Protocol of the Session on July 22, 2015

Nein, meine Damen und Herren, es geht ausdrücklich nicht um ein Berufsverbot, sondern es geht darum, und so weit sind wir in diesem Hause sicherlich einer Meinung, dass es möglich sein muss, aus einem öffentlichen Amt, aus einem Regierungsamt, wieder in die Privatwirtschaft zu wechseln. Das ist doch vollkommen klar.

(Manfred Pentz (CDU): Eben!)

Nur müssen wir klarmachen, und das sind wir der Bevölkerung schuldig, dass die Mitnahme von Insiderwissen sowie eine Verquickung von Wirtschaftsinteressen mit Politik mit diesem Gesetzentwurf eben nicht verhindert werden. Ein Vertrauen der Bevölkerung in die Politik, das schon lange verloren gegangen ist, stellt man so mit Sicherheit nicht wieder her. Wir fordern eine gesetzliche Regelung für eine verhältnismäßige Karenzzeit, die sich an der Dauer des Regierungsamts, dem sich daraus ergebenden Anspruch auf Übergangsgeld und der ressortmäßigen Zuständigkeit orientiert. Das würde wieder Vertrauen herstellen. Wir wollen in den Beratungen auch klarstellen,

nach welchen Kriterien eine Landesregierung verpflichtet wird, die Aufnahme einer Tätigkeit in der privaten Wirtschaft zu unterbinden. – Ich bedanke mich.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Kollege Dr. Wilken. – Das Wort hat Herr Abg. Heiko Kasseckert, CDU-Fraktion.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ausweislich des Ablaufplans stehen für die Diskussion hier 7,5 Minuten zur Verfügung. Ich will der Verlockung widerstehen, diese 7,5 Minuten auszuschöpfen, und will mich auf das Wesentliche konzentrieren.

(Beifall der Abg. Angela Dorn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Herr Staatsminister Wintermeyer hat eigentlich schon alles gesagt und deutlich gemacht, was es zu dem Gesetzentwurf zu sagen gibt.

(Dr. Walter Arnold (CDU): Genau!)

Ich will in einem Punkt nicht widersprechen, sondern deutlich machen, dass es kein grundsätzliches Misstrauen und keinen Generalverdacht gegenüber Regierungsmitgliedern gibt, die nach dem Ende ihrer Amtszeit ausscheiden und in die Privatwirtschaft wechseln, sondern dass wir das unterstützen. Deshalb werden wir diesem Gesetzentwurf auch zustimmen. Er ist getragen von dem Ziel, offen und transparent zu sein, Vertrauen in Regierungshandeln herzustellen und, wie gesagt, schon während der Regierungsarbeit eines Mitglieds erst gar keinen Interessenkonflikt entstehen zu lassen.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Anhaltende Unruhe – Glockenzeichen des Präsidenten)

Herr Minister, Sie haben es angesprochen, neben Hamburg sehen sich auch die Mitglieder des Bundeskabinetts seit April dieses Jahres mit ähnlichen Regelungen konfrontiert. Wir sind das erste Flächenland mit einer solchen Regelung. Hessen kann an dieser Stelle den anderen Bundesländern vorausgehen. Wir können Beispiel dafür geben, dass wir nichts verheimlichen, sondern die Arbeit unserer Regierungsmitglieder schätzen und Vertrauen haben, dass es keinen Interessenkonflikt gibt. Im Gegensatz zu den Ausführungen von Herrn Wilken haben wir nicht nur Vertrauen in die Regierungsmitglieder, sondern auch in die Landesregierung, wenn es darum geht, darüber zu entscheiden, ob auf Antrag innerhalb dieser ersten 18 Monate ein Regierungsmitglied einen solchen Wechsel vornehmen kann.

In diesem Sinne werden wir dem Gesetzentwurf und seiner Beratung sehr positiv gegenüberstehen. Wir werden ihm am Ende zustimmen, davon bin ich überzeugt. Ich hoffe, Ihre Geduld mit meiner Redezeit nicht übermäßig strapaziert zu haben. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Kollege Kasseckert. – Das Wort hat Abg. René Rock, FDP, Seligenstadt.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Die Landesregierung hat heute ein Thema auf die Tagesordnung gesetzt, das sehr interessant ist und das wir auch sehr positiv begleiten. Das ist der positive Teil, den ich voranstellen will.

Es gibt diesen Regelungsbedarf, es gibt die Bereitschaft der Landesregierung, eine Regelung vorzunehmen. Jetzt geht es darum, wie man zu einem vernünftigen Ziel kommt. Und was ist das eigentliche Ziel, das wir erreichen möchten? Es gäbe aus meiner Sicht gerade bei diesem sensiblen Thema auch die Option, dass man intensiv mit allen Fraktionen im Landtag zusammenarbeitet und überlegt, wie eine dauerhafte Regelung aussehen kann, die alle mittragen.

Es wäre schön, wenn eine solche Regelung, die nicht nur eine Landesregierung binden soll, sondern alle Landesregierungen binden soll, in einem breiten Konsens beschlossen wird. Das würde dieser Regelung den Stellenwert geben, den eine für die Akzeptanz von Politik und Politikern in der Gesellschaft wichtige Regelung braucht.

Die Regelung, die Sie jetzt vorgelegt haben, wird sicherlich in der Anhörung noch die eine oder andere positive Anregung erfahren. Aus meiner Sicht sollte sich die Landesregierung nicht verschließen, positiv mit allen Fraktionen in die Diskussion zu kommen, um ein fraktionsübergreifendes Ergebnis zu erreichen. Für die Akzeptanz der Bevölkerung scheint es notwendig geworden zu sein, eine Regelung zu treffen.

Über eine gesetzliche Regelung hinaus sollte es auch einen Verhaltenskodex geben, mit dem solche Regelungen mit mehr Leben gefüllt werden. Der Herr Staatsminister hat es ausgeführt, wir müssen juristische Setzungen beachten und können nicht einfach in Rechtsgüter eingreifen. Wir haben gewisse Rahmenbedingungen zu beachten. Darüber hinaus könnte auch ein Verhaltenskodex für die Landesregierung diese gesetzlichen Regelungen noch ergänzen.

Ich glaube, darüber sind wir uns alle im Klaren, hier ist ein Gesetzentwurf auf den Weg gebracht worden, der in der Formulierung, in der er jetzt vorliegt, wahrscheinlich nicht endgültig bleiben kann, sondern ergänzt werden muss. Meine Fraktion würde sich freuen, wenn es einen Gesetzentwurf zu diesem Thema gäbe, in dem sich zumindest eine breitere Mehrheit als die Regierungsmehrheit wiederfinden könnte. Das Ansehen der Politik, des Hessischen Landtags und der Landesregierung wird dabei eine Rolle spielen.

Ich hoffe, dass wir dabei nicht im parteilichen Klein-Klein auseinandergehen, sondern den Konsens finden können, den ich bei den bisherigen Rednern verspüren konnte. Ich hoffe, dass wir zueinanderkommen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Kollege Rock. – Das Wort hat Kollege Frömmrich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich freue mich, dass wir noch vor der Sommerpause Gelegenheit haben, den Gesetzentwurf zur Änderung der Ministerbezüge im Hessischen Landtag zu diskutieren. Der Gesetzentwurf sieht vor, dass scheidende Regierungsmitglieder bei einem geplanten Wechsel in die Privatwirtschaft ihre Absicht der Landesregierung melden müssen. Der Staatsminister hat das schon ausreichend erklärt.

Die Regelung soll verhindern, dass Interessenkonflikte auftreten, und sie soll den bloßen Anschein vermeiden, dass Regierungsmitglieder während ihrer Zugehörigkeit zur Landesregierung nicht unbefangen gearbeitet haben. Das ist aus unserer Sicht ein wichtiger Schritt, um möglichen Interessenkonflikten zu begegnen.

Falls Interessenkonflikte festgestellt werden, kann die Aufnahme dieser Tätigkeit untersagt werden. Das ist auch ein Punkt, der neu ist. Wir haben vielfältige Diskussionen im Bund gehabt, bei denen es gerade um die Wechsel von Ministern in die freie Wirtschaft gegangen ist. Das ist ein wichtiger Punkt, den wir hier setzen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Staatsminister Wintermeyer hat es schon gesagt, Hessen ist damit das erste Flächenland, das eine solche Regelung in das Gesetz aufnimmt. Bisher gibt es nur Regelungen in Hamburg. Ich glaube, dass ein guter Kompromiss gefunden ist. Das muss man sich auch immer vergegenwärtigen. Das Grundgesetz und die dort garantierte Berufsfreiheit und die Interessen des Landes müssen abgewogen werden. Regierungsarbeit und spätere Tätigkeit in der Privatwirtschaft schließen sich nicht aus. Es braucht aber klare Regeln und Transparenz, damit Interessenkonflikte möglichst vermieden werden können.

Mit dieser Regelung soll schon der Anschein vermieden werden, dass die Arbeit, die Entscheidungen, die Vergaben des Landes möglicherweise nicht unvoreingenommen getroffen worden sind. Mit dieser Regelung setzen wir im Übrigen einen weiteren Punkt um. Das Kabinett hat ihn bereits beschlossen, und Staatsminister Wintermeyer hat bereits darauf hingewiesen: Neben der Karenzzeit werden auch die Nebentätigkeiten von Staatssekretären und Ministern veröffentlicht. Die Kolleginnen und Kollegen des Landtags können sich demnächst die Kleinen Anfragen sparen. Das ist ein weiterer Punkt, mit dem wir Transparenz in diesem Bereich schaffen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Dazu kann man sagen, dass die Nebentätigkeit der Regierungsmitglieder meist in unmittelbarem Zusammenhang mit ihrem Hauptamt steht. Auch hier gilt, dass man das transparent machen kann. Die Berichterstattung über diesen Punkt ist mir ein bisschen zu kurz gekommen, deswegen will ich es erwähnen. Für die Mitglieder der Landesregierung gibt es natürlich auch eine Höchstgrenze, ab der sie an die jeweilige Staatskasse abzuführen haben: Ab ungefähr 6.200 € ist Schluss. Das sollte man auch erwähnen, weil teilweise so getan wird, als würden sich dort Reichtümer angeeignet. Meist steht die Tätigkeit im Zusammenhang mit dem Hauptamt. Es macht auch Sinn, dass die Spitze des Ministeriums solche Tätigkeiten wahrnimmt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, wir schaffen mehr Transparenz. Wir schaffen Regelungen für den Wechsel in die Privatwirtschaft. Das ist ein Schritt in die richtige Richtung. Ich will aber noch einmal betonen: Wir müssen auf allen politischen Ebenen ein Interesse daran haben, dass derartige Regelungen geschaffen werden. Wir brauchen das Vertrauen der Allgemeinheit in die Integrität der jeweiligen Regierung. Die Debatten kennen wir alle. Wir haben gerade schon von der Bundesebene gehört. Wir könnten wechselseitig verschiedene Namen nennen.

Ich will noch einmal auf einen Punkt eingehen, der auch diskutiert werden muss, wenn jemand in die Privatwirtschaft wechselt. Auf der einen Seite wird sich darüber beklagt, wenn ehemalige Regierungsmitglieder gute Übergangsgelder und gute Versorgung bekommen. Es wird gefordert, dass diese Regierungsmitglieder in dem Alter, in dem sie in den Ruhestand gehen, noch gut ihren Lebensunterhalt selbst sichern könnten. Wenn die ehemaligen Regierungsmitglieder dann aber einen Job in der Privatwirtschaft wahrnehmen, wird meistens von den gleichen Leuten unterstellt, dass sie in die Unternehmen gehen, denen sie vorher Vorteile verschafft hätten.

Wir haben es hier mit einem komplexen Problem zu tun. Einfache Lösungen gibt es nicht. Wir schaffen aber hier eine Möglichkeit, dass die Landesregierung auf die Wechsel Einfluss nehmen kann, wenn der Anschein besteht, dass ein solches Verhältnis besteht.

Im Übrigen schaffen wir Transparenz. Das ist, glaube ich, in einem solch sensiblen Bereich der richtige Weg, meine Damen und Herren.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Es ist eine faire Lösung für beide Seiten. Wenn man sich einmal die Debatten und die Anhörungen auf Bundesebene ansieht – der Bund hat es ja auch beschlossen –, dann stellt man fest, dass es durchaus Anzuhörende gibt, die schärfere Regelungen fordern, aber es gibt auch eine Vielzahl von Rechtswissenschaftlern, die in der Anhörung gesagt haben: Diese Regelung kommt auf der einen Seite den Interessen im Sinne der Berufsfreiheit nach, auf der anderen Seite aber auch den Interessen des Landes. – Ich glaube, wir haben hiermit einen guten Weg geschaffen.

In Richtung des Kollegen Rock: Anhörungen sind dazu da, dass man Anzuhörenden zuhört, dass man Kolleginnen und Kollegen zuhört

(Gerhard Merz (SPD): Ist das wirklich wahr?)

und dann auch schaut, ob das, was man vorgelegt hat, eine möglichst breite Mehrheit des Hauses findet. Es wäre gut, wenn wir die Frage von Transparenzregelungen für Regierungen und auch für Nebentätigkeiten in großer Einigkeit beschließen würden.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Vielen Dank, Kollege Frömmrich. – Das Wort hat der Abg. Günter Rudolph, SPD-Fraktion.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe mich wirklich über die Wortbeiträge von CDU und FDP gefreut und darüber, dass Sie jetzt für mehr Transparenz sind. Das war in der vergangenen Wahlperiode – –

(Clemens Reif (CDU): Ja! – Gerhard Merz (SPD): Noch mehr Transparenz?)

Herr Reif, dass das nicht Ihr Hauptthema ist, weiß ich. Das müssen Sie nicht betonen.

(Heiterkeit bei der SPD)

Meine Damen und Herren, FDP und CDU haben den Vorschlag für mehr Transparenz auch für Regierungsmitglieder, etwa die Veröffentlichung von Nebentätigkeiten, oder die Einführung einer sogenannten Karenzzeit in der letzten Wahlperiode noch vehement abgelehnt. Nun darf ich Ihnen nicht vorwerfen, wenn Sie schlauer werden.

(Clemens Reif (CDU): Ja!)