Protocol of the Session on October 13, 2016

(Beifall bei Anna Gallina GRÜNE)

Mareike Engels GRÜNE (fortfahrend) : Danke schön. – Vor dem Hintergrund ist auch wichtig zu wissen, dass das Angebot der Krankenstuben und auch das von PLATA bereits ausgeweitet und den gestiegenen Bedürfnissen angepasst wurde.

Noch einmal: Tatenlos schaut hier niemand zu. Für ausländische Obdachlose wird es wieder eine Beratung zur Abklärung der Ansprüche aus der Krankenversicherung geben. Bei Bedarf wird natürlich auch die Clearingstelle eingebunden. Wichtig ist mir auch, dass es gute Bedingungen für Frauen im Winternotprogramm gibt. Die Stadt macht gerade einige Erfahrungen beim Thema Implementierung von Gewaltschutzkonzepten in der öffentlichen Unterbringung. Wichtig ist, dass wir auch im Winternotprogramm für einen angemessenen und guten Schutz vor Gewalt sorgen. Im letzten Winter haben wir erste gute Erfahrungen bei der Ausweitung der

Öffnungszeiten der Tagesaufenthaltsstellen gesammelt, gerade auch am Wochenende. Dies soll in diesem Winter verstetigt werden. Wir gehen außerdem davon aus, dass es in diesem Winter erstmals möglich sein wird, dass auch nachts sozialpädagogisches Fachpersonal im Winternotprogramm vor Ort sein kann. Der Senat führt hierzu noch abschließende Gespräche, um zum Beispiel diesen Punkt zu prüfen. Dass die CDU nun, wie alljährlich, genau das zum Anlass nimmt, um dem Senat Planlosigkeit vorzuwerfen, ist wirklich nur noch lächerlich.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Da sollte man sich doch bitte lieber auf eine inhaltlich gestützte Diskussion konzentrieren.

(Ksenija Bekeris SPD: Die wir jedes Jahr führen!)

Ich halte es für enorm wichtig, dass wir es auch in diesem Winter schaffen, möglichst vielen Obdachlosen Anschlussperspektiven zu bieten, sodass sie im Sommer nicht wieder Platte machen müssen. Deswegen ist es wichtig, dass wir vor allem auch die Vermittlung der Obdachlosen aus der öffentlichen Unterbringung hinein in den Wohnungsmarkt besser hinbekommen. Hierzu gibt es schon wichtige Ansätze. Wir wissen, dass das ein schwieriger Weg ist, aber es ist der richtige Weg.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

In diesem Sinne bitte ich Sie, den Antrag der LINKEN abzulehnen und unserem Antrag zuzustimmen. – Danke schön.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Vielen Dank, Frau Engels. – Herr Oetzel von der FDPFraktion, Sie haben jetzt das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Das Winternotprogramm wird auch in diesem Jahr wieder eine Anlaufstelle sein für die Menschen, die in der kalten Jahreszeit ohne Dach über dem Kopf verbleiben würden. Die FDP-Fraktion unterstützt dies, gerade weil wir in einer wohlhabenden Stadt wohnen und in dieser Stadt niemand bei Minustemperaturen oder bei Temperaturen um den Gefrierpunkt draußen schlafen sollte. Deshalb ist das Winternotprogramm ein gutes Angebot, um diesen Menschen zu diesem Zeitpunkt zu helfen.

(Beifall bei der FDP und bei Gerhard Lein SPD)

Für alles, was darüber hinausgeht, ist das Winternotprogramm allerdings nicht der richtige Ansatzpunkt. Wir verstehen nach der Argumentation und dem Vortrag, den die LINKEN hier gehalten haben, den Wunsch, das Winternotprogramm quantitativ

(Mareike Engels)

und auch qualitativ auszuweiten. Die Argumente sind eben genannt worden und sie sind sicher in der Tendenz richtig. Ihre Problembeschreibung ist sicher nicht von der Hand zu weisen. Wir bezweifeln nur, dass das Winternotprogramm der richtige Ort für diese Probleme ist. Denn die Lösung kann nicht sein, dass wir das Winternotprogramm mittelfristig oder noch schlimmer langfristig zu einer Parallelstruktur zur öffentlichen Unterbringung und zur Gesundheitsvorsorge ausweiten. Das ist genau der falsche Weg, denn das zementiert den Status dieser Menschen, die sich sowieso schon am Rande der Gesellschaft befinden, und erschwert es ihnen noch mehr, den Weg zurück in die Mitte der Gesellschaft zu finden.

(Beifall bei der FDP – Wolfgang Rose SPD: Richtig!)

Deshalb ist der Antrag der LINKEN, so gut er gemeint ist, genau der falsche Weg, um das Problem wirklich an der Wurzel zu packen und zu lösen. Der Antrag der LINKEN wäre staatlich verordneter Ausbau dieser Parallelstrukturen. Das ist für uns keine Option.

(Deniz Celik DIE LINKE: Was ist denn Ihre Alternative?)

Dazu komme ich gleich noch, haben Sie noch etwas Geduld.

Mein nächster Satz hätte angefangen mit: Im Gegenteil, wir müssen den Obdachlosen Lösungen anbieten, ihnen Wege aufzeigen, wie sie ihre Lage strukturell verbessern können. Wir haben eben schon von meinen Vorrednerinnen verschiedene Wege dafür gehört. In den Beratungsstellen, die es schon gibt, erhält man nicht nur eine Beratung, wie eine Wohnung zu finden ist, sondern auch eine Beratung, wie das Recht auf eine Krankenversicherung – in Deutschland haben wir sogar eine Pflicht zur Krankenversicherung – und wie ein Weg zurück in die Regelsysteme gelingen kann. Dafür müssen wir die Regelsysteme, die es gibt, und die Beratungsstellen, die es gibt, noch besser nutzen.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der SPD)

Wir müssen aber vor allem, und dahinter sind wir tatsächlich her, die öffentliche Unterbringung insoweit ausweiten, dass auch wieder genügend Plätze für Obdachlose geschaffen werden. Wir müssen, wie Frau Engels gerade gesagt hat, eine Anschlussperspektive für die Leute sicherstellen, die im Winternotprogramm übernachten, damit sie möglichst bald wieder in regulären Wohnraum kommen. Und wir müssen, auch das ist ein zentraler Punkt, verhindern, dass Menschen in eine nicht selbst gewählte Obdachlosigkeit abgleiten, indem wir in Wohnungsnotfällen mit den verschiedenen Fachstellen versuchen, mittels Beratungsangeboten Lösungen zu finden. Ich hatte eingangs schon gesagt, dass ich zum Teil die Problemanalyse der

LINKEN teile. Wir wollen aber den Mangel, den Sie richtig erkennen, beseitigen und nicht verwalten. Deshalb sollte das Winternotprogramm genau das bleiben, was es ist, nämlich ein Programm, das verhindert, dass Menschen, die in Not geraten sind, während der kalten Wintertage draußen schlafen müssen. Daher lehnen wir Ihren Antrag ab. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP, vereinzelt bei der SPD und bei Phyliss Demirel GRÜNE)

Vielen Dank, Herr Oetzel. – Herr Ehlebracht von der AfDFraktion, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Hätte die AfD diesen Antrag gestellt, wäre das von Ihnen allen durch und durch als ein rechtpopulistischer Versuch gewertet worden, auf Kosten einer Bevölkerungsgruppe, die die Unterstützung der Solidargemeinschaft benötigt, Stimmung zu machen.

(Wolfgang Rose SPD: Sie sind ein Märtyrer, was?)

Er wäre als völlig undurchdacht und ablehnungswürdig beurteilt worden, weil er nur Ressentiments schüre. Dann hätte sich vielleicht der eine oder andere von Ihnen ein paar rechtsgerichtete Bemerkungen abgekrampft und uns noch weiter in die rechte Ecke gestellt und wäre dann mit dem befriedigenden Gefühl von diesem Rednerpult heruntergegangen, die Welt vor dem Leibhaftigen gerettet zu haben,

(Jörg Hamann CDU: Reden Sie doch mal zum Antrag!)

so, wie wir es zum Beispiel gestern bei Herrn Schmidt in seiner Rede zur Debatte "Abschaffung der Ministerialerlaubnis" erlebt haben.

(Heike Sudmann DIE LINKE: Haben Sie schon was zum Thema gesagt?)

So einfach machen wir es uns mit Ihrem Antrag aber nicht, was nicht heißt, dass er nicht auch linkspopulistische und undurchdachte Elemente enthält.

(Wolfgang Rose SPD: Sie armer Tropf!)

Wir unterstellen Ihnen aber auch nicht, dass Sie Obdachlosen nicht helfen wollen. Das wollen Sie. Sie haben zwar einen anderen Ansatz als wir, aber Sie wollen den Obdachlosen helfen. Jeder, der den Antrag liest, kann das erkennen. Es ist in der Tat eine Schande, dass wir uns in schöner Regelmäßigkeit, die Saison hat jetzt gerade wieder begonnen, über die Situation der Obdachlosen unterhalten, wohlwissend, dass die jeweiligen Regierungen der letzten Jahrzehnte, unabhängig ob Rot, Grün oder Schwarz, nur Placebopolitik in dieser

(Daniel Oetzel)

Frage betrieben haben. Auch nach dieser Debatte wird sich nichts Entscheidendes für die Obdachlosen ändern. Sie verwalten das Problem, es gibt keine Nachhaltigkeit, und das mit grüner Regierungsbeteiligung. Wie leistungsfähig wir sind, wenn es darum geht, Menschen in Not zu helfen, hat die aktuelle Flüchtlingskrise gezeigt.

(Wolfgang Rose SPD: Haben Sie eben zu- gehört?)

Binnen eines Jahres wird allein in Hamburg eine fünfstellige Zahl an Unterbringungsmöglichkeiten geschaffen. Die politisch Verantwortlichen schaffen es aber über Jahrzehnte nicht – denn so lange existiert die Obdachlosigkeit – für circa 2 000 Obdachlose eine dauerhafte Unterkunft bereitzustellen, wobei wir alle wissen, dass das nicht alles ist, aber es ist eine Notwendigkeit. Allein dieser Umstand ist entlarvend im Hinblick auf die bisherige Politik gegenüber den Obdachlosen.

(Beifall bei der AfD)

Ich sage circa 2 000 Obdachlose, weil Sie die genaue Zahl gar nicht wissen wollen. Wir haben schon zweimal Anträge gestellt, entsprechende empirische Erhebungen vorzunehmen. Sie haben sie zweimal abgelehnt. Obwohl es eine Reihe von Ansätzen in Ihrem Petitum gibt, die diskussionswürdig sind, haben wir keine Skrupel, Ihren Antrag abzulehnen, und zwar nicht deswegen, weil der Antrag von den LINKEN kommt – so dogmatisch denken wir nicht –, und auch nicht, weil auch Sie unsere Anträge, eine empirische Erhebung durchzuführen, abgelehnt haben. Nein, das machen wir nicht, sondern wir lehnen ihn deswegen ab, weil Sie Forderungen erheben und deren Umsetzung sowohl in finanzieller als auch in praktischer Weise nicht einmal andeuten. Sie fordern einfach nur. Bei vielen dieser Punkte ist die damit einhergehende dauerhafte finanzielle Belastung überhaupt nicht abschätzbar. Dadurch geben Sie dem Antrag den Status eines Wahlversprechens, wie es vor Wahlen üblich ist, so wie es Altparteien im Grunde genommen machen: Alles versprechen, ohne auch nur den Hauch einer Idee zu vermitteln, wie man dieses alles halten will.

(Wolfgang Rose SPD: Was reden Sie für'n Stuss!)

Sie fordern etwas zum Wohlgefallen Ihrer potenziellen Wählerklientel etwas und als einziger Anhaltspunkt, wie das umzusetzen wäre, muss wohl einer Ihrer alten Wahlslogans herhalten: Millionäre, zur Kasse bitte. Diese oftmals in Ihren Anträgen charakteristische Vorgehensweise verhindert aber auch, dass diesem zugestimmt werden kann. Einzige Ausnahme in Ihrem Antrag in dem Sinne ist der Punkt 2.d). Es gibt dort wie gesagt viele diskussionswürdige Ansätze, deren Kosten abschätzbar sind. Keine Frage, man kann es sich sicherlich leisten, die hygienischen Verhältnisse zu verbes

sern. Aber darüber hinaus operieren Sie mit diesem Antrag im Dunkeln. Auch Sie fordern nur punktuelle Verbesserungen einzelner Aspekte, statt die Problematik nachhaltig anzugehen. Und dazu gehört nun einmal, wie wir es bereits beantragt haben, ich wiederhole es beliebig oft, eine Bestandsaufnahme mit schonungsloser Darstellung der aktuellen Lage und der Versäumnisse.

Es bedarf nicht nur in der kalten Jahreszeit einer dauerhaften Unterbringung entweder in den Containerdörfern oder in Wohnungen, die speziell für vordringlich Wohnungssuchende errichtet und ihnen entsprechend zugewiesen werden, flankiert, denn Wohnungen sind nicht alles, von einer professionellen Unterstützung für Menschen, die unter Suchterkrankungen leiden und oftmals verlernt haben, einen strukturierten Alltag zu leben. Es ist davon auszugehen, dass aufgrund der aktuellen Lage die Situation der seit vielen Jahren auf Hamburgs Straßen lebenden Obdachlosen sich erheblich verschlechtern wird. Dass hier Handlungsbedarf besteht, steht außer Frage. Aber Aktionismus, also planloses Vorgehen, hilft in dieser Situation nicht. Dem Antrag von SPD und GRÜNEN können wir nur zustimmen – aber nicht, weil er so durchdacht, so innovativ oder so zukunftsweisend ist, sondern weil darin Selbstverständliches steht. – Danke.

(Beifall bei der AfD)

Vielen Dank, Herr Ehlebracht. – Jetzt hat Frau Özdemir von der Fraktion DIE LINKE noch einmal das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Bekeris, es geht nicht um Langeweile. Es geht darum, dass Sie als Regierungsfraktion die Aufgabe haben, Perspektiven aufzuzeigen und zum Beispiel ein Konzept dafür vorzulegen, dass es eine neue Zählung der Menschen gibt, die auf der Straße leben,

(Präsidentin Carola Veit übernimmt den Vor- sitz.)

damit eine Bedarfsermittlung erfolgen kann. Das wäre zum Beispiel ein Punkt.