur die bundes- und europapolitischen Kompetenzen und Wirkungsmöglichkeiten der Bundesregierung einschlägig. Trotzdem erscheinen uns die vom Senat erbetenen Aktivitäten sinnvoll, und wir werden hier auch zustimmen.

Allerdings, solange der hauptamtliche, hauptverantwortliche, allerdings nur nebenamtlich tätige Bundesinnenminister

(Beifall bei der FDP, der SPD und den GRÜ- NEN)

sowie die Kanzlerin leider viel zu sehr mit internen Auseinandersetzungen der Regierung beschäftigt sind, um ein so wichtiges Thema wie tragfähige europäische Lösungen für den Umgang mit der Flüchtlingsproblematik zu betreiben, müssen eben auch einmal Landesparlamente außerhalb ihrer Zuständigkeiten Druck machen.

Wir hoffen, dass neben dem Senat auch die SPD den Beschluss des Koalitionsantrags immerhin als Vorlage nutzt, um ihren hoffentlich noch vorhandenen Einfluss in oder zumindest auf die Bundesregierung im Sinne der Antragsintention geltend zu machen. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP, der SPD und den GRÜ- NEN)

Herr Dr. Wolf bekommt das Wort für die AfD-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Der Ansatz der LINKEN ist grundverkehrt und auch derjenige

von Rot-Grün, die beide heute über die Aktuelle Stunde hinaus ähnliche Anträge stellen, die von Seenotrettung und dem sicheren Hafen Hamburg sprechen. Denn sie greifen zu kurz, sie kratzen an Symptomen. Die Botschaft, Hamburg sei ein sicherer Hafen für Flüchtlinge, hört sich zweifellos gut an. Sie ist aber im Ergebnis ähnlich verantwortungslos wie Selfies mit der Kanzlerin, denn damit wird die illegale Migration nicht eingedämmt, sondern angeheizt. Damit werden falsche Signale gesetzt, und das ist verantwortungslos. Die Menschenhändler reiben sich die Hände.

Hier zeigt sich der fundamentale Unterschied von Gesinnungsethik einerseits, die nur daran denkt, ist das oder klingt das moralisch gut, ohne aber an die Folgen zu denken,

(Heike Sudmann DIE LINKE: Es geht um Menschenleben!)

und einer Verantwortungsethik andererseits, die immer bedenkt, welche Folgen das eigene Handeln haben wird.

Der richtige Ansatz muss sein: Stoppen wir diese illegale Migration. Wir müssen die Grenzen sichern und die illegalen Migranten davon abhalten, sich auf den riskanten, auf den lebensgefährlichen Weg nach Europa über See zu machen, statt sie dazu zu ermuntern.

Schauen wir nach Australien, denn dort gab es genau das gleiche Problem. Als die Linken regierten, verzeichnete Australien über 1 000 illegale Boote, über 50 000 illegale Einreisen und weit über 1 000 Tote durch Ertrinken im Meer. Ein humanitäres Desaster. Der konservative Premier Tony Abbott beendete dieses Desaster mit Erfolg. Sein Erfolgsrezept: Die Boote mit den illegalen Migranten werden gerade nicht ins Land gelassen, sondern dorthin zurückgeschickt, wo sie herkommen. Statt Meldungen, es sind wieder soundso viele hier angekommen, war das klare Signal an alle: Ihr landet wieder dort, wo ihr abgefahren seid, und kommt eben nicht nach Australien oder in ein anderes Land der Ersten Welt. Und damit – was auf den ersten Blick vielleicht hart erscheinen mag – hat Australien erfolgreich die Industrie der Menschenhändler lahmgelegt und dem Sterben auf den Meeren vor Australiens Küste ein Ende gemacht.

Genau das ist das Rezept, welches Tony Abbott Europa empfiehlt. Europa sollte an der 12-Seemeilen-Grenze vor Libyen einen Marineabwehrschirm aufziehen. Jedes Boot, das von dort aufbricht, muss man zurückschicken.

(Glocke)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

(Carl-Edgar Jarchow)

Nein, danke. Später.

Auf keinen Fall darf man die Migranten aufnehmen und nach Europa bringen, wie es jetzt geschieht, denn dadurch wird der illegale Menschenhandel – das ist ja das, wenn man so will, Tragische dieses Verlangens –, wird die Industrie der Schmuggler gestärkt und erhält neue Anreize. Diese Botschaft muss man auch über die sozialen Kanäle kommunizieren: Wenn ihr diese Boote besteigt, wenn ihr euch Menschenhändlern anvertraut, dann kommt ihr eben nicht nach Europa. Indem wir die Grenzen so sichern, retten wir Leben. Indem wir die illegale Migration bekämpfen, sorgen wir dafür, dass keine Migranten mehr im Mittelmeer ertrinken.

(Sabine Boeddinghaus DIE LINKE: Sagen Sie doch mal was zu den Ländern!)

Einige europäische Länder haben die Zeichen der Zeit erkannt und erfolgreich begonnen, die Grenzen zu sichern, um der illegalen Migration Herr zu werden.

(Glocke)

Herr Dr. Wolf, noch einmal die Frage, ob Sie eine Zwischenfrage gestatten?

Nein, danke.

Italien und Malta, was die Seewege angeht, aber auch Ungarn, Dänemark oder Österreich in anderer Weise. Fallen wir diesen Ländern bitte nicht in den Rücken, sondern seien wir solidarisch mit ihnen.

(Sabine Boeddinghaus DIE LINKE: Aus Ih- rem Mund das Wort Solidarität!)

Wir müssen die Fluchtursachen bekämpfen und zugleich den Schlepperbanden, den Menschenhändlern ihr Geschäft lahmlegen. So werden wir Menschen retten.