Protocol of the Session on October 13, 2016

(Cansu Özdemir)

was dies für uns für das nächste Jahr bedeutet. Und das werden wir auch wieder tun.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei den GRÜNEN)

Mit den Übernachtungsstellen im Pik As, im Winternotprogramm, mit den Frauenübernachtungsstellen und dem Haus Jona kommen wir insgesamt auf 1 040 kostenlose Schlafplätze, die täglich von 17 Uhr bis 9 Uhr geöffnet sind und zur Verfügung stehen sollen. Diese Plätze werden auch in diesem Jahr wieder bereitstehen. Ich danke den unterstützenden Institutionen an dieser Stelle für diese große Leistung und vielleicht kommt ja auch noch ein Lob von der Opposition hinterher.

(Beifall bei der SPD)

Auch die Mittel für die Tagesaufenthalte sind um weitere 32 000 Euro auf insgesamt 656 000 Euro erhöht worden und wir werden auch wieder 100 zusätzliche Tagesplätze für den Winter einrichten. Aber das Winternotprogramm bedeutet nach unserem Verständnis nicht nur einen Schlafplatz, sondern es gehört auch ein Beratungsangebot dazu, gegebenenfalls auch in der Nacht. Über diesen Punkt unseres Antrags sind Sie ein bisschen hinweggegangen. Es soll jetzt geprüft werden, ob man das nicht ermöglichen kann. Diese Beratungsangebote wurden von 1 187 Menschen genutzt. Sie haben eine hohe Akzeptanz, gerade auch weil sie in der Muttersprache stattfinden. Und ja, das gehört zur Ehrlichkeit dazu, in diesen Gesprächen werden auch die Perspektiven, die die Menschen hier, aber auch im Heimatland haben, geklärt. Auch das gehört zur Beratung.

(Beifall bei der SPD)

Zur Gesundheitsversorgung und zur Hygiene möchte ich sagen, dass die vorhandenen Plätze in der Krankenstube ausgebaut werden. Sie haben gesagt, Sie wollten das noch weiter tun. Wir haben uns dessen angenommen, dass Plätze für Tbc-Erkrankte bereitgestellt werden und es ergänzende Angebote zur medizinischen Beratung gibt. Wir wollen auch nicht, dass erkrankte Obdachlose das Winternotprogramm verlassen, sondern sie sollen sich erholen können, sie sollen dann ausnahmsweise ganztägig im Winternotprogramm bleiben können beziehungsweise in einer ganztägigen Übernachtungsstätte untergebracht werden. Das ist natürlich ein wichtiges Thema, das wir auf dem Zettel haben, Frau Özdemir.

(Cansu Özdemir DIE LINKE: Wer ist für Sie krank?)

In den Einrichtungen des Winternotprogramms stehen insgesamt Duschen im Verhältnis 1:8 zur Verfügung und wenn Sie bei den Kirchenkaten gucken, 1:1 beziehungsweise 1:2. Sie sagen, es könnte vielleicht ein bisschen mehr sein, wir sa

gen, das ist ein Verhältnis, das man jetzt erst einmal so stehen lassen kann.

Das Hamburger Winternotprogramm kann sich im Bundesdurchschnitt sehen lassen; es sucht tatsächlich seinesgleichen. Unser Ziel bleibt aber, dass wir die Obdachlosigkeit angehen, das heißt, dass wir mehr Wohnraum brauchen. Da möchte ich Ihnen am Ende mitgeben, dass Sie einmal darüber nachdenken, wie sich die Fraktionen gegenüber Bauvorhaben, gerade auch im Bereich des sozialen Wohnungsbaus, verhalten, bevor hier laute Töne angeschlagen werden,

(Sabine Boeddinghaus DIE LINKE: Was meinen Sie denn da konkret?)

sonst hat das Ganze einen faden Beigeschmack und das wird den Menschen, über die wir reden, nicht gerecht.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Bekeris. – Nun hat das Wort Frau Grunwaldt von der CDU-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Ich bin verschnupft, aber das liegt heute nicht nur an meiner Erkältung, sondern auch an Ihren Einlassungen, Frau Bekeris; das haben Sie sich sicherlich schon gedacht.

(Dirk Kienscherf SPD: So schnell geht das?)

Ja, so schnell kann das gehen.

Es ist keine Riesenüberraschung, dass man nicht nur als Oppositionspartei drei Wochen vor Beginn des Winternotprogramms – der Winter kommt bekanntermaßen fast immer zur gleichen Zeit – nachfragt, wenn man nicht informiert wird, wie es denn mit den Planungen steht. Das ist keine Überraschung. Aber eine Überraschung ist, das kann ich Ihnen verraten, wenn man dann erfährt, dass die Planungen noch nicht abgeschlossen sind, dass die Öffentlichkeit zu gegebener Zeit irgendwann einmal informiert wird und dass auch keine Kostenkalkulation dazu vorliegt. Wir als Parlament hätten bei diesem wichtigen Thema zumindest einen Zwischenstand verdient. Den brauchen wir auch, um unserer Kontrollfunktion gerecht zu werden. Vielleicht hätte es dann andere Ideengeber gegeben, die sich dieses wichtigen Themas angenommen hätten und die eine oder andere gute Idee hätten einfließen lassen können.

(Beifall bei der CDU, der LINKEN und der AfD)

Insofern kann ich Ihre Äußerungen überhaupt nicht nachvollziehen. Aber damit genug der Grundsatzkritik.

(Ksenija Bekeris)

Liebe Kolleginnen und Kollegen von den LINKEN, wir führen traurigerweise jedes Jahr tatsächlich die gleiche Debatte. Mir wäre es natürlich lieber, wenn wir sie nicht führen müssten,

(Cansu Özdemir DIE LINKE: Mir auch!)

aber es ist im Moment wahrscheinlich unrealistisch, wenn es gar kein Winternotprogramm geben müsste. Es gibt es nun einmal.

Ich teile nicht alle Forderungen, die in Ihrem Antrag stehen. Auf welcher Grundlage die Zahlen beruhen, ist mir nicht so klar. Dass man jetzt eine dreifache Menge an Duschen und Waschmaschinen fordert, ist vielleicht ein bisschen aus der Hüfte geschossen, aber ich würde eine Beratung Ihres Antrags im Ausschuss durchaus begrüßen, denn Ihr Antrag hat eine Idee, er hat Vision. Das kann man von dem rot-grünen Antrag leider überhaupt nicht behaupten, denn er ist an Blutleere kaum zu übertreffen.

(Beifall bei der CDU und der LINKEN)

Wieder einmal enthält er so viel Selbstverständliches und so viele Allgemeinplätze, dass man nur zustimmen kann, und der Vortext hört sich echt an wie ein Schulaufsatz mit dem Thema "Das Hamburger Winternotprogramm".

Doch der Reihe nach. Frau Bekeris hat sich Lob gewünscht; das bekommen Sie jetzt. Ich finde es gut, dass Sie sich ganz klar zur Niedrigschwelligkeit bekennen, denn nur ein niedrigschwelliger Zugang ist folgerichtig, wenn es um das Thema Erfrierungsschutz geht. Aber allein darauf darf man sich nicht ausruhen. Im Vortext steht nämlich auch, dass 63 Prozent der Nutzerinnen und Nutzer des Winternotprogramms 2015/2016 aus Ostund Südosteuropa stammen. Punkt. Die Frage, die jedenfalls ich mir stelle, ist aber, was Sie hieraus schlussfolgern. Was ist die Ursache? Haben Sie eine Idee, ein Konzept? Nein, das ist dann eben so, wie es ist. Mir scheint, dass Sie kein Konzept haben außer der immer gleichen Antwort: Die Menschen aus Ost- und Südosteuropa seien alle Arbeitsmigranten und die Unternehmen, in denen sie arbeiten, würden sie so schlecht bezahlen, dass sie sich keine Bleibe in Hamburg leisten können. Punkt. Für diese Annahme gibt es aber keine belegbaren Zahlen.

(Ksenija Bekeris SPD: Haben Sie einmal mit PLATA gesprochen?)

Dass PLATA mit sechs Mitarbeitern, 3,25 VZA, die einzige Beratungsstelle ist, die Rückkehrangebote macht, ist in Anbetracht der Tatsache, dass über 60 Prozent der Menschen des letzten Winternotprogramms aus Ost- und Südosteuropa stammten, eine Lachnummer. Damit braucht man sich hier wirklich nicht zu brüsten.

(Ksenija Bekeris SPD: Na ja, zum Glück klatscht da auch keiner!)

Wie dem auch sei, ich vermisse in Ihrem Antrag auch Ziele. Warum stecken Sie sich keine Ziele? Warum sagen Sie nicht, wie viele Menschen Sie gern in die öffentlich-rechtliche Unterbringung vermitteln möchten? Das sind politische Ziele, auf die man hinarbeitet und an denen man sich dann auch messen lassen kann.

Die 100 Tagesaufenthaltsplätze an den Wochenenden begrüßen wir, keine Frage. Aber im Antrag steht nicht, wie Sie diese umsetzen möchten. Letztes Jahr oder vielmehr in diesem Winternotprogramm, das sagte Frau Özdemir, waren die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am Limit, die diese Wochenendbetreuung gemacht haben. Wie soll das in diesem Jahr weitergehen? Insofern blockieren Sie bitte nicht, uns Auskunft zu erteilen, sondern lassen Sie uns offen im Ausschuss über dieses Thema diskutieren. Das würde ich mir wirklich wünschen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der LINKEN)

Vielen Dank, Frau Grunwaldt. – Jetzt hat Frau Engels von der GRÜNEN Fraktion das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir haben ähnliche Debatten wie diese schon öfter geführt,

(Heike Sudmann DIE LINKE: Jedes Jahr kommt der Winter!)

und so lange bin ich ja nun auch noch nicht im Parlament, und ich finde es schade, dass wir fachlich kaum weiterkommen, vor allen Dingen vor dem Hintergrund, dass die Debatte im Sozialausschuss zu diesem Thema wesentlich differenzierter ist.

Klar ist, dass wir nicht wollen, dass Menschen bei uns im Winter auf der Straße bleiben müssen. Es ist unsere Aufgabe, als Stadt dafür zu sorgen, dass diejenigen Menschen, die aus welchen Gründen auch immer in soziale Schwierigkeiten geraten, zumindest ein Dach über dem Kopf haben. Cansu, du weißt, wie engagiert Ksenija und ich bei dem Thema sind, und ich finde es wirklich eine Frechheit, dass du uns vorwirfst, wir würden nur zuschauen und uns einfach daran gewöhnen. Du müsstest es meiner Meinung nach eigentlich besser wissen. Solche Vorwürfe dienen der Sache definitiv nicht.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Im Jahr 1992 wurde erstmals das Winternotprogramm eingerichtet. Die Erfahrungen der letzten Jahre haben gezeigt, dass es mehr als notwendig ist, dieses im Winter vorzuhalten. Im vergangenen Jahr wurden deshalb im Laufe des Winters die Plätze aufgestockt. Zum Ende des Winternotprogramms im März gab es insgesamt über 1 000 Plätze. Ich möchte mich an dieser Stelle bei

(Franziska Grunwaldt)

den Kirchen für ihr Engagement bedanken, denn auch diese stellen jedes Jahr Plätze zur Verfügung. Tatenlos schaut hier niemand zu.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Wichtig ist, dass das Winternotprogramm ein bewusst niedrigschwelliges Angebot ist und bleibt. Der Zugang darf nicht an rechtliche Hürden gebunden werden. Wir unterscheiden nicht nach Herkunft, Nationalität oder Religion, ob jemand in das Winternotprogramm aufgenommen wird. Das Winternotprogramm ist für alle Menschen in Hamburg da, egal aus welchen Gründen sie obdachlos geworden sind.

Mit unserem Zusatzantrag gehen wir auf einige Punkte zum Thema Qualität ein, die wir stetig weiterentwickeln. Im letzten Winter wurden einige Punkte ausprobiert, die in diesem Winter verstetigt werden sollen. Darüber hinaus sollen in diesem Winter einige Punkte neu hinzukommen, zum Beispiel die nächtliche Anwesenheit von Fachpersonal. Mit diesem Antrag sichern wir ab, dass im Winternotprogramm weiterhin wichtige Beratungsangebote vorgehalten und, wenn nötig, den Bedürfnissen angepasst werden. Für kranke Obdachlose wird es wieder Sonderregelungen geben und es wird nach Möglichkeit dafür gesorgt, dass sie einen Platz in einer ganztägigen Unterkunft bekommen. Wenn dies nicht sofort gelingt, sollen sie ausnahmsweise auch ganztags im Winternotprogramm bleiben können.

(Glocke)

Vizepräsidentin Christiane Schneider (unterbre- chend): Einen Augenblick, ich möchte Ihnen Ruhe verschaffen. – Ich finde es ziemlich laut. Wer sich unterhalten möchte, soll bitte hinausgehen. Die Kollegin spricht zu einem wichtigen Thema und verdient, dass man ihr zuhört.

(Beifall bei Anna Gallina GRÜNE)